sozialdemokratischen Antrage nochmals zu befassen(!)— so erklärte unter lauten Bravorufen Oberbürgermeister Leh-r.weil— die Form des Antrages„unpassend" und„un-sachlich" sei!!Läßt sich eine nichtssagendere Ausrede denken? Und doch ge-tlügte sie, um das ganze Stadtverordnetcnkolleg in eine Art Ver-güdaßfl zu versetzen!—_Die Mordgeschichte,die der Staatsminister von Dallwitz im Anhaltischen Landtageden Sozialdemokraten in die Schuhe zu schieben suchte, fordert zueinem Vergleich heraus mit folgendem Bericht des freisinnigen„Ber-liner Beobachter", den wir gerade zur rechten Zeit in unserem Saal«felder Bruderblatt ausgegraben finden. In dem Bericht, der nichtgleich dem anhaltischen Minister leere Vermutungen, sondernTatsachen erzählt, heißt es:„Der Spott versagt und ein Gefühl des Schreckens, desGrauens von den entsittlichenden Wirkungen jenes Geistes, derheute in gewissen Teilen der Studentenschaft seinWesen treibt, und zugleich schwere Sorge um die Zukunft über-kommt den ernsten Vaterlandsfreund, wenn der Vaterlandsfreundhat sehen müssen, bis zu welcher Bestialität der st u-pide Antisemitismus, der unter dem Banner einesGrafen Pückler seine Fahrten macht, unreife Burschenzu treiben vermochte. Ein Vorkommnis an der Berliner Universitätvor einigen Jahren in einer Vorlesung des Professors der Rechts-Wissenschaft Kohler liefert ganze Bände zur Naturgeschichtedes deutschen Geistes in unseren Tagen der„Dekadence". AlsKohler den von den ausgezeichneten Fachmännern Wilmowski undLe v y herausgegebenen Kommemar' zum Reichszivilprozeßempfahl, da gaben bekanntlich die jungen Rechtsbeflissenenbei dem Anhören des Namens Levy ihrem Mißfallen durchallgemeines Scharren Ausdruck. Und als Professor Kohler dannhervorhob, daß dieser Justizrat Levy vor nicht langer Zeit er-mordet worden sei, gaben die idealistischen Musensöhne,Deutschlands Zukunftsstolz und Zukunftshoffnung, durch o h r e n-betäubendes Trampeln ihren lebhaften Beifall fürMord und Mörder zu erkennen. Nicht wie zu Fausts Zeiten beimTaufelstrunk in Auerbachs Keller, sondern am hellichten Tage,inmitten des Lehrens und Lernens, offenbart sich in diesenStudenten die Bestialität. Diese Burfchen, welche frenetischjubeln, weil ein hervorragender Rechtsgelehrter, der nachihrer Ansicht durch den Namen Levy bemakelt ist. feigenMördern zum Opfer gefallen ist— das sind dieselbenElemente, welch stolz darauf waren, sich an keiner EhrungVirchowS, des berühmten Professors der Berliner Universität,beteiligt zu haben, da derselbe der Hofgunst entbehrte. Das sinddieselben Leute, die dereinst berufen sind, im Gerichtssaale dasVerbrechen zu brandmarken und zu ahnden, und die voraussichtlichalsdann überfließen werden von brünstigen Bekenntnissen fürReligion, Sitte und Ordnung."Die Zeugmszwangsfolter in Halle.Ueber die Verhandlung des Preßprozesses gegen den GenossenThiele vom„Volksblatt für Halle" am Montag vor demSchöffengericht zu Halle, die, wie wir bereits telegraphischmeldeten, zur Verhängung der Zcugniszwangshast über den Ge-Nossen Däumig führte, wird uns noch aus Halle geschrieben:Die Zeugen Redakteur Fröhlich, Metteur Kochanskyund Berichterstatter E b e l i n g, die nichts Bestimmtes darübersagen konnten, wer der Verfasser des inkriminierten Artikels ist. wur-den vereidigt. Redakteur Däumig, der gegenwärtig 3 MonateGefängnis verbüßt und am kommenden Freitag entasten werdenmutz, sagte aus, daß er bei dem inkriminierten Artikel eventuell alsMittäter in Frage kommest könne und sich auch verpflichtet fühle,das Redaktionsgeheimnis zu wahren. Er wurde dann wegen Eides-Verweigerung mit 100 