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Art. 272. 30. Jahrgang. 4. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt.

Mordprozeß Mickel.

Unter der Anklage des Mordes und der Anstiftung zum Morde standen gestern vor dem Schwurgerichte des Landgerichts III der Nieter Friedrich Nickel und die Haushälterin Frau Anna Menzel, geborene Schiele. Den Vorsiz führt Landgerichtsdirektor Rosenthal. Da die Verhandlung drei Tage dauern wird, wurde ein Ersatz­gejajmorener ausgelost. Es handelt sich auch bei diesem Prozeß wiederum um die Frage: Selbstmord oder Word? Am 6. Dezember 1910 wurde, wie noch in Erinnerung sein dürfte, die Leiche des in Charlottenburg , Galvanistraße 9, wohnhaften Schankwirts Albert Menzel in dessen Schanträumen aufgefunden. Die Zeiche zeigte eine Schußwunde in der linken Schläfe. Anfangs war Selbstmord angenommen worden, obwohl zu einem solchen bei dem in geordneten Verhält­nissen lebenden und lebenslustigen Manne ein Grund nicht zu er­fennen war. Später verdichtete sich immer mehr der Verdacht, daß Menzel ermordet worden sei, und zwar durch Nickel auf Anftiftung der Frau Menzel. Der Verdacht gründete sich darauf, daß, obwohl Menzel Rechtshänder war, zwei Kugeln die linke Schläfe getroffen hatten, ferner auf die Tatsache, daß zwischen den beiden Angeklag­ten ein intimes Verhältnis herrschte, und daß Nickel, wenn er etwas angeheitert war, höchst verdächtige Redensarten machte, die auf seine Täterschaft hindeuteten.

Der Vorsißende redet dem Angeklagten Nickel dringend ins Ge­wiffen, seine Schuld zu bekennen, wenn er sich schuldig fühle. Nidel erklärt aber mit fester Stimme, daß er unschuldig sei. Die­felbe Erklärung gibt Fran Menzel ab.

Nidel ist 35 Jahre alt und hat mehrere Vorstrafen erlitten, darunter eine wegen Bedrohung und lebensgefährdender Behand lung seiner Shefrau. Nickel hatte sich im Jahre 1902 verheiratet, ist aber geschieden und als schuldiger Teil erklärt worden. Frau Menzel ist unbestraft.

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Beide Angeklagten befinden sich seit 4. April 1912 in Unter­fuchungshaft. In der

Vernehmung der Angeklagten

gibt der Angeklagte Nicel folgendes an: Sein Vater war in Ost­ preußen Speditionsarbeiter, im Jahre 1902 sei er nach Westfalen gegangen und habe dort in mehreren Eisenfabriken als Arbeiter und schließlich als Schlosser und Nieter gearbeitet. Im August 1910 sei er nach Berlin gekommen und sei zu dem Gastwirt Menzel in Schlafstelle gezogen. Am 5. Dezember, dem Tage vor dem an­geblichen Selbstmord des Menzel, sci er nicht zur Arbeit gegangen, sondern habe Menzel, der die Voltsbadeanstalt in Charlottenburg aufsuchen wollte, dorthin begleitet. Als er, Nickel, aus dem Schwimmbad zurüdtam, habe er Menzel, der nur ein Wannenbad genommen habe, in dem Wartezimmer ganz blag und wie geistes­abwesend vor sich hinstarrend wiedergefunden. Auf seine Frage habe Menzel geäußert, das Bad sei ihm nicht bekommen. Sie hätten dann beide mehrere Wirtschaften besucht, in denen Menzel plötzlich sehr lustig geworden sei und herumgetanzt habe. Als sie nach Hause tamen, habe er sich auf ein Sofa gelegt und sei eingeschlafen. Er sei dann erst kurz vor 12 1hr nachts aufgewacht und habe sich noch darüber geärgert, daß er solange geschlafen habe, während die anderen Beute in dem Lokal lustig waren. Der Borsigende hält dem Angeklagten vor, daß er sich nach verschiedenen Richtungen hin in

Widersprüche

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mit seinen eigenen früheren Angaben und denen der Zeugen setze. mit seinen eigenen früheren Angaben und denen der Zeugen ſeze. Der Angeklagte erzählt dann weiter, daß er am nächsten Morgen die Leiche des Menzel in dem Lokal gefunden habe.

