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nach der C�orinerstr. 89. Nach der Grenzstr. 18 wurde die Feuer- wehr zweimal unbefugterweise alarmiert, weil dort ein Pferd in eine Brube gestürzt war. Außerdem liefen noch Feuermeldungen aus der Schivelbeinerstr. 3 und von anderen Stellen ein. Arbeiter-Tamariter-Kolonne. Morgen Donnerstag, abends V Uhr, 4. Abteilung für Lichtenberg   und Umgegend bei Pieken- Hagen, Scharnweberstratze KV. Vortrag: Gefahrdrohende Krank- hettSzustände. Vortragender Herr Dr. Hirfchfeldt. Daran an- schließend praktische Uebungen. ES wird erwartet, daß alle Mit- glieder erscheinen. Gäste willkommen. Neue Mitglieder können jederzeit eintreten. Heute Abend Monatssitzung der dienst- tuenden Abteilung.  _ Vorort- JVachncbten» Gchöneberg. I» der Schöneberger Stadtverordnetenversammlung wurden am Montag die Berkehrsdebatten fortgesetzt und weitere Klagen über die traurigen Verhältnisse vorgebracht. Von sozial- demokratischer Seite wurde darauf hingewiesen, daß viele Reden und Klagen der Großen Berliner   Straßenbahnge�aschaft gegenüber jetzt gar keinen Zweck habe; wenn man eine Verbesserung wolle, so müsse die Stadt selbst die Hand ans Werk legen, wie dies schon seit Jahren von den sozialdemokratischen Stadtverordneten verlangt worden ist. Der Oberbürgermeister erklärte bei dieser Gelegenheit, daß in wenigen Tagen die Vorarbeiten zur Errichtung der städtischen Untergrundbahn beendet seien und der Stadt- verordnetenversammlung eine diesbezügliche Vorlage zugehen werde. Auch betreffs Errichtung von Automobilomnibus-Linien stehe der Magistrat in Unterhandlung mit Privatgesellschaften und anderen Gemeinden. Ebenso habe sich der Magistrat damit be- schäftigt, eigene Automobilomnibusse anzuschaffen und neue Linien einzurichten. Angenommen wurden sodann einstimmig zwei Anträge. In dem ersten wird der Magistrat aufgefordert, energisch auf die Abstellung der in der vorliegenden Petition geschilderten Mistände hinzuwirken. Der zweite, von den Liberalen gestellte Antrag, richtet das Ersuchen an den Magistrat, an den zuständigen Stellen aus eine Verbesserung der gesamten Verkehrsverhältnisse hinzuwirken; für den Fall, daß den berechtigten Forderungen der Stadt nicht»n vollem Umfange Rechnung getragen wud, wird der Magistrat aufgefordert, der Stadtverordnetenversammlung eine Vorlage für die Errichtung von Verkehrsbetrieben in städtischer Regie auszuarbeiten. Bei der Petition der Schöneberger Oberlehrer um Anrechnung ihres Militärjahres auf das Besoldungsdienstalter be- nutzte der Stadtv. Hepner die Gelegenheit, um den Mißmut der Hausbesitzer gegen die Gehälter der städtischen Beamten zum Ausdruck zu bringen. Er erklärte, daß jeder Groschen, der in dieser Beziehung bewillig werde, eine neue Belastung für die Hausbesitzer bedeute. Der Versammlung rechnete Redner vor, daß die Haus- bcsitzer eS seien, die fast die gesamten Steuern aufzubringen haben. Werde mit den Bewilligungen noch fortgefahren, so bringe man das Fundament der Stadt, das die Hausbesitzer bildeten, zum Er- schüttern. Die Stadtvv. Rheinbacher   und Dr. B o ß b e r g (Lib.) traten diesen Ausführungen entgegen. Der Hausbesitzer zahlt zwar die Steuern, aber er bringt sie nicht auf. Das Ein- kommen der Hausbesitzer stelle sich doch nicht als ein Gewinn aus einer geleisteten Arbeit dar, sondern komme doch einer