Aus der Frauenbewegung. Proletarierinnen Berlins ! In allen Kreisen, in denen irgend socialpolitischeS Interesse herrscht, bildet in letzter Zeit die grohe Enqnete der Gewerbe- inspektoren über die Fabrikarbeit verheirateter Frauen den Ausgangs- Punkt der zahlreichsten socialen Erörterungen. Was man in den Reihen der Arbeiter längst verfochten hat, was die Proletarierfrau ohne alles gelehrte und wissenschaftliche Studium aus ihren wirt- schaftlich traurigen Verhältnissen heraus ohne weiteres begriff. das beginnt man infolge der übereinstimmenden Zeugnisse der Inspektoren nun endlich wohl überall einzusehen: es ist unmöglich, die wirlschaftsgeschichtliche Entwicklung einfach durch einen gesetzgeberischen Eingriff zurückzuschrauben: es ist unmöglich, das Elend der Proletarierfamilie durch ein Arbeitsverbot der Frau und Mutter zu heben. Wie aber sonst— so ist es jetzt an uns, die herrschenden Klassen zu fragen. War es nicht die Erkenntnis, daff da, wo die Frau miterwerben muß, das Heim des Arbeiters jeder Ordnung und Sauberkeit entbehrt, daß seine Kinder einer wahrhaft beklagenswerten körperlichen und geistigen Verwahrlosung ausgesetzt sind, die den Anlaß zu jener Umfrage bot? Muß es deshalb nicht als die ursprünglichste und dringendste sociale Pflicht der Gesellschaft erscheinen, wo der eine Weg nicht zum Ziele führt, einen andren. gangbareren zu suchen, jedenfalls mit vollem Nachdruck alle Maß- nahmen durchzuführen, die das Proletariat selbst von den herrschenden Klassen fordert, um das Wohl seiner Kinder zu sichern? U n s r c Pflicht aber, die Pflicht des Proletariats und vor allem der pro- l e t a r i s ch e n Frauen ist es, laut und öffentlich diese Forde- runaen zu stellen und zu vertreten; unsre Pflicht ist es, den herrschenden Klassen zu veweisen, daß auch die Proletarierin sich ihrer und der Rechte ihrer Kinder endlich bewußt geworden ist und daß sie zielklar und ernst den Kampf für diese Rechte allen Feindseligkeiten und Hemmnissen gegenüber auSzufechten ge- denkt. Auf allen Gebieten der Gesetzgebung gilt es, den Hebel anzu setzen, um Schritt für Schritt eine Besserung anzubahnen. Schritt für Schritt das Heim der Arbeiterin zu heben, damit es endlich zu einer Quelle der Gesundheit, geistiger und leiblicher Kraft für sie werde Mehr noch als der Staat wären hier auf den zahlreichsten Gebieten gerade die Gemeinden vor die fruchtbarsten Aufgaben gestellt. An sie zuvörderst gilt eS deshalb, unsre Forderungen zu richten! Heute abend wird Frau Klara Zetkin in einer öffentlichen Volksversammlung diese Forderungen in allen ihren Einzelheiten erörtern. Ihr Thema lautet:„Was fordern die Mütter und Frauen von der Gemeinde? Proletarierinnen Berlins ! Euch selbst, jeder einzelnen unter Euch liegt es ob, sich im Verein mit ihren Klasiengenossinnen darüber zu beraten, worauf zunächst der Kampf zu richten ist, an Euch ist eS, diese Versammlung durch zahlreichsten Besuch zu erner großen und einheitlichen Kundgebung ' deS proletarischen Willens zu gestalten! _ Die OrtsvertrauenSperson. Achtung k Frauen und Mädchen deS arbeitenden Volks! Heute Dienstag, den 22. Januar, abends 8 Uhr. findet bei Keller. ftoppenstr. 