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Presse bei der ersten Perhanölung durch ihre Bericht erstattung getan hat. Es bliebe noch die Eventualität, daß im Hardenprozcß der Ausschluß der Oeffcntlichkcit auch wegen Gefährdung der Staatssicherheit erfolgt wäre. Das würde allerlei weit- gehende Vermutungen über die Dinge erwecken, die bei der Vernehmung des Fürsten Eulenburg zur Sprache kamen Aber die Möglichkeit dieser Eventualität liegt nicht vor. Denn der Vorsitzende hat verkündet, daß die Ocffentlichkeit Denn der Vorsitzende hat verkündet, daß die Oeffcnt lichkeit wegen Gefährdung der Sittlichkeit ausge schlössen werde. Dieser Beschluß kann nicht etwa nachträglich in der nichtöffentlichen Verhandlung dahin ergänzt sein, daß auch wegen Gefährdung der Staats- sicherheit die Oeffentlichkeit auszuschließen sei. Denn das Gerichtsverfassungsgesetz schreibt ausdrücklich vor, daß der Beschluß auf Ausschluß der Oeffentlichkeit in ö f f e n t licher Sitzung zu erfolgen habe. Und bei der Ver- kiindung ist, wie der Absatz 1 des Z 175 des Gerichtsver fassungsgesetzes ausdrücklich sagt, anzugeben, ob die Aus Schließung wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung. insbesondere wegen Gefährdung der Staatssicherheit, oder ob sie wegen Gefährdung der Sittlichkeit erfolgt. Sollte also der Beschluß nachträglich dahin ergänzt werden, daß der Ausschluß auch wegen Gefährdung der Staatssicherheit er- folge, so hätte das in öffentlicher Sitzung bekannt ge- geben werden müssen. Es bleibt dabei, das Schwelggebot ist ungesetzlich. Und dies ungesetzliche Schweiggebot, das zwei in hoher amt- licher Stellung befindliche Juristen erlassen haben, von denen man doch fordern darf, daß sie die gesetzlichen Bestimmungen kennen und wissen, was ihre Befugnisse sind, i st sehr b e- zeichnend für die Weise, wie dieser Prozeß geführt wird! Es kommt noch anderes hinzu. Selbst bei der Vernehmung des Freiherrn v. Borger blieb die Oeffentlichkeit ausgeschlossen, obgleich er lediglich darüber aussagen sollte, daß er dem Grafen Kuno v. Moltke schon lange vor der Stellung des Strafantrages erklärt habe, Harden wolle Moltke und Eulenburg und die anderen Lieben- berger der Homosexualität beschuldigen. Selbst bei der Ver- nehmung eines Zeugen, der nicht über sexuelle Dinge aus- zusagen hatte, wurde die Oeffentlichkeit nicht hergestellt. Beides zusammengenommen ist mehr als genug, um die Tendenz der Prozeßführung zu kennzeichnen und unser Wort von der geheimen Justiz zu rechtfertigen. Um den Eindruck solcher Maßregeln auf die Oeffent- lichkeit scheinen sich Gericht und Oberstaatsanwalt weniger zu sorgen, als um die Sittlichkeit des deutschen Volkes! Den aus den Fingern gesogenen Kombinationen der bürgerlichen Presse über das, was hinter der ängstlich be- wachten Türe des kleinen Schwurgerichtssaales vorgeht, wollen wir keine Konkurrenz machen. Verzeichnet zu werden verdient aber die Meldung der Harden durch den bekannten Liman nahestehendenLeipziger Neuesten Nachrichten", wo- nach Hördens Verteidigung wünschte, daß die Beweisauf- nähme mit der Vernehmung des Grafen Kuno v. Moltke beginne und daß Harden entschlossen war, danach eine Er- klärung abzugeben etwa folgenden Inhalts: Da der Ehren- mann Graf Moltke unter Eid soeben alle ihm gemachten Vorwürfe zurückgewiesen habe, so wünsche Harden weiter keinen Schmutz aufgerührt zu sehen, sondern erkläre im Interesse des Vaterlandes, daß er unter lebhaftem Bedauern seine Anklagen widerrufe. Der Oberstaatsanwalt soll diesen Plan durchkreuzt haben, indem er den Fürsten Eulenburg vor Graf Moltke vernehmen ließ. DerRetter des Vaterlandes" befindet sich also fort- gesetzt auf dem Rückzüge. Aber der Gegner scheint ihm keinen Pardon gewähren zu wollen. Darauf deutet auch der Um- stand, daß die Vergleichsverhandlungen, die die Verhandlung am Sonnabendvormittag unterbrachen, wiederum resultatlos verlaufen sind. So kann der Prozeß noch über das Weih- nachtsfest hinaus dauern. die Diktatur der