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Teilung des Sanftes erleichterte. Das älteste Klagegedicht hat vielleicht der Schwabe S ch u b a r t, der nachmals für seine Federtaten auf dem Hohenasperg   büßte, geschrieben. Den Hinweis auf die Russengefahr, die für Deutschland   in dem Weichselreich erwachsen könne, hatte IVO Jahre früher schon L e i b n i z getan, als er durch eine Flugschrift(1669) hinter trieb, daß der polnische Thron in russische   Hände käme Dieser politische Gesichtspunkt bleibt, und er steigerte natür (ich bei dem Verlauf, den die polnischen Dinge nahmen, den Ton der Teilnahme an dem Vergehen wider Recht und Wahr heit, der in den Zeiten der großen französischen   Revolution und während der Befreiungskämpfe Kosciuszkos auch in lyrischem Gedicht hervorbrach. Nur ist dies Motiv im Liede nicht unverblümt ausgesprochen, was bei der Stellung der deutschen   Mächte zu der polnischen Zertrümmerung nicht Wunder nimmt. Man war demgegenüber noch 1842 recht empfindlich, als Hoffmann von Fallersleben   im zweiten Teil seinerUnpolitischen Lieder" die Anspielung wagte:T«nn es gibt noch manches Polen  , wo man Teilung hofft." S i m r o<k wurde 183V vom Staatsdienst ausgeschlossen wegen eines Gedichtes, in dem es hieß:.Mit Polens   Teilung hat's begonnen, mit Deutschland   endet sich der Tanz." Aber das Wichtigste in der Entwickelung des deutschen   Polenliedes ist, daß die Spitze gegen die Russew gefahr schließlich mit heftiger Schärfe vorgezückt wird. An den Polenliedern läßt sich also ein Wachsen der politischen Reife deutscher Bürgerlichkeit feststellen. Einmal ein Umsichgreifen des Freiheitsgedankens und dann ein Klären der Aufgaben, die auf dem Weg zu diesem Ziele liegen. Die deutsche Bürgcrklaffe steckt um 183O politisch noch im Dämmer zustand. Ihr Einstehen für Recht und Freiheit ist alles in allem noch, was die Masse anbelangt, nur eine Angelegenheit des Gefühls. Fäusteballen und Rührscligkcit gehen Hand in Hand. Bezeichnend ist die ungeheuer weite Verbreitung der Kosciuszko-Lieder H o l t e i sDenkst du daran, mein tapster Lagienka" undFordre niemand, mein Schicksal zu hören" die vom Berliner   Königstädter Theater aus ganz Deutschland   eroberten. Ehe der Polenaufstand von 1831 alles Freiheitswünschen und dann allen Gram der Bedrückten auf sich sammelte, hatten die bürgerlichen Herren anderen Völkern und Kämpfen für Selbständigkeit gehört. Nun brachte der Aufstand mit seiner örtlichen Nähe, mit den erschütternden persönlichen Berührungen nach dem Zusammenbruch eine natürliche Steigerung der Gefühle. Anastasius Grün   sang damals aus das politische Lied, denDonner, der Felsen herzen spaltet", einen hinreißenden Hymnus, der die Bewe gung um diearme, gemordete Polonia" als eine neue Masche an das jahrtausendalte Gewebe der Kämpfe gegen Knechtschaft knüpfte: Du schwebst wie ffalmen und Adler den Heeren rauschend vor: Lcit Weber und Tynäos, Nougel und Arndt im Eberl Ca ,Qa iral* die Klänge aus Beiangers Verlieh I .Noch ist Polen nicht verloren I"Der Gott  , der Eisen wachsen lieh I" In diesem freiheitsehnenden Aufwallen der Polendichtung üben die besten deutschen   Dichterkräfte mitgetönt. Groß ist ire Zahl Lenau.Chamisso  , Schwab. Uhland, > e b b e l stehen mit Moser, Zedlitz  , Marbach  , H e r l o ß s o h