29, eine Volksversammlung statt, in der Genossin Klara Zetkin unfern Standpunkt gegenüber der Kommune vertreten wird. Erscheint zahlreich in dieser Versammlung und beweist, daß Ihr nicht gleichgültig allen öffentlichen Angelegenheiten gegenüber steht. Schule. Waisenpflege, Armenpflege, das sind alles Fragen. die in hohem Grade die Frau interessieren. Agitiert für den Besuch dieser Versammlung bei Euren Bekannten und Freunden. Die Vertrauensperson. Im Verein der Frauen und Mädchen SchönebcrgS sprach am 16. d. M. die praktische Aerztin Dr. Springer über die Erziehung der Kinder zu gesunden Menschen. Sie behandelte dabei vor allem die Säuglingspflege, empfahl als Ersatz der Muttermilch die reine Kuhmilch und verwarf alle Mehlzusätze. Sodann behandelke sie die Entstehung und Behandlung der englischen Krankheit. ES wurde darauf die Abrechnung von der WeihnachtSbescherung vorgetragen, die einen Ueberschuß von 16,89 M. ergab. Aufgenommen wurden neun neue Mitglieder. GewerKMtttftliches. Berlin und Umgegend. Achtung, Gewerkschaften und Arbeiter Berlins ! Seit nunmehr neun Wochen sind durch brutale Handlungsweise der französischen Kapitalisten 14 000 Spitzenweber in Calais aus- gesperrt und noch immer ist ein Ende nicht zu erwarten. Be- dauerlicherweise haben sich aus den Reihen der Weber eine Anzahl ausgeschlossener Elemente, welche eine Sonderorganisation ge- bildet hatten, gefunden, die den Kapitalisten Streikbrecherdienste leisten. Die Ausgesperrten glauben aber, daß die Unternehmer mit diesen Elementen allein bei der jetzigen günstigen Konjunktur nicht lange arbeiten können. Sie richten deshalb an alle ausländischen Genossen die dringende Bitte, sie in ihrem schweren Kampfe zu unterstützen, weil die eigne Organisation nicht in der Lage ist, so viele Tausend Personen auf längere Zeit erhalten zu können. Der Ausschuß der Gewerkschaftskommission hat demzufolge be- schlössen, Sammlungen für die Ausgesperrten zu veranlassen und werden diese im Gewerkschaftsbureau, Eugel-Ufer 15, I, Zimmer 8, vormittags von 9—1 Uhr, nachmittags von 6—3 Uhr entgegen- genommen. Einsendungen sind nur an A. Körsten daselbst zu richten. Der Ausschuß der Gewerkschaftskommission. Achtung, Rabitzputzer! Bei der Firma BoSwauu. Knauer sind Lohndifferenzen ausgebrochen. Zuzug ist streng fernzuhalten. Der Vor st and. Die Filiale Berlin deS CentralverbandS der Töpfer Deutschlands veröffentlicht soeben seinen Rechenschaftsbericht für das Jahr 1909. Danach ist der Mitgliederbestand im Laufe des Jahrs von 1129 auf 1281 gestiegen. Sperren wurden drei der- hängt; davon waren zwei mit Erfolg(Ruhm. Döhring). die dritte bei Schöffe! besteht noch. Ein Erfolg war bisher nicht zu verzeichnen, da eine Anzahl indifferenter Kollegen es vorzieht, dem Inhaber als Arbeitswillige zu dienen. Bein, Fen st er streik kamen 421 Kollegen in Betracht. Hiervon konnten jedoch 288 die Arbeit in wenigen Tagen wieder aufnehmen. 133 waren länger wie 3—14 Tage außer Arbeit und wurden aus dem Lokalfonds unterstützt.— Rechtsschutz wurde in 7 Fällen gewährt. Die Einnahme betrug 81 134,85 M.. die Ausgabe 24 944,92 M.— Der Bibliothek wurden 835 Bücher entlehnt. Deutsches Reich . Unternehmcrsprache frei nach Stumm. In der HohlglaS- Hütte von Brückner u. Co. in Ilmenau i. Th. wurden zwei Polierer, die Mitglieder des Deutschen Holzarbeiter-Berbands sind. entlassen, weil sie sich weigerten, Accordarbeit zu den festgestellten Sätzen auszuführen. Der Bevollmächtigte des Holzarbeiter-Ver- bands suchte die Sache beizulegen und richtete ein m höflicher Form gehaltenes Schreiben an die Firma. Tag» darauf erhielt er folgende Antwort von der Firma: Wir gelangren in den Besitz Ihres Schreibens vom 8. er. Von vornherein teilen wir Ihnen mit, daß e» dritte Per- sonen überhaupt nichts angeht, ob wir unsren Arbeitern kündigen oder nicht. DaS sind Angelegen- heiten, die Arbeiter und Arbeitgeber betreffen und um die sich die Herren Bevollmächtigten und Borstände der diversenVerbände gar nicht» zu kümmern haben. Verstanden?! Im übrigen sollen Sie aber auch wissen, daß unsre Arbeiter ihre Accordsätze selbst angegeben haben, daß das natürlich nicht zu knapp