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Nr. 177.

30. Jahrgang.

Bourgeoisie.

Bon Hans Hyan  .

Lachhaft! reiche Leute sollen nicht einmal erzedieren dürfen, ohne sich und ihren Nachkommen schweren dauernden Schaden zuzufügen!... Wozu hat man denn das durch Bauschwindel so schnell zusammengeraffte Geld?!... Die Aerzte? Ach!... was wissen denn die?... Mit der ganzen Me­dizin das ist doch Humbug!.. Wer kann denn... Verdammt nochmal! Die Schmerzen im Genick, in den Händen und Lenden, die sind doch heute rein unerträglich!.. Also schön, nochmal zwei Pogrami­dönchen... und morgen doch ' n Arzt konsultieren... aber natürlich' n Spezialisten....

...

Hm. ja... was macht man nu heute?..., Polnische Wirtschaft"?- schon zweimal, nee drei... einmal mit Tante Elfriede... Die hat den Witz gar nicht verstanden... ,, lieber Augustin" oder Winterjardin?

-

nee ooch nich!... Kaba­rett?.. ach Quatsch!... aber weiter is doch nichts, wo man hinfann!... Also Meyers einladen und den Doktor, der tommt, der macht wenigstens Wize, na, und denn, den Blei­bel und Schulze, die kommen bestimmt! Erst Rotwein

und dann Bier... Pilsener... Siphon natürlich, aber viel Siphon!... Vielleicht kommt die kleine Käthe Becker auch und singt was, zu der kann man nachher am Klavier Gott  weiß was sagen..

*

Du weißte, Lori, eben fling! ich Bleibel an, ja, Alfred Blei­bel... na Gott sei dank... beinah hätt' ich sie selber noch angelitten!

Was?... was is denn? mit wem? von wem sprichst du denn?

Von wem? Na von Käthe Becker!

se verlobt?

Ach!... verlobt!... am

Ende!

berrückt is se!... verrückt jeworden!... Jestern abend!... Bleibel war bei! ... einfach doll, fag' ich dir!... Na, aber wieso?

Bei Tisch. Ganz plöglich... Haben' n paar Leute dagehabt, die Alten. Sollte doch mit Jewalt verheiratet wern! Auf einmal springt se auf, fällt dem Leutnant... Leutnant...

Na, wer denn?... so rede doch schon! wer is denn nu? Ach so ja, Leutnant v. Warn­burger... dem fällt se um ' n Hals, füßt' n ab!... Ja­woll... vor allen Leuten!... und schreit und brüllt wie' ne Tolle, lauter Jemeinheiten

..

Ach nee!... na und denn? Na und?! was is'n da zu und'en?... Sanitäts­wache, Krankenwagen und Nervenheilanstalt, das ist doch

sehr einfach!... Du nicſt? warum nickst'n da?

+++

Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Montenegro

Serbien  

Vom Balkanhühnerhof.

gar

Weil ich das schon lange gewußt habe... natürlich!

Hahaha!. ottomanisch.

Griechenland  

Russland Bulgarien  

Arme Tierchen. Schon lachen die Köche.

Rumonien

Türkel dar

Montag, 14. Juli 1913.

Aber das Kleinste!... Ein Engel von Murillo!... mit den tiefen, dunkelblauen Augen, die schon in den Himmel sehen.

Ich bin herzfrank, sagt die füße Stimme, und darf mich nicht aufregen!... Doktor Wegkirch hat einen schweren Klappenfehler konstatiert, un­heilbar... Aber es gibt Leute, die damit alt werden... Und das Kind, das immer allein mit seinem Püppchen auf dem großen Balkon sizt, die kleine Mizzi lächelt, wie ein Erwachsener, dessen Weg schon zu Ende geht, und sagt: ich bin nerwes, un ich darf mich nicht aufregen....

*

Na, Jottseidant, daß du endlich da bist, Doktor! Ach, du immer mit deine ollen Be­fuche!... Laß doch die Kranken ' n bißchen warten, davon wern se auch nich fleich alle...

Der Hausarzt kommt Arm in Arm mit seinem Freunde, der als Junggeselle schon mit ihm zusammen Mittag, ins Speisezimmer. Im grünlichen Licht der tiefverhängten Be­leuchtung, die bloß Teller und Speisen hell glänzen macht, sehen die andern auf. Die noch schöne Hausfrau in der Mitte der Tafel, die mit ihren braunen Augen ein Scherzwort in Bärt­lichkeiten wandelt, für den Freund; der dicke Bleibel, ein schwerreicher Grundstückhändler ( ebenso wie der Hausherr), dann die pikante Kleine, die ,, irgendwo am Theater" ist; Kommerzien­rat Schulz hat sie in seinem Auto mit hergebracht was ja eigentlich nicht sein sollte... aber na, er ist unverheiratet, d. h. er liegt in Scheidung, und sie... sie ist eben' ne Künstlerin, da ist das ja was anderes! Daneben, neben dem für einen Kommerzienrat zu schlanken und für einen früheren Materialwarenhändler eigent­lich zu eleganten Schulz fißen Meyers. Er. nu.

-

er

is Bankier... hat' ne Kredit­anstalt... Der Mann ist prima... allerdings... aber schließlich, woher haben denn die andern ihr Geld? Und sie, sie ist eine geborene Ba­ronin v. Hohensternfels. Sie war Lehrerin. Uebrigens eine charmante Frau... der Dok­tor, der eigentlich neben der Dame des Hauses hatte Platz nehmen sollen, setzt sich dahin. Seinem und der Dame ge­dämpftem Plaudern folgt das Dhr der Hausherrin voll heim­licher Spannung.

Also Doktor, fragt Herr Braun, erst' n Schnabus, was?