Junker. Wir haben bereits darauf hingewiesen, welch freches Spiel die Junker in der Frage der Finanzreform treiben. Sie verschanzen sich hinter ihre Landtage in Preußen und Sachsen , um von dort aus dem Reichstag ihre Forderungen zu diktieren und jede Einführung direkter Reichssteuern zu verhindern. Der Reichstag des allgemeinen, gleichen Wahl­rechts soll durch die Matrikularbeiträae von den Bundes- staaten finanziell abhängig bleiben. Jedoch sollen diese auch nicht erhöht werden. Die Junker haben in den wichtigsten Land- tagen das Heft in Händen und keine Lust, die Staatssteuern, aus denen die Matrikularbeiträge gezahlt werden und die zum Teil wenigstens direkte Steuern sind, zu erhöhen. So lassen sie dem Reichstag keine andere Wahl als die Deckung des Reichsdefizits durch indirekte Steuern. Die Besitzenden wollen verschont bleiben. Es zeigt sich hier wieder, wie wichtig es ist, die starke Position, die sich die Junker in den Landtagen Preußens und Sachsens geschaffen haben, zu erstürmen. Bei denverbündeten Regierungen" geben die Vertreter Preußens und Sachsens den Ausschlag. Diese sind aber gar nichts anderes als die Vollzugsorgane der privilegierten Kaste, die den preußischen und sächsischen Landtag besetzt hält. Daher ihr Widerstand gegen die For- derungen des Reichstags. Nicht beim Reichstag, sondern bei denverbündeten Regierungen", das heißt bei Preußen und Sachsen , liegt das Hindernis für eine gerechte und ver- nünstige Reichsfinanzresorm, die sich nur aufbauen kann auf direkte Reichssteuern bei völliger Beseitigung aller Matri- kularbeiträge. Das Reich muß endlich finanziell unabhängig gemacht werden und der Reichstag des gleichen Wahlrechts befreit werden von der Vormundschaft der Privilegien- landtage. Dies ist keine revolutionäre Forderung. Hinter ihr stand einst der gesamte Liberalismus. Als 1879 Bennigsen mit Bismarck über diekonstitutionellen Garantien" ver- handelte, die seinen Eintritt in das Ministerium ermöglichen sollten, befand sich unter seinen Forderungen auch die Ab- schaffung der Matrikularbeiträge. In der Tat ist es ein erstes konstitutionelles Erfordernis, daß der Reichstag über die Art und Ordnung der Rcichsfinanzen selbst beschließen kann. Um so nachdrücklicher aber muß an dieser Forderung festgehalten werden, da der Verzicht darauf eine Abdankung des Reichstags zugunsten von Landtagen bedeutet, von denen das Volk größtenteils ausgeschlossen ist, auf deren Beschlüsse es keinen Einfluß hat. Und in dieser Frage hat der Reichs- tag eine uneinnehmbare Position. Er braucht nurn e i n' zu sagen, wenn die Regierungen ihm andere als direkte Steuern zumuten, Sie müssen nachgeben, wenn sie sehen, daß sie auf andere Weife kein Geld bekommen. So ohnmächtig sonst der deutsche Reichstag ist, in dieser Frage ist er unüberwindlich. So gewinnt die Frage der direkten Reichssteuern über das eigentliche stsüerpolitische Moment hinaus eine wichtige verfassungsrechtliche Bc- deutung. Die Zustimmung zu den indirekten Steuern be- deutet die Preisgabe des Reichstags, seine Kapitu- lation vor den Befehlen des preußischen und sächsischen Landtages. Ist es schon un- erträglich, daß für Preußen und Sachsen der Wille des Volkes gänzlich ausgeschaltet ist, so muß es den schärfsten und unerbittlichsten Widerstand finden, wenn die preußischen und sächsischen Junker von der gesicherten Feste ihrer Land- tage aus die Diktatur über ganz Deutschland ausüben wollen. Und vollends der Zweck dieser Diktatur! Kann es etwas Aufreizenderes, Provozierenderes geben, als daß diese Leute ihr politisches Privileg dazu ausnützen wollen, um i n einem Jahr der Krise den Volksmassen zu erklären, daß diese. die Armen, neue Steuern auf sich nehmen müssen, weil sie, die Reichen, unter keinen Umständen gewillt sind, Steuern zu tragen? Sie, die Patrioten, die begeisterten Heeresverstärker, Flottentreiber und Kolonialenthusiasten sollen wirklich durchsetzen, daß die Ausgaben, die sie für nötig halten, getragen werden allein und