ausgefallen ist, können Sie sich denken. Wie wir unsre Leute bezahlen, geht Sie gar nichts a n, es ist zum mindestens eine Unver— frorenheit, sich darüber Bemerkungen zu erlauben. Wir verbitten uns ein für allemal Ihre weiteren Zuschriften, unsre Zeit ist zu kostbar, um sich mit ihren Lächerlichkeiten abzugeben. Hochachtend Julius Brückner u. Co. Der Metallarbeiterausstand auf der Seebeckschen Werft in Bremerhaven dauert unverändert fort. Herr W i s ch o w, der Ingenieur der Firma, versucht unter seinem Namen Arbeitswillige aus andren Städten heranzuziehen, was ihm bisher aber noch nicht gelungen ist. Maßregelung. Angeblich aus Mangel an Arbeit wurde dieser Tage auf den staatlichen Gruben in Kleinbremen a. d. Weser 79 Kohlenbergleuten gekündigt, 64 davon gehören seit Neujahr dem Deutschen Berg- und Hüttenarbeiter-Verbande an. Kein Wunder, daß die Gekündigten nun zu der Meinung gelangen, die Kündigung sei ein Schreckschutz, nur dazu bestimmt, die Organisation wieder zu vernichten. Um die Schäden der Hausindustrie, zu beseitigen, haben die Schneider Nürnbergs an die Unternehmer die Forderung auf Errichtung von Betriebswerkstätten ab 1. April 1991 gestellt. Diese Werkstätten sollen genügend hoch und groß(12—16 Kubikmeter Luftraum für jeden Arbeiter) und möglichst so gelegen sein, daß sie hinreichend natürliches Licht erhalten, für die abendliche Beleuchtung soll Gasglühlicht verwendet werden. In Werkstätten mit mehr als 8 Arbeitern muß der Bügelraum von der Werkstätte getrennt sein, im Sommer darf der Bügelofen überhaupt nicht in der Werkstätte stehen. Ferner wird gefordert regelmäßige Reinigung und Lüftung. das Vorhandensein von Waschgelegenheit«., Maschinen. Werkzeuge 3c. muß unbedingt der Unternehmer stellen und es müssen solche stets in genügender Anzahl vorhanden sein. Die Arbeitszett soll nicht länger als von früh 7 bis abends 7 Uhr mit den Pausen währen.— Auf diese Forderungen sind nur einzelne Antworten eingelaufen, die keine friedliche Lösung der Frage versprechen. Ausland. Die Pariser Gewerkschaften habe sich mit 146 Stimmen bei 13 Stimmenenthaltungen für eine vollständig unabhängige Arbeitsbörse ausgesprochen. Sie wollen weder die an bestimmte Bedingungen geknüpfte Subventton seitens des Pariser Gemeinde� rats, noch wollen sie andrerseits durch Proteste gegen die Beschlüsse deS Gemeinderats sich in Abhängigkeit von der Regierung bringen. Der Streik der Spitzenwcber in Calais dauert nun bereits die elfte Woche. Obgleich den Ausständigen bei der letzten Aus- zahlung nur 6 Fr. Unterstützung überwiesen werden konnten, zeigt sich noch keine Entmutigung in ihren Reihen. Dagegen werden die Fabrikanten wankend. Die einen wollen versuchen, mit den Mit- gliedern der«Emancipation� weiter zu arbeiten, ein andrer Teil der Fabrikanten wünscht mit den Vertretern deS Verbands zu unterhandeln. In Montceau leö Mines(Frankreich ) ist ein allgemeiner Bergarbeiter-AuSstand zum Ausbruch gekommen; die Bergarbeiter verlangen eine Lohnerhöhung. VerfÄmmlungen. rm um den Der Verein deutscher Schuhmacher hielt am 16. d. M. Englischen Garten eine stark besuchte Generalversammlung ab, den Geschäfts- und Kassenbericht vom 4. Quartal 1999 und Jahresbericht pro 1999 entgegenzunehmen. Wie aus erftercm hervorging, hatte die Ortsverwaltung und Agitationskommission im letzten Quartal eine rege Thäligkeit entfaltet. Es stinden 82 Konferenzen statt, die von der Kommission veranlaßt oder von Mitgliedern derselben besucht waren, und nahmen 666 Personen an diesen Konferenzen teil. 219 Kollegen traten der Organisation als Mitglieder bei. Durch den Jahresbericht 1999 konnte gegenüber dem Jahre 1899 ein erfreuliches Wachstum