Der Kampf um Anerkennung der Gemeinschaft der Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen (LGBTI) als legitimer politischer Akteur und Durchsetzung ihrer Rechte auf der geteilten Insel Zypern ist ein mühsamer und langwieriger Prozess, der nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft im Jahr 1960 begann. Seit den 1960er-Jahren richtete die vorherrschende nationalistische Politik ihr Augenmerk in erster Linie auf den Zypernkonflikt als ein ethnisches Problem. Eine Mobilisierung der Zivilgesellschaft für andere Themenbereiche wie zum Beispiel Fragen der Sexualität und der Gender-Nonkonformität wurde dadurch behindert. Denn im Vergleich zu der Zypernfrage wurden sie für politisch weniger oder gar nicht relevant gehalten. In einem konfliktreichen, von seiner kolonialen Vergangenheit geprägten Land wie Zypern mit einer ethnisch geteilten Bevölkerung ist der nationalistische Diskurs gewöhnlich besonders intensiv. Denn die Entwicklung einer mehrheitlich akzeptierten nationalen Identität ist ein spannungsgeladenes Thema, bei dem für alle Beteiligten viel auf dem Spiel steht. Historische Einschnitte und Veränderungen in Zypern und nicht zuletzt der Diskurs der britischen Kolonialherren, die interethnischen Hass und Nationalismus schürten und erstmals die sexuelle und geschlechtliche Nonkonformität auf der Insel delegitimierten, haben Heterozentrismus und Zissexualismus zu einer Grundvoraussetzung für die Einheit der ethnischen Gemeinschaften gegenüber inneren und äußeren Feinden gemacht. Auf dieser Prävalenz von Heterozentrismus und Zissexualismus bauen die rechtlichen, politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Regulierungsmechanismen und hierarchischen Strukturen des Lebens auf beiden Seiten der Insel auf.
Publikationen der Stiftung → Die LGBTI-Bewegung in Zypern
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