Für unsere Kinder 3 nicht verstanden haben würden, sie zu ge brauchen. Woher kam das erste Messer? Wenn du nun glaubst, daß es etwa so ausgesehen hat wie dein Taschenmesser oder wie das Käse messer, das dein Krämer auf dem Ladentisch liegen hat, dann irrst du dich sehr. Das ein fache Käsemesser des Krämers ist ja nicht eine Erfindung, sondern wieder ein ganzes Museum von Erfindungen für sich. Gerade wie der Mann, der die Lokomotive erfand, nicht»ine solch« Lokomotive erfunden hat, mit der wir heute oder morgen von Berlin   nach Paris   reisen können. Von der ersten Lokomo tive an, die zuerst über die Schienen kroch, ist jeder einzelne Teil immer und immer wie der verbessert worden. So auch an dem scheinbar so einfachen KSse- messer. Wir müssen in Gedanken schon den ganzen Weg, den die Erfinder vorwärts gingen, wieder rückwärts zu gehen versuchen, wenn wir wissen wollen, wie das erst« Messer ausge sehen hat. Also denk' dir erst den Stempel fort, der in die Klinge gepreßt ist. Der Mann, der das erste Messer geschmiedet, hat sicher nicht daran gedacht, seinen Namen in die Klinge zu pressen. Er hat vielleicht überhaupt noch keine Buch staben gekannt. Denk' dir ferner den Messing ring fort, der die Kling« von dem Heft« ab schließt und den Griff festpreßt. Einen solchen Ring hat das erste Messer nicht gehabt und ist doch ein Messer gewesen. Erst als man tausend Messer verbraucht und gar oftmals erlebt hatte, daß sich durch festen Druck der Griff von der Klinge nach und nach ablöste, erst da ist ein kluger Mann gekommen und hat gesagt: Halt! Ich hab's! Ich leg' einen Eisenring herum, der hält Griff und Messer untrennbar zusammen. Denk' dir auch den Griff ohne die beiden blanken Messingnieten, durch welche Klinge und Heft außerdem ver bunden sind. Bei dem ersten Messer hat man noch nicht ans Nieten gedacht, da hat man wohl einfach die Klinge zwischen ein paar Holzstücke ge klemmt und alle Teile recht fest mit einem Faden oder einer Tiersehne umwickelt, wie die Indianer das noch heute machen. Erst als die Menschen sich manche Quese an den Fingern geholt hatten vom festen Zupacken, erst da ist wohl ein Kluger auf den Gedanken gekommen, ein paar feste Nieten zu verwenden. Denk' dir aber auch vor allem die scharfe Spitze fort, und das Verhältnis der Länge zur Breite der Klinge mag früher auch ein anderes ge wesen sein. Denn es ist sicher nicht gleich zum Käseschueiden eingerichtet worden, und nicht etwa ein Krämer ist es gewesen, der es gebrauchte. Viel stumpfer und plumper mag es ausgesehen haben. Und glaub' auch nicht, daß die Klinge so fein glatt poltert und die Schneide so scharf gewesen ist. Und nun denk' dir vor allem den Griff fort. Das erste Messer war grifflos und wurde einfach an der klinge angepackt, und zwar so lange ist das Ge brauch gewesen, bis man in der eigenen Hand die Unbequemlichkeit deutlich merkte. Und dann denk' dir zum Schluß die nackte Klinge nicht aus Eisen, sondern aus Stein, aus Feuer stein. Und denk' dir dies Feuersteinmeffer recht rauh mit vielen unebenen Stellen, und du hast das erste Messer vor dir, das Messer, welches der wilde Mann vor mehr als zweitausend Jahren in den Urwäldern unserer Heimat ge brauchte, um dasFleisch derTiere, die er erbeutet, damit zu zerschneiden. Nein, zerschneiden darf ich nicht sagen, es muß heißen: dai Fleisch in rauhe Lappen auSewanderzuzerren. Aber woher weiß man denn, daß das erste Messer wirklich nur ein spitzer rauher Feuer stein gewesen ist, der mit einem anderen Steine kunstlos(oder muß ich sagen kunst voll?) zurecht geklopft wurde? Das sagt uns erstmal unser Verstand, und dann sagen es uns auch die Feuersteinmesser selbst, die man noch in unseren Tagen als Überbleibsel aus uralten Zeiten in den Mooren und Heiden und Hünengräbern findet. Sie sehen all« ein ander ähnlich: spitzige Steine, denen man noch deutlich ansieht, daß sie behauen sind. Und wer war nun der. Erfinder des Messers? Jener Wilde, der zuerst auf den Gedanken kam,«inen Feuerstein   mit Hilfe eines anderen zuzuhauen. Und nun zum Schluß bitte ich dich: Ver gleiche in Gedanken ein solches Feuerstein   messer mit diesem Kunstwerk hier im Schau fenster des Messerladens. Dann wirst du erst eine kleine Ahnung bekommen von derKunst", die es an diesem Prunkstück zu bewundern gilt. H. Scharrelmaun. Spruch. Immer strebe zum Ganzen, und kannst du selber kein Ganzes werden, Als ein dienendes Glied schließ' an ein Ganzes dich an. Schiller.