der Organisation konstatiert werden. Während am Anfang des Jahrs die Mitglicderzahl 1153 Personen betrug, stieg dieselbe bis zum Sckluß des Jahrs auf 1492 Mitglieder. Die Einnahmen hatten sich fast verdoppelt. An Beiträgen für die Centralkasse gingen ein 19 426,45 M., denen eine Summe von 2925,61 M. an örtlichen Ver- waltungsausgabcn gegenübersteht. Für den Lokalfonds gingen ein 5947,95 M., davon wurden an streikende Kollegen beziehungsweise den UnterstützuugSfonds 2799 M. und andren Gewerkschaften 348,38 M. abgeführt. An die Berliner Kollegen wurden für Streik- und Gemaßregelten-Unterstiitzung 265,99 M. und für die Bibliothek 199,69 M. verausgabt. Bei den Neuwahlen zur Ortsverwaltung wurden gewählt: Lankow als erster Bevollmächtigter, Olrich als Stellvertreter, Ruft als erster, Drews als zweiter Kassierer und Erdmann als Schriftführer. Die Neuwahl des besoldeten Kollegen wurde vorläufig ausgesetzt. Eine außerordentliche Versammlung des CentralverbandS der Zimmerer tagte am Dienstag, den 15. Januar, im Gewerk« schaftShause. Dieselbe beschäftigte sich mit der Wahl eines Saal» zu den regelmäßigen Versammlungen. Nach einiger Diskussion wurde entschieden, die Arminhallen für dieses Jahr zu diesem Zweck beizu- behalten. Die Besprechung von Anträgen zu der im März in Nürn- berg stattfindenden Generalversammlung nahm den größeren Teil der Versammlung in Anspruch, worauf die Wahl der Delegierten zu dieser durch Stimmzettel vorgenommen wurde. Gewählt wurden: Knbe, Rickert, Gruse und R e i m a n n. Der Borsitzende ver- wieS dann noch auf die Wichtigkeit der ArbeitSlosen-Freiabsiempelung und die Notwendigkeit des JnnehaltenS der hierfür vorgeschriebenen Zorm. Eine Branchenversammlung der LuxnSpapier-Arbeiter änd am Mittwoch, den 16. Januar, im Louisenstädtischen Klubhaus tatt. Zum 1. Punkt der Tagesordnung gab S ch e r w a r d t eine» detaillierten Bericht über seine Thätigkeit als VettrauenSmann. Es änden im verflossenen Jahre statt: 47 Werkstubensitzungen, 18 Gau- itzungen, 19 Delegiertensitzuugen, 9 kombinierte Sitzungen, 3 Ver- ämmlungen und 2 Goldschnittmachcr-Versammlungen außer ver- chiedenen Sitzungen und 4 Verhandlungen mit Firme». Gerhardt giebt ebenfalls einen kurzen Bericht und schildert die Preis- Verschiedenheiten für ein und dieselbe Arbeit bei den verschiedenen Firmen. Redner fordert die Kollegen auf, die neugewählten Vertrauens- Personen etwas thatkräftigcr zu unterstützen als bisher. Nach der Decharge-Erteilung wurden die Kollegen Scherwardt. Manz, Wilhelm T a r'l a u und H a r t st o ch für das laufende Jahr tn die Agitationskommission gewählt._ Unter„Verschiedenes" macht Kollege Scherwardt noch auf die gesetzlichen Bestimmungen für die weiblichen Arbeiterinnen aufmerksam und beweist durch Beispiele, daß in dieser Beziehung sehr gesündigt wird. Desgleichen bittet Redner, den statistischen Fragebogen etwa? mehr Interesse zu- zuwenden. Eine Versammlung der Rabiffpuücr fand am 16. Januar in den Arminhallen statt. Ueber den ersten Punkt der Tagesordnung: Die Ursachen der allgemeinen Arbeitslosigkeit, deren Folgen und deren Beseittgung. hielt N i e k e einen längeren interessanten Vortrag. An der Diskussion beteiligten sich vier Redner. Hierauf folgte die Ab- rechnung vom IV. Quartal. Diese ergab für die Hauptkasse eine Ein- nähme von 564,59 M., der eine gleiche Ausgabe gegenüber stand; 'ür die Lokalkaffe eine Einnahme von 175,25 M., eine Ausgabe von 142,56 M. Die Mitgliederzahl betrug am Schluß 214. Im letzten Punkt der Tagesordnung: Verbands augelegenheiten, wurden 299 M. vom Streikfonds der Lokalkaffe überwiesen, um damit laufende Ausgaben zu decken. Alsdann wurde die Delegiertenwahl besprochen und Üieke mit Stimmenmehrheit in Vorschlag gebracht. Charlottenburg . Die Handels-, Transport- und Verkehrs- Arbeiter hielten am Donnerstag, den 17. d. MtS., bei Wernicke, BiSmarckstr. 