n. Büchner in Reih und Glied. Und mit hnen die mächtigen Stimmen Grillparzers und Platens. Verehrung, Trauer, Anfeuerung, Hoffnung geben den Massen vor und über ihn empor steigen Strophen, in denen politischer Verstand, der tiefer nachgedacht hat, Forderungen stellt. Die spitze kehrt sich gegen die Heilige Allianz  , die das Polenland an ihren Hort Rußland   auslieferte. Grillparzers großes Gedicht luf den Fall Warschaus   wendet sich an Frankreich  , England, Oesterreich. Preußen. Seine Verse haben unvergängliche Wucht. Freiheitsverrat wird Frankreich   vorgeworfen:Auf Polens   Flur erschlägt man Frankreichs   Kinder, in Warschaus  Regiment, und mst entblößtem Haupte schritt Rabenrus hinter ihm her und merkte nicht, daß Bengt schon tot war. Ich werde dafür sorgen, daß Du ein sauberes weißes Hemd bekommst. Du weißt, daß der König sich nicht für mehr als den geringsten Soldaten achtet, und so will auch er der- einst liegen." » Die ErzählungEin sauberes weißes Hemd" von Werner von Heiden st am, dem eben durch den Nobelpreis ausgezeich» neten schwedischen Dichter, ist seinem Buche:.Karl der Zwölfte und seine Krieger" entnommen. Die deutsche  Uebersetzung in zwei Bänden erschien vor kurzem bei A. Langen, München  , wie früher der andere große Zyklus Heidenstams aus der schwedischen Geschichte:Die Schweden und ihre Häuptlinge Das Buch gibt mit den höchsten Mitteln erzählender Kunst lebenS  - volle Ausschnitte aus der wirklich abenteuerlichen Vergangenheit des schwedischen Volkes. Wir versprechen unS so viel von den Erleucktungen, die uns auf allen Gebieten nach diesem großen Krieg« geschenkt werden. Aber ist es nicht wahrscheinlicher, dah. wenigstens in den ersten Friedensjahren, nur diejenigen Fbeen Ansehen genießen werde«, die schon im K»iege sich einen Platz in den Gemütern errangen und Teil hatten an dem heutigen Schwung und der Erhebung der Geister? Sprechen wir also heute schon von einer Einheit der kämpfenden Nationen durch die letzten Güter der Menschheit. Denn wir müffen ste dieser Feuerprobe der Beuneilnng unterwerfe«, gerade inmitten der gegenwärtigen äußersten Not und Anspannung, (Annette Kolb  , Briefe einer Deutsch> Französin Verlag von Erich Reiß  , Berlin  .) Das Leben der Bosheit und des Elendes ist vergänglich und dem Tode geweiht! Bewundernd blickt die lebendige Wtlt zu dem gesegneten Lande der frohen Hoffnung auf und träumt von der Erfüllung ihres Sehnens, und sieht ihr verklärtes Bild in dem eigenen voll- kommens» Werk. Das Leid scheint nur da zu sein, um in unseren Seelen um so heißere Sehnsucht, um so schönere Träume zu wecken. Aus diesem Sehnen und Träumen aber ersteht eine unermeßliche Kraft, die dem siech gewordenen Leben immer schönere Gestalten verleiht, denn aus der Sehnsucht heraus und aus den Träumen wächst die schaffende Tat. Wie schön ist das Leben in jener Welt I (Adotf Dygafiwski, Lebenssteuden.) Angeln flirrt die Pforte von Paris  .' Für Englands Krämer- geist fällt das Wort:Der Wollsack eurer Freiheit Hoch- altar." Die Schlußstrophen faffen zusammen: Umsonst I Sie hören nicht, find nicht zu retten, Die Niederung vermählt fich gern dem Sumpf... Derrussische   Triumph" wirdin goldenen Ketten" gut- geheißen. Dieser Angriff auf das Zarenreich, das Bemühen, die deutsche Politik zur Umkehr zu bringen, ist Kern und