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Nr. 101.

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Vorwärts

9. Jahrg

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Fern[ prech- Anschluß: Amt 1, Nr. 4186.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

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Sonnabend, den 30. April 1892.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Beide Texte, dem Sinne nach übereinstimmend, er damals das Neunkirchener Tageblatt" boykottete und die gänzen sich dem Wortlaute nach sehr glücklich. Der Text Wirthschaften in die Acht erklärte, welche das Blatt auf­der Kölnischen" und Trierischen Zeitung" behandelt das legten, befanden sich solche darunter, die nebenbei auch

Mit dem 1. Mai eröffnen wir ein neues Abonnement Verhältniß der Stumin'schen Arbeiter zu ihrem Chef" Bäckerei betrieben. Raum fiel damals eine leise Andeutung, auf den

Vorwärts"

Berliner Volksblatt.

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Die Redaktion und Expedition des

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etwas ausführlicher, derjenige der Saar- und Blieszeitung", daß diese Geschäfte die Brotschulden der Stumm" schen Ar­des Stumm'schen Leiborgans, hebt das Verständniß der Arbeiter nunmehr auf gerichtlichem Wege eintreiben müßten, beiter für die kaiserlichen Intentionen" mehr hervor. Es so wurde den Arbeitern erlaubt, auch ferner ihr Brot dort werden beide Gedanken in der kaiserlichen Rede neben zu kaufen kaufen beziehungsweise zu borgen. Stumm einander Ausdruck erhalten haben. hatte Angst bekommen, daß er feine

Werke und hatte kurz nach 10 Uhr bereits die Schfalhäuser, gegen die Richtigkeit des berechneten Lohnes müſſen,

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vor,

Vorwärts" Berliner Volksblatt. eirchen, wir fragen: wie ist es möglich, daß der Kaiſer wegen Hindernissen im Betriebe, auf welche die Arbeiter