34, eine Versammlung ab, welche sehr gut besucht war. Schon vorher wurde in zwei Versammlungen das Thema einer eignen VerivaltungSstelle behandelt und es erfolgte nunmehr in dieser die Wahl der Funktionäre. Es wurden zum ersten Bevoll- mächtigten E r n st F ö r st e r, als Kassierer H. Heitmann, als zweiter Kassierer und Stellenvermittler Max Trill und als Schriftführer T a t u s ch gewählt. Als Beisitzer wählte die Ver- sammlung die Kollegen Lange; Gottschlag, Behrend, Greger. Leppin. DaS Verkehrslokal sowie der Arbeitsnachweis befindet sich bis auf weiteres beim Kollegen Trill, Grolmann« und Goethestraßen-Ecke. RummelSburg . Am Montag, den 14. Januar fand im CafS Bellevue eine von etwa 699 Personen besuchte Volksversammlung statt, in der Genosse Hirsch über die.bestehende Wohnungsnot und die Pflichten von Staat und Kommune' sprach. In der Diskussion sprachen noch die Genossen Ritter, Berger und Gebauer. China . Die Boxerjagden dauern fort! Feldmarschall Graf Waldersee meldet am 19. Januar aus Peking : Von Tientsin ist gestern ein Detachement unter Major Hofmann in die Gegend deS Tsilihai(eines SecZ nordöstlich von Tientsin ) abmarschiert, wo sich Räuber sammeln. Für die wahrscheinliche Dauer der Besetzung PetschiliS durch die Khakimächte sind die Aeußerungen de» französischen Gesandten Pichon nicht uninteressant. Derselbe erklärte dem Berichterstatter des„Echo de Paris': .Ueber die Frage der Schutzwachen für die Zukunft müssen erst die näheren Bestimmungen getroffen werden. Aber meine Meinung darübersteht unerschütterlich s est; eine ansehnlicheTruppen- macht ist in Tientsin und in Paotingfu zum Schutze unsrer Eisenbahn erforderlich. Ein Regiment, glaube ich. und einige Batterien müssen noch für«ine lange Frist hier gelassen werden. Wir müsse» darauf gefaßt sein, daß nichts! alle Mächte unsrem Beispiel folgen; die Engländer werden zögern, nur 299 Mann hier zu lassen, und die stattgehabten oder bevorstehenden Truppenzurückziehungen Rußlands und der Vereinigten Staaten sind ja be- kannt. Deutschland und Frankreich werden sich nicht vom Fleck rühren, bis sie die ab- solute Gewißheit haben, daß ihre Unterthanen und ihre Interessen wirksam deschützt werden. Wenn ein teilweiser Abzug vor dem Frühling statt- finden soll, so werde ich auf jeden Fall verlangen, daß auf dem gesamten Gebiete, auf das sich der französische Ein- fluß erstreckt, starke Truppenmassen belassen werden. Ich bin nicht der Ansicht, daß ein Feldzug im wahren Sinne de» Worts jetzt erforderlich ist; aber erne ern st hafte Bfesetzung und kleine Polizeikolonnen, wie wir und die Deutschen solche täglich herumschicken, sind noch für eine geraume Zeit unumgänglich. Das ist die beste Vorbereitung zu dem erwatteten und hoffentlich nicht allzu fernen entgültigen Frieden....' Der Schneckengang der Verhandlungen. Die.Agence HavaS' meldet aus Peking vom 16. d. MtS., daß T s ch i n g und Li-Hung-Tschang von den Gesandten die Festsetzung einer baldigen Zusammenkunft erbaten, um die gegen einige Artikel der Note der Mächt« von ihnen ge« machten Einwände zu besprechen. Zfctzke Machvichken und Depeschen. Französische Deputiertenkammcr. PariS , 21. Januar. (W. T. B.) Wiederaufnahme der Ver- Handlung über da» Vereinsgesetz. Graf de Mun weist die Anklagen des Deputierten Trouillot gegen die Kongregationen zurück und be« spricht sodann die Frage deS Besitze« der toten Hand. Er erklärt die von der Regierung veröffentlichten Dokumente, welche