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Ar. 272. 30. Jahrgang. 2. ScW des Jotmärts" ßttlintt UslksM Imtog. 17. NklBn 11)13. Parteigenolfen! Lrlcheint heute abend zahlreich zur flugbiattverbreitung! Groß.ßerliner filictsverträge. Tie herrschende Wohnungsmisere ist eine der gemeingefähr lichsten Ausgeburten der kapitalistischen Wirtschaft, des zügellosen Bodenwuchers. Je mehr die tiefen und ausgedehnten Schäden dieser unsozialen Zustände aufgedeckt werden, desto mehr wird es klar, daß eine endgültige Beseitigung der Wohnungsnot nur möglich ist durch die Umwandlung des wucherischen Privateigentums in Gemeineigentum. Bleibt das zugleich ökonomische und rechtliche Verhältnis von Vermieter und Mieter zueinander bestehen, so existiert damit notwendig das Grundübel, die Wurzel der Wohnungs not fort. Der Hausbesitzer ist dem Mieter vor allem ökonomisch und somit auch rechtlich überlegen. Der Mietsvertrag ist ganz allgemein so gestaltet, daß der Mieter dem Vermieter völlig aus geliefert ist. Zudem sind die als Einzelpersonen dem isolierten Mieter schon weit überlegenen Vermieter noch in starken Interessen Organisationen vereinigt, so daß die wirtschaftliche Ueberlegenheit der letzteren geradezu unhaltbar wird. Die Ungleichheit dieses Ver hältnisseS kommt am klarsten zum Ausdruck in den jedermann be kannten Mietsverträgen, worin buchstäblich der berüchtigte Haus- Pascha dem Mieter seine Bedingungen diktiert. In Grotz-Berlin ist das System der Mietsverträge durch die Grundbesitzervereine derart rigoros ausgebaut worden, wie in keiner zweiten deutschen Stadt. Mit dieser hochwichtigen Frage beschäftigt sich nun erst- malig in einer Schrift Prof. Dr. Paul Eltzbacher , Rektor der Ber - liner Handelshochschule(Grob-Berliner Mietsverträge", Berlin 1913, Verlag Franz Bahlen). Eltzbacher ist Jurist, und er betrachtet deshalb die Frage aus» schließlich als ein rein rechtliches Problem. In dev rechtlichen Form des Mietsvertrages kommen gewiß die großen Uebel, die ihn ver- Ursachen, zum Ausdruck, aber keineswegs die Ursachen selbst; diese sind wesentlich wirtschaftlicher Natur. Und deshalb ist zu einer restlosen Erklärung des herrschenden gemeinschädlichen Mietsver- träges das wirtschaftliche Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter immer die erste Voraussetzung. Trotz dieses Grundübels ist die Schrift Eltzbachers sehr wertvoll und als ein großer Fortschritt anzusehen. Der Autor übt als Jurist eine Kritik an den bestehenden Groß-Berliner Mietsverträgen, die wegen ihrer Objektivität und Schärfe nicht ohne Wirkung bleiben wird. Den Grund- und HauS- besitzern wird freilich die ZorneSader schwellen ob der ungeschminkten Wahrheiten, die in dieser Schrift ihnen unter die Nase gerieben werden. Der verbreitetste Berliner Mietsvertrag ist der de? Grund- besitzervereinS der Schönhauser und angrenzenden Stadtteile. Alle sonst noch vorhandenen Mietsverträge sind mit unwesentlichen Ab- änderungen diesem nachgebildet. Professor Eltzbacher beurteilt diesen Mietsvertrag folgendermaßen:In Berlin sind in den Ge- schäftsstellen der Haus- und Grundbefitzervereine, bei Papierhänd- lern und anderen Kaufleuten Mietformulare zu haben, die der Ver- mieter beim Vertragschlutz vorzulegen, dieser aber ohne nähere Prü- fung ihrer zahlreichen' und schwer faßlichen Bestimmungen zu unter- zeichnen pflegt. Diese Formulare dienen den meisten Mietverhält- nissen