ausschließlich von der breiten Masse des Volkes? Diese Patrioten sind bereit, ihre l l) M. Jahresbeitrag für den Flottenverein und die Kolonial- gesellschaft zu bezahlen: was darüber ist, ist vom Uebel. Und das Volk soll diese 19 Markpatrioten respek- tieren, weil die Rhcinbaben und Rüger die Interessen dieser Kaste bei den verbündeten Regierungen wahrnehmen? Der Reichstag wird maßlose Erbitterung hervorrufen, wenn er in einer Situation, die ihm alle Macht in die Hände gibt, freiwillig auf deren Ausübung verzichtet und neue indirekte Steuern dem Volke auferlegt. Und doch besteht diese Gefahr und kann nur abgewendet werden, wenn die Volksmassen durch eine energische Agitation den bürgerlichen Parteien das Rückgrat steifen. Die Re gierung wird mit allem Nachdruck das Branntweinmonopol und die Zigarrensteuer betreiben. Schon sind als die Ersten, wie sich's ja gebürt, die Nationalliberalen um gefallen, deren Führer Osann und Bassermann noch vor kurzem sich gegen indirekte Steuern gewandt haben. Die Nationallib. Korres p." kündigt den Umfall in einer Mitteilung an, deren Wiirdelosigkeit selbst von den Nationalliberalen bisher noch kaum erreicht worden ist. Nun wurden gegen die von nationalliberaler Seite bor- geschlagene Art der Deckung durch direkte Reichssteuern Bedenken erhoben. So von Herrn v. Rhcinbaben und von den Kon- servativen llnd was taten die Nationalliberalen, denen man noch bis in die jüngste Zeit ungenügende Berücksichtigung des Blocks vorwirft? Sie haben, wenn wir die Reden des Ab geordneten Bassermann in Hamburg und Charlottenburg recht verstehen, ihre Wünsche einstweilen glatt zu Boden fallen lassen. Branntweinsteuer und Matrikular beitrage sind die beiden Dinge, die der Abgeordnete Bassermann als Deckungsmittel unter ausdrücklicher Zurückstellung der früheren Wünsche erwähnte. Wir wollen in Ruhe abwarten, ob andere Parteien bei gegebener Gelegenheit ähnlich prompt ihre Auffassungen und Wünsche der Blockpolitik und der Einigkeit zum Opfer bringen." Die Konservativen aber, die jetzt nach Art gc- risiener Handelsleute sich noch sträuben, um für ihre Zu stimmung höhere Preise herauszuschlagen, werden zuletzt mit Freude das Gesetz annehmen, das ihnen neue große Profite sichert. Bleibt der Freisinn, für den der Plan aller- dings unannehmbar ist, wenn er sich nicht selbst ohrfeigen will. Aber ist diese Möglichkeit ganz ausgeschlossen? Im Hintergrund steht das Zentrum. DieGermania " erklärt allerdings, dasZentrum holt diese Kastanien nicht aus dem Feuer und verbrennt sich die Finger nicht daran". Schon richtig, solange der Block besteht. Aber wenn er gerade an der Finanzreform scheitert? Das Zentrum ist begierig, wieder zur Macht zu kommen, und es hat aus- drücklich erklärt, für indirekte Steuern zu sein. Eine Bekehrung des Zentrums ist also zu gegebener Zeit nicht ausgeschlossen. Die Entscheidung liegt daher bei den Volksmassen selbst. Kommt es zu einer energischen Bewegung gegen jede Finanz- reform, die auf indirekten Steuern beruht, dann können es auch die bürgerlichen Parteien nicht wagen, unter der Herr- schast des allgemeinen gleichen Stimmrechts den Bogen allzu straff zu spannen. Ihnen muß klar gemacht werden, daß das S t e u e r p r i v i le g der Besitzenden im Reiche ein Ende haben muß. In der Frage der Finanz- reform kann es kein Kompromiß mehr geben. Das Defizit des Reiches darf nur gedeckt werden durch direkte Reichs st euernl Ln Komplott der feilen IPreffe. Der Militärp'rozeß gegen SieRheinische Zeitung " in Köln , über den wir in der Nummer 294 vom jüngsten Diens- tag ausführlich berichteten, hat in der bürgerlichen Presse Kölns eine eigenartige Behandlung erfahren. Wenn sich die sämtlichen sieben bürgerlichen Blätter Kölns durch irgendwelche Vorteile hätten bestechen lassen, im Interesse des herrschenden Militär- shstcms die in dem Prozesse an die Oeffentlichkeit gekommenen ungeheuerlichen Mißstände totzuschweigen, so hätten sie ihren Vcrhandlungsbericht nicht schlimmer fälschen