Rente gleich. Stadtv. Obst(Soz.) bewundert den Mut. mit dem der Stadtv. Hepner sich gegen die Gehälter der städtischen Beamten wendet. Gerade die Hausbesitzer, die jetzt über eine zu große Belastung klagen, haben in der Stadtverordnetenversammlung verhindert, der Stadt neue Einnahmequellen zu verschaffen. ES wäre Pflicht dieser Herren gewesen, nach Mitteln und Wegen zur Erschließung neuer Einnahmequellen zu suchen. Die Petitton der Oberlehrer selbst wird gegen wenige Stimmen angenommen, weil einem Teil der Oberlehrer bereits das Militärjahr in dem Dienstalter an- gerechnet ist. Ueber eine Petition des Lehrervereins um Abstandnahme von der Errichtung einer Mädchenmittelschule in Schöneberg  wird zur Tagesordnung übergegangen, da zurzeit ein Bedürfnis für Errichtung einer derartigen Sctzule nicht vorliegt Ebenfalls zur Tagesordnung ubergegangen wurde über eine weitere Petition des Lehrervereins, wonach die Aufhebung der Bestimmung verlangt wird, die das Wohnen der Lehrer außerhalb SchönebergS von einer besonderen Genehmi- gung abhängig macht. ES ist damit den Wünschen der HauS- besitzer Rechnung getragen, die am liebsten noch weiter gingen und keinem Beamten daS Wohnen außerhalb Schönebergs gestatten würden. Ein Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, worin der Magistrat ersucht wird, Mittel in den Etat einzustellen, um den städtifchen Körperschaften Freikarten auf allen den Linien der Straßenbahn zu gewähren, die die Gemarkung Schöneberg   befahren, wird nach kurzer Begründung einem Ausschuß von 7 Mitgliedern überwiesen. Das Ortsstatut betr. Errichtung einer städtischen Freibank wird gemäß den Abänderungsanträgen des Ausschusses an- genommen. Zu Beginn der Sitzung erfolgte noch die Einführung de« neu- gewählten Stadtverordneten Dr. Jakoby. Die weiteren Be- ratungen des Etats mußten wegen der vorgerückten Zeit bis zur nächsten Sitzung vertagt werden. Heute abend findet im Obstschen Lokale, Meiningerstr. 8, eine Zusammenkunft zwecks Gründung eine» Arbeiter-TurnvereinS für Schöneberg   statt. Turnersreunde aus Arbeiterkretsen werden er. fucht, zu erfchcinen. Eharlottenburg. Frei« Volksbühne, Charlottenburg  . Die Generalver- fammlung findet heute abend 3 Uhr im Volkshause statt. Die Tagesordnung ist durch Inserat und durch die Vereinsschrift bereits bekannt gegeben. Wegen der zu erwartenden regen Diskussion ist kein Vortrag angesetzt. Pünktliches Erscheinen aller Mit- glieder ist noiwendtg. Ein Schlnfstellenschwindler treibt seit einiger Zeit am hiesigen Orte sein Wesen und brandschatzt kleine Leute, die aufs Vermieten angrwiefen sind. Er nennt sich Karl Teschner auS Jnsterburg und will Eifenbahnassistent sein. Zunächst sucht er sich Vertrauen zu er- werben, indem er die ersten Tage proinvt bezahlt, aber nur, um dieses Vertrauen dann in der schmählichsten Weise zu mißbrauchen. AuS seiner letzten Wohnung verschwand er. nachdem er erst seine Wirtin, dann seine Schlastollegen anborgte und dann in einem un- bewachten Augenblick einen schwarzen Anzug und 10 M. auS dem Koffer seines Kollegen mitgehen hieß. Rixdorf. Ihren Wochenlohn in Höhe von 10,98 M. verloren hat am Mon- tag eine Arbeiterfrau in der Bergstraße; da» Geld war in Papier   ein- gewickelt. Der Finder wird gebeten, es gegen Belohnung in Rix- dorf, Bendastr. 