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Die Kreistagswahlen.

Bon C. Stoll

Provinziallandtage und Kreistage bildeten bisher Fremdkörper inmitten des demokratischen Wefens im neuen Staate. Auch die ersten Kreistage der Republik   wurden auf dem Umwege über Stadtverordnetenversammlungen und Amtsausschüffen gewählt, und in dem auf solche Weise ent standenen Kreistage erfolgte die Wahl der Abgeordneten für ben Provinziallandtag. Jetzt sollen beide Körperschaften wie bie übrigen Parlamente aus allgemeinen und direkten Wahlen hervorgehen. Damit erlangen nicht nur die Wahlen felber, fondern auch die aus ihnen hervorgehenden Parlamente eine höhere Bedeutung. Nur parlamentarische Körperschaften, die sich auf den Willen eines politisch souveränen Bolles ftügen, fönnen Anspruch auf die nötige Beachtung erheben.

Auch bei der Wahl der Kreistage handelt es fich um eine außerordentlich wichtige Angelegenheit, denn in den Kreistagen werden die nächsten Angelegenheiten entschieden. Bir Sozialdemokraten haben den Kreis als ein vorzugsweite nach wirtschaftlichen Interessen heftimmtes foziales Wefen auf zufaffen. Für uns haben die Kreistagsabgeor neten nit in erster Linie rein fistalische Aufgaben zu erfüllen, die fozialen und fultureffen Intereffen find mindestens ebenso wittig, viel fach noch wichtiger. Die eigentliche Basis für die Förderung des Wohlfahrtswesens in Stadt und Land 1 der Kreis. Vom Barlament des Kreises und seiner gefchä ts'üh renden Körperschaft, dem Kreisausschuß, müssen die großen fozialen Pestrebungen ausgehen, die wir namentlich auf dem Lane noch ollausehr vermiffen. Gerade dem Kreistage er wächst die Pflicht, an die Steffe der Wohltätigkeit und Barm herzinkeit die foziale Pflichterfüllung zu setzen. Gewiß find mir für die Selbstnerwaltung in Stadt und Land, wir sind gegen Tandrätliche Billkür, wie wir es immer gewefen find, aber rüdtändige Gemeinden bedürfen eines motorischen Antriebes, damit sie fich threr Bflichten gegen das lebende Geflecht, gegen die Hilfsbedürftigen, bewußt werden, und feine Stä'te ift mehr berufen als gerade der Kreistog, diesen Antrieb zu gehen. Auch das Bildungswesen fonn nur donn einen fräftigen Niederschlag auf dem pletten Lande finden, menn das Barlament des Kreises sich dafür einfekt. Auch das p'atte Land bedarf der fulturellen Durchdringung, wenn die Men­fchen in den Sorgen und Möten ihres gegenwärtigen Geins nicht verzweifeln sollen. Natürlich unterstehen auch wichtige wirtschaftliche Fragen der Entscheidung des Kreises, denten mir nur an das Wegewesen, die Versorgung mit elettrif her Energie und ähnliche Angelegenheiten. Nach dem Willen der Sozialdemokratie foll auch die Bolitif im Kreise Arbeit an der Wohlfahrt der Gesamtheit fein.

Spiel an Wahltagen mit Ihnen getrieben wird, und wir haben dafür fogar eine gonze Reine von Beweisen.

Auch ein erheblicher Teil der Hausangestellten weiß heute, um mas es bei politischen Wahlen geht und welche Bedeutung auch für sie das Wahlrefultat hat. Damit sie aber imftande sind, am Wahltage ihren Anschauungen entsprechend sich betätigen zu können, ist es notwendig, daß vor der Wahl den Hausangestellten über die hintertreppe ber richtige Stimmzettel augestellt wird. Dann fönnen die Hausangestellten getreft auf ihrem Gang mit der Herrschaft über die Verdertreppe einen andern Stimmzettel in Empfang nehmen. In der Wahlzelle ist genügend Platz, ihn los zu werden. ye Sir sl. H.

Steckbrief für Hausangestellte!

Züchtigungsrecht und Dienstbuch find abgeschafft, aber schon finnt man wieder auf einen neuen Steckbrief für Hausangestellte. Es follten alle, die mit Housangestellten zusammenkommen, nicht vergessen, darauf aufmerksam zu machen, daß: Preußen infolge seiner Wählerzahl reichsgefeßliche Bestimmungen ganz erheblich beeinflussen tani, deshalb ist es Pflicht, auch der Haus angestellten, am 20. Februar dafür Sorge zu tragen, daß aus der Wahlurne die Sozialdemokratie als Siegerin hervorgeht. Sie hat bei jeder Gelegenheit an die Notlage der Haus. angestellten gedacht und soweit es in ihrer Macht lag, Abhilfe ge­schaffen. Sie war es, die am 12. Nevember 1918 alle 44 Gefinde ordnungen, darunter eine aus dem Jahre 1732 und die Preußischen aus dem Jahre 1810 mit einem Gederftrich außer Kraft feste. Da mit war auch das Dienstbuch erledigt!

