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Nummer?

9. Oktober

Älätter zum Gi--Berliner Wahlkampf

Zum Gzean! Ich kann oft stundenlang am Strome stehen. wenn ich entflohen aus der Menfchen Bann? er plaudert hier, wie ein erfahrner Mann, der in der Welt sich tüchtig umgefchen. Da fchilderl er mir seiner Jugend Wehen . wie er den Weg durch Klippen erst gewann, ermattet drauf im Sande schier verrann, und jedes Wort fühl' ich im herzen gehen. Wie wallt er doch so sicher seine Bahn! Lei allem Plänkeln, hin- und Wiederslreiscn vergißt er nie:Ich muß zum Ozean!" Du, Seele, nur willst in der Irre schweifen? O tritt, ein Kind, doch zur Batur heran und lern' die Weisheit aus den Wassern greifen! Georg Herweg h. Die§rau in öer Gemeinde. Von Paul Hirsch . Die Revolution hat endlich aury den Frauen die politische Gleichberechtigung gebracht. Ohne Unterschied des Geschlechts steht jedem über 20 Jahre alten Staatsbürger das aktive und passive Wahlrecht nicht nur zu den gesetzgebenden Körperschaf- ten, sondern auch zu den Gemeindevertretungen'und den Ge- meindeverwaltungen zu. Was noch wenige Monate vor dem Zusammenbruch für unmöglich erklärt, was von bürgerlicher Seite verspottet und verhöhnt worden, ist zur Wahrheit ge- worden, der Traum unserer Vorkämpfer ist in Erfüllung ge- gangen. Unsere schnellebige Zeit vergißt nur allzu leicht. Wie ein Märchen-aus längst vergangenen Zeiten muten uns heute die Debatten über das Frauenwahlrecht an. Kaum glaublich erscheint es manchem von uns, daß die bürgerlichen Volksver- treter aller Richtungen noch im Sommer 1!)l8 sogar von der Hinzuziehung von Frauen als vollwertige Mitglieder zu den städtischen Lerwaltungsdeputationen nichts wissen wollten und die im damaligen preußischen Dreiklassenparlament von sozial- demokratischer Seite gestellten Anträge unter fadenscheinigen Gründen ablehnten. Die Zeiten haben sich geändert. Heute wagt nicht einmal mehr die äußerste Rechte gegen das Frauenwahlrecht Sturm zu laufen-, aus ihren eigenen Reihen würden die Frauen sich dagegen auflehnen. Die früher so verpönte Forderung der Sozialdemokratie ist zum Gemeingut aller Parteien geworden, und die Erfahrung hat gelehrt, daß die Allgemeinheit dabei gut abschneidet. Die Sozialdemokratie hat wieder einmal recht behalten, ihr allein verdanken die Frauen, daß sie nicht mehr als Staatsbürger dritter und vierter Klasse behandelt werden. Wenn irgendwo, so ist in der Gemeinde vie Mitarbeit der Frauen unentbehrlich geworden. Hier, wo es gilt, praktische Kleinarbeit zu verrichten, Rot und Elend zu lindern, den Armen und Bedrückten Hilfe zu leisten, müssen wir uns auf die Erfahrungen aus dem täglichen Leben stützen und sie der Gesamtheit nutzbar zu machen suchen. Und wer ist geeigneter als die Frauen, insbesondere die aus den Reihen des werk- tätigen Volkes, um niitzuraten und mitzutaten, weim es gilt, die heilende Hand an die Krankheiten unserer Gesellschafts- ordnung zu legen? Sie, die am eigenen Leibe den Wahnsinn unserer Zeit spüren, sie, die schaudernd mit ansehen mußten, wie unsere kaum geborene Jugend durch den Krieg und seine Folgeerscheinungen dahingerafft ist, sie, die sie ihre Männer