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gesehen.

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Borj.: Bei Ihrem Hinzukommen hat der am Boden liegende Menzel noch geröchelt. Haben Sie die Verlegung an der Leiche ge­jehen? Angekl.: Nein. Vorf.: Wo hat die Schußwaffe ge Tegen? Angefl.: Das weiß ich nicht, ich weiß auch nicht, daß Menzel einen Revolver besessen hat, habe einen solchen auch nie Borj.: Das stimmt nicht, wie Zeugen erklären werden. Weswegen wird sich denn nach Ihrer Ansicht Menzel erschossen haben. Angefl.: Menzel war nerventrant. Bors.: Hören Sie, Angeklagter, mit der Behauptung, daß Herr Menzel einen Tob­fuchtsanfall gehabt habe, sind Sie doch erst recht spät hervorgetreten. Der sogenannte Tobsuchtsanfall soll ein sehr harmloser Vorfall gewesen sein. Als Sie zunächst als Zeuge vernommen wurden, haben Sie erklärt, daß Sie etwas Auffälliges in dem Wesen Men­zels nicht bemerkt haben. Dies wiederholen Sie vier Vernehmungen hindurch, schließlich muß Ihnen in der Untersuchungshaft der Ge­dante gekommen sein, daß es doch wohl praktisch sei, die Sache anders einzurichten, und da tamen Sie plöblich mit dem angeblichen Tobsuchtsanfall. Von Tobsuchtsanfällen des Menzel hat niemand etwas gemerkt, ein derartiger Anfall soll ein einfacher Zornaus­bruch des Menzel darüber gewesen sein, daß er Sie im Verdacht hatte, mit seiner Frau ein Liebesverhältnis zu unterhalten. Der Angeklagte sucht alle Widersprüche in seinen jebigen und seinen früheren Bekundungen, die ihm der Vorsißende vorhält, zu begleichen. Er erklärt, daß er doch nicht wissen könne, warum sich Menzel das Leben genommen habe, er könne nur sagen, daß Men­zel, der auf einem Auge blind war und den Kopf schief hielt, sehr nervös war. Der Mann habe vom frühen Mogen bis zum späten Abend in seiner Wirtschaft gesessen und habe doch viel Sorgen ge­habt, eine Behauptung, die der Vorsitzende unter Hinweis auf die Geschäftsbücher des Menzel als falsch erklärt.

Borf.: Na, wir werden ja die Zeugen hören. Wir kommen nun zu dem Hauptpunkt in dieser ganzen Sache, nämlich auf Ihr früheres Geständnis.