können. Wie sich die Leser desVorwärts" aus dem am Dienstag veröffentlichten Bericht überzeugen konnten, ist dem angeklagten Redakteur, Ge- nossen Andree, der Wahrheitsbeweis in einer geradezu durchschlagenden und geschlossenen Weise ge- hingen. Die Bestrafung steht mit der Beweisaufnahme in keinerlei logischem Zusammenhang. Sie erfolgte lediglich wegen der Tendenz" des Artikels, aus dem auf Grund der bisherigen Er- fahrungen bei Preßprozessen die Redaktion derRheinischen Zeitung " jede sogenannteBeleidigung durch die Form" ferngehalten hatte. Der erbrachte Wahrheitß- beweis konnte an diesen Haken nicht wie sonst in Hunderten von Fällen aufgeknüpft werden. So nahm man dieTendenz" zur Hülfe. Bürgerliche Leute, Juristen und andere Kenner der Ver- hältnisse, versichern, daß sie in jahrzehntelanger Praxi« noch nie einen Beleidigung?- oder Preßprozeß erlebt hätten, in dem der Wahrheitsbeweis in einer so klassischen, die Ankiagebehördc nieder- schmetternden Weise erbracht worden sei» wie in dem Prozesse der Rheinischen Zeitung ". Und was tut die bürgerliche Presse Kölns ? Die«Kölnische Zeitung " und ihrStadt- anzeiger" lügen: Der angebotene WahrhettS» beweis habein keinem Punkte" erbracht werden-können. TieKölnische Bolkszcitung" und ihr Lokalanzeiger" schwindeln:Die Beweisaufnahme fiel sehr zu Ungunsten des Angeklagten au s." Aehnlich verfährt dieRheinische V o l l S st i m m e". Das Kölner Tageblatt" und derRheinische Merkur" schweigen die Beweiserhebung völlig tot. Mit den dreisten Behauptungen der zuerst genannten Blätter vergleiche man die Tatsache, daß sämtliche elf Landwchrleute, dar- unter zwei Unteroffiziere und drei von der Staatsanwalt- schast geladene Zeugen die Angaben des unter Anklage stehenden Artikels in allen Teilen bestätigt haben. Landwehrunteroffizier Berg er bekundete:Nach meiner Ansicht wurde in dem Artikel alles richtig dargestellt." Landwchrunterofsizier Johnen erklärte:Die Landwehrlcute erklärten nach Erscheinen des Zeitungsberichtes alles, was in dem Artikel stand. ist richtig." Landwehrmann Schöninger sagte aus: Man meinte allgemein, der Artikel sei in der Hauptsache richtig." Landwehrmann Tersch mitten:JchfanddenArtikcl in allen Teilen der Wahrheit entsprechend." Was die insgesamt elf Zeugen sonst noch bekundeten, war weit mehr, als der Artikel überhaupt gesagt hatte. Und dennoch:Der angebotene Wahrheitsbeweis konnte in keinem Punkte erbracht werden"! DieRheinische Zeitung " hat die Kölner bürgerlichen Blätter aufgefordert, der Oeffentlichkeit eine ausreichende Erklärung für d i e s e B e r ich t e rst a t t un g zu geben, um den Verdacht der Beeinflussung und bewußten Fälschung von sich abzuwenden. Auf diese Aufforderung hat kein einziges Blatt etwas geantwortet. Die Ocffentlichkeit weiß nun, woran sie mit den beschuldigten Blättern ist. politische(leberliedt. Berlin , den 21. Dezember 1997. Eine Erklärung des ausländischen Zentralbureaus der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Ruhlands Wir werden um Aufnahme folgender Erklärung ersucht: Tie Berliner Polizei hat vor kurzem im Hause Pankstr. 32 B zu Berlin ein Lager russischer sozialdemokratischer Literatur, ferner einige Pistolen, eine Kiste Patronen, einen Elektromotor und einige Ballen Papier mit Wasserzeichen beschlagnahmt. Aus dieser Veranlassung haben die von der Polizei inspirierten bürgerlichen Blätter unsere Partei, wie üblich, mit Schmutz beworfen und haben sie der Fälschung von Papiergeld beschuldigt. Im Namen und im Auftrage des Zentralkomitees der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands erklären wir, daß unsere Partei mit jenen Waffen und Patronen, mit dem Elektromotor und dem mit Wasserzeichen versehenen Papier nichts zu tu» hat, desgleichen nicht mit den Personen, die diese Gegen- stände in das Schriftenlager haben bringen lassen. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Rußlands steht gleich ihren westeuropäischen Bruderparteien streng auf dem Boden des wissenschaftlichen Sozialismus und verwirft daher in ihrem Klassen- kämpfe alle Mittel, die diesen Prinzipien widersprechen, ins- besondere individuelle terroristische Anschläge und abenteuerliche Unternehmungen, wie die Fälschung von Papiergeld u. dcrgl. Gestützt auf ihr Programm und auf die Beschlüsse ihrer Kongresse, bekämpft unsere Partei aufs entschiedenste jeden Versuch, den organisierten Kampf der Arbeiterklasse durch desorganisierende und anarchistische Putsche zu stören und gu fälschen. Da« ausländische Zentralbureau der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands . L. Lwowitsch. A. Ornatzky. A. Stiegler. Agrarischer Schwindel. DieDeutsche Tageszeitung" leistet sich heute cknen Artikel, dessen Unverschämtheit selbst für dieses Organ eine Rekord- leistung darstellt. Es pöbelt die Sozialdemokratie wegen ihrer Haltung zur Börsennovelle an. Wir haben wiederholt betont, daß uns die Regelung der Fondsbörse höchst gleichgültig ist, weil da kein proletarisches Interesse ins Spiel kommt. Das hindert uns aber nicht, zu erkennen, daß die Börsenrcgelung, wie sie die Konscr- vativen und Zentrumsleute durchgesetzt haben, den Interessen des großen Bankkap i-t als nicht den geringsten Abbruch getan hat. Im Gegenteil wurde dadurch die Konzentration im Bank- gewerbe noch beschleunigt, die kleinen Banken und PrivatbaickicrS rascher hinweggeräumt und so die Diktatur der Großbanken über die Börse und den Geldmarkt verstärkt. Wir haben diese Bc- schleunigung der Konzentration nicht im geringsten zu bedauern, aber wir verbitten uns die Unverschämtheit, uns einreden zu wollen, daß die Förderer der Großbanken nicht kapitalistische Jnter- essen vertreten. Daß sie das zum guten Teil tun, weil sie von den Wirkungen und der Tragweite ihrer wirtschaftlichen Pfuschereien keine Ahnung haben, ist eine Sache für sich. Aber Unwissenheit ist in der Politik kein Entschuldigungsgrund. Etwas anders steht es mit dem Börsenhandel in Ge« treibe. Der Terminhandcl in Getreide erweitert den Markt, bewirkt geringere Schwankungen und sichert eine gleichmäßigere Zufuhr. Er wirkt daher preissenkend. Deswegen sind die Agrarier wie für jede Brotverteucrung auch für die durch das Verbot des Terminhandels. Seinerzeit haben auch die Großgrundbesitzer den Bauern von den Wirkungen des Verbots alles mögliche vor- gesprochen. Nun geben wir gern zu. daß die senkende Wirkung des Terminhandels auf die Preise leider nicht sehr ausgiebig ist. DieDeutsche Tageszeitung" behauptet, daß der Termin- Handel brotverteuernd wirke. Wäre das richtig, die Agrarier wären die letzten, die etwas gegen den Tcrminhandel unternehmen würden. Weil der Terminhandel in Getreide eine stetigere, gleich­mäßigere und etwas billigere Versorgung des Marktes bewirkt, den Einfluß der Welternte prompter zur Wirkung bringt und daher im Interesse der Getrcideverbraucher liegt, treten wir, so wenig wir sonst für die Börsenspekulation jeder Art die geringsten Sympathien haben, für den Tcrminhandel ein. Aber wie stehen denn die Tinge politisch? Sind denn nicht die Konservativen die Blockbrüder desBörsenfreisinns"? Sie- Haben es ja in der Hand, einfach gegen die Börsennovelle zu stimmen und sie dadurch zu Fall zu bringen! Wenn die Börsen- spekulation wirklich so verderblich ist, wie rechtfertigt sich dann der Bund mit denVerfechtern der Böcseninteressen"? Warum er- klären denn nicht die Konservativen klipp und klar, daß sie gegen das Börsengesetz stimmen werden?! In der Tat verfolgt das Bündlerorgan mit seinem Geschimpfe einen anderen Zweck; cS möchte gern die Verantwortung für die Börsennovelle von den Konservativen auf uns abwälzen. Den Bündlern wäre es am liebsten, die Sozialdemokraten täten dem Block den Gefallen, für das Flickwcrk zu stimmen, damit sich genügend Büudlcr und Antisemiten absentieren oder dagegen st i m m c n könnten, um ihre Demagogie und ihre verlogene Hetze gegen die Sozialdemokratie weiter betreiben zu können. Daher auch die starken Worte gegen die Börse. Schreibt doch das Blo"