den Besitz der Kongregationen auf eine Milliarde Frank bewerten, für un- richtig. Er versichert, daß viel von dem Besitztum. daS die ftougre- gationen iune hätten, ihnen nicht gehöre. De Mun schätzt ihr Ver- mögen auf nur 435 Millionen, worin daS der zugelassenen Kongre- gationen mit einbegriffen sei. Waldeck-Ronsseau wirft er vor, dem Drängen der Socialisten»achgegeben zu haben, und Trouillor, daß sein Bericht sich in Maßlosigkeiten ergehe. Im Fortgange seiner Rede erinnert de Mun an die Dienste, welche die Kongregationen Frankreich im Orient und im fernen Osten erwiesen haben und schließt mit einem Ausruf an die Freunde der Freiheit, den Gesetzentwurf abzulehnen. (Beifall auf der Rechten.) Ministerpräsident Waldeck-Rousseau erwidert, der Zweck deS Gesetzentwurf» sei. das uiibestteit- bare Uebergewicht der bürgerlichen Gesellschaft herzustellen; die Regierung erachte die Annahme deS Gesetzentwurfs für not- wendig, Waldeck-Rousseau giebt alsdann die Grundzüge und die allgemeine Anordnung d«S Gesetzentwurf» an, der für sämtliche Berein« geschaffen sei. welcher alle Kongregattonen zuläßt, die dem Gesetze unterworfen sind und alle diejenigen, welche die Ermächtigung des Gesetzes erlangen werden. Die Kirche sei keineswegs bedroht Die Regierung wünsche durch den Gesetzentwurf den Frieden und die regelrechte Entwicklung der Einrichtungen zu sichern.(Dreifacher wiederholter Beifall.) Die Kammer beschließt alsdann mit 293 gegen 226 Stimmen, daß die Rede des Ministerpräsidenten öffentlich an- geschlagen werde. Hierauf wird die Sitzung geschlossen. Hamburg , 21. Januar. (W. T. B.) Die bakteriologische Untersuchung der an Bord deS Dampfers„Pergamon " zwischen der Ladung aufgefundenen toten Ratten ergab,� daß dieselben infolge der Pest verendet find. Die Besatzung der Pergamon ' und die Arbeiter, welche mit der � Ladung m Berührung gekommen sind, befinden sich unter ärztlicher Beobachtung, dieselben sind alle gesund. Da» Schiff wird in Jndia- Hafen isoliert gehalten. Die Löschung geschieht mit allen VorsichtS- maßregeln unter polizeilicher Aussicht und hafenärztlicher Kontrolle. Nach erfolgter Löschung wird der Dampfer gründlich desinfiziert werden. Aachen , 21. Januar. (W. T. B.) Zu dem Tagebruch in dem Bergwerksrevier der.Vereinigungsgesellschaft' wird von maßgebender Stelle mitgeteilt, daß eine weitere Gefahr gegenwärtig nicht vor- Händen sei,' da der Wasserzuflutz aus der Wurm aufgehört habe. Die Gruben„Gouley" und.Renstichen" sind vollständig im Betrieb. In die Grube.Teut" und die.Königsgrube', au« welcher letztere» aber keine Kohlen mehr gefördert wurden, ist da» Wasser in ziemlich erheblicher Menge eingedrungen, doch hofft man eS auch hier in etwa 8 Tagen so weit zu beseitigen, daß der Betrieb wieder auf- genommen werden kann. Mährisch-Lstrau, 21. Januar. (B. H. ) Tin im Karolincn- schacht der Wittkowitzer Werke auSgebrocheneS Feuer wurde anscheinend gelegt. Die Bewältigung de« Brandes dürfte mehrere Tage dauern. Menschenleben sollen angeblich nicht gefährdet sein. OSborne, 21. Januar,(W, T, B.) Noch dem offiziellen Bulletin von nachmittags 5 Uhr hält die am Vormittag eingetretene leichte Besserung im Befinden der Königin an. Petersburg, 21, Januar. (B, H.) Feldmarschall Gurko ist schwer erkrankt. Sofia , 21. Januar. (B. H) Die Gerüchte von den Berhand- lungen wegen eines engeren Zusammenschlusses Bulgariens und Serbiens bestättgen sich.__ Verantwortl. Redacteur: Robert Schmidt In Berlin . Für den Inseratenteil verantwortlich:«6.«locke in Berlin . Druck und Verlag von Max Babing in Berlin . Hierzu S Beilagen u. Unter Haltungsblatt.
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