zur Grundlage. In ihnen sind die Pflichten des Vermieters auf ein Mindestmaß herabgedrückt, die des Mieters aufs äußerste gesteigert. Sie sind so abgefaßt, daß bei der ersten auftretenden Meinungsverschiedenheit, bei der ersten noch so geringfügigen Zu- widerHandlung der Mieter völlig in die Hände des Vermieters ge­geben ist. Sie machen den Mieter nahezu rechtlos, er ist auf den guten Willen des Vermieters angewiesen und kann von einem skrupelll�n Vermieter aufs ärgste ausgebeutet werden." Hierauf folgt eine eingehende Kritik des in 12 Paragraphen gegliederten Schönhauser Mietsvertrages. Es ist natürlich unmöglich, auf die Einzelheiten dieser weitläufigen Auseinandersetzungen einzugehen. Nur soviel: Obgleich das Mietsverhältnis durch die ZK 53b 580 des Bürgerlichen Gesetzbuches einigermaßen objektiv geregelt ist, kann sich der Hauspascha durch den Mietsvertrag einen besonderen Rechts- boden schaffen, wo nur sein wirtschaftliches Interesse maßgebend ist. Das Kündigungsrecht, die Bestimmungen über Entrichtung der ' Miete, das Pfändungsrecht des Hausbesitzers, kurzum, wo sich nur Vermieter und Mieter gegenübertreten, da beherrscht der erstere den letzteren vollständig. Dem Hausbesitzer ist es möglich, durch konsequente Anwendung der Bestimmungen dieses Mietsvertrages das Haus in eine Zwangsanstalt zu verwandeln, ganz abgesehen von der kleinlichen Schikane, die sonst noch geübt werden kann. Mit Recht ist angesichts dieser Tatsachen das Gesamturteil Eltzbachers über den Groß-Berliner Mietsvertrag geradezu ver- nichtend:Die Ungerechtigkeiten, die das Schönhauser Formular enthält, sind so zahlreich, daß es unmöglich ist, sie mit einem Blick im ganzen zu überschauen. Ab»r wenn man auch nur einige von ihnen zusammenfaßt, so zeigt sich mit erschreckender Klarheit, wie hier die Verpflichtungen de? Mieters auf ein Höchstmaß gesteigert, die des Vermieters auf ein Mindestmaß gedrückt sind.... Es ist kein zu hartes Urteil, wenn man das Schönhauser Formular als wucherisch bezeichnet: nicht in dem Sinne, als ob jeder Vermieter, der eS von seinem Mieter unterschreiben läßt, sich wucherischer Ausbeutung schuldig machte, wohl aber in dem Sinne, daß es einem gewissenlosen Vermieter die wucherische Ausbeutung des Mieters ermöglicht." DaS ist eine gerechte Kritik, um so mehr, als sie durch die Praxis des TageS leider in der Regel bestätigt wird. Am stärksten haben naturgemäß die Mieter kleiner Wohnungen, die Besitzlosen, unter der Brutalität des Mietsvertrages zu leiden. Sie sind in der Tat auf Grund solcher Abmachungen der Botmäßigkeit des Hauspaschas auf Gnade und Ungnade ausgeliefert. Professor Eltzbacher entwirft einen Mustermietsvertrag, der freilich der reichS- gesetzlichen Kraft bedarf. In der kommenden Parlamentssession steht das preußische Reichswohnungsgesetz zur Beratung. Nach den bisherigen Erfahrungen, die in dieser Beziehung vorhanden sind, ist von jener Seite wenig zu erwarten. Die Bourgeoisie ohne Unter- schied ist am Grundbesitz, das heißt an der möglichst hohen Grund- rente interessiert. Und das ist ja eigentlich auch nur das Ziel des Groß-Berliner Mietsvertrages: Dem Vermieter die materiellen Vorteile und Rechte, dem Mieter alle Nachteile und Pflichten. Das Grundübel, das im kapitalistischen Privateigentum seine Quellen hat, wird erst verschwinden mit dessen Umwandlung in Gemein- eigentum. Eine Forderung, die einzig die