21 bei Schanz abzugeben. �friedrichshagen. Der GemeindehauShaltSetat für das Rechnungsjahr 1907 balanziert. in Einnahme und Ausgabe mit 834 380 M.(im Vorjahr 528 600 M.) Die Positionen der Sinnahmen setzen sich zu- sammen: auS den Vorjahren 16300 M., gewerbliche Unter­nehmungen 61870 M.. Kanalisation 62200 M., Kurpark- Verwaltung 2221 M.. Baupolizeiverwalwng 1800 M.. auS Kapitalien 220 M.. aus Grundstücken 3290 M., Straßen und Wege 106 M., Feuerlöschwesen 240 M., Gemeinde-, Amts- und Standesamtsverwaltung 8263 M. Volksschulverwaltung 9340 M., höhere Schulen 32838,01 M., Gesundhe.. �Polizei 4328 M., Armen« Verwaltung 872 M., indirekte Steuern 89 400 M., direkie Steuern 304270 M.. wsgemein 92,99 M. Die Pofittonen der Ausgaben bestehen in: aus Vorjahren 1000 M., gewerbliche Unternehmungen 40 452 M., Kanalisation 62 200 M., Kurparkverwaltung und Ver- schönerung des Ortes 8113 M., Baupolizeiverwaltung 4468,90 M., Verzinsung und Tilgung der Gemeindeschulden 17 970,18 M.. Grundstücke 3800 M., Straßen und Wege sowie Straßenbeleuchtung 39 148,98 M.. Feuerlöschwesen 1910 M.. Gemeinde-, Amts- und Standesamtsverwaltung 77 976,76 M., Volksschulverwaltung 124 911,07 M., höhere Schulen 72100 M., Gesundheitspolizer 13 768 M., Armenverwaltung 27 219,80 M., indirekte Steuern 88 M., direkte Steuern 41 800 M., insgemein 2768,38 M. Erkner  . Der Automobilomnibusverkehr bricht sich immer weiter Bahn  . In nächster Zeit wird auch Erkner   eine Autoomnibuslinie befitzen. Der Verkehr wird auf der Strecke Erkner Neu-Zittau Gosen ein- gerichtet werden. Später wird noch eine Anschlußlmie über Müggel- heim nach Köpenick   hergestellt. Reinickendorf  . Ein rätselhafter Todesfall beschäftigt zurzeit die hiesige Kriminal- Polizei. Am Donnerstag voriger Woche wurde der 36jährige Ar- beiter Kalweit in der Residenzstraße in sinnlos betrunkenem Zu- stände aufgefunden und nach dem Grundstück Nr. 101 gebracht, wo er auf ein Strohlager gebettet wurde. Da der Mann nach nahezu zwölf Stunden die Besinnung nicht wieder erlangt hatte, wurde von Bewohnern des Hausers der Sanitätsrat Dr. Berliner hinzugerufen, der die Ueberführuug des Kalweit nach einem Kraukenhause an« ordnete. Der Arbeiter verstarb jedoch schon auf dem Transport dorlhin und seine Leiche wurde nach dem Schauhause gebracht. Wie die Obduktion ergeben hat, ist Kalweit an schweren inneren Ver- letzungeu gestorben, die ihm vermutlich gewalttätig beigebracht worden sind. Ob er überfahren, gemißhandelt worden ist, oder sich die schweren Verletzungen durch ernen Fall zugezogen hat, konnte noch nicht festgestellt werden. Pankow  . Beim Rangieren schwer verunglückt ist in der gestrigen Nacht der 21jährige Bahnarbeiter Waringnowitsch aus der Florastr. 62. W. war auf dem hiesigen Güterbahnhof beim Rangieren von Eisenbahn  - Waggons tätig gewesen und wurde dabei von einem Güterwagen er- faßt und niedergerissen. Die Räder gingen ihm über den rechten Arm hinweg und trennten ihn vollständig vom Rumpf. Nieder-Schönhausen. In der letzten Gemeindevertretung machte der Gemeindevorsteher die Mitteilung, daß das Leitungswasser vom Regierunasrat Proskauer untersucht und als einwandfrei erklärt wurde. Punkt 1 der Tages- ordnung betraf den Vertragsabschluß mit der Großen Berlmer Straßenbahn. Der Vertrag war schon einmal in einer Sitzung beraten, damals hatten aber einige Gemeindevertreter erhebliche Be- denken gegen denselben. Die damals