Die neuen Crispine. vie a l t« n Psasseo, die iafz ich in Roh, Die stahlen doch noch den Reichen dos Leder Und stickten den Urnien damit die Schuh. Doch mit den heut'gen bleibt mir zu Haus, Ob auf der Renzel, ob aus dem Katheder. Ein umgekehrter Erispin ist ein Zeder: Zwar haben sie uicht verlernt das Vemaus— Doch stehlen sie jetzt den A r m e n da» Leder Uud macheu den Reichen Schuh« daraus. Ludwig Psau.
Haushalt und Preisrevolution. Schon seit dem letzten Sdegsjahre, als Lebensmittel und rationierte Bcdarssartikel, wie Kleidung und Schuhe, immer knapper wurden und der Schleichhandel ständig weiter um sich grifs, spurt die chaussrau am eigenen Leibe an der verteuerte» Lebenshaltung die Erscheinung, die man volkswirtschaftlich als Preisrevo- l u t i o n zu bezeichnen pflegt. Alle Warenpreis« steigen, manchmal langsam, hier und da sogar unter Rückschlägen, zeitweilig aber sprunghaft und unaufhaltsam. Da die Lebenshaltungskosten sich in letzter Zeit etwa aus das Zwölfsache der Vorkriegszeit erhöht haben, Löhne und Gehälter aber nirgends mehr als aus das Acht- fache gestiegen sind— meistens noch viel weniger—, spiegelt sich in diesen Zahlen das wirtschaftliche Elend, in dem heute die weitaus Überwiegende Mehrzahl des Volkes lebt. Das Wirtschaftsgeld der Hausfrau reicht bei Arbeitern und Festbesoldeten meist kaum aus, um den dringendsten Lebensbedarf einzukaufen. Ein Ersatz der nötigsten Kleidung und Wäsche kommt für viel« gar nicht, für viele nur in geringem Umfange in Frage. Ziehen aber die Preise wieder scharf an, so werden Lohnbewegungen nötig, um von den Unter- nehmcrn eine Ausbesserung der Löhne und Gehälter zu erreichen. Sellen haben sie sofort Erfolg. Es treten Lohnkömpse ein, die Tage und Wochen gänzlichen Lohnaussall bringen. Selbst wo kein Streit ausbricht, wie oft bei Angestellten und Beamten, wird die Lohnaus- besserung so lange hinausgezögert, daß«in Teil von ihr schon ver- zehrt ist, ehe sie ausgezahlt wird. So liegen die Dinge heute. Dabei ist es n u r ein Ausschnitl au« dem Bild des Elends. Zu bitterster Not kommt es. wenn, wie ein letzter Zeit, an- statt der nöttgen Lohnausbeflerungen noch eine Verkürzung der Arbeitszeit eintritt, weil die Industrie nicht mehr genügend Beschäfti- gung bietet. Hunger und Krankheit, Sorg« und Unzufriedenheit reißen dann überall ein. Das, was der Einzelhaushalt so zu spüren dekomint, wird auch von' der Wirtschaftssorschung an Hand von Zahlen dauernd beob- achtet. Die Großhandelspreise der wichtigsten Waren sind nach einwandfreien Berechnungen von Mitte 1914 bis End« 1920 auf das Fünfzehnfach« ge st legen. Im Großhandel kann man also sagen, ist heut« für eine Mark nur noch soviel zu kaufen, wie man vor dem Kriege für S Pfennige kaufen konnte. Wenn wir oben feststellten, daß die Lebenshalwng nicht in demselben Um- fange gesunken ist. in dem man heute für ein« Mark noch soviel bekonunt, wie vor dem Kriege für S bis 9 Pfennige, so liegt das vor allem daran, daß durch die Mieterschutzgesetzqebung, einem unbestrittenen Verdienst der Sozialdemokratie, die Mietpreis« sich nicht so stark aufwärts bewegt haben. Lei ollen diesen Angaben handelt es sich ja um Durchschnittsberechnungen. So sind die Miel- preise nur auf das ILYfach« des Friedenspreises gestiegen, während die übrigen Waren im allgemeinen das 10- bis ZSZache des Dor- friedenspreises tosten. Diese Entwertung des Geld«« wird von d«r reaktionären Pro» paganda gern der„roten Regierung" in di« Schuh « geschoben. Man verschweigt dabei die Hauptsache, nämlich, daß die Zunahme des Papiergeldes und das Anwachsen der Staatsschulden eine Folge des verlorenen Krieges ist, den die Deutschnationalen und die Dolksparteiler gewollt und nicht rechtzeitig durch»inen Ver- ständigungsftieden abgebrochen haben. Aber nehmen wir selbst einmal an, daß die Redensarten, die die Rechtsparteien vor der R e i ch s t a g» w a h l im Wahlkampf so gern gebrauchten, wahr wären: damals oersprach man ja, mit dem«roten Unfug" sobald als möglich aufzuräumen und dem Wucher mll noch größerem Rachdruck entgegenzutreten. Dafür ist die bürgerliche Regierung, die seit den Reichstags- wählen am Ruder ist, den Beweis schuldig geblieben. Die preise sind dauernd weiter gestiegen. Der Ernährungsminister in der bürgerlichen Koalitionsregierung Hermes hat ein Gebiet nach dem anderen von den„Ketten der Zwangswirtschaft" befreit. Der Erfolg war, daß zwar die K a r t e n s o r t s i e l e n, daß aber die preise scharf in die höhe gingen. Jetzt sorgten die hohen Preise schärfer als vorher die Rationierungsvor