Nee, danke, ich habe meinen Magen zu lieb.

Na, ich weiß nich, wie man das olle Zeuchs, den Rotwein so trinken kann! Bleibel und Sie, lieber Kommerzienrat, noch' n Whisky?

Die Herren trinken und halten fleich nochmal hin, da­mit's Jerenne nich immer is.... Haben Sie schon gehört, sagt die Pikante vom un­bekannten Theater, bei Randows sind Zwillinge angekommen ... und beide taubsumm.

Randow? Der Hausherr fuckt rüber, das ist doch der Automobilmann, nich wahr, Herkuleswerke? Und Dr. Wegkirch fragt:

"

Sie, die Else, trägt blonde, ganz gelbblonde Schnecken an und auch schon mit Doktor Wegkirch drüber gesprochen habe, ihren rosigen Bäckchen... hat blaue Augen, ein breites, der nennt sowas otto... ottomanisch.. volles, gesundes Gesicht mit gerader Nase und blendend schöne Zähne. Der brünetten Mutter ähnelt fie nicht und dem Na ja... so heißt es auch... ach nein, erotomanisch!| dunkelhaarigen Papa noch viel weniger. Aber die Else ist retomanisch, hat er gesagt... auch die einzige, die ganz gesund ist; bloß sehr gefallsüchtig Unsinn! gibts ja garnich!.. Ueberhaupt sonne Fremd- ist sie.... Onkel Bleibel sagt immer: pussier nicht mit mir, wörter!... Was is' n das? Wohl auch ein Mitglied der Gummizelle", er wendet Was is' n das? Lauter Schwulst! das Mädel du blonder Deibel!... Und dann lacht Elschen und drückt sich an seine Dame das ist nämlich ein sogenannter is in den Jahren un rann will feiner. Haben alle die Nase die Brust' raus und das runde Hinterteilchen, wie sie's von Kneipklub, dem die Herren hier sämtlich angehören schon voll vom bloßen Sehen! Na, nu da, wo' s Portemonnaie ihrer Mama sieht, deren hübsche Formen sie geerbt hat.... bei Stallmann tagt er, nich?... Na, da is es kein fizen sollte, da ist doch auch höchstens' n Watton! Natür Die beiden Kleinen" lachen darüber. Besonders Florus, Wunder! lich friegt se' n Koller, was denn sonst! der ins neunte und in die erste Vorschulklasse geht. Ein Jetzt kommt der wieder mit seiner Antialkoholbewegung, lacht der dicke Bleibel... prost Doktor!... Sie alte Schlaf­müße! Wer lange trinkt, lebt lange!

Ach du mit- deinen Theorien! Du hast ja keine Ahnung! Blaßschnäbelchen, sagt die Mama, er muß aus dem Hause, in was weißt du denn, wie's bei uns Frauen ist!.. die Pension, ebenso wie Else aufs Land irgendwo.. Finden Sie nicht, solche großen Kinder... ja, die machen einem das Leben doch zu fauer.... Gott  , keine Ruhe hat man! Und

übrigens die Kinder kommen...

1, 2, 3, 4 Rinder.

Er vielleicht... aber die Kinder!

Ach, was heißt Kinder! Alles son neumod'scher Schnack!

Und alle lachen...

Der älteste, Franz, der am 30. September geboren ist auf die Fräuleins tann man sich auch nicht verlassen! Unsere Alten haben woll nich getrunken, was? Jesoffen ( am 30. Desember haben Drauns geheiratet, also auf'n Tag)... Na überhaupt, die!... Geht mal raus Kinder, Ihr haben die! fag' ich Ihnen! jefoffen! Prost Braun! Das und der dieses Jahr dreizehn wird, der is schon so groß wie braucht nicht alles mit anhören! sein Vater. Er besucht die Schule für Minderbegabte und Elfe und Florus alles haartlein, sie wissen, die Geschichte von wir alle ran!... Draußen erzählen sich is irade was Schönes! Noch son Dings! Einmal müssen fann noch nicht seinen Namen richtig schreiben. Er hat lange, Papa und Fräulein Lucie doch auch die Köchin erzählt fchlenfrige Bewegungen und lacht, während sein rechter Mund- ihnen das und will sich halbtot lachen, wenn Elsa" pfui" sagt winkel immer feucht ist. Seine Augen, schillernd von unbe- und Florus rot wird, wie ein Mohnblumenblatt.... Den stimmter Couleur, haben eine lose Fris, die kein Bild festhält. Sleinen beschäftigt das noch lange... auch wenn er allein Er ist fürchterlich und stört die übrigen durch Gerüche, deren ist und seine Schularbeiten machen soll... Aber es fümmert soll... Aber es fümmert er nicht Herr wird( während ihm doch das Bettnässen ab- sich feiner; man sieht nicht, wie matt seine Augen oft sind, gewöhnt werden konnte). Er scheint gutmütig; aber wie schlapp die kleinen Gelenke und wie welt seine Wangen Dr. Wegkirch sagt: tun Sie' n lieber in' ne Anstalt, er richtet werden... und fällts ja einem auf, so reichts allenfalls zur sonst doch noch mal Unheil an! Und tatsächlich beschwert sich Verwunderung: bei dem guten Essen! und jeden Tag die kleine elfjährige Else, daß keine von ihren Freundinnen friegt er sein Glas Ungarwein!... und fortwährend kommen ins Haus kommen will, wenn der Franz da ist.. sie runter, in die Luft!

-

Eine Saat ist reif geworden, in der Luft schwirrt der Zon

der schwingenden Sense.

Warnungsrufe?

Noch ist's Zeit!

Nein

nein!...

Warum nicht?... wir sind die Meitleidslosen? ... Alle lachen...