Sozialdemokratie vertritt. Eine Milderung der bestehenden Praxis zugunsten der Mieter wäre durch Annahme des bei der Beratung des Bürgerlichen Gesetz- buches von der Sozialdemokratie gestellten Antrages ermöglicht wor- den, die dem Mieter günstigeren Vorschriften des Bürgerlichen Ge- setzbuches zu zwingenden, durch keinen Vertrag außer Kraft zu setzenden Vorschriften zu machen. Die bürgerlichen Parteien lehnten diesen Antrag ab. Partei-)Zngelegenkeiten. Vierter Wahlkreis. Außer heute findet am Sonntag, de« 19. Oktober, eine Flugblattverbreitung für die Stadtverordnetenwahl in den Kommunalwahlbezirken 9, IS und 22 statt. Um zahlreiche Beteiligung ersucht Der Borstand. Schöneierg. Zu der heute, Freitag, abends?>/, Uhr, stattfin- denden Flugblattverbreitung, treffen sich ein Teil der Genossen de« 8. Bezirks bei Milde, Nollendorfstr. 16, vom 4. Bezirk bei Folger, Kyffhäuserstr. 26; der 7. Bezirk, 8., 9., 11. und 12. Bezirk treffen sich in ihren Bezirkslokalen, während die Verbreitung im 10. Bezirk von Rathmann. Tempelhofer Str. 18a, aus, stattfindet. Da die Arbeiten der Stadtverordnetenwahlen drängen, so wird vollzählige Beteiligung erwartet. Steglitz-Friedenau . Heute(Freitag) findet imAlbrechtShof" der fünfte Vortrag des Duncker-KursuS statt. Wir machen darauf aufmerksam, daß dabei die b e st e l l t e n Bücher zur Ausgabe gelangen. Der BildungSauSschuß. Rüdersdorf (Dorf). Am Sonnabend, den 18. Oftober, abends 8'/, Uhr, Zahlabend bei L. Rieger, Lindenstraße 3. Alt-Glienicke. Zu der heute abend, 7>/z Uhr, stattfindenden Flug» blatlverbreitung treffen sich die Genossen des 1. Bezirks bei Henschel, Grünauerstraße, die des 2. Bezirks bei Bahr, Äöpenickerstraße, des 3. Bezirks(Ortsteil Falkenberg) bei Meier, Straße am Falkenberg. Schcnkendorf bei Königs- Wusterhausen . Sonnabend, den 18, d. Mts., abends S'/j Uhr, im Lokale von Otto Patsch: Mit- gliederversammlung. Tagesordnung: 1. Kassenbericht und Aufnahme neuer Mitglieder. 2. Bericht der Gemeindevertreter. 3. Vereins- angelegenheiten und Verschiedenes. Ferner werden die Mitglieder ersucht, sämtliche Bibliotheksbücher zwecks gründlicher Revision abzugeben. Gleichzeitig machen wir auf die am Sonntag stattfindende Kalenderverbreitung aufmerksam. Der Vorstand. Kaulsdorf (Ostb.). Heute Freitag abends 6 Uhr Flugblattver- breitung vom Lokal des Herrn Bobey am Bahnhof aus. Bohnsdorf und Umgegend. Am Montag, den 20. Oktober, abends pünktlich Uhr, findet in der Villa Kahl der zweite Vortrag des Genossen Wilhelm Pieck über: Der praktische Teil des Partei- ProgrammsUnsere Forderungen zum Verfassungswesen" statt. Teil- nehmerkarten a 50 Pf. sind»och zu haben beim Kassierer W. Franz, Paradiesstraße 4, und dem Genossen Molkenthin, Eichwalde , Kaiser- Friedrich-Straße 7. Arbeitslose Mitglieder haben fteien Zutritt. Niedcr-Schönhausen-Nordend. Am Sonntag, den 19. Oktober, nehmen die Genossinnen und Genossen an der bei Roczhcki in Pankow , Kreuzstraße 3/4, stattfindenden Versammlung teil. An- fang der Versammlung Punkt 12 Uhr. Tegel . Am Sonnabend, den 18. Oktober, abends 8 Uhr, findet in TrappS Festsälen(Jnh. ZiegS), Bahnhofstr. 1. der dritte Vortrag deS LichtbilderkursuS:Entwickelung des Tierreichs und Abstammung des Menschen" statt. Vortragender: Herr M. H. Baege. Jeder Vortrag ist für sich abgeschlossen. Der Saal ist gut geheizt. Die Flugblattverbreitung findet nicht am Freitag, sondern am Sonn- abend, abends 6>/z'Uhr, von den Zahlabendlokalen aus statt. Röntgental, Zepernick , Buch. Zur Feier des 1. Stiftungs­festes findet am Sonnabend, den 18. Oktober, abends>/k9 Uhr, im Lokal des Herrn Marx(Waldhaus), Röntgental, Bärwolfstr. 