schriften dafür, daß keiner zuviel Fleisch aß. der nicht übe, die genügenden Geldmittel vv fügte. Di« Kartoffeln sind im Laufe des Jahres aus dos Doppelte und Dreifache gestiegen, dabei ist ihr« Qualität auch nicht besser als zur Zeit der Zwangswirtschaft. Der Statistiker Dr. Kuczynski hat dt« Preisoeränderungen gegenüber dem Dorkriegsstond sorgfältig verzeichnet. Seinen Angaben ent- nehmen wir folgende Ziffern: Wenn der Preis einer War« vor dem Sviege gleich 1 gesetzt wird, so kosteten Brot Zucker Butte» Sa» Milch April 1920... 5% 8 12 8 0 Dezember 1920.. 10 19 14 10 9 Margarine Kortoffeln Schmalz Brikett» April 1920.... 12 14 28 14 Dezember 1920.. 1« 22 30 12 Dies« Gegenüberstellung ergibt also, in welchem Maß« sich die einzelnen Waren im Kleinhandel gegen den Friedenrstand verteuert haben. „ Brot kostet heut« zehnmal soviel wie in Friedenszeiten, Zucker ISmal, Kartoffeln L2nial soviel. Wie sich die Gesamtlebenshaltung im letzten Jahre verteuert hat, dafür einige Zahlen: Die amtlich« deutsch « T e u« r u n g s st a t i st i k, die die Lag« sicherlich eher viel zu rosig als zu schlecht darstellt und die dabei in eineni starken Gegensatz zu den erheblich ungünstigeren Ergeb» nissen der Statistiker Richard Calwer und Dr. Kuczynski steht, gibt an, daß die monatlichen Lebenshaltungskosten einer f ü n f k ö p f i» gen Familie in Berlin von 1913/14 bis zum Februar 1920 von 104 auf 848 211. gestiegen sind. Dann folgt weiter ein« starke Etei- gerung, die zeitweilig von Rückschlägen unterbrochen wurde. Im Dezember 1920 ober erreicht die Prcisrevohttion ihren Höhepunkt mit 9S4 Zll.l In Hamburg , Essen, Lachen, Hagen i. W., Solingen stellt« sich der Lebensunterhalt sogar auf mehr als 1000 M., wobei sestzuhalten Ist, daß diese Städte von der Preisrevolution schon früher viel schärfer ersaßt waren und daß die Preise im Durchschnitt in einigen dieser Orte sogar schon zurückgegangen sind. Daraus kann man die Not der Bergarbeiter ermessen, aus deren Schultern die Zukunft unseres wirtschaftlichen und nationalen Gedeihens ruht und in deren Wohnsitzen die Teuerung am schärfsten zum Aus- druck kam. Daß di« Bewegung der Preis« sich nicht auf die Großstädte allein beschränkt, beioeist die Talsache, daß im Durchschnitt des ganzen Reiches nach den Erhebungen von 800 Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern die Lebenshaltungskosten einer fünf- köpfigen Familie nach der amtlichen Statistik von 837 M. im Fe» bruar auf 752 M. im Mörz und auf 949 M. im Dezember gestiegen sind. Die Angaben zeigen, daß unter der Wirtschast der rein bürger» lichen Regierung di« preis« weiter vvaufhallsam nach oben gegangen sind. Die Preise für inländisches Getreide sowohl wie für Kohle, für Kali und damit auch für andere landwirtschaftliche und industriell« Produkte des Inlandes werden heraufgesetzt. Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft beabsichtigt bereit» die neuen «vetrddepreise um volle 40 pro;, in die höhe zu setzen, so daß sich ein Brot in Berlin aus etwa 7 M. stellen müßte. Es drohen also neue Berteuerungen des gesamten Lebens- bedarfes, auch der Kohlen! Während die kozialdemokratt« immer bemüht gewesen ist, durch Preiskontrolle, behördliche Bewirtschaftung und andere Maßnahmen wenigsten» den Minderbemittelten einen Schutz vor hohen Preisen zu gewähren, läßt die bürgerlich« Regierung die Zügel schießen. Und das ist jetzt um so gefährlicher, als die Arkxikslofigkeit in erschreckendem Maß« zugenommen hat und die Kurzarbeit In der Industrie«her dl« Negel als di« Aus- nehme Ist. Es liegt also Im Interesse jeder Wählerin, dieser B e g ü n st t- gung der Agrarier und de« Kapitals entgegenzutreten. Das ist aber nur möglich, wenn man bei der Preußenwohl am 80. Februar«iner Partei die Stimme gibt, di« volles Berständnis für die Not des Hand- und kopfarbeitenden Proletariats hat und die durch zielbewußte Mitarbeit an der Regierung die Preisschraub« zum Anhalten zu bringen sucht. So hat der preußische Minister- Präsident Braun seine bekannten Vorschläge gemacht, die Getreide- erzeugung zu verbilligen durch eine Sozialtsierung der Stick- stofsindustrie. So setzt sich die Sozialdemokratisch« Partei«in sür eine Sozialisierung der Kohle« und Kaliproduk- tion, um die Bodenschätze der Profitsucht des Großkapitals z» entringen. Es liegt also im Interesse der Wähleruw»«, daß di« Sozial- demokratie in Preußen wie später im Reiche zur Herrschaft kommt. Denkt daran am 20� Februars