beschlossene verstärkte Kom« Mission hat nun eine Reihe von Abänderungen vorgeschlagen. Da« nach sollte eine Straßenbahnlinie durch die Kopenhagenerstraße ge- führt beziehungsweise abgezweigt werden, wenn der Verkehr ein stärkerer cst; sonst aber sollte die am Bahnhof Schönholz endigende Straßenbahnlinie durch die Germanenstraße dahin führen. Dies hat die Slratzenbahngesellschast abgelehnt. Auch die geplante Linie durch die Blankenburgerstraße und die zu regulierende Straße 19 nach der Schloß- Allee wurde abgelehnt, so daß die Straßenbahn nur bis Straße 19 führt. Die Verlängerung der am Schönholzer Bahnhof endigenden Linie sollte in acht Jahren durch die Bismarckstraße nach hier durchgeführt werden, jetzt ist die Frist aus fünf Jahre herabgesetzt worden. Der Betrieb der Straßenbahnlinie nach der Blankenburgerstraße soll nach Feststellung des Fahrplan« erfolgen und wird die Genehmigung zum Ausbau der Linie gleich nach Abschluß des Vertrages nachgesucht werden. Die Wünsche aus Einstellung von Einsatzwagen sind nicht erfüllt worden. Für dieses minimale Entgegenkommen will die Straßenbahngefellschaft die Konzession auf die Dauer von 90 Jahren. Nach längerer Debatte wurde der Vertrag mit großer Majorität angenommen. Die Nieder- Schönhausener Gemeindevertretung ist somit die erste, die einer 90jähligen Konzession ihre Zustimmung gegeben hat. Unsere Gemeinde ist auf Menschenalter hinaus der Großen Berliner  Straßenbahngefellschaft preisgegeben. Berichts-Zeitimcfs Diegeheimnisvollen Milchuntersuchnngen", die vor zwei Jahren so großes Aufsehen erregten, weil dieG e- ellschaft zur Bekämpfung der SäuglingSsterb» i ch k e i t" mit ihnen in Verbindung gebracht wurde, sind in der Beleidigungsklage Engel-Bongert nun doch nicht vollständig aufgeklärt worden. Im Milchkrieg hatten die Milch- Händler gegen diese Gesellschaft das ungünstige Ergebnis jener Untersuchungen veröffentlicht, weil sie vermuteten, daß die Gesell- schaft mit ihrer damaligen Warnung vor der aus Danemark   im- portiertcn Milch denmärkischen Milchbauern' zu Hülfe kommen wollte. Sie wollten ihrerseits zeigen, daß auch in den Molkereien, die von der Gesellschaft empfohlen wurden, nicht alle? so stimmte, wie der Uneingeweihte eS annahm, und daß die Gesellschaft in der Erfüllung ihrer selbstgestellten Aufgabe, der Bevölkerung bei der Beschaffung einwandfreier Milch mit Rat zur Seite zu stehen, wenig gewissenhaft verfahren sei. Zwischen den beiden Schrift- führern, Herrn Dr. Engel und Herrn Obertierarzt Bongert, ent» stand dann ein Streit darüber, wa» für Untersuchungen da über- Haupt gemeint sein könnten, von wem sie vorgenommen sein könnten und wer darum gewußt habe. ES handelte sich, wie bald herauskam, um Untersuchungen, die die Meierei Bolle durch den damals auch in ihren Diensten stehenden Herrn Bongert hatte vornehmen lassen, um Untersuchungen von Milch, die auS den Kuhställen hiesiger Molkereien entnommen war. Die Meierei Bolle liebt eS nämlich, auch die Milch ihrer werten Konkurrenz zu kon- trollieren und die Ergebnisse fein säuberlich zu buchen. AUS allen Angaben, die von zuständiger Seite an die Ocffentlichkeit ge- langten, schien zweifellos bervorzugehen, daß die betreffenden Kuh- ställe zu denen gehörten, die von der Gesellschaft kontrolliert und empfohlen wurden. Engel hatte ansang? öffentlich erklärt, er wifsenichtS