Mark bestraft und bis zum nächstenTermin in Zwangshaft genommen. Mehr als eigentümlicherschien das Verhalten des klagenden Rechtsanwalts Suchsland, derauch gegen den beklagten Genossen Redakteur Thiele einenZivilprozetz wegen des Artikels auf Schadenersatz angestrengthat. Der Herr sägte nämlich vor Gericht, daß der VerteidigerThieles, Rechtsanwalt Herzfeld ihm privatim gesagt habe, daßThiele in dem Zivilprozeß einen ihm zugeschobenen Eid nicht leistenwürde. Rechtsanwalt Herzfeld fand es selbstverständlich nicht schön,daß sein Herr Kollege von Privatgesprächen vor Gericht Gebrauchmache. Er sei dadurch gezwungen, mitzuteilen, daß sein KollegeSuchsland ihm ebenfalls privatim gesagt habe, er habe denZivilprozetz gegen Thiele nur angestrengt, um Material fürden Beleidigungsprozeß zubekommen. Die Verhandlungwurde schließlich wieder vertagt.—Die Politik der verzweifelten Mittel gegen die Polen soll, wiewir schon kürzlich meldeten, durch ein Enteignungsgesetzgegen die polnischen Grundbesitzer fortgesetzt werden. Selbst dennationalliberalen Hakatiften scheint es vor dieser beispiellosen Rechts-vergewalttgmig leise zu graulen. Die„National- Zeitung" bringtheute ein halbes Dementi der von einigen Blättern gebrachtenMeldung, daß sich die Nationalliberaleu für eine solche Vorlage erklärthätten. Allerdings habe sich die nationalliberale Fraktion mit derSache befaßt, aber Beschlüsse seien wohl noch nicht gefaßt, die Polen-Politik biete überhaupt eine solche Fülle von Schwierigkeiten, daß eswünschenswert wäre, wenn die Regierung ihre Vorlage erst ein-brächte, wenn sie sich versichert habe, haß sie für ihre Pläne imAbgeordnetenhause eine Mehrheit finde.— Die Natioualliberalenscheinen nach diesen gewundenen Ausführungen zu urteilen, all-mählich Angst zu kriegen vor den Konsequenzen der Polenverfolgungen,ohne doch den Mut zu haben, dem von ihnen selbst großgezogenenPolenfrcssertum entgegenzutreten.Nach polnischen Blättern wurde der Abgeordnete PrälatDr. v. Jazdzew-ki beim Kultusminister wegen Entlassungenvon Gymnasiqsten, deren die Volksschule besuchende Ge-schwister am Schnlstrcik teilnehmen, v o r st e l l i g. Minister Studtsoll erklärt haben, daß er die vom Schulkollegium angeordnete Maß-regel e r st dann zurückziehen könne, wenn der Schul-streik aufhöre. Etwas anderes war von Herrn Studt nichtzu erwarlen. Daß seine Maßregel nicht mit politisch dumm, sondernauch ungesetzlich ist, erkennt der Herr nimmermehr.—Eine BcrfassunzSreform soll in Mecklenburg von der Ne-gierung ernstlich in Vorbereitung genommen sein. Natürlich einemecklenburgische— ein Teil der Landtagsavgeordneten solldanach künftig von den Großherzögen, ein anderer von den Junkernsder Ritterschaft) ernannt werden, der Rest würde dem gemeinenVolk zum Wählen überlassen werden. Trotz dieser echt obottitischenRückständigkeit der sogenannten Reform soll aber die Regierung nochzu befürchten haben, daß die treuen Junker sich sperren, ihr Vorrechtaufzugeben als„Landstand� geboren zu werden. Indes ist diemecklenburgische Regierung entschlossen, den Junkertrotz eventuelldurch Hülfe des Bundesrates zu brechen. Wäre der Mühe wert!—Die„wohlanständige" Ordnungspreffe.Auch heute haben„Nordd. Allgem. Zeitung' und„Vossische Zeitung" die Entgegnung des Genossen Peusauf die„furchtbare Anklage" des anhaltischen StaatSministcrsv. Dallwitz nicht gebracht!Ebensowenig hat die„Nordd. Allgem. Zeitung" vonder Widerlegung der von ihr verbreiteten Terrorismuslüge ausEhcmmtz durch die Ehemnitzer„Volksstimme" Notiz genommen!Dagegen bringt sie heute eine neue Gruselgeschichte in der vonihr besonders eingerichteten Rubrik„Vom sozialdemokratischen Terra-riSmuS".Wir registrieren diese moralische Verlumpung der„woyi-anständigen" Ordnungspresse lediglich.