Mark der Polengedichte Platens. Sie haben die Tragödie des Weichsellandes am gewaltigsten gepackt. In allen Tönen bricht die Empörung zutage. In unvergleichlicher Größe. Die Gedichte wurden damals nur wenigen bekannt, nur Hand- schriftlich. Aber welche geschichtliche Bedeutung ihnen zu- kommt, sagt Platens Forderung eines Bündnisses von Deutsch  - land und Frankreich  . An Preußen insbesondere wendet er sich, mit ernsten Anreden, die wie edelgemeißelte Bauwerke ragen. Und dann wieder mit beizendem Hohn: Wer mit Frankreich abgeschloffe» Einen Bund, begeht Verrat; Doch Kirgisen als Genosien Wählen, welche deutsche TatI Platens Einfluß auf die deutsche politische Dichtung der Folgezeit, der vierziger Jahre, steht fest. Herwegh  , Dingel- st e d t, Moritz Hartmann, Prutz   haben ihn un- verkennbar in der Form. Allen ist er aber auch Vorläufer in der sachlichen Deutlichkeit des Angriffs. Auch der neue politisch-lyrische Gipfel Freiligrath   zeugt davon. Wenn diese Dichter von Polen   und dem Zaren sprechen, so fühlt man, daß sie Platens politischen Gedanken weiterspinnen. Das blindschwärmende Verehren von Polenkämpfern, die nichts mehr besagen konnte, fing an, Spottlicder zu zeitigen. Heine schrieb seine berühmte Parodie und Hebbel   hat eine Spottballade gedichtet, die den Freiheitssinn des Sckflachzizen satirisch beleuchtete. Die Polensache forderte jetzt andere Töne, schärfer blitzende Pfeile, weitere Ziele. Der letzte deutsche Dichter, der den demokratischen Standpunkt in einem Polen  - gedicht von Wert ausdrückte, ist Adolf Strodtmann   ge- wesen: mit den StrophenFür Polen  ", die an den Aufstand von 1863 anknüpften. Er sprach aus, daß die Freiheit Polens  abhänge von der Freiheit der Welt, und sein Gedicht hat unter dem Einfluß der Kundgebung gestanden, die von Ver- tretern der Arbeiterschaft aller Länder in der Londoner   Martins- hall veranstaltet worden war. Der deutsche Stil. Von Robert Breuer. Reiche vergehen; ein guter VerS bleibt. Wilhelm v. Humboldt  . Den internationalen Ausstellungen hat der Krieg eine Pause befohlen. Das Problem der Weltausstellungen, das den Industriellen und den Diplomaten gleichmäßig Kopfzerbrechen gemacht hat, ist durch das Schwert des Krieges nach dem Beispiel des berühmten Knotens gelöst worden. Trotz der Schnellebigkeit unserer Zeit und trotz der Notwendigkeit des internationalen Zujammenarbeitens der Technik und der Chemie werden wohl doch tausend Tage und mehr vergehen, ehe nach dem Läuten der Friedensglocksn die Völker neu zusammen strömen, um auf einem großen, verlockend zugerichteten Markt ein- ander ihre Waren anzupreisen. Solche Ruhepause ist nicht erntnal zu beklagen. ES wird der friedliche Wettstreit der Völker, zu dem es nach der gewaltigen kriegerischen Umwälzung wieder kommen wird und kommen muß, gebührend vorbereitet werden; es werden die Nationen, von oen gegenseitig geschlagenen Wunden geheilt,'hre Eigenarten in Ruhe entwickeln, um sie schließlich, wenn eine ge- wisse Reife eintrat, neu aneinander zn meffen. Doch das ist Zu- kunftshoffen; zunächst werden wir unS während einiger Jahre mit Landesausstellungen zu begnügen haben, und auch für diese müffen erst in friedlichen Tage» die Kräfte frisch gesammelt werden. Dar- auf kommt es an. Möchte Deutschland   die Macht, die ihm ein