Der Kailer

Der Kaiser glaubt, er habe sich bei seinem Besuch des Arbeiter nicht mehr durch sein Lohn­Stumm'schen Werkes die Ueberzeugung verschafft, daß" system auf Kosten der Bäder ausbeuten 11. f. w. Das geschah aber folgendermaßen. Nach dem könnte der Kapitalist Stumm brachte den Stumm'schen Leiborgan traf der Kaiser 9 Uhr Vormittags Parteifanatiker Stumm zum Schweigen. Aber die Stumm'sche in Neunkirchen ein. Am Bahnhof hatte er einige Be- Lohnwirthschaft ist noch viel raffinirter eingerichtet. Jm§6 grüßungen zu erledigen, dann fuhr er zum Stumm'schen der neuen Arbeitsordnung heißt es weiter: Einsprüche die Kleinkinderschule, die Näh- und Fortbildungsschule, die Krankheitsfälle ausgenommen, spätestens innerhalb 3 Tagen Kokerei, Hochöfen und Gießerei besichtigt. Zwischen nach der Auslöhnung bei dem nächsten Vorgesetzten erhoben 10 und 11 Uhr besuchte er das Viktoriaspital. 411 Uhr werden. Spätere Ansprüche werden nicht be­fehrte er zum Werk zurück und durchschritt das Stahlwert. rücksichtigt." Und noch befriedigender" und patriar­von § 10. Infolge Betriebsstörungen, Daran schloß sich die förmliche Prämiirung" von nicht chalischer": weniger als 130 Arbeitern, die sämmtlich vor dem Kaiser Arbeitsmangel oder sonstigen Hindernissen im Be­defilirten, sowie eine Stumm'sche und die kaiserliche Rede. triebe kann die Firma jeden Arbeiter bis Und nichtsdestoweniger war ,, gegen 12 Uhr" Alles zu Ende" zu drei Schichten ohne Entschädigung feiern Stumm behält sich also sogar man fuhr zum Frühstück, und 2 Uhr verließ der Kaiser lassen". in dieser Zeit auch nur einen flüchtigen Einblick in die wirk- gar keinen Einfluß haben, diese drei Tage lang brotlos zu lichen Arbeiterverhältnisse des Stumm'schen Etablissements machen und doch zu seiner Verfügung zu halten; denn nur, bekommen konnte? Spezialforscher für Arbeiterverhältnisse, wenn das brotlose Feiern länger als diese ominösen drei die mit ganz anderen Vorkenntnissen und Vorbereitungen Tage dauert, kann ein Stumm'scher Arbeiter ohne Kün­in Meunkirchen. an das Studium der Daseinsbedingungen einzelner Arbeiter- digung das Werk verlassen(§ 12)! Aus§ 15 dieser An ein kurzes Telegramm, das damals allein vorlag, gruppen gingen, haben bis jetzt immer Monate und Jahre patriarchalischen" Arbeitsordnung geht hervor, daß Stumm Inüpften wir vor einigen Tagen eine knappe, grundsätzliche gebraucht, ehe sie auch nur ein oberflächliches Urtheil über ein eigenes polizeiliches Aufsichtspersonal einschließlich der Besprechung der Rede an, welche der Kaiser bei seinem Be- die Lage dieser Arbeiter abzugeben versuchten. Und das ist Portiers und Wächter" auf seinem Werke hält. Damit fuch in Neunkirchen über die Stumm'schen Arbeiterverhält wegen der Komplizirtheit der Arbeiterverhältnisse bei Nicht- stimmt es trefflich, daß Frauen und Angehörige, welche niffe gehalten hat. Nächst den Pariser Anarchisten- Attentaten arbeitern nur zu erklärlich. Sollten die Rathgeber des den Arbeitern das Essen zutragen, dies nur in der fest­hat diese kaiserliche Rede in den letzten Tagen den meisten Kaisers denselben nicht einmal auf diese Dinge aufmerksam gesetzten Zeit thun und sich nicht länger im Werke auf­Schaden Gesprächsstoff geliefert; das weiß Jeder, wenn es auch die machen und ihm mittheilen, daß es unmöglich ist, sich durch halten dürfen, als durchaus nöthig ist". Bourgeoispresse nicht zu sagen wagt. Inzwischen liegt nun den flüchtigen Besuch von ein paar Stunden, auch wenn am Werkzeug muß nicht blos durch den Arbeiter ersetzt der Text der kaiserlichen Ansprache ausführlicher vor, als er vorher noch so lange Gespräche mit dem Werkbesizer werden; außerdem trifft ihn unter Umständen Geldstrafe". in dem ersten Telegramm enthalten war. Wir führen zwei stattgefunden haben, die Ueberzeugung zu verschaffen, Ueberhaupt wimmelt die Arbeitsordnung von patriarchali­Quellen gleichzeitig an, um den Wortlaut noch vor einer daß" u. s. w.? schen" Worten, wie verboten, streng untersagt, Betrug, etwaigen offiziellen Wiedergabe im Reichs- Anzeiger" mög Dies zum Aeußerlichen der kaiserlichen Rede. Unterschleif" u. s. w. so sehr, daß Stumm mehrere dieser lichst sicher zu stellen: Nun zum Jubalt, zur Empfehlung der befriedigenden Zu Beiworte wahrscheinlich streichen mußte, gewiß zu seinem Saar - u. Blieszeitung" stände" des Stumm'schen Werkes für die übrige deutsche Leidwesen und nur, weil sie sich juristisch nicht wohl auf­in Neunkirchen : Industrie. In seinem zweiten Moniteur, im Saarbrücker recht erhalten" ließen. Buwiderhandlungen werden mit Das Verhältniß zwischen Ar-" Der Kaiser sprach den Stumm- Gewerbeblatt", veröffentlichte Stumm unterm 10. Januar Geldabzügen bis zu 6 M. bestraft, und Stumm verschmäht beitgeber und Arbeitnehmern sei schen Arbeitern seine Anerkenn- 1892 den Entwurf einer dem neuen Gewerbegefeße an es nicht, diese Strafen patriarchalisch" höchst eigenhändig ein überaus glückliches. Er habe ung für ihre gute Haltung und gepaßten revidirten Arbeitsordnung für sein Werk. Nach endgiltig festzustellen". Alle sonstigen Zumuthungen, eine Menge von Arbeitern persön- das Verständniß, welches sie den lich angesprochen, über ihr Ver- taiserlichen Intentionen stets§ 6 derselben läßt sich der freiherrliche Schloßbefizer von die er an seine Arbeiter stellt, hat Stumm nicht in die hältniß zum Chef Fragen an sie entgegengebracht hätten, aus. Er Hallberg, eben Freiherr von Stumm , die Arbeit seiner Arbeitsordnung aufgenommen; bekanntlich erklärte er gerichtet und sich dadurch die habe dies schon früher zu seiner Leute einen ganzen Monat lang- borgen. Er lohnt sie aber im Reichstage, daß er fein Titelchen von seinen Ueberzeugung verfchafft, daß ein Freude durch ihren Chef er nämlich blos monatlich aus. In der Mitte des Monats Rechten" abgebe, und doch extra an sein ,, schwarzes Brett" Verhältniß obwalte, das im fahren, den er ausdrücklich be- giebt's nur eine Abschlagszahlung. Die Folge davon anschlagen werde, was er wolle. Stumm besteht also auf dem ftaatserhaltenden Sinne wün- auftrage, feinen Dank zur ist die bekannte: in den Schuldbüchern der Neun- Verbot der Theilnahme an den berüchtigten Gewerk­schenswerth und befriedigende Kenntniß aller seiner Arbeiter firchener Bäckereien find die Stumm'schen Arbeiter vereinen", das er 1881 an seine Arbeiter ,, erließ" und wo Zustände herbeizuführen geeignet zu bringen. Er freue fich, hier mit fortwährenden Rückständen eingetragen. Sie müssen mit er die denselben gesetzlich garantirte Koalitionsfreiheit fei. G3 wäre fein fehnlichster tüchtige und gutgesinnte Arbeiter bei der Stumm'schen Lohnwirthschaft borgen, um leben zu aufhob, mächtiger als Regierung und Reichstag schaltend, Wunsch, daß derartige segens unter einem wohlwollenden, ge- können, und welche zerrüttende Wirkung das Borgen auf ein Despot schlimmster Sorte in seinem schwarzen reiche, glückliche Berhältnisse in rechten Herrn zu finden, und Er besteht auf seinen Eingriffen der ganzen deutschen Industrie wünsche, daß es überall so aus- jeden Arbeiterhaushalt ausübt, ist bekannt. Stumm weiß Bereich. Dent= und Lesefreiheit seiner Leute, zu herbeigeführt würden." dies auch ganz gut; er verrieth es Anfangs 1881. Als er die sehen möge."