—Ein gerüffelter Fabrikinspektor.In der badischcn Fabrikinspektion sind unheilbare Zerwürfnisseeingetreten. Die Schuld liegt an dem Leiter der FabrikinspcktorenDr. B i t t m a n n. Der frühere Fabrikinspektor Wörishoffer, derdie badische Fabrikinspektion zu außerordentlichem Ansehen ge-bracht hat, verstand es, sich ein vortrefflich geschultes Personal her-anzuziehen und ließ seinen Mitarbeitern, soweit möglich, volleSelbständigkeit. Als aber Wörishoffer kurz vor seinem Tode vomAmte zurücktrat, nahm man nicht etwa den Nachfolger aus denMitarbeitern Wörishoffers, man griff nach Preußen und wählteden ehemaligen Fabrikdirektor Dr. Bittmann. Es war nicht zu ver-wundern, daß sich die selbständigen Kräfte nicht unter den kleinenbureaukratischcn Geist Bittmanns beugen wollten. So verließ zu-nächst Dr. Fuchs die Fabrikinspektion und die Fnspektorin Frl. Dr.v. Richthofen heiratete. Mit der jetzigen Fabrikinspektorin Frl.�Dr.Baum ist nun aber der Konflikt ausgebrochen. Frl. Baum ist eineselbständige und durchaus tüchtige Kraft, sie hat ftch sehr rascheingearbeitet und man konnte von ihr Mit Recht noch viel erwarten.Das patzte' Herrn Bittmann nicht und so wollte er die Selbständig-keit der Jnspektorin im Schraubstock bureaukratischer Maßnahmenbrechen. Das führte zum Bruch; Frl. Baum ist aus der'Fabrik-inspektion ausgeschieden, dem Dr. Bittmann aber sprach das Mi-nistcrium des Innern mündlich und schriftlich seine M i ß-b i l l i g u n g über sein Verhalten aus.— Natürlich ist damitgar nichts getan, es wird weiter so gewirtschaftet werden.Dernburg wird seine Afrikareise Mitte Mai, nach Schluß derReichstagssession antreten. Er will vier Monate fortbleiben undnur Ostaftika besuchen.—Sachsen gegen die Schiffahrtsabgabcn. Der sächsische Finanz-minister Dr. Rüger hat einer Abordnung des sächsischen Schiffer-Vereins gegenüber erklärt, daß Sachsen im Bundesrate gegen dieEinführung der Schiffahrtsabgaben stimmen werde.—Im Wahlkreise Mülhausen-Laugensalza hat das Zentrum,das ursprünglich die konservative Kandidatur unterstützen wollte,jetzt seinen Anhängern die Abstimmung freigegeben.—Wahlprotestr sind weiter von der Sozialdemokratie eingelegtworden gegen die Wahl des Antisemiten Graes in Weimar-Apolda, des Antisemtten Schock jn Eisenach-Dermbachund des Wildliberalen Enders in Sonneberg-Saalfeld.—Zwei„Anständige".Der Konkurrenzkampf unter den für den nattonalen Idealismusfechtenden„anständigen" Blättern treibt seltsame Blüten. Die„Staatsbürgerzeitung" hat, wie wir berichteten, mit dem DeutschenVerlag einen Druckvertrag abgeschlossen. Diesen Anlaß benutzte dieehrsame„Post", sich mit einem Zirkular an die Abonnenten der«Staatsbürgerzeitung" zu wenden und sie zum Abonnement auf die„Post" aufzufordern. Darauf antwortet in ihrer heutigen Morgen-ausgäbe die„Staatsbürgerzeitung" mit folgender Notiz:In eigener Sache.Die Zeitung„Die Post" versendet ein Zirkular mit ber Er-klärung, daß die„Staatsbiirgerzeitung" in einen anderen hiesigemVerlag übergehe und mit einem unpolitischen Blatte verschmolzenwerde, und fordert im Anschluß hieran die konservativen Vereineund Kreise auf,„Die Post" zu abonnieren, da die„Staatsbürger-zeitung"„ihren bisherigen anttsemittschen und konservattvenCharakter vollständig verlieren wird".Wir erklären dem gegenüber, daß die Behauptungen derZeitung„Die Post" in allen Teilen unwahr sind und be-halten uns weitere Schritte gegen genanntes Blatt vor.Verlag der„Staatsbiirgerzeitung".Das Reich G. m. b. H.Der Streit zwischen den beiden scharfmacherischen, gleichmäßigan Abonnentenschwindsucht leidenden Blättern ist höchst amüsant.