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Nachdem der Tod des Menzel längst vergessen und über die ganze Sache Gras gewachsen war, liefen zwei Anzeigen von Personen ein, die sich gegenseitig gar nicht kennen, denen gegenüber Sie aber völlig übereinstimmende Angaben über die Tat gemacht hatten. Es ist dies ein Schmied Held und ein Gastwirt Thomae. Haben Sie diesen gegenüber ein Geständnis abgelegt? Angekl.: Davon weiß ich nichts! Vorf.: Sie haben damals bei dem Gastwirt Thomae verkehrt und haben diesem erzählt, daß Sie nächstens eine Frau heiraten würden, die demnächst auch in das Lokal kommen werde. Als Frau Menzel dann kam, haben Sie längere Zeit mit ihr heimlich geflüstert und sollen dann nach ihrem Weggange zu Thomae geäußert haben: Das war meine Braut, morgen kriege ich wieder Geld von ihr." Da Frau Menzel am nächsten Tage nicht fam, sollen Sie geäußert haben, Sie würden sich dann das Geld eben holen und waren am Abend auch tatsächlich mit einem ge­füllten Portemonnaie wiedergekommen. Angeki.: Das war mein Geld, das ich noch von ihr zu kriegen hatte. Vors.: Wie erklären Sie denn aber folgendes: Am 13. März trafen Sie mit dem Schmied Held zusammen und tranten einige Gläser Bier. Auf die Frage des Held, weshalb Sie so still seien, hatten Sie geantwortet: " Das Weib hat mich unglücklich gemacht!" Held wollte nun auf den Busch Klopfen und äußerte:" Du kannst mir ruhig die ganze Sache erzählen, Du hast mir ja schon einmal gesagt, daß Du ihn erschossen hast." Sie sollen darauf geantwortet haben:" Ja, ja, es ist richtig, ich habe ihn getötet, das Weib, das furchtbare Weib, hat mich dazu angestiftet!" Sie sollen dabei geweint haben und ganz zerknirscht gewesen sein. Was sagen Sie denn dazu? Angefl.: Da muß ich betrunken gewesen sein, ich rede dann immer alles durchein­ander. Wenn jemand durchaus etwas wissen wollte, so habe er dem Betreffenden stets den Gefallen getan und gesagt:" Ja, ja, so, ist es!" Borf.: Am Nachmittage gegen 5 Uhr sind Sie dann in das Lotal des Thomae gekommen und haben hier feinesfalls den Eindruck eines Betrunkenen gemacht. Sie waren auch hier still und starrten vor sich hin. Plöhlich faßten Sie den Thomae an den Schultern und erklärten weinend: Es hat ja keinem Zwed, es muß mal herunter von der Leber. Ich habe den Menzel erschaffen, das Weib hat mich dazu angestiftet." Sie sollen dabei Ihr Porte­monnaie auf den Tisch geworfen und dem Thomae auch Ihre Photographie gegeben haben, mit dem Bemerken, er solle das Bild in seinem Vokal aufhängen. Wie tamen Sie dazu, dieses Geständ­Angekl.: Das weiß ich nicht! Vorf.: Sie nis abzulegen? wiffen das nicht? 3 steht aber in den Aften, von Ihrer eigenen Angefl.: Ich kann wirklich nichts darüber sagen. Hand geschrieben? Borf.: Sie haben es doch noch bis vor kurzem gewußt und jetzt wollen Sie nichts mehr wissen? Es ist von dem Gericht ein von Ihnen an Thomae gerichteter Brief aufgehalten und zu den Atten genommen worden. In diesem Brief, den Sie wohl in den Hän­den des Thomae glaubten, schreiben Sie, daß Sie das Geständnis unter dem Drude eines Liebeswahnsinns" abgelegt hätten, Sie hätten, da Sie ohne die Frau Menzel nicht mehr leben tönnten, das Geständnis deshalb abgegeben, um auch sie damit zu vernichten, Sie hätten sich beide vernichten wollen", da Sie ohne sie nicht mehr leben tönnten. Weshalb geben Sie uns denn heute nicht diesen Grund an, Sie haben eben nicht gewußt, daß Ihr Brief nger. Die Frau hat mich toll gemacht, ich fonnte nicht anders! zurüdgehalten worden ist? Wie wollen Sie das erklären? Angefl.: Vorf.: Sie haben doch aber erst behauptet, Frau Menzel sei sammen. Sie haben stets angegeben: Was ich bei Thomae gesagt hinter Ihnen hergelaufen. Das stimmt doch alles nicht recht zu­habe, weiß ich nicht mehr, plöglich in dem Brief wissen Sie, daß Sie etwas gesagt haben. Einzelheiten überhaupt nicht mehr besinnen. Angell.: Ich kann mich auf die ganzen Borf.: Nachdem Sie bei Herrn Thomae gewesen und das Geständnis abgelegt hatten, ist Frau Menzel gekommen und hat erklärt: Auch mir gegenüber hat Nickel ein Geständnis abgelegt; er hat nicht nur zu gegeben, daß er meinen Mann erschossen hat, sondern auch zu­gegeben, wie er die Tat begangen: als alle Gäste aus dem Lokal sich entfernt hatten, hat er sich von dem Manne ein Notizbuch zeigen lassen und diesen Augenblick benutzt, um den bequem zu er­reichenden Revolver zu nehmen und mit diesem meinen Mann er schossen."