und ihre halberwachsenen Söhne dem Moloch Militarismus opfern mußten, sie, die sie Zeugen der körperlichen und sitt» lichen Verwilderung unserer ohne Aufsicht heranwachsenden Jugend waren, sie in erster Linie haben einen begründeten Anspruch, gehört und zu tatkräftiger Mitarbeit herangezogen zu werden. Greifen wir aus der Fülle der gemeindlichen Aufgaben nur einen kleinen Kreis heraus, an deren Lösung die Frauen vor allem interessiert sind! Der Schutz der Schwange« r e n und Wöchnerinnen, bei wem liegt er in besseren Händen als bei denen, die selbst die Kinder zur Welt bringen! Und gibt.es jemand, der sich mit größerer Liebe und mit mehr Erfahrung der Säuglinge annehmen kann als eine Mutter? Alle Achtung vor der Kunst des Arztes, aber sie bleibt Stückwerk ohne die Unterstützung der Frau, di�, ihn sozial berät. Gerade auf dem Gebiet des Schutzes für Mutter und Kind hat der Krieg die Gemeinden vor schwierige Aufgaben gestellt. Wir sind gezwungen, trotz unserer Verarmung mit den kargen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, der Säug- lingssterblichkeit Einhalt zu gebieten, der werdenden Mutter und dem Neugeborenen die Pflege zuteil werden zu lassen, auf die sie begründeten Anspruch haben, und alles zu tun, um unseren Nachwuchs gesund und lebenskräftig zu erhalten. Nur ganz kurzsichtige Gemeindeverwaltungen werden hier auf die Mitwirkung der Frauen verzichten, einsichtige Ver- waltungen bedienen sich ihrer, aber nicht als untergeordnete Organs, wie vor der Revolution, die an die Weisungen ihrer männlichen Vorgesetzten gebunden sind, sondern als gleich- berechtigte und vollwertige Mitarbeiter. Aehnlich verhält es sich mit der I u g e n d�p f l e g e. Hier erwachsen den Gemeinden neue Pflichten aus dem zu erwartenden Reichsjugendwohlfahrtsgesetz, Pflichten, denen sie sich um so lieber unterziehen werden, wenn sie dabei auf die Unterstützung oller ihrer Glieder'rechnen können. Wieder sind es in erster Linie die Frauen, die auf diesem Gebiete bahnbrechend vorangebcn und auf Grund eia-ner Kenntnisse mit veralteten Vorurteilen»brechen und neuen Ideen zum Siege verhelfen können. Ganz besonderer Beachtung bedürfen die Zustände im W o h n w e s e n. Die gesetzlich vorgeschriebene Wohnungs- aufsicht sieht heute, wo Tausends und aber Tausend von Fa- mitten in menschenunwürdigen Behausungen untergebracht sind, ebenso auf dem Papier wie die Wohnungspflegs. Be­dauerlich, daß dem so ist. aber um die Tatsache kommen wir nicht bervm. Solange die Bm-tätiakeit nicht in ausreichen- dem Maße einsetzt, sind weite Kreise der Bevölkerung leider gezwungen, mit Wohnungen fürlieb zu nehmen, die von Rechts wegen aus gesundheitlichen und sittlichen Gründen längst hätten geschlossen werden müssen. Aber das Wohnungs- elend ist so groß, die Unterlassungssünden der Vergangenheit röchen sich bis? so schwer, daß selbst in jeder Hinsicht un- zureichend» Räume in Anspruch genommen werden, weil sonst die Obdachlosiakeit einen noch größeren Umfang annehmen würde. Die Privotwirtschast im Bauwesen hat völlig ver- sagt, retten kann uns nur eine Sozialisierung, aber bis auch die bürgerlichen Vertreter sich zu dieser Erkenntnis durch- gerungen haben, wird noch geraume Zeit vergehen. Aus eigener Kenntnis auf das nomenlose Elend immer und immer wieder aufmerksam zu machen, das Gewissen der herrschenden Klassen zu wecken und sie endlich aus ihrem Schlummer auk- zurütteln, dazu können besonders die Frauen ungeheuer viel beitragen. Hand in Hand mit dem Kampfe gegen das Wohnungs« elend gebt der gegen die T u b e r k u l o s e Ist es auch über- trieben, die Tuberkulose als Wohnu.igskrankheit zu bezeichnen,