von jenen UntersuchungSergebnissen. Als aber von dem im Vorstand der Gesellschaft sitzenden Prof. Ostertag, der in- zwischen über Bongerts Untersuchungen durch diesen selber auf- geklärt worden war, Engel den Sachverhalt erfahren hatte, ließ Engel sich dazu herbei, öffentlich zu erklären, eS st i m m e a l l e s und die Untersuchungen seien ihm b e k i n n t. In der Preßfehde, die Engel und Bongert auS diesem Anlaß gegen einander führten, sagten sie einer dem anderen einige Un- liebenSwürdigkeiten, wie sie bei solcher Gelegenheit wohl mal auS der Feder eines allzu forschen Draufgängers entschlüpfen. Bongert klagte dann gegen Engel, und Engel erhob gegen Bongert Wioer» klage. Vor dem Schöffengericht wurden beide frei- gesprochen, weil eS als erwiesen angesehen wurde, daß beide die objektiv allerdings beleidigenden Aeußerungen in Wahr- nehmung berechtigter Interessen getan hätten und ihnen dieAbsichtzu beleidigengefehlt habe. Jeder legte gegen die Freisprechung des Gegners Berufung ein und so hatte die 3. Strafkammer de» Landgerichts l noch einmal über die Sache zu verhandeln. Wir wollen vorwegnehmen, daß die B e r u f u n g s- instanz sich den Ausführungen de? Vorderrichters angeschlossen und mit derselben Begründung daS erstinstanzliche Urteil be- stätigt hat. An der Mitteilung dieses Ausganges könnten wir uns genügen lassen, wenn die Beleidigungsklage Engel-Bongert nicht mehr wäre als ein Krakeel zweier Hitzköpfe. Sie beansprucht aber ein gewisses Interesse schon durch die besonderen Umstände, quS denen sie hervorgegangen ist. Im übrigen hat die Verhandlung vor der Berufungsinstanz das überraschende Ergebnis gebracht, daß zwar jene geheimnisvollen Untersuchungen tatsächlich im Auf- trage der Meierei Bolle durch ihren Herrn Bongert ausgeführt worden waren, daß aber die damals untersuchte Milch nicht auS Molkereien herrührte, die von der Gesellschaft empfohlen wurden. Die Untersuchungen wurden nämlich zu einer Zeit aus- geführt, wo die Gesellschaft noch gar nicht bestand. Wie es möglich war, daß Herrn Bongert das nicht sofort einfiel, er- scheint nach dieser Gerichtsverhandlung noch rätselhafter als die andere Tatsache, daß Herr Engel unter seinem Namen veröffent- lichen ließ, er kenne die Untersuchungsergebnisse. Engel ist in diese zweideutige Stellung hineingeraten dank der Willig» keit.mit der er in seinen zur Veröffentlichung bestimmten Erklärungen sich von Prof. Ostertag allerlei hineinkorrigieren ließ. Die Gerichtsverhandlung hat in manchem Punkt die erwartete Auf- klärung nicht gebracht, aber das Eine ist durch sie allerdings auf- geklärt worden, daß Engel das Opfer eines Irrtums geworden ist, in den er nicht durch seine Schuld verstrickt worden war._ Der Kampf, den er um seine Ehre als Mann und als Gelehrter führen mutzte, erklärt hinreichend die Hartnäckigkeit, mit der er jeden Einigungsversnch, zu dem sein Gegner jederzeit bereit war, immer wieder zurückwies. Schwer begreiflich ist, wie schon gesagt, die Gedächtnisschwäche des Herrn Bongert. Aber auch die Rolle ist nicht ganz klar, die Herr Prof. Ostertag, der vor Gericht als Zeuge auftreten muhte und erst nach seiner Aussage vereidigt wurde, in dieser Affäre gespielt hat. Unaufgeklärt bleibt ferner, wer die Ergebnisse der von Bongert für Bolle ausgeführten Untersuchungen den Milchhändlern in die Hände gespielt und wer die