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Angell.( erregt): Die Frau lügt ja!- Bors.: Die Frau hat aber auch Einzelheiten angegeben, die mit den Bekundungen ande­rer übereinstimmen. Sie sagt: Als der Angeklagte mich fortgesetzt triezte und Geld von mir haben wollte, habe ich am 12. März ihm gesagt, daß ich ihn anzeigen würde, wenn das so weiter gehen sollte. Und da sind Sie dann zu Thomae gegangen und haben das Geständnis abgelegt, das Sie und die Frau vernichten sollte. Angefl.: Die Frau spricht die unwahrheit!

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Freitag, 17. Oktober 1913.

genommen hatten, wird die Deffentlichkeit ausgeschloffen. Aufsben erregte es, als dann die Angeklagte Menzel, entgegen ihren früheren Angaben, behauptete, daß ihr Nickel am Tage nach habe. Er habe ihr gesagt, daß er ihn beiseite geschafft habe, weil dem Tode ihres Mannes eingestanden habe, daß er ihn ermordet er fie liebe und ihm, wenn der Mann tot sei, dadurch Gelegenheit gegeben wende, sie zu heiraten. Sie müsse doch in ihrem Lokal eine männliche Hilfe haben, und da hoffe er, daß sie ihn behalten

und schließlich heiraten werde.

Diese Erklärungen der Angeklagten riefen in dem Gerichtssaal große Sensation hervor. Auf Befragen des Vorsitzenden erklärte die Angeklagte weiter, daß ihr Nickel am Tage nach der Tat gejagt und sie die Waffe schon früher häufig bei ihm gesehen habe. habe, sie müsse aussagen, daß der Revolver ihrem Mann gehöre

Borsigender Landgerichtsdirektor Rosenthal: Angeklagter Nickel, was sagen Sie dazu?

Angekl.: Das ist alles freie Erfindung! alles das aus den Fingern gesogen hat? Vorf.: Wollen Sie wirklich behaupten, daß sich die Frau Menzel Angekl.: Jawohl.

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Die Angeklagte Menzel bekundet dann noch, daß Nickel dieses Geständnis auch später bei anderen Gelegenheiten wiederholt habe. folle über die früheren Vernehmungen der Frau M. vor dem Auf Antrag des Rechtsanwalts Dr. Alsberg werden alle Proto­Untersuchungsrichter zur Verlesung gebracht. Auf eine Frage der Rechtsanwälte Dr. Rothschild und Munk, wann sie von dem Tode ihres Mannes Kenntnis erhalten habe, erzählt die Angeklagte folgendes: Sie sei an jenem Abend, nachdem sie für ihren Mann und Nickel Abendbrot bereitet hatte, kurz nach 11 Uhr nach ihrer Wohnung gegangen. Vor der Haustür habe sie noch den Zeugen Adler getroffen und mit ihm geplaudert. Am nächsten Morgen sei der Zeuge Knoblich ganz aufgeregt zu ihr gekommen und habe Sie sei über den ihr erzählt, daß sich ihr Mann erschossen habe. plöglichen Tod ihres Mannes furchtbar unglücklich gewesen, da sie, wie alle anderen, zuerst annahm, er habe Selbstmord verübt. Am nächsten Tage habe Nickel ihr dann eingestanden, daß er ihren Mann ermordet habe. Von diesem Augenblick an habe sie einen richtigen Schauder vor Nickel gehabt.

Borsigender: Weshalb haben Sie sich denn, nachdem diese Ent

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fremdung eingetreten war, nochmals mit ihm getroffen? geklagte: Er bat mich per Karte, dann brieflich und schließlich par Telegramm um ein leptes Wiedersehen, und da ich Angst hatte, Vorf.: er würde seine Drohungen, mich als Anstifterin anzugeben, wahr machen, bin ich nach dem Lokal von Thomae gegangen. Wie hat sich denn dort die Unterhaltung abgespielt? Angeklagte: Gr fing gleich wieder mit seiner Liebelei an und fragte mich, ob ich ihn nicht heiraten möchte oder wenigstens mit ihm, ohne zu heiraten, zusammenziehen möchte. Als ich ablehnte, erklärte er, er Vorsitzender wolle nach Leipzig fahren, habe aber kein Fahrgeld. ( unterbrechend): Ich will bei dieser Gelegenheit gleich einmal wegen der 100 Mart, die der Zeuge Adler dem Nickel geschenkt hat, Haben Sie dem Nidel denn, wie er eine Frage an Sie richten. angegeben hat, von diesem Gelde 70 M. weggenommen? geklagte: Nein, das ist nicht wahr. Ich sagte ihm dann, daß ich mich wegen des Fahrgeldes mit Adler in Verbindung setzen wolle, habe dann aber zu dem nächsten Tage abgeschrieben. Am Abend lauerte mich Nidel in der Berliner Straße auf. Es kam wieder au einem Auftritt, bei dem er drohte, er wolle sofort zur Polizei

