Nummer 3
23.Januar 1921
Die Wählerin
Blätter zum Wahlkampf in Preußen
Denk daran!
Denk daran, daß Millionen Menschen dem schrecklichen Morden
zum Opfer fielen.
Denk daran, wieviel Krüppel ein fümmerliches Dalein fristen wieviel Kriegsverlegte noch die Lazarette füllen Denk daran, daß Hunderte von Menschen, die ihren Verstand im Kriege verloren haben, in 3rrenhäusern find. Denk daran, daß Tausende nie wieder das Sonnenlicht er
bliden.
Dent daran, wie wir mit unseren Kindern gehungert haben
und noch hungern.
Denk daran, daß Millionen Kinder den Vater entbehren
müssen.
Denk daran, wieviel Frauen dem Kriege zum Opfer gefallen find.
Denk daran, daß Millionen Kinder unterernährt. aufwachsen als frante Menschen. Denk daran, daß der Krieg unserer Jugend Verderben, Tod und not gebracht.
Dent daran, wem wir all dieses zu verdanken haben. Dent daran, daß die nationalistischen Parteien den krieg gewollt haben. Dent daran, daß nie wieder ein Krieg über uns hereinbrechen
darf.
Dent daran und wähle am 20. Februar
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mit ihrer Ausführung betrauter Organe in ihr Gegenteil vertehrt wurden. Es kommt eben weniger auf den Wortlaut eines Gesetzes, als auf die Art seiner Handhabung in der Bragis an.
Die preußische Verwaltungsreform ist über die ersten Anfäße nicht hinausgekommen. Zwar ist das Wahlrecht sowohl zu den Gemeindevertretungen, als auch zu den Kreistagen und Provinziallandtagen demokratisch gestaltet worden, jeder Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechts hat die Möglichkeit, nach fretester Ueberzeugung auf derselben zugeben. Ebenso find bestimmte Grundsäße der Reform in der Verfassung festgelegt, vor allem der Grundsatz einer Erweiterung der Befugnisse der Provinziallandtage. Auch das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden, Kreise und Provinzen ist verfassungsmäßig verankert. Aber das wichtigste, die Durchführung der Verwaltungsreform, ist verschoben, mit dieser Aufgabe wird sich der neue Landtag zu befassen haben. Und an dieser Reform sind die Frauen ganz besonders intereffiert.
Die innere preußische Verwaltung ist von jeher der eigentliche Hort der Reaktion gewesen. Alle einflußreichen Stellen im Staate waren den Angehörigen einer bestimmten Rafte porbehalten, unumschränkt und ungehemmt durch liberale Ge setze schalteten und walteten die Kraut- und Schlotjunker, bis sie letzten Endes Preußen und Deutschland zugrunde regiert haben. Rechtlos war nicht nur der größte Teil des Bürgerfums und die gesamte Arbeiterflaffe, sondern auch alle Staats
bürger weiblichen Geschlechts. Und dieselben Kreise, die sich
die Verwaltung des Landes angemaßt hatten, waren es, die
die sozialdemokratischen Listen! die Geseze schufen, nach denen das Land regiert wurde. Wer
erinnert sich nicht des alten preußischen Dreiklassenparlaments mit seiner durch und durch reaktionären Mehrheit, die nichts für das Bolt, sondern alles gegen das Volk getan hat?
Frauen und Landtagswahlen.haft, bie das Bolt in namentoſes Glend geftürzt hat, ein Ende
bereitet. An die Stelle der Herrschaft einer Klasse ist die des Den Rechten, die die Frauen durch die Revolution er gesamten Voltes getreten, die Demokratie hat sich durchgesezt. langt haben, stehen naturgemäß Pflichten gegenüber, aber schon glauben die Gewalthaber von ehedem wieder, daß Pflichten gegen sich selbst, gegen ihre Familie, gegen ihre ihre Beit gekommen sei; an allen Eden und Enden rühren Klasse. Für jede proletarische Frau muß das Wahlrecht sie sich, um die Errungenschaften der Revolution zu beseitigen, zur Wahlpflicht werden, feine von ihnen darf interesse- rüsten sie sich zu neuen Kämpfen gegen die Rechte und Freilos beiseite stehen, wenn es gilt, durch die Abgabe des Stimm- wenn der Reaktion auch ein wertvoller Bundesgenosse in der des Volkes. Diesen Angriff gilt es abzuwehren, und zettels den Kurs der fünftigen Politit zu beeinfluffen. Bersplitterung und der Selbstzerfleischung der Arbeiterklasse entstanden ist, so darf man doch zu dem gefunden Berstand desjenigen Teils der deutschen Arbeiter, die trotz aller Erlebnisse der letzten Jahre den Sinn für die Bedürfnisse des Volkes bewahrt haben, das fefte Zutrauen hegen, daß sie erkannt haben, wo der Feind steht.
Gewiß ist durch die neue Reichsverfassung die Entscheidung über die Fragen der hohen Politik mehr noch als früher in die Hände des Reichstags gelegt. Gewiß haben die Zuständigkeiten der einzelnen Länder eine wesentliche Einschränkung erfahren. Aber auch so harren ihrer Lösung durch die Landes parlamente noch eine große Fülle von Aufgaben, an denen die Frauen ganz besonders interessiert sind, Aufgaben vor allem auf dem Gebiete der Kultur, der Erziehung und der Bolksgesundheit.
Es tann den Arbeiterfrauen nicht gleichgültig fein, in welcher Weise die Länder die Einrichtungen zum Schuße der Jugend gegen Ausbeutung sowie gegen sittliche, geistige und förperliche Berwahrlosung gestalten, die zu treffen ihnen die Reichsverfassung auferlegt; es tann ihnen nicht gleichgültig sein, welche Maßnahmen die Länder zur Reinerhaltung, Gefundung und sozialen Förderung der Familie ergreifen, wie fie für die Bildung der Jugend forgen, wie sie den Kampf gegen Bolfskrankheiten führen, wie sie dem Wohnungselend zu Leibe gehen. Zu viel, ja, man möchte fagen, alles hängt von der Berwaltung ab, und mehr als einmal haben wir es in der Zeit vor dem Zusammenbruch erlebt, daß selbst solche Reichsgefeße, die einen gewissen freiheitlichen Geiſt atmeten und soziales Empfinden verrieten, in der Hand reaktionärer,
Der Feind steht rechts. Das sollten in erster Linie die Arbeiterfrauen einsehen. Gelingt es der Neaktion zu siegen, so ist es vorbei mit der politischen Gleichberechtigung der Ges schlechter, vorbei mit dem Ausbau unserer Schulen zu wahren Bildungsanstalten für das Volk. Dann wird rückwärts revi diert, Frauen und Kinder werden wieder Ausbeutungsobjekte eines profithungrigen Kapitals.
Dieser Erkenntnis darf sich feine Arbeiterfrau, feine Mutter entziehen. Schulter an Schulter mit den Männern haben sie den Kampf zu führen um die völlige politische und wirtschaftliche Befreiung des Boltes. Die Sozialdemokratische Partei , die auch in den Stürmen des Krieges und in den Lagen des Zusammenbruchs ihren Grundsätzen treugeblieben ist, die sich stets als die treueste Hüterin der Rechte des Volkes bewährt hat, bildet den Vortrupp des Heeres im Kampfe gegen Reaktion. In ihren Reihen ist der Platz einer jeden Arbeiterfrau, die zur Erkenntnis ihrer Klassenlage erwacht ist.