—ftUBUltd*Schweiz.Die Protestbewegung der Arbeiterschaft des Kantons Berngegen das reaktionäre Antistreikgesetz hat an den zwei letzten Sonn-tagen durch 26 öffentliche imposante Protestversammlungen ihrenHöhepunkt erreicht. In der vom Pärteivorstand vorgeschlageneneinheitlichen Protestresolution wird entschieden Stellung genommengegen den Versuch, den Erfolg von Streiks durch eine Gelegenheits-und Gewaltgesehgebung zu verunmöglichen und die Lebenshaltungder Arbeiter durch Polizeimaßregeln herabzudrücken. In der Reso-lution heißt es:..... Die Versammlung erklärt die Bestimmungendes Gesetzentwurfs für unklar und als geeignet, das Publikum derWillkür der Polizei auszuliefern und die persönliche Freiheit auchunbeteiligter Personen aufs schwerste zu gefährden. Die An-wesenden erklären es als des Staates unwürdig, charakterlos? Sub-jekte, die ihre Mitarbeiter verraten, in speziellen behördlichen Schutzzu nehmen. Die Arbeiter sind überzeugt, daß das Streikgesetz dieArbeitseinstellungen keineswegs aufzuhalten vermöchte, wohl abergeeignet wäre, die Kämpfe zu vergiften, die Verhetzung von Arbei-tern, Polizei und Bürgertum und den Klassenhaß zu schüren undzu verschärfen. Die Versammlung verlangt vom Großen Rat, daßer die verfassungsmäßigen Rechte der Arbeiter achte und die Unum-gänglichkeit und die kulturelle Berechtigung der Streiks anerkenne.Sie bezeichnet die unselbständige Kopierung ausländischer reaktio-närer Knebelgesetze und der Zürcherischen Ausnahmeerlasse als eineSchmach für den Kanton Bern und eine Entehrung des Schweizer-namens."Frankreich.Vatikanischer Roßhandcl.Paris, 24. Februar.(Eig. Ber.)Die Kirchenpolitik ist ekne Rutschbahn: Wieder einmal scheintder Abschluß des Friedens zwischen der Republik und der Kirche,der scheinbar vor der Tür stand, erheblich gefährdet. Die Regierunghat das Angebot des Erzbischofs von Paris als unannehmbarzurückgewiesen. Schuld an der neuerlichen Stockung trägt dieKirche, die angesichts der Nachgiebigkeit Briands ihre Ansprücheüberspannt. In der Verhandlung zwischen dem Pariser Erzbischofund dem Seinepräfekten über die Kirchenmiete war man überein-gekommen, den Pfarrern die unentgeltliche Benutzung der Kirchen-gebäude und ihrer Mobiliare zur Ausübung des katholischen GotteS-dienstes gegen die Uebernahme'der Erhaltungskosten zu überlassen.Eine Klausel, nach welcher der Vertrag erlöschen sollte, sobald dasGebäude seiner Bestimmung entzogen werden würde, gab der Kirchehinlängliche Bürgschaft gegen schismatische Unternehmungen. Aberder Erzbischof stellte weitere Forderungen: Vor allem sollte dasNutzungsrecht des Pfarrers im Falle seines Todes oder seiner Ver-sctzung oder Absetzung durch den Erzbischof an den von diesemernannten Nachfolger übergehen, unter der Bedingung der Nam-haftmachung des neuen Titulars in einer neuen Deklaration anden Präfekten und seiner schriftlichen Verpflichtung, die Lasten desVertrages auf sich zu nehmen! Weiter sollte der Seinepräfektausdrücklich auf jede Einflußnahme auf die Pfarrverwaltung ver-zichtcn und nur die Instandhaltung des Gebäudes überwachen.