Jezt bei den Vorarbeiten zum Neuen Recht der Hausangestell ten" find heute schon von allen möglichen Organisationen Vorschläge gemacht, darunter auch einer, der die

Dienstfarte mit Lichtbild

für alle Hausangestellten fordert Diefe Forderung darf nicht zur Tatsache werden, um die Hausangeftellten nicht wieder zu Menschen zweiter Klasse zu machen.

Es muß den Hausangestellten mit aller Dringlichkeit klar ge­macht werden, daß sie sich selbst am meisten schaden, wenn sie am 20. Februar einer Bartei ihre Stimme geben, die bisher noch nie mals für die Hausangestellten eingetreten ist denn sonst wären die alten Gefindeordnungen fchon vor der Revolu tion abgefchafft worden

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und auch nicht will,

Die Hausangeftefiten in ihrer Gesamtheit bilden in Breußen eine Macht fobalb fie gefchloffen auftreten. Das können sie, wenn sie diefe Macht erkennen und einstimmig in ganz Breußen ihre Stimme abgeben für die alte Sozialdemokratische artei, die durch Taten bewiesen hat, daß fie der alleinige Helfer aller arbeitenden Frauen und Mädchen, in befonderen aller hausangestellten ist.

Gedankensplitter.

Wir wollen den erften wirklichen Kreistagswahlkampf in Preußen auf her politifchen Linie führen. Aliquenwirtschaft und partikularistische Bestrebungen werden bei uns nicht die Die Gefahr des Pessimismus besteht darin, daß er müde mindeste Stüke finden. Wir wollen auch den Kreistag zu macht und eine politische Reaktion erleichtert. Angengruber. einem Hort für Demofratie, Freiheit, Fort­Der Mensch soll arbeiten, aber nicht wie ein Lafttier, das unter schritt und soziales Wollen machen, er foll nicht feiner Bürde in den Schlaf finft und nach der notdürftigsten Er. mehr der Tummelplak reaktionärer, volksfeindlicher Treibholung der erschöpften Kraft zum Tragen derselben Bürde wieder reien fein. aufgeftört wird. Er soll angfilos, mit Luft und mit Freudigkeit ar­Wer mit uns diesem Ziel zuftrebt, hat am 20. Februar beiten und Beit übrig behalten, seinen Geist und seine Augen zum feine andere Mahl, als überall für die sozialdemokratische Himmel zu erheben, zu dessen Anblick er gebildet ist. Fichte. Kreistagswahlliste zu stimmen.

Wahlkuriosum.

Seit dem 9. Rovember 1918 find bekanntlich auch ble Ronserva tiven polfsfreundlich" gemorden. Die konservative Partei wurde zur Deutschnationalen Bollspartet" und trat mit einem ganz neuen Programm vor die Wählermassen hin.

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Wenn man Wolfs   partei sein will, muß man aber auch Ran­didaten auf die Wahlllsten sezen, die aus den verschiedenen Schich­ten der Bevölkerung stammen, und wenn es auch nur gefchicht, um das Volk oder doch einen erheblichen Teil davon vertrauens felig zu machen. Und so steht denn auch auf dem deutschnotionalen Wahlvorschlag für Berlin   eine Hausangestellte an dreizehnter Stelle!! Bielleicht gelingt es dadurch den Familien, die Hausperfonal beschäftigen, diesmal noch leichter als bei den früheren Wahlen, ihre Angestellten mit dem Bettel der Herrschaft" zur Wahl mitzunehmen. Die Dienstmädchen" dürfen dann sogar mit der Herrschaft" über die Vorbertreppe gehen.

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Wir zweifeln allerdings doch daran, daß die weiblichen Haus­angestellten in ihrer Mehrzahl noch nicht eingesehen haben, welches

Nur noch eine Woche

und der Tag der Entscheidung wird gefommen fein. Es gilt für jeben Wähler und jede Wählerin die kernfrage zu beantworten: mile Sell Preußen in Jufunft wieder ein Hort der junferlich­fapitalistischen Reaffion werden, wie es früher war?

Oder foll Drenßen eine Heimstatt fozialistischer Entwidlung auf dem Boden politischer Demo­fratie fein?

Wer diesmal sich von den bürgerlichen Barfelen einfangen täht, oder mas ebenso ichimm sein würde, nur der Wahl jern­bleibt, der macht sich mitfchuldig daran, wenn infolgedessen alle fratsbürgerlichen Freihe ten veral' ef und die Aufäge einer fozialistischen Arbeitspol fit im Keime erfidt wirden.

Die Entente wertet auf einen Wahlfieg der fonfervativ­nationalliberalen Kriegsheher von 1914, um dann die Schrauben des Friedensdiffats nod fchärfer anzuziehen. Wählerinnen! Es heißt die letzte Woche ausnutzen, um alle Eure Freundinnen und Bekannten zu warnen und sie aufzuffären, damit auch sie am 20. Februar flimmen

für die Sozialdemokratie!