18. März
Die Wählerin
Blätter zum Wahlkampf
Es lebe die deutsche Republik!
Dieser Ruf muß uns Führer sein in unserm Kampf um den Präsidenten der Deutschen Republik. Die Stimmen der Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen dürfen am 29. März nur für einen Mann abgegeben werden, dessen Persönlichkeit, beffen Weltanschauung und dessen bisheriges Wirken die Garantie dafür bieten, daß seine Präsidentschaft der am 9. November geschaffenen Staatsform Festigkeit gibt und alle Bestrebungen auf Wiederaufrichtung der Monarchie zunichte macht. Ein solcher Mann ist Otto Braun , der von der Sozialdemokratischen Partei aufgestellte Präsidentschaftsfandidat
Otto Braun ist, wie es Friz Ebert war, ein Kind der Arbeiterklasse. Sein Entmicklungsgang ist ähnlich dem jener aus der Arbeiterschaft hervorgegangenen Führer der Arbeiterbewegung, auf die die Arbeiterschaft mit so großem Stolz bliden tann: Boltsschule, gewerbliche Lehre ( Buchdrucker), nach der Lehre Anschluß an die gewerkschaftliche und an die politische Organisation der Arbeiterschaft, die Sozialdemokratie, in ihr rascher Aufstieg zu leitenden Posten und Ausharren auf ihnen trotz aller wirtschafts liter und politischer Drangsalierungen durch die herrschenden Klassen und ihre Organe.
Dito Braun hat in der Arbeiterbewegung auf einem der schwersten Posten, in Ost preußen gewirkt Noch heute ist Ostpreußen der Hauptsi der Reaktion und eine der stärksten Stützen der Anschauung, daß der auf Erwerbsarbeit angewiesenen Bevölkerungsschicht kein anderes Recht als das zu arbeiten und zu gehorchen zugestanden wer den darf. Diese Auffassung konnte sich naturgemäß am längsten halten und am rigorosesten burchsehen in einem Gebiete, das beherrscht wird vom Großgrundbefly mit seiner überragenden wirtschaftlichen Machtstellung gegenüber der auf Erwerbsarbeit angewiesenen Bevölkerung des platten Landes und mit seinem aus der Zeit der Leibeigenschaft übernommenen Gefühl, Herr zu sein über Leben und Tod all der Menschen, die in abhängiger Lebensstellung von ihm sich befinden.
politischen Machthaber des taiserlichen Deutschland verfolgte, und daß dieser Haß ihn auch jezt noch verfolgt und sich austoben wird in dem Kampf, in deffen Mittelpunkt Otto Braun als Vertrauensmann der sozialdemokratisch organisierten Arbeiterschaft gestellt worden ist.
Solange der Landarbeiter die Ketten, die ihm schrankenlose Sunterherrschaft geschlagen hatte, willig frug oder sie doch im Gefühl der Schwäche schleppte, waren der Durch( setzung der Idee der Gewerkschaftsbewegung und des Sozia
O.KOESTER
lismus größte Schranken gezogen. Otto Braun widmete sich der Besserstellung auch der Lebensbedingungen der Landarbeiterschaft aus diesem Grunde, und aus der ihm gewordenen persönlichen Kennt nis der unmenschlichen Bedin gungen, unter denen diese Bolfsschicht leben, arbeiten und wohnen mußte. Seine her. vorragenden Fähigkeiten zum Bertreter von Boltsinteressen hatten inzwischen in seiner engeren Heimat, Königsberg , und in ganz Ostpreußen die gewerkschaftliche und politische Organisation der Industriearbeiterschaft auf eine Höhe gebracht, deren Einfluß auch die ostpreußischen Junker spürten.
Wie hoch die organisierte Arbeiterschaft die Persönlich feit Otto Brauns wertete, be wies seine Wahl in das Dreitlassenparlament Preußens im Jahre 1913. Er hat sich dort zwar den Haß der im preußischen Abgeordnetenhause aus schlaggebenden preußischen Junker zugezogen, aber auch die Achtung aller vernünftig und objektiv denkenden Menschen erworben, die seine überragende Bersönlichkeit und die Lauterfeit seines Charakters tennenlernten. Diese Eigenschaften wurden Otto Braun auch von den Gegnern seiner Politit als preußischer Landwirtschaftsminister zugestanden, als der er von der Mehrheit der Mitglieder der verfassunggebenden preußischen Landesperfammlung im März 1919 gewählt wurde Nach dem Kapp- Butsch wurde er preußischer Ministerpräsident. Diesen Bosten hat Otto Braun mit furzer Unterbrechung bis vor wenigen Wochen bekleidet, wo er von den Bertretern der Rechtsparteien im preußischen Landtage mit Hilfe der 44 fommunistischen Stimmen gestürzt wurde. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß in dem heftigen Kampf gegen Brauns Führung in der preußischen Bolitik bie Gegner sich darauf beschränken mußten, feine Stellung zugunsten ber Interessen der defiglofen Bevölkerungsschicht anzugreifen. Sie