—Schließlich sollte der Pfarrer für die Erfüllung der Vertrags-pflichten nicht mit seinem persönlichen Vermögenhaften! Diese Bedingungen waren schon vor Briands Redegestellt. Der Präfekt hat sie n i ch t beantwortet. Nun aberwird die Differenz noch verschärft durch die Erklärung Briands,daß die Republik in den Verträgen weder Ausländer noch ehemaligeKongrcganisten als Pfarrer zulassen werde, was der Vatikan alseinen Eingriff in seine kirchliche Autorität ansieht. Auch will dieKirche von den. Pfarrern die Verpflichtung für die laufendenReparaturen nur vom Tage der Uebergabe der Kirchengcbäudeübernommen wissen, so daß die Pfarrer sie in gutem Zustande.yötigenfqUS also mch vorheriger ReloustruktiW. erhglten müßten!Es ist klar, daß unter diesen Bedingungen die Gemeindenkein Interesse daran haben, den Vertrag abzuschließen. Anderer-seits hat die Kirche, wenn sie die Kirchengebäude lediglich aufGrund des Gesetzes von 1907 in Anspruch nimmt, nur die recht-liche Stellung eines tatsächlichen Inhabers und kein Recht, denBesuchern der Gotteshäuser Abgaben abzuverlangen. Sie kann sichauch nicht wehren, wenn die Gemeinden die Kirchengebäude bis zurUnbenutzbarkeit verfallen lassen. Für die Regierung aber giltbesonders die Aufnahme der Formel über den Uebergang derNutzungsrechte an den vom Bischof ernannten Nachfolger desPfarrers als unannehmbar, weil darin eine unverhüllte An-erkennung der katholischen Hierarchie läge, die im Trennungsgesetzimmerhin an die Konstituierung der Kultusassoziationen geknüpftwar. Die Verträge können, sosern sie den Geist dieses Gesetzesnicht verletzen sollen, nur individuell sein, und dem un-beschränkten Recht des Bischofs, einen anderen Pfarrer zu ernennen.kann nicht die Pflicht der Gemeinde entgegengestellt werden, diesenohne Rücksicht auf seine Person und auf die Bürgschaften, die siefür die Erfüllung der Vertragspflichten bietet, als Rechtsnachfolgerseines Vorgängers anzuerkennen. Allerdings muß billigerweiseauch gesagt werden, daß sich die Aufnahme einer auf den Aus-schluß der fremden Staatsbürger und Exkongreganisten bezüglichenBestimmung in den Vertrag mit dem Prinzip des TrennungS-gesetzes ebensowenig vereinbaren läßt. Die Regierung könnte viel-leicht den Gemeinden auf administrativem Wege— wenn nichtdurch ein Gesetz— verbieten, solche Personen zuzulassen, abergerade das Prinzip der Individualisierung der Verträge und der,wenn auch nicht vollkommen durchführbaren, so doch so weit alsmöglich zu verwirklichenden Ignorierung der Einheit des kirch-lichen Organismus spricht gegen eine solche Formel.Zu guterletzt wird es wohl trotz alledem doch zu einer Einigungkommen, wenn die Kirche begriffen haben wird, daß die Nach-giebigkeit der Regierung eine feste Grenze hat. Denn diegrößeren Nachteile im Falle der Nichteinigung sind unzweifel-hast auf ihrer Seite. Freilich hat sie ihre besten Chancen schonpreisgegeben, als sie das Trennungsgesetz selbst trotzig zurückwies.Italien.Pius der Starke.Wie aus Rom berichtet wird, empfing der Papst am Montagdrei französische Bischöfe und teilte ihnen amtlich mit, daß die Ver-Handlungen mit der ftanzösischen Regierung abgebrochen seien undkeine Hoffnung mehr aus Erzirlung eines Einvernehmens vorhandensei. Der Papst fügte einige Weisungen hinzu, welche folgendermaßenlauten: Der französische Episkopat möge den otatus quo aufrecht-erhalten, die Priester mögen nach wie vor in den Kirchen bleiben,welche Entscheidungen auch immer die französische Regierung treffenmöge.—_Die Eisenbahn-Misere.Maitand, 26. Februar.