12, ein UnterhaltungSabend bestehend in Konzert, Gesang, Rezitationen, Festrede, Theater und Tanz statt. BillettS inkl. Programm und Tanz 0,50 M. Einführung indie Grundlagen der modernen Arbeiterbewegung" bezweckt ein vom Bezirkswahlverein veranstalteter, 5 Abende um- fassender, Vortragszyklus. Die Vorträge finden statt am 23. und 30. Oktober und am 6.. 13. und 20. November. 8Vz Uhr, im Lokal von August Lange, Röntgental, SiemenSstr. 10. Vortragender ist Genosse Wenzels son. Der Preis der Zuhörerkarte beträgt für alle 5 Abende 50 Pf. Arbeitslose zahlen nichts.. Die Teilnahme an diesen für die Parteigenossen und Genossinnen veranstalteten Vorträgen ist dringend zu empfehlen. Berliner Nacbricbtm Aus der Stadtverordnetenversammlung. Gegen die Drangsalierung des Arbeiter- Turnvereins., Fichte" durch die staatliche Schulauf- sichtsbehörde will der Berliner Stadtfreisinn nichts tun. Das in dieser Sache ergangene Reichsgerichtsurteil, das dem Vor- gehen der Negierung nachträglich so etwas wie einerechtliche Grundlage" schaffen wollte, ist den Freisinnshelden sehr ge- legen gekommen. Die sozialdemokratische Frak- tion hatte im Juni einen Antrag eingebracht, der zur Abwehr aufrief und auch ein wirksames Mittel der Abwehr angab. In dem Ausschutz, dem damals der Antrag überwiesen wurde, hat sich keine Mehrheit für ihn gefunden. Gestern be- richtete der Ausschutz über seine Verhandlungen dem Plenum, und er empfahl, den Antrag abzulehnen. Genosse Stadt- Hagen geitzelte scharf die diensteifrige Bereitwilligkeit, mit der man im Magistrat aus jenem vom Geiste schwär- zester Reaktion erfüllten Reichsgerichts- urteil allzu geschwind die Konsequenzen ziehen zu sollen Die Schlacht bei Celpzig. I. Seit Napoleons Lieblingsplan, nach Berlin vorzustoßen und durch die Besetzung der preußischen Hauptstadt seinem gefährlichsten Gegner den Atem abzuschnüren, durch die Niederlage Neys bei Dennewitz am 6. September zum zweitenmal vereitelt war, hatte sich eine längere Pause in die kriegerischen Operalionen eingeschoben. Umfassende Befestigungen, die er bei Dresden vornahm, ließen die Vermutung zu, daß die Hauptstadt Sachsen » dem Franzosenkaiser zum Winterquartier dienen solle. Erst im Oktober brach er auf, um auf dem linken Ufer der Elbe in der Richtung nach Magdeburg zu marschieren. Eine Kriegslist war das, um die Feinde zu täuschen, denn Napoleon soll, was allerdings von den Militärwissenscbaftlern zum Teil bestritten wird, den Plan gefaßt haben, bei Wittenberg abermals die Elbe zu überschreiten und wieder sich gegen Berlin zu wenden. Kühn, ja l tollkühn war dieser Plan, denn wenn sich der Kaiser auf Torgau und Magdeburg statt auf Dresden und Leipzig stützte, gab er seine ganze RückzugSbasiS nach Frankreich preis und verfiel, sobald er geschlagen wurde, der vollkommenen Vernichtung. Aber dieser Plan bot doch auf der anderen Seite eine Reihe glänzender Aussichten. Einmal konnte Napoleon so die sämt- lichen in den norddeutschen Festungen eingeschlossenen Garnisonen, vor allem D a v o u t auS Hamburg , an sich ziehen, zum zweiten mußte der moralische Eindruck auf Zauderer wie Bernadotte und Schwarzenberg geradezu