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Rölnische" und Trierische Zeitung":

Feuilleton.

Nachbbrud verboten.)

Am Webstuhl der Zeit.

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Beitgenössischer Roman in 3 Büchern von A. Otto Walster .

Rollmann: Sie ist beschäftigt gewesen." Streit: Das wird nicht stimmen, denn die Frau be­hauptet, daß fie, weil fein Käufer gekommen, seit jenem Tage Sonntags nicht mehr über Mittag aufgemacht hat." Rollmann: Die Frau wird sich in der Woche irren." Streit: Das ist durchaus nicht anzunehmen, denn die Frau ist 8 Tage später niedergekommen."

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Rollmann: Was wollen Sie denn mit diesen Fragen eigentlich beweisen, Herr Advokat?"

Streit setzte sich, ohne eine Antwort auf diese Frage zu geben, und wandte seine Augen nur auf den Staats­anwalt, ber aber für diesmal seinem Blicke auswich. Sie waren, Herr Rollmann, an jenem Sonntage in der Wohnung Ihrer Verkäuferin und haben ihren Koffer untersucht?"

Präsident:

Rollmann: Ja, Herr Präsident."

Präfident; Sie können nicht angeben, was aus jenen Spißen, die Sie aus England empfingen, geworden ist?" Rollmann: Ich kann mich nicht erinnern; meine Leute sind daran schuld, die nicht ordentlich eingetragen haben."

Präsident: Ihr Geschäft ist aber sonst in guter Drd­

nung?"

in

Präsident: War Ihnen früher schon etwas weg­gekommen?" Rollmann: Nein."

Präsident:" Ich halte eine weitere Zeugenvernehmung in dieser Sache für überflüssig, und der Gerichtshof wird sich, wenn nicht etwa von Seiten der Staatsanwaltschaft oder der Vertheidigung ein anderweiter Antrag geschieht, Rollmann: Ja, weil ich fleißig nachsehe. Manches zurückziehen." entgeht einem doch." Staatsanwalt: Die Staatsanwaltschaft hat auf jeden Präsident:" Sie haben einmal eine Szene mit Ihrer Fall zu verfügen, daß der Zeuge Rollmann sofort zu ver­Verkäuferin gehabt, in welcher dieselbe sich stark über Ihre haften ist, und bittet hierzu um Genehmigung des verehr Budringlichkeiten äußerte, wie die dazu gekommene Schneiders- lichen Gerichtshofes, da er auf dessen Veranlassung hierher­gekommen." frau in Ihrem Hause erklärt hat." Präsident:" Der Gerichtshof hat hiergegen nichts ein­zuwenden."

Rollmann: Ach das war weiter nichts als eine kleine

Lappscherei." hatte?"

Präsident: Welche aber eine Kündigung zur Folge Rollmann: Ja, das Mädchen war sehr zierig, ich hätte sie nicht beachten sollen."

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Präsident: Sie haben also nichts über den Verbleib jenes Packetchens ans England anzugeben?" Rollmann: Nein." Präsident: Und die Spigen vermißten Sie wann?" Rollmann: Ich glaube vor Tisch." Präsident: Und dachten dabei gleich an Ihre Ver­fäuferin?" Rollmann: Ja, gleich."

Streit: Die Vertheidigung hat keine weiteren Anträge an den verehrlichen Gerichtshof zu richten."

Nun aber mußte Jemand das Brausen und Murmeln hören, welches im Saal und auf den Tribünen entstand. Rollmann schritt eilends auf den Staatsanwalt zu, aber dieser hatte bereits einem Gerichtsdiener gewinkt, der den Auftrag erhielt, ihn ins Gefängniß abzuführen, und diesen Auftrag ohne Weiteres vollzog.

Die arme Angeklagte, welche während der ganzen Ver­handlung bleich und still, unbeweglich konnte man sagen, Sagesessen, verharrte auch jetzt noch in ihrer Lage, obwohl der Gerichtsdiener ihr ein stilles Vorzimmer anbot. Erst