ge- rechtes Schicksal nach den Schlachten zugewiesen haben wird, recht zu nutzen wissen. Möchten ihm die Niederungen jener berüchtigten Gründerjohr« nach Siebzig erspart bleiben, die Abgründe der Ge- schmacklosigkeit, in die eS damals hinabfiel, das faule Protzentum einer dumpfen Genußsucht und die gedankenlose Nachahmung all des Gewaltigen, was die Väter geleistet hatten. Ilm   die Eni Wickelung der deutschen   Leistungsfähigkeit in die rechten Bahnen zu zwingen, wird man nicht früh genug alle Schaffenden auffordern müssen, nachzudenken: auf welchem Wege die deutsche Arbeit vor Ausbruch de» Krieges gewesen ist, und welches Ziel notwendig auch nach dem Frieden wieder erstrebt werden muß. Wir wollen solche Betrachtung an den Gebieten der Architektur, in dem llmfange,� wie MuihestuS sie faßt vom Sofakissen bis zum Städtebau, vollziehen. Wir besinnen ums: als die Soldaten zu marschieren begannen. war Deutschland   gerade dabei, der Welt den deutschen   Stil, das heißt den in Stein, in Holz, GlaS oder Webfaser Form gewordenen Ausdruck für die uns angeboren« und anerzogen« Eigenart auf dem Forum der Völker vorzustellen. Deutschland   hatte sich von der Tyrannei der französischen   Mode befreit und war enischtossen, den Engländern den Ruf der höchsten Leffwngsfähigkeit streitig zu machen. Die schöne Qualitätsarbeit war das Ideal der deutscheu Produktion geworden. Es sollten die Deutschen   nicht nur den Aberglauben an die Unerreichbarkeit-des Pariser   Schicks verlernen, sie sollten endlich selbstbewußt genug werden, die deutsche Form in der Welt durchzusetzen. Zwar hat es nicht an Phlegmatikern gefehlt, die mit falscher Beharrung(und sogenannter klassischer Bildung) die Ludwigstile, auch die italienische Renaissance oder das englische Chippendale für endgültig und damit für unantastbar er- klärten; diese Schwachherzen glauben wohl an die Militärmacht, aber nicht an die Kulturmissio» Deutschlands  . Wir anderen aber, die wir mit Wilhelm von Humboldt   wissen, daß Reiche vergehen, daß aber ein guter Vers bleibt, haben uns durch die Genügsamkeit der Abschreiber(auch wenn sie Hoflieferanten waren) nicht stören lassen: wir haben unser Bestes daran gesetzt, den deutschen   Stil zu fördern und zu klären. Unsere Arbeit ist nicht vergeblich ge- wesen. Unsere Erfolge waren so bedeutend, daß die bisherigen Herren der Zivilisation, die Franzosen   und die Engländer, bereits stutzig wurden. Selbst wenn wir die Dinge, um die es sich hier handelt, nicht überschätzen, so dürfte es doch wrchl zutreffen, wenn behauptet wird, daß die bedeutsame Entwickelung der deutschen  Architektur und des deutschen   Kunstgewerbes nicht gerade dazu half, uns das Wohlwollen der in ihren absoluten Ansprüchen be- drohten Herren von Paris   und London   zu gewinnen. Es war kein Zufall, daß die Pariser   seit der Weltausstellung von Brüssel eine große Revanche planten; in Paris   mußte man Witterung davon bekommen haben, daß die Deutschen   mit Leidenschaft bestrebt waren, langsam, aber sicher das Zentrum der internationalen Kultur von der Seine an die Spree und die Isar zu verlegen. Seit Brüssel. Man tut gut, fich gerade in diesen kriegerischen Tagen auf die Weltausstellung des Jahres 1910 zu besinnen. Die Sachlage war damals ungefähr diese: Frankreich   war daher ge- kommen mit