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Die Ange­

Bors.( zu Nidel): Na, was

gehen und sich selbst stellen. Ich ging bann nach der Wohnung und ließ mir von Adler 40 M. geben, die ich Nickel gab. Wohnung geschickt habe, sie möchte einmal herunterkommen. Nidal flagte erzählt dann weiter, daß Nidel vier Tage später in ihre habe ihr dann erzählt, er habe dem Gastwirt Thomae von der Tat erzählt, er sei aber schon dort gewesen und habe versucht, ihm die Sache wieder auszureden, Thomae glaube aber, daß er die Wahr­ebenfalls von der Sache abbringen. Als sie sich weigerte, habe R. heit gesagt habe. Sie müsse deshalb zu Thomae gehen und ihn wieder gedroht, daß er dann zur Polizei gehen, sich selbst stellen müsse und sagen werde, daß sie ihn angestiftet habe. Erst darauf­Angekl.: Das ist ja alles frei erfunden. sagen Sie dazu? hin sei sie zu Thomae gegangen. vors.: Ist es richtig, daß Sie die Kleidungsstücke des esschoffemen Menzel getragen haben? Angekl.: Jawohl. Die Frau Menzel sagte mir eines Tages, ich solle mir einen schönen Anzug aussuchen. Sie hat mir dann verschiedene Kleinigkeiten geschenkt. Auf eine Reihe von Fragen der Rechtsanwälte Dr. Alsberg und Dr. Munt erklärt die Angeklagte immer wieder, daß sie zwar seit langem die Absicht gehabt habe, zur Polizei zu gehen und die Sache anzuzeigen, diese Absicht aber immer wieder aufgegeben habe, da sie damit habe rechnen müssen, daß sie auf die Bezichti gung des N. Hin selbst wegen Anstiftung zum Morde angeklagt werde. Rechtsanwalt Dr. Alsberg: Haben Sie, Frau Menzel, Der Vorsisende ein einziges Mal ihrem Freunde Adler, mit dem Sie doch wie versucht vergeblich des längeren, von dem Angeklagten eine plausible Mann und Frau lebten, etwas von dem angeblichen Geständnis des Erklärung für das Motiv herauszuholen, welches ihn bewogen Nickel Ihnen gegenüber erwähnt? Dies wäre doch eigentlich haben sollte, dem Thomae gegenüber das angeblich falsche Gefehr naheliegend gewesen. Angeklagte: Nein, bas habe ich nicht. ständnis abzugeben. Der Angeklagte erklärt: Was Thomae jagt, Midel hat einmal geäußert, er würde es mit Adler ebenso machen, Rechtsanwalt Dr. Alsberg: Aber da stimme nicht, außerdem müsse berücksichtigt werden, daß er ja mie mit meinem Manne, manchmal Leuten etwas erzählt habe, was gar nicht wahr ist. Das hätten Sie doch gerade Veranlassung gehabt, bem Adler davon Mit­Borf.: Nun, wiffen teilung zu machen. Angeklagte: Ich habe deshalb nicht davon sei manchmal aus Renommage geschehen. Sie, das wäre doch eine seltsame Renommage, daß jemand zu gesprochen, weil mich Nidel ja der Anstiftung bezichtigen wollte. einem Dritten geht und unter Tränen und Schluchzen sich des Damit ist die Vernehmung der Angeklagten beendet und wird Der Vorsitzende hält dem Angeklagten noch mit der Mordes beschuldigt. manches Verdächtige vor: Nachdem Anzeige von Held und Thomae Beweisaufnahme Auf Vorhalt des Vorsitzenden bestätigt Nidel, daß er nach dem erstattet worden war, ist er vier Tage später wieder zu Thomae Tode des Menzel auf Bitten der Frau M. vierzehn Tage lang die gegangen, hat seine Photographie zurüderbeten und dem Thomae Wirtschaft weitergeführt habe, da er früher einmal Kellner in Köln angedeutet, daß er neulich im Trunke wohl etwas viel erzählt gewesen sei und von der Sache etwas verstanden habe. Richtig sei habe, was aber alles nicht wahr sei. Er müsse sich doch also ganz es, daß zwischen ihm und der Frau Menzel ein Liebesverhältnis genau daran erinnert haben, was er Herrn Thomae erzählt hatte. bestand. Er sei im Mai 1911 aus Berlin weggegangen und habe Gr müsse auch Frau Menzel ersucht haben, die Sache wieder ins auswärts Arbeit angenommen. Am 23. Oktober 1911 jei er wieder Reine zu bringen, denn diese sei bald darauf auch zu Thomae ge­nach Berlin gekommen und habe Arbeit bei der Hochbahn bekommen; gangen und habe festzustellen gesucht, was Nickel eigentlich gejagt das Liebesverhältnis mit Frau Menzel habe fortbestanden. Der Angeklagte versichert wiederholt, daß er eines Mordes Der Vorsitzende hält dem Angeklagten vor, daß er nach den absolut unfähig wäre; er habe zweimal schon Menschen vom Tode Mitteilungen, die er selbst anderen Zeugen gemacht, wiederholt des Ertrinkens gerettet. von dem Hauswirt Adler und der Frau Menzel größere Summen Schließlich verweist der Vorsitzende darauf, daß der Angeklagte