(B. H.) Die Fabrikbesitzer in der ganzenProvinz Novara beschlossen, ab 11. März den Betrieb auf ihrenFabriken einzustellen als Protest gegen die haltlosen Zustände undden dauernden Kohlenmangel auf der Eisenbahn.Spanien.Der Fall Acevedo.Wir meldeten vor einiger Zeit, daß unser spanischer GenosseAcevedo wegen„Majestätsbeleidigung" zu 8 Jahren Gefängnis ver-urteilt wurde. Das höchste Gericht(Obertribunal) hat die bar-barische Strafe nunmehr bestätigt! Die spanische Arbeiterschaftleitete sofort eine energische Protestaktion gegen das schändlicheKlassenurteil ein.Acevedo hätte der„Segnungen" des vor einigen Wochen inKraft getretenen Amnestie-Gesetzes teilhaftig werden können. In-dessen wäre er gezwungen gewesen, die„Gnade" des Königs anzu-rufen. Daran ist aber bei einem Mann wie Acevedo nicht zudenken; er geht lieber 8 Jahre ins Gefängnis, ehe er den Monarchenum Gnade anwinselt.Die republikanischen, ja sogar die monarchischen Blätter—„Heraldo de Madrid",„El Jmparcial" u. a. m.— rühmen das Verhalten Acevedos und legen der Regierung nahe, ihn freizulassen.Schweden.Gegen den Wahlrechtsentwurf der Regierung.Letzten Donnerstag hatte die Arbeiterkommune in Stockholmin vier großen Lokalen Massenversammlungen veranstaltet, um dieMeinung der Arbeiterschaft über die von der Regierung vor-geschlagene Wahlrechtsreform zum Ausdruck zu bringen. DieLokale waren alle überfüllt, und tausende konnten keinen Einlaßmehr finden. Die Versammlungen nahmen einstimmig eineResolution an, in welcher der Regierungsentwurf als durchausunannehmbar sowohl für die Arbeiterschaft Schwedens wiefür alle, die eine ehrliche Lösung der Wahlrechtsfrage wollen, er-klärt wird. Die Arbeiterschaft wird aufgefordert, sich für denFall, daß alle anderen Mittel fehlschlagen sollten, zum Massen-streik zu rüsten, um ein wirklich allgemeines Wahlrecht zuerringen.Auch in anderen Städten Schwedens haben sich bereits Massen-Versammlungen mit der Wahlrechtsfrage befaßt, und zwar überallmit dem gleichen Ergebnis.—Afrika.Die Ergebnisse der Wahlen in Transvaal.Wie vorauszusehen war, erhielt„Het Volk"(die Buren-Partei) die Mehrheit: Von den 69 Abgeordneten, aus denendie legislative Kammer besteht, sind 37„Het Volk".Mitglieder,21 Progresfisten, 6 Nationalisten, 3 Arbeiter, 2 Parteilose.Die Buren haben also eine feste Mehrheit erhalten und sindvon den übrigen parlamentarischen Parteien unabhängig.Die englische Regierung zog die verfassungsmäßigen Kon»sequenzen und forderte Botha auf, ein Ministerium zu bilden-Der Burenführer hatte keine Schwierigkeiten, sich seiner Auf-gäbe zu entledigen. Als Führer seiner Partei wurde BothaPremierminister und Minister für die Angelegenheiten derEingeborenen; Rechtsanwalt Smuts wurde zum Kolonial-minister ernannt: Mr. Hull Finanzminister ideVilliersJustizminister: Mr. I. Rissak Vergwerksminister.Sir Richard Salomon, der tüchtigste Kopf Transvaals,wurde nicht gewählt; er unterlag seinem progresststischenGegenkandidaten Sir Percy Fitzpatrick.Die Verfassung und die Wahlergebnisse und ihre Folgensind eine große politische»Lehre für alle, die politisch denkmkönnen. Unter preußisch-deutscher Herrschaft hättendie Buren derartige Freiheiten nie erhalten.—6cwcrkrcbaftUchc9,BerUn und Omgegtnd.Der Kampf in der Holzindustrie.Wiederholt wiesen wir aus eine Lüge hin, welche die vonUnternehmerseite inspirierte„Voss. Ztg." am 5. Februar in dieWelt gesetzt hatte, nämlich die, der Holzarbeiterverband habe dengegenwärtigen Kampf gewollt, obgleich die Arbeitgeber von Anfangan eine Lohnerhöhung von 5 Proz. und mehr in Aussicht gestellthätten. Die„Voss. Ztg." als„anständiges Blatt" hat das natürlichlängst widerrufen. Schade, daß wir— vermutlich infolge„unaufmerksamer Lektüre"— diesen Widerruf nie zu Gesicht bekommenhaben. Die„Fachzeitung" der Tischlermeister usw., die zwei Wochenlang über diesen Punkt beharrlich schwieg, bricht jetzt endlich da»Schweigen; aber es ist nur eine sehr faule Ausrede, mitder sie sich qyS der für sie allerdings sehr unangenehmen Situativ»