Umdaticrung vorgenommen hat. Daß der ganze Skandal überhaupt möglich war. beweist uns, welche wunderlichen Zustände in derGesellschaft zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit' geherrscht haben müssen. Hebt eigenhändiges Erschießen den Versicherungsvertrag stets auf? Der Sohn eines Bäckermeisters T. zu Berlin   war bei einer Prämie von jährlich 27 M. mit derViktoria" zu Berlin   am 3. Februar 1904 eine Lebensversicherung über 10 000 M. ein­gegangen. Bereits drei Monate später bracht- sich T. infolge unvorsichtigen Hantierens mit einem Revolver einen Schutz ins Herz bei. Er hatte seinen Freund gebeten, ihm seinen sechs- schüssigen Revolver zu leihen, da er sich des Abends, wenn er sein Verhältnis nach Hause bringe, vor den Strolchen fürchte. Dieser gab ihm den Revolver, nachdem er ihn nach seiner Aussage vorher mindestens sechsmal abgeknipst hatte. Auch T. hatte den Revolver dann mehreremale abgeknipst, bis plötzlich ein Schuß krachte und die Kugel dem T. in horizontaler Richtung durch den Körper ging. DaS Landgericht Berlin   verneinte den Selbstmord, erkannte aber auf Abweisung der Klage, weil T. den Revolver gleich zuerst in unmittelbarer Nähe seines Körpers auf sich gerichtet hatte. Auf die Berufung der klagenden Erben des T. erkannte das Kammer- gericht zu Berlin   abändernd auf Auszahlung der Versichern»««- summe. DaS Kammergericht stellt betreffend deS unvorsichtigen Hantierens mit dem Revolver fest, daß es möglich war, diese Schuß- waffe abzudrücken, trotzdem sie noch geladen war, da bei dem drehenden Patronenlager der Schutz erst dann fiel, wenn die be» treffende Patrone entzündet wurde. Durch diese Konstruktion der Waffe sei eS aber auch möglich gewesen, einige Patronen für beliebige Zeit abzudrehen. Die Patrone selbst sei nach dem Laden nicht zu sehen gewesen. T., der mit der Konstruktion des Revolvers aber nicht vertraut war und diesen zum erstenmale von seinem als Soldat geschulten Freunde in die Hand bekam mit der Be- merkuny, daß der Revolver nicht geladen sei, habe somit nicht grob- fahrlässig gehandelt, wenn er den Revolver, nachdem er ihn noch einigemal- abgedrückt hatte, auch gegen sich richtete, aber keine Obacht darauf gab, daß die Mündung des Revolvers von seinem Körper abgewandt war. Er konnte mit Gewißheit darauf rechnen, daß der Revolver nicht geladen war, nachdem ihm sein Freund dies versichert und den Revolver sechsmal abgedrückt hatte. Wenn sich trotzdem ein Irrtum ergab, so habe das an der Konstruktion des Zentralrevolvers gelegen. Von dieser Konstruktion aber wußte der Sachunkundige T. nun nichts. Es sei deshalb die die Versicherung ausschließende grob« Fahrlässigkeit des T. zu derneinen. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn T. selbst oder sein Freund unter T.'S Beisein die Patrone in den Revolver gelegt haben würde. In dieser Beziehung habe jedoch nichts festgestellt werden können. Die gegen dieses Urteil eingelegte Revision wurde vom 7. Zivil- senat deS Reichsgerichts zurückgewiesen. Raffiniert« Zuhälterei beschäftigte gestern in einer längeren Sitzung die 8. Strafkammer de» Landgerichts l. Aus der Untersuchungshaft wurde der 26jährige Arbeiter' Karl Pähl vorgeführt, der sich wegen schwerer Kuppelei. Bedrohung und Körperverletzung ver- antworten mußte. Der Angeklagte zählt zu jenen modernen Sklavenhaltern, die in der