22 Für unsere Kinder Schnell und freudig erklärte sich die Frau bereit, und es kam auf einmal Leben in ihre müden Züge. Der Arzt erhob sich und blickte im Zimmer umher. Sie haben so viele Blumen," sagte er. und meine kleine Patientin hat Blumen so gern. Bringen Sie ihr doch einige mit!" Welche soll ich ihr bringen. Rosen, Nelken, Chrysanthemen?"Nein nein, die nicht," entgegnete der Arzt. Er stand jetzt vor dem kleinen Messingtisch und betrachtete das Gänseblümchen  . Dann sagte er:Einmal hat meine kleine Patientin mit ihrer Schule einen Ausflug gemacht. Das war das einzige Mal, wo sie auf dem Lande gewesen ist. Damals hat sie Gänse blümchen gepflückt, und sie spricht noch heute davon. Es würde ihr also gewiß am meisten Freude machen, wenn Sie ihr diesen Tops mit Gänseblümchen   mitbrächten." Die Frau war nachdenklich geworden.Auch ich habe einst Gänseblümchen   gepflückt," sprach sie leise; dann fügte sie rasch hinzu:Die kleine Kranke soll ihre Lieblingsblumen haben." An jenem Nachmittag wechselte unsere Treib hauspflanze noch einmal ihren Aufenthaltsort, und ach, wie groß war diesmal die Verände rung! Jetzt war sie der einzige Schmuck eines armseligen, kleinen Stübchens, dessen kahle Wände ebenso streng und kalt auf die einsame Pflanze herniederblickten wie der bleierne Winterhimmel, der durch das schmale Fenster hereinsah. In einem Winkeides Zimmers stand ein kleines Bett. Darin lag ein schmächtiges Kind mit einem zarten, bleichen Gesichlchen, das von goldblonden Locken umrahmt war; und aus dem bleichen Gesichtchen blickten ein Paar blauer Kinderaugen so liebevoll und dankbar zu dem Gänseblümchen   hinüber, daß dieses nicht bedauerte, seine frühere prächtige Umgebung mit diesem armseligen Quartier vertauscht zu haben. Ihrem Versprechen gelreu hatte Frau Melbach die kleine Kranke auf gesucht, und ohne zu sagen, wer sie sei oder woher sie käme, war sie wieder gegangen und hatte auf dem alten, wackeligen Tisch ein paar blanke Taler und den Gänseblümchenstock zurückgelassen. In dem anderen Zimmer der ärmlichen Wohnung stand des Kindes Mutter und wusch, wusch unaufhörlich, um ihres Mannes kärglichen Verdienst zu mehren, damit Arzt- und Apolhekerrechnungen und Speis« und Trank für das kranke Kind bezahlt werden konnten.(Schluß solgt.) Des Kaisers neue Kleider  . Mitrchen von Andersen. Vor vielen Jahren lebte einmal ein Kaiser, der so große Stücke auf hübsche neue Kleider hielt, daß er all sein Geld ausgab, um nur immer recht geputzt einherzugehen. Er küm merte sich nicht um seine Soldaten, kümmerte sich nicht um Theater und Waldpartien, außer wenn es galt, seine neuen Kleider zu zeigen. Für jede Tagesstunde hatte er einen besonderen Rock, und wie man von einem Könige sagt:Er befindet sich im Rat," so sagte man hier immer:Der Kaiser ist im Kleiderzimmer!" In der großen Stadt, in der er residierte, ging es sehr lustig zu; jeden Tag kamen dort viele Fremde an. Eine» Tages erschienen auch zwei Betrüger, welche sich für' Weber ausgaben und behaupteten, daß sie das schönste Zeug, das man sich denken könnte, zu weben verständen. Nicht allein wären die Farben und das Muster schon ungewöhnlich schön, sondern die Kleider, welche man von diesem Zeuge anfertigte, hätten auch die wunderbare Eigenschaft, daß sie jedem Menschen, der für seinen Beruf nicht taugte oder unerlaubt dumm wäre, unsichtbar blieben. Das wären ja herrliche Kleider!" dachte der Kaiser,wenn ich solche Röcke anhätte, könnte ich ja dahinter kommen, welche Männer in meinem Reiche zu dem Amte, das sie be kleiden, nicht taugen; ich könnte die Klugen von den Dummen scheiden! Ja, das Zeug muß gleich für mich gewebt werden!" Und er gab den beiden Betrügern ein reiches Hand geld, damit sie ihre Arbeit beginnen möchten. Sie stellten auch zwei Webstühle auf, stellten sich, als ob sie arbeiteten, halten aber nicht das geringste auf dem Stuhle. Im Verlangen waren sie jedoch nicht faul; sie begehrten die feinste Seide und das prächtigste Gold. Das steckten sie in die eigene Tasche und arbeiteten an den leere» Wedstühlen, und zwar bis tief in die Nacht hinein. Nun möchte ich doch wohl wissen, wie weit sie mit dem Zeuge sind!" dachte der Kaiser, aber es war ihm doch ein wenig bänglich um das Herz bei dem Gedanken, daß derjenige, welcher dumm oder für sein Amt schlecht ge eignet wäre, es nicht zu sehen vermöchte. Er glaubte zwar wohl, daß er seinetwegen nicht ängstlich zu sein brauchte, er zog es aber doch vor, erst einen anderen zu senden, um nach zusehen, wie es stände. Alle Leute in der