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Nummer 2

16.Januar 1921

Die Wählerin

Blätter zum Wahlkampf in Preußen

Wir wollen...

Wir wollen kein feiges, kein halbes Gefchlecht, Kein tröftendes Wort, uns zum Bohne, Wir wollen für jeden fein heiliges Recht, für jeglichen Arbeit, die lohne,

Und freude, wo brennend die Träne jetzt fällt, and frieden der ganzen, der feufzenden Welt, Und dem Volke der Zukunft die Krone.

Clara Müller - Jahnke.

der Stadtverwaltung. Beziehungen zu städtischen Ehren­beamten, dem ganzen Heer der Armen- und Waisenpfleger, decken die Drganisationen dieses Verwaltungszweiges auf, dessen Leistungen auch in weiten Bevölkerungsfreisen naturgemäß bekannt werden. Die städtische Drganisation des Arbeitsnachweises, der Arbeitslosenfürsorge bleibt keiner Arbeiterin unbekannt und die der Lebensmittelversorgung keiner Hausfrau. Und welche Mutter beschäftigt sich nicht mit den Leistungen der Stadtverwaltung auf dem Gebiet des Schul­wesens, den Schulgebäuden, den Förderklassen, den Fort­bildungsschulen? Die Arbeitsteilung und die Verteilung der Verantwortlichkeit in den städtischen Betrieben werden schnell jedem klar und die Freude an der Mitarbeit in der städtischen Verwaltung und das Verständnis für ihre Aufgaben ist unter

Der Staat und die Gemeinde. den Frauen schnell gewachsen.

Von Hedwig Wachenheim .

Aber die Gemeinde führt tein vom Staat gesondertes Leben. Im Mittelalter, als es noch keine Volts- und Welt­Als in den napoleonischen Kriegen das von Friedrich II. wirtschaft im heutigen Umfange gab, war das eher der Fall. geschaffene Preußen ebenso schnell zusammenbrach wie das Von der Blüte der Städte zu jener Zeit zeugen heute noch Bismarckiche Deutschland im Weltkrieg, drang bei den einfluß- hervorragende Denkmäler, stolze Mathäuser, Kornspeicher, reichen Staatsmännern die Erkenntnis durch, daß der Staat nur Bürgerhäuser. Das absolute Preußen hat die städtische gerettet werden könne, wenn das Volt das wollte. Was aber Freiheit vernichtet. Nicht die Bürger, sondern die vom König war dieser Staat den Massen des Volkes? Man tannte zur Not bestellten Staatsbeamten verwalteten jetzt die städtischen An­die Fürsten, deren Beamten, die das Land verwalteten und gelegenheiten und die städtlichen Bürger hatten nichts drein Steuern einzogen und vor allem die Rekrutenausheber. Das zu reden. Erst die Steinsche Städteordnung gab den Städten Bolt hatte im Staat nichts zu bestimmen und er war ihm ihre Freiheit und Selbstverwaltung in bestimmtem Umfange deshalb gleichgültig. Es mutet sonderbar an, daß nach der, zurück. Das ganze vorige Jahrhundert hat uns über das, das Nachbarvolt tief aufwählenden französischen Revolution was hier zu seinem Beginn geschaffen wurde, nicht weit hinaus man in Breußen bedächtig daran ging, das das Volk gebracht, und die Revolution schuf für die Gemeindewahlen für staatliche Aufgaben zu erziehen. Diesen Zwed zwar das allgemeine Wahlrecht, änderte jedoch sonst hatte die vor 110 Jahren erlassene Städteordnung, die dem wenig. Durch das gleiche Wahlrecht haben nun die grundbesitzenden Bürger das Recht gab, die Angelegenheiten Arbeiter, haben die Sozialisten den der Zahl ihrer An­feiner Gemeinde selbst zu verwalten, oder besser durch Ge- hänger entsprechenden Einfluß in den Stadtparlamenten, wählte seines Vertrauens verwalten zu lassen. Aber wir sehen heute an den Frauen, daß der Grundgebante der Stein­schen Reform, politisch Ungeschulte durch Tätigkeit im engeren Gemeinwesen für das Größere zu erziehen, richtig war.