der großen Geste dessen, der seit Jahrhunderten den guten Geschmack kommandiert, nach dessen Modepfeise die Welt tanzt, und dessen Qualität unantastbar ist. Es kam so, wie es schon vor zwanzig Jahren gekommen war. Auch England schickte seinen alten guten Ruf, seine gesicherte Kultur und seine bewährte Ueber- lieserung ins Treffen. Es hatte sich nicht bemüht, für Brüssel   etwas Außergewöhnliches und Neues zu machen; es zeigte Webwaren, die wir schon seit zwanzig Jahren kannten, Keramiken, die unS nach Wesen und Erscheinungen wohl vertraut waren, Bücher, die wir seit langem als mustergültig verehrten. Es zeigte keine Novi- täten. Man gewann den Eindruck, daß die einzelnen Firmen ihr Lagerbuch aufgeschlagen und danach das Beste, das Bewährte, das Gewohnte nach Brüssel   geschickt hatten. Man stand vor einer kompakten Vollkommenheit, vor einer unbeirrbaren Sicherheit des Schaffens und vor einem unerschütterlichen Selbstbewußtsein. Das alte England, der Kolonisator der Welt, hatte sich nicht um das bekümmert, was die übrigen Völker bringen würden, es wußte, -daß es in jedem Fall bestehen mutzte. Und es hat recht behalten. Indessen, die neue Sonne, die in Brüssel   aufging, die Sonne Deutschlands  , brannte es dennoch. Es erhob sich die Idee und ver- kündete«inen Tag, da die gesichertste aller Traditionen tönerne Füße bekommen wird. Deutschland   zog nach Brüssel   unter der Flagge einer Idee. Es kam, um den VAkern darzustellen, wonach die Besten der Nation Ausschan hielten. Deutschland   wollte nicht sein Niveau zeigen, nicht das, was für die breiten Massen sowohl der Wohlhabenden wie der Besitzlosen noch das Gewohnte war. Deutschland   zeigte, was als eine Aufregung, als eine neue Bewegung in den Kreisen der Intelligenz und, der Künstler, bei weitblickenden Fabrikanten und ziekbewußten Handwerkern eben erst sich bemerkbar gemacht hatte. Das war gewiß nicht gefahrlos; das verhieß aber die AnS- ficht, von heute auf morgen die Aufmerksamkeit einer ganzen Welt auf sich zu lenken und über Nacht aus einem bedauerten Dorn- röschen zu einem fast gesürchteten Pionier zu werden. Das war es -denn auch, was Deutschland   in Brüssel   gelang. Wer sich Mühe gab, während der Ausstellung aus die Völker zu achten, der fand, daß sie stutzig wurden. Sie begriffen nicht, wie es gekommen war, 'daß da plötzlich eine neue Architektur, eine neue Raumkunst, ein neues Kunstgewerbe wuchsen und beinahe schon blühten. Deutsch- lands draufgängerisches Bekenntnis von dem, was es eben selber erst errang, brachte ihm damals die Achtung aller Wohlwollenden und das bestürzte Mißtrauen derer, die niemals an solch eine©> fährdung der französischen   nnd englischen Vorherrschaft auf den Gebieten der Kunst und des Luxus, des Komforts und des guten Ge- schmacks, der Architektur und des Kunstgewerbes hatten glauben mögen. Es begab sich, daß in den Brüsseler Zeitungen Urteile zu lesen waren, wie dieses:Jeder Tag drängt die Deutschen   weiter vor- wäris, sie befreien sich von der Konvention, sie übergeben sich dem Leben mit einer Art Trunkenheit und einem siegesgewissen Taumel. Jedenfalls: sie marschieren und mühen sich, mit dem neuen Geist alle Phasen des Daseins zu durchtränken.... Wenn man durch diese Säle und Zimmer spaziert, steht man mitten in Deutschland  . Die Architektur, die