habe.

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Geldes erhalten habe. Er soll auch von Frau Menzel Geld unter auf seine verstedten Drohungen gefordert haben.

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im Jahre 1907 erlittene Verlegung

begonnen.

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Als erster Zeuge wurde der Schloffer Wilhelm Menzel , der Bruder des erschossenen Gastwirts M., vernommen, der u. a. be fundet, daß für den Erschossenen kein Anlaß zu einem Selbstmord vorgelegen habe. Er selbst glaube auch nicht an einen Selbstmord. Aehnliche Angaben machte ein anderer Bruder des Erschossenen, der Bädermeister Ernst Menzel aus Baumschulenweg . Er habe den Verkehr mit den Menzelschen Eheleuten gemieden, weil die Frau Menzel sich übel benommen und sich dem ersten besten hin­gegeben habe. Er habe die Angeklagte häufig mit anderen Männern gesehen, einmal sei sie sogar in der Friedrichstraße fistiert und zur Bolizeimache gebracht worden. Ihm, Zeugen, sei es aufgefallen, daß sich die zwei tödlichen Schüsse an der linken Kopfseite befanden. Auf eine Frage des Vorfizenden erklärt der Zeuge, daß sein Bruder Rechtshänder gewesen sei, so daß es völlig unerklärlich sei, daß die Schüsse links sagen. Irgendwelche Geldforgen habe der Erschoffene nicht gehabt, da er ihm stets Geldmittel zur Verfügung gestellt.

Eine Zeugin Frau Schröder, eine entfernte Berwandte bes Menzel, befundete, daß dieser ihr im Jahre 1904 eines Tages fein Beid geklagt und geäußert habe, daß sich seine Frau mit anderen Männern herumtreibe. Wenn sie bloß mit Adler im Verkehr stände, würde er ja gar nichts dagegen haben, er könne doch aber nicht dulden, daß sie sogar nach der Friedrichstraße gehe.