und in vielen Industriestädten durch ihre Mehrheit den ent scheidenden Einfluß. Aber die städtischen Verwaltungsgeschäfte führt im wesentlichen der Magistrat, und der Magistrat ist nicht an das Vertrauen der Stadtverordnetenversammlung Der wirtschaftliche Umschwung und damit die wirtschaft gebunden wie die Reichsregierung an das Vertrauen liche Lage der Massen, aber auch das Wahlrecht und die des Reichstags, er hat eine ganz andere Stellung, fann Rechte und Handlungen der von allen Männern gewählten er doch nach dem Gesetz gegebenenfalls die Beschlüsse Volksvertretung erzogen in den Männern das Gefühl der der Stadtverordnetenversammlung verwerfen. Und überall, Berantwortlichkeit gegenüber der Boltsgemeinschaft. Die Re- wo nicht, wie das ausnahmsweise in Berlin geschah, eine volution gab den Frauen das Wahlrecht, weil die Massen des ganz neue Stadt gebildet wurde, sind nur die unbesoldeten Volkes es als unfittlich empfunden hätten, wenn die Frauen Magistratsmitglieder entsprechend der Zusammensetzung der weiterhin Menschen zweiter Klaffe geblieben wären. Und nun neuen Stadtverordnetenversammlung neu gewählt worden. Die zeigte es fich, taß die Frau, die weder theoretisch etwa befoldeten, die früher von den Dreiflassenstadtverordneten ge­durch den Schulunterricht noch praktisch durch das Gefühl wählt wurden, find häufig noch im Amt. Auch müssen die der Verantwortung, das das Wahlrecht erzielt, und auch in Magistratsmitglieder von der preußischen Regierung bestätigt vielen Fällen nicht durch die Berufsarbeit, die Verständnis für werden, sonst sind sie es trotz Wahl durch die Mehrheit der die wirtschaftlichen Verhältnisse fördert, für die politischen Auf- Stadtverordnetenversammlung nicht. Die preußische Regierung gaben erzogen war, am schnellsten mit den Aufgaben der Ge- führt auch die Aufsicht über die Arbeiten der Stadt und hat meinde berwuchs. ein weitgehendes Einspruchsrecht. Wir sehen also, daß die

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Die Gemeinde erfüllt Aufgaben für eine menschliche Ge- Städte heute noch nicht selbständig sind und haben ja tat meinschaft, die die einfachste Frau übersehen sächlich in Berlin erlebt, wie die bürgerliche Mehr­tann, und innerhalb örtlicher Grenzen, die die meisten heit der Preußischen Landesversammlung den den Willen kennen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse werden fast allen ber Berliner Arbeiter bekämpft, und zum Beispiel Frauenden nicht Berufstätigen durch ihre Hauswirtschaft- den gefvählten Stadtschulrat nicht bestätigt hat. Diesen Zu liche Tätigkeit vertraut. Das Rathaus, das jeder tennt, ist stand wollen wir ändern, wir wollen, daß die Gemeinden frei der sinnfällige Ausdruck dafür, daß es eine Gemeindeverwaltung werden von jeder unnötigen Bevormundung. Nur in Freiheif gibt, die die gemeinsamen Angelegenheiten ordnet. Man weiß, und unter eigener Verantwortung fann Gutes geleistet. daß der Stadt Gas- und Elektrizitätswerte gehören, daß sie werden. Diese Freiheit kann aber nur erworben werden für die Abgabe Geld erhebt, daß fie die Straßen reinhält durch Gesetz und dieses Gefeß wird vom Preußischen Landtag und für den Straßenbahnbetrieb sorgt. Die Borzüge und gemacht werden, den alle Männer und Frauen in Preußen Mängel aller dieser Einrichtungen sind fast allen bekannt, die am 20. Februar 1921 wählen. Wer also der Gemeinde die Stritit beschäftigt sich oft damit; ihre Ursachen werden aufge- Möglichkeit der Freiheit und Vorwärtsentwicklung geben will, deckt, und in 100 Gesprächen befaßt man sich mit den Arbeiten der muß am 20. Februar sozialdemokratisch wählen!