Möbel, die Fensterverkleidungen, die Fußböden, jegliches Schmuckiverk, alles das Hilst ein Milieu, einen Raum schaffen, einen Raum, in dem eine Atmosphäre herrsch!, die sich aus Bätergesinnung und kühnem Pionierwillen glücklich mischt." Solchen beflügelten Worten folgte später mehr oder weniger Herde Abwehr; die Architektur der weißen Kürassiere wurde schwer und düster gescholten. Indessen, es will beachtet sein, daß während der Ausstellungszeit in Brüssel   das kostbarste Haus, das dort wohl jemals für einen Privatmann errichtet worden ist, ge- fördert und baid darauf auch ferttggcstellt wurde das HauS Stockt, das der Wiener Joses Hoffmann gebaut hat. Erinnert man sich gleichzeitig daran, daß 1913 der Belgier van de Velde, der lang« zuvor nach Deutschland   auswandern mußte, um die neu- geborene Linie der Gotik fruchtbar zu machen, in Paris   gehindert wurde, das Theater, an dem er dort arbeitete, zu vollenden, so wittert man einiges von der Krise, die durch daS Selbständig  - werden der Deutschen   den bisherigen Verwesern des guten Ge­schmacks und des Luxus, der Kunst und des Lebenstils beschert worden ist. Wir wollen gewiß nicht undankbar sein. Wir haben manches von Frankreich   gelernt, und England ist uns in vielem ein Vor- bild gewesen. Die deutsche   Malerei von Leibi bis Liebermann wäre ohne die großen Franzosen, ohne Courbet   und Manet  , kaum denkbar. Ohne das englische Landhaus würde uns vielleicht noch heute der Schrecken der VillaBurgfrieden" beschieden sein. Solche Andeutungen genügen, um uns in Erinnerung zu bringen, wie mannigfach und wie tief die Einflüsse waren, die aus Frankreich  und England zu uns überströmten. Wir haben sie zu nutzen ge- wüßt. Wir haben uns auch hierin als das Volk- der Uebersetzer bewährt. Dann aber sind wir selbständig geworden und sind in nicht wenigen Dingen über unsere Lehrmeister hinausgewachsen. Es hebt sich das Niveau; es regen sich aber auch so viel Einzelkräfte, so viele eigen geartete Begabungen, daß selbst dann, wenn ein augenblickliches Stocken zugegeben werden müßte, man ein Versiegen nicht zu befürchten brauchte. Wo ist das Volk, unter dessen Architekten, Fabrikanten und Handwerkern soviel Persönlichkeiten ragen, deren jede etwas anderes vollbringt, und die doch gemeinsam das gkiche wollen den Stil der selbständig gewordenen und vorwärts drängenden Nation? Die Kölner   Ausstellung sah die Armeen über den Rhein   ziehen; an« ihren Hallen wurden die Möbel, die Webstoffe, die Metall- arbeiten, die Gläser, die Keramiken, die Bücher, die Goldw-aren entfernt. Jetzt rasten dort Ersatztruppen, ruhen Verwundete. Der Krieg tobt. Die schönen Mnste schweigen. Der militärische Sieg reist. Er würde keinen Sieg des Deutschtums bedeuten, wenn nicht schon heute alle dazu berufenen Kräfte jeden Augenblick nutzten, uie!>r den« je an der Hebung der deutschen   Arbeit und damit an der Reinigung und Gründung des deutschen   Stils zu wirken. Reiche vergehen, ein Vers bleibt. Das Möbel der Ludwige übte seine Gewalt noch Jahrhunderte nach dem Tode des letzten der langen Reihe. Jetzt kommt es darauf an, eine deutsche  Architektur vom Sofakiffen bis zum Städtebau zu erringen, die dauernd von deutscher Gestaltungskraft zeugen kann. Parteigenossen! Werbt in Bskanntenkreiisen für Euer Blatt, den Vorwärts"