Der Angeklagte bestreitet auf das entschiedenste, daß er ande- zurüdgekommen sei und behaupte, daß daraus eine pathologische ren Zeugen gegenüber geäußert habe, wenn ihm die Frau Menzel Lügenhaftigkeit resultiere. Die Ermittelungen haben ergeben, daß fein Gelb gebe, jo pajfiere etwas". Der Vorfisende weist ihn wieder die Sache gar nicht schlimm gewesen sei: dem Angeklagten sei eine holt darauf hin, daß es doch mehr wie auffällig sei, daß er von der Schraube auf den Kopf gefallen, der Angeflagte babe ein Loch im Frau Menzel ständig Geld, ferner auch von Adler in einem Café Stopfe erhalten, aber von einem Schädelbruch usw. sei keine Rede. 100 m. erhalten habe. Dies sehe doch in Verbindung mit Sen Hierauf wird die Angeklagte Frau Menzel vernommen. Sie Aussagen der Zeugen so aus, als wenn er ständig die Gelegenheit ist in Gernrode geboren, ihr verstorbener Ehemann habe sich mit benust habe, die Kenntnis der Frau Menzel von dem Morde als ihr im Jahre 1890 verheiratet. Er jei früher Sattler gewesen und Geldquelle zu gebrauchen. Der Angeklagte erwidert, daß ihm die habe dann die kleine Destillation aufgemacht. Ihre Privatwohnung Frau Menzel die von Adler erhaltenen 100 M. noch an demselben ist in der Cauerstraße gewesen, wo sie bei Herrn Adler, der ein Abend wieder abgenommen habe mit dem Bemerken:" Wenn Du von ihrem Manne gekanntes Liebesverhältnis unterhalten habe, Mehrere andere Zeugen, die mit dem Erschossenen näher be Geld haft, so gehst Du bloß zu anderen Weibern hin!" wohnte, diesem die Wirtschaft führte und die Hausverwaltung be- fannt waren, schildern diesen als einen luftigen und geselligen sorgte. Nach einer Bemerkung des Vorsitzenden hat sie außerdem Menschen, von dem sie niemals angenommen hätten, daß er Selbst­auch noch mit einem anderen Manne ein Liebesverhältnis. Nach mordabsichten gehabt habe. ihrer Behauptung hat ihr Mann mehrfach über schlechten Ge- Eine Reihe anderer Zeugen, welche über die Art der Be­schäftsgang und über Aufregungen bei dem Geschäft geklagt, er sei zichungen zwischen Nickel und der Frau Menzel vernommen wur­überhaupt sehr nervös gewesen. Sie erzählt von einer Szene, ivo den, bekundeten, daß das Verhältnis zwischen Menzel und seiner ihr Mann nach Hause gekommen sei, ein Glas zertrümmerte und Frau ein durchaus gutes war. Nickel habe einmal in der Trunken­wie geistesabwesend bagestanden habe. Als sie im Widerspruch heit ausgeplaudert, daß er mit der Frau Menzel intime Be­mit ihren wiederholten Vernehmungen in der Voruntersuchung ziehungen angefnüpft habe. Beide wären häufig beobachtet worden, jetzt mit der Behauptung auftritt, daß sie schon zu Lebzeiten ihres wie sie während der Abwesenheit des Mannes Bade an Bade" Mannes zu Nidel ehebrecherische Beziehungen gehabt habe, kommt auf dem Sofa saßen und fich füßten. es zu lebhaftem Widerspruch seitens des Nidel. Zur Erörterung Gegen 8 Uhr abends wurde die Verhandlung abgebrochen und der Entwickelung, welche diese Beziehungen der beiden Angeklagten

Der Vorsitzende weist aber immer wieder darauf hin, daß es auffällig sei, daß er die Frau Menzel förmlich am Gängelband gehabt habe und diese, wenn er nur den Wunsch äußerte, sofort tommen mußte.

Angeklagter: Frau Menzel ist mir immer nachgelaufen. Vors.: Das soll aber nicht immer der Fall gewesen sein. Frau Menzel soll sich im Gegenteil häufig geweigert haben, zu Ihnen zu gehen. Sie sind dann stets furchtbar wütend darüber geworden, wenn Frau Menzel nicht tam. Bei dieser Gelegenheit sollen Sie auch mehrfach geäußert haben: Die muß machen, was ich will, ich brauche nur den Mund aufmachen und es paffiert etwas!" Angert.: Das bestreite ich, ich habe so etwas nie gesagt!

auf heute( Freitag) 9% Uhr vertagt.