Für unsere Kinder1Zgaben es. Dunkle Tannen standen nebenschlanken Palmen. Ein berauschender Duftvon Rosen, Nelken, Hyazinthen und Helio tropen erfüllte den Raum. Azaleen und Or chideen bluten um die Wette mit großen,vielfarbigen Chrysanthemen, die aus hohenjapanischen Vasen liebevoll herniederschautenauf blaue Veilchen und schneeweiße Mai glöckchen. Diese waren in glänzenden Kristall gefäßen geordnet und durch lange veilchenblaueund weiße Seidsnbänder miteinander verknüpftwie Kinder, die einen Ringelreihen tanzen.Von der mit Gold verzierten Decke hingenGlaskugeln herab, die waren ganz mit Lichterfüllt, und die Wände bestanden ganz ausSpiegeln, so daß es aussah, als ob sich dieLicht- und Blumenpracht ins Unendliche er strecke. Durch das hohe, breite Schaufensterkonnte man hinaus auf die belebten Straßensehen. Am Schaufenster standen die herrlichstenBlumen, und mitten unter diese, dicht andie Scheibe, wurde das von all dem Glanzund der Pracht fast betäubte Gänseblümchengestellt. Anfangs wagte es kaum aufzusehen, aberdann richtete es doch seinen schüchternen Blickhinaus auf die Straße. Was für ein Leben!Welche Bewegung! Was für endlose Reihenvon Straßenbahnen und Wagen und Fuß gängern! Die meisten Leute eilten hurtigvorbei, von den Sorgen ihres Alltagslebenserfüllt. Aber viele blieben vor dem Schau fenster des Blumenladens stehen und bewunderten die Hochsommerpracht, die dahinter zulocken schien; und vieler Augen ruhten mitWohlgefallen auf unserem Gänseblümchen.Durch das Fensterglas hindurch konnte eshören, was die Leute sagten. Da warenzwei reich gekleidete Frauen, die unterhieltensich über die hohen Preise der Blumen.„Sie sind um diese Jahreszeit furchtbarteuer," sprach die eine zur anderen,„aberman muß sie doch bei festlichen Gelegenheitenhaben. Für ein Ding wie das Gänseblümchenwürde ich keinen Pfennig ausgeben. Ich kaufenur Blumen, die nach etwas aussehen undduften."—Die Frauen gingen weiter, und drei kleineMädchen kamen herbei.„Was für herrlicheBlumen," riefen sie und blieben in unver hüllter Bewunderung vor dem Schaufensterüehen.„Mir gefallen die zarten Teerosen ambesten," sprach die eine.„Und mir die rotenMelken," rief die andere. Die dritte drückte'hr von der Kälte rotei Näschen dicht gegendie Fensterscheibe, um besser hineinschauen zukönnen; dann sagte sie:„Meine Lieblings blume ist das Gänseblümchen."„Aber dasriecht ja nicht." entgegneten ihre Gefährtinnen.„Ich weiß es, aber es ist so herrlich, wenn esdraußen auf den Wiesen blüht. Ich mag esso gern, weil es mich immer an den Sommerund das Land erinnert."—Nun waren die kleinen Mädchen fort, undein alter Mann, der einen alten schübigenÜberzieher trug und einen furchtbar traurigenAusdruck im Gesicht hatte, stand an ihrerStelle.„Ein Gänseblümchen mitten imWinter!" sprach er laut zu sich selbst. Erschien die anderen Blumen überhaupt nichtzu sehen. Alle seine Gedanken schienen sichum das kleine, bescheidene Pflänzchen zudrehen. Armer alter Mann, dessen Leben soreich an Unglück, und dessen Seele so reichan Schmerzen war! An all das Glück, daser je gekannt, erinnerte ihn das Gänseblüm chen.„O wie sehne ich mich nach dem Sonnen schein der weiten Gefilde und nach der freienLuft der Berge!" flüsterte er vor sich hin;dann ging er müden Schrittes weiter.__ Forts, solgt.Äerbst.Von Robert Reinlck.Da steigt der Herbst frisch von den Bergennieder.Und wie er wandert durch den grünen Wald,gefällt's ihm nicht, daß überall das Laubdieselbe Farbe hat; er sagt:„Viel hübscherist's rot und gelb; das sieht sich lustig an."So spricht er, und gleich färbt der Wald sichbunt.Und wie der Herbst drauf durch den Gartengehtund durch den Weinberg, spricht er:„Wasist das?Der Sommer tat so groß mit seiner Hitze,und Wein und Obst hat er nicht reif gemacht?Schon gut, so zeig' ich, daß ich's auch versteh!"Und kaum gesagt, so haucht er Wein und Obstmit seinem Atem an, und, siehe da!—die Apfel und die Pflaumen und die Trauben,zusehends reifen sie voll Duft und Saft.—Drauf kommt der Herbst zur Stadt und siehtdie Kinderin ihrer Schule sitzen voller Fleiß.Da ruft er ihnen zu:„Grüß Gott, ihr Kinder!