niederdrückend wirken und zum dritten zog er, wenn er bis zur Oder kam, Preußen und Russen hinter sich her und zwang sie, sich seiner Strategie anzupassen. Aber seine Marschälle und Generale widersetzten sich mit einer seltenen Einmütigkeit dem Kriegsplan des Meisters. Wenn Napoleons Stern jetzt im Erbleichen war, so lag das nicht zuletzt an der wachsenden Unzuverlässigkeit seiner Unterführer. Diese Nutznießer deS napoleonisckien Schlachtenglücks, die von Korporalen und Sergeanten zu Marschällen, Herzogen und Fürsten aufgestiegen waren, hatten längst, im Besitz von Titeln. Millionen und Schlössern, das stete Wagen und Schlagen satt und zogen jedem Feldzug mit steigendem Mißmut entgegen, da sie nicht immer wieder aufs neue alle» Erworbene aufs Spiel setzen wollten. Auch das Soldaten- Material dergroßen Armee" war bei weitem nicht mehr von der Tüchtigkeit der Sieger von Auster litz und Jena . Die großen Lücken. die der russische Feldzug in die Regimenter gerissen, waren mit iungen flaumbärtigen Rekruten ausgefüllt worden, die oft 15 Monate unter dem dienstpflichtigen Alter standen und wenig den Strapazen de» Kriege« gewachsen waren.Früher hatte man", sagte Ney, banger Ahnungen voll, bei Beginn der Kampagne von 1813,alte Soldaten und junge Generale, heute hat man Kinder, von Greisen geführt." Zu der Abneigung seiner Marschälle, Napoleon auf dem Weg nach Norden zu folgen, kam noch ein Weiteres. Durch seinen Ver bündeten, den König von Württemberg, erfuhr er nämlich von dem Abfall der Bayern , deren König von Napoleons Gnaden sich, auf Grund eines Vertrages, der ihm seine Souveränität verbürgte, den Oesterreichern angeschlossen hatte. Der Kaiser müsse sich, be richtete der Württemberger Satrap , darauf gefaßt machen, bald die Festung Mainz, den wichtigsten Punkt an der großen Heerstraße von Deutschland nach Paris , von 100 000 Mann belagert zu sehen. Unter solchen Umständen war Napoleon der Qual der Wahl enthoben: er mußte seinen weit angelegten Plan aufgeben und sofort losschlagen. Zwar gelang e» ihm so wenig wie vorher, einen der drei Heerhaufen der Verbündeten einzeln zur Schlacht zu stellen. Blücher mit der schlesisckien Armee hatte sich am 3. Ottober durch da« Treffen bei Wartenburg den Elbübergang erzwungen, aber als Napoleon , der am 7. Oktober mit seiner Hauptmacht Dresden ver- lassen hatte, einen Vorstoß bis Düben unternahm, um den Stier an den Hörnern zu packen, wich der alle Husar wieder auS. Noch einmal kam Napoleon flüchtig auf seinen Plan zurück, auf Berlin loS- zumarschieren, aber die gebieterische Notwendigkeit verlegte die Eni- scheidung in die schlachtgewohnte Ebene von Leipzig . Cr war sich dessen wohl bewußt, daß hier die Würfel seines Schicksals fielen. aber er wiegte sich immer noch in die Hoffnung, er werde die böhmische Armee Schwarzenbergs dröhnend aufs Haupt schlagen können, ehe die anderen Kräfte der Verbündeten, die schlesische Armee und die Nordarmee Bernadotte», heran waren. Diese Hoffnung allerdings trog. Im Süden von Leipzig werde, so meinte Napoleon , die Entscheidung fallen, und hier komman- dierte er selber die französische Stellung, die sich im Bogen von Connewitz über Markkleeberg , Wachau , Liebertwolkwitz bis Stötteritz und Holzhausen ausdehnte. Morgens um acht Uhr begann bei dichtem Nebel, der bald von lebhaftem Geschützfeuer zerfetzt wurde. der Angriff der Schwarzenberg scheu Armee. Um die Dörfer