schändlichsten Weise auS dem niedrigsten Laster noch eine gute Einnahmequelle zu machen verstehen. Vor drei Jahren heiratete der Angeklagte eine einfache Fabrik» arbeiterin, mit der er anfänglich auch ganz glücklich lebte. Bald aber arbeitete der Angeklagte überhaupt nicht mehr, sondern überließ eS seiner grau, für alles aufzukommen. Als ihr dtcS durch ehrliche und anständige Arbeit nicht mehr gelang, zwang der Angeschuldigte sie mit Gewalt, auf dt« Straße zu gehen und hier sich einen neuen Erwerb zu schaffen. Er selbst beobachtete dann vom Fenster seiner Wohnung aus die nächtlichen Spaziergänge seiner Ehefrau. Schließlich wurden Nachbarn auf dieses schändliche Treiben aufmerksam und machten der Kriminal. Polizei Mitteilung. Nachdem Pähl   verhaftet worden war, stellte es sich heraus, daß er auch noch versucht hatte, eine 17jährige Arbeiterin unter Drohungen und Schlägen dem Laster in die Arme zu treiben.---Vor Gericht stellte der Angeklagte jede Schuld in Abrede und versuchte aar sich als den betrogenen Che» mann hinzustellen. Das Gericht erkannte mit Rücksicht auf das empörende und von niedriger und aemetner Gesinnung zeugende Tun de» Angeklagten auf eine Gefängnisstrafe von 1 Jahr 6 Monaten und 3 Jahren Ehrverlust. «Haarerzeugungsmittel." Einen originellen Schwindel mit einemunfehlbaren" Haar- erzeugungSmittel hat der Barbiergehülfe Friedrich Lies in Szene gesetzt, welcher sich gestern vor der 1. Strafkammer des Land­gerichts II wegen wiederholten Betruges und Urkundenfälschung verantworten muhte. Der bereits vorbestrafte Angeklagte, welcher auS dem Untersuchungsgefängnis vorgeführt wurde, erhielt im August v. I. durch den Zentralstellennachweis für Barbiere und Friseure eine Stellung als Barbiergehülfe bei dem Barbier Hamann in Clausdorf im Kreise Teltow  .'Der junge Mann erwies sich in seinem Fache sehr tüchtig. Insbesondere huldigte er, wie alle Verschönerungsräte", dem Schillerschen Ausspruche:Wenn gute Reden sie begleiten, dann fließt die Arbeit munter fort", und während er seine Kunden wirklich einseifte, verstand er e», diese noch in anderer Weiseeinzuseifen". Mit großer Beredsamkeit brachte er da» Unterhaltungsthema während seiner Arbeit auch auf den Haarausfall und schließlich machte er die Entdeckung, daß jener Kunde, den er geradebearbeitete", tatsächlich auch schon alle Anzeichen eine? beginnenden Haarschwundes zeige. Er schwatzte dem Betreffenden ein angeblichunfehlbar wirksames Haar- erzeugungSmittel deS berühmten Dr. TbomaS in Berlin  " für den Preis von 3 M. pro Flasche auf. Mehrere der Clausdorfer Bürger kießen sich in einer Anwandlung vonGlatzenfurcht" auch verleiten und kauften einige Flaschen desHaarerzeugungSmittelS". Da natürlich jede Wirkung, außer einem unangenehmen Brennen auf der Kopfhaut, ausblieb, so erkannten die biederen ClauSdorfer endlich, dajj sie von dem Angeklagten gründlich eingeseift worden waren. DaS Universalmittel wurde dem Gerichtschemiker Dr. I e s e r i ch übersandt. Dieser bekundete vor Gericht als Sach- verständiger, daß das Mittel nur aus Wasser mit einem ganz ge- ringen Zusatz von SpirituS und Seife bestand und der Wert pro Flasche etwa 20 Pf. betrug. Der Staatsanwalt beantragte eine Gefängnisstrafe von 6 M o n a te n. da es sich doch um einen ziemlich raffinierten Schwindel handele. Die Strafkammer erkannte aus 4 Monate Gefängnis