Für unsere Kinder
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ins Tal herabzutasten, in einen Abgrund ge-| Tannennadeln, seine armen Füße waren an fallen und bereits verendet? Auch Füchse oder den Ballen rot und geschwollen; auch eine die in den Klüften des Eiger nicht allzu sel- Bißwunde hatte es am Nacken, und so ab tenen Raubvögel konnten sich an das zu wirt gemagert sah es aus, daß wir sofort begriffen, samer Verteidigung wenig befähigte kleine Tier es habe seit Freitag bis Montag nichts mehr gewagt haben, deffen Stimme schon der Herold zu essen bekommen. Wir trockneten es ab, wir seiner Schwäche" war. gaben ihm Milch zu trinken, wir badeten es später und glätteten sein straubiges Fell, und bei alledem schien es uns viel, unendlich viel erzählen zu wollen, was es leider verschweigen mußte. Seither weiß ich, zum Teil durch direkte Mitteilungen von Gasthofbesitzern im Oberland, daß das Hündchen, ohne irgendwo sich greifen zu lassen, vom Eismeer bei Grindel wald den Weg längs der Eigerwand nach der Kleinen Scheidegg zurückgelaufen ist, von dort über die Wengernalp nach Lauterbrunnen , dann die Straße hinab über Unspunnen an den Thuner See , weiter längs dem See die vielen Stunden bis Thun und von dort noch gute fünf Stunden nach Bern .
Unter solchen Zweifeln stieg ich am Gebirge empor, diesmal auf der Seite des Gletschers, wo ich gestern den Hund verlassen hatte. Mein Rufen war umsonst. Bis zu jener legten Felswand drang ich vor, wo er noch nachts geweilt hatte. Kein Bellen, kein Winseln antwortete mir. Hier also konnte der Hund nicht mehr weilen. Somit fehrte ich eine Strecke zurück und stieg nun auf der anderen Seite des Gletschers wieder bis zu dem kleinen Wirtshause zur Bäreck" empor, wo ich in der Mittagsstunde anlangte. Die Leute daselbst versicherten mich, sie hätten einen Hund in der Nacht heulen hören bis gegen Morgen um vier Uhr, dann nicht mehr.
In gedrüdter Stimmung trat ich den Rückweg an, immerhin nicht unempfänglich für all den unbeschreiblichen Glanz der mich umgebenden herrlichen Hochgebirgswelt und oft mich auch leiblich erquickend an den eiskalten Wässer chen, die da und dort dem Felsgestein entspringen. Den späten Nachmittag und Abend verbrachte ich noch mit Suchen am oberen Grindelwaldgletscher und mit Ausschreiben meines Tieres durch Zeitungsinserate und durch Postkarten an mir bekannte Gastwirte.
Anderen Tages tehrte ich nach Bern zurück, zu Fuß von Grindelwald bis an den Spiegel des Thuner Sees, von dort aus mit Dampfschiff und Eisenbahn. Eine fleine Hoffnung lebte noch in mir, ich würde zu Hause den Hund antreffen, der am Ende allein den Heimweg mochte angetreten haben. Personen, denen ich davon sprach, lachten mich aus.„ Ein so fleines Tier! Wo denten Sie hin?" Wirklich war er auch nicht da, und meine Hausgenossen teilten meine Betrübnis.
Da am Morgen bald nach sechs Uhr welcher Schrei ertönt vor der die Wohnung absperrenden Glastür? Und ein Stoßen, Poltern, Krazen! Alle liefen wir auf den Flur des Hauses, so wie wir eben aus dem Bette kamen. Schnell die Tür auf! Ah! Wahrhaftig er ist's!
Ich kann diese Mitteilung mit der erfreu lichen Meldung beschließen, daß schon nach zwei Tagen mein Hündchen sich vollständig erholt hat. Verschiedene Blätter haben seiner Leistung Erwähnung getan; auch find ihm persönlich" einige Gratulationstarten zugesendet worden, ohne daß sein Charakter durch so viel allseitig ihm gespendetes Lob im geringsten wäre verdorben worden.*
Meeresstrand.
Ans Haff nun fliegt die Möwe, Und Dämmrung bricht herein; über die feuchten Watten Spiegelt der Abendschein.
Graues Geflügel huschet Neben dem Wasser her; Wie Träume liegen die Inseln Im Nebel auf dem Meer.
Ich höre des gärenden Schlammes Geheimnisvollen Ton, Einsames VogelrufenSo war es immer schon.
Noch einmal schauert leise Und schweiget dann der Wind; Vernehmlich werden die Stimmen, Die über der Tiefe sind.
Mit einem zweiten Schrei sprang das gute Tier in unsere Mitte, uns alle gleichsam auf einmal begrüßend. Dann sant es hin. Es war durch und durch naß, da in der Nacht starker Regen gefallen war; sein Belzchen steckte voll feld, Hubers Verlag.