Doelitz. Wachau und Liebertwolkwitz wogte das wütendste Gemetzel. Immer wieder gingen die Verbündeten zum Angriff über, immer wieder wurden sie unter schrecklichen Verlusten zurückgeworfen. Bei Wachau hatte Napoleon unter D r o u o t eine Riesenbatterie von 170 Kanonenschlünden auffahren lassen, die furchtbar unter den An- greifecn aufräumte, zugleich stürzte sich O u d i n o t mit zwei Divi- fionen der jungen Garde auf Wachau, Marschall M o r t i e r bemäch- tigte sich mit zwei anderen Divisionen derselben Truppe deS Waldes !bei Liebertwolkwitz , und als in einem letzten Ansturm der Ver- zweiflung die russische Gardekavallerie und die österreichischen Kürassiere dem rechten französischen Flügel Doelitz entrissen, wurden sie durch ' einen Gegenangriff der Kürassiergeschwader M u r a t S zurückgejagt und zersprengt: eS war 3 Uhr nachmittags und da» Schlachtfeld gehörte den napoleonischen Adlern. Noch tobte der Kampf weiter, obwohl die Entscheidung gefallen war, aber in der Stadt Leipzig wurden schon auf Befehl Napoleon ? alle Glocken zur Feier seines Sieges geläutet. Luch da» Korp» B e r t r a n d, das, von der französischen Hauptmacht durch Pleiße und Elster getrennt, bei Lindenau stand, um die Rückzugstraße nach Westen offen zu halten, erwehrte sich mit schweren Verlusten, doch mit Glück der Angriffe de« Feinde«, und Napoleon hätte fich al»Sieger von Wachau" befriedigt zur Ruhe legen können, wenn eS nicht auch im Norden der Stadt zum Klappen gekommen wäre. Dort hatte er den Marschall M a r m o n t aufgestellt, erwartete aber kaum, von jener Seite her einen Schuß zu hören. Aber Blücher , der un- ermüdlichste von allen Feldherren der Verbündeten, war hier den Franzosen auf den Pelz gerückt, und bald war der Kampf um da« Dorf Möckern im Gange. Eine der besten und erprobtesten Truppen Napoleons , die GardemarinierS, hatten hier aus jedem Hause eine kleine Festung gemacht, und besonders da» Korps D o r k s erlitt gewaltige Verluste, aber der Sieg blieb an dieser Seite von Leipzig den Verbündeten. Da? war um so Verhängnis- voller für N a p o l e o n, als der Draufgänger Blücher auch am 17. Oktober keine Ruhe hiest, sondern in hitzigen Gefechten die Korpö M a r m o n t und A r r i g h i aus Gohlis und Eutritzsch auf Leipzig zurücktrieb bis an das Gerbertor. Auf dem südlichen Schlachtfeld dagegen schwieg der Kanonendonner. Schwarzenberg» Truppen waren zu erschöpft zu einem neuen Angriff, und auch Napoleon wollte seine Soldaten, ganz gegen seine Gewohnheit, verschnaufen lassen. Bor allem aber lag ihm daran, die Reserveartillerieparks heranzuziehen und die 80 000 Geschützkugeln zu ersetzen, die die Schlacht gekostet hatte. So beschränkte er sich an diesem Tage darauf, statt neue kriegerische Attionen zu unternehmen, den ge- fangenen österreichischen General Meerveldt mit Waffenstillstands- Vorschlägen an die Verbündeten zu schicken: er forderte fteien Ab« zug hinter die Saale und wollte dafür die Oder- und Weichsel - festungcn übergeben, um so die Grundlag« für FriedenSverhand- lungen zu schaffen. Er wurde nicht einmal einer Antwort gewürdigt, denn auf der Seite seiner Gegner hatte man die Ruhe des 17. Oktober benutzt, alle Verstärkungen heranzuzieheil und auch den wie stets zögernden Bernadotte mit der Rordarmee aufs Schlachtfeld zu bringen. Die Verbündeten zweifelten nicht, daß der 18. Oktober den Sieg an ihre Fahnen heften werde.