Für unsere Kinder
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wohlhabenden Meister des ehrsamen Hand-[ wurde, oder Landsknecht und Bauer, wobei wertes zu haben. Die Kinder der armen Tag- der Landsknecht , so hieß man vor einigen löhner, Arbeiter und Bauern waren dagegen hundert Jahren die Soldaten, die freiwillig zu ihrer Unterhaltung fast ganz auf ihre eigene um Sold dienten, den Bauer elendiglich verEinbildungskraft und Erfindungsgabe ange- hauen und mißhandeln mußte. Auch das Leben wiesen. Viel mehr als heute spielte sich ihr im Hause und auf dem Markte wurde besonLeben auf der Gasse und im Grünen ab. Und ders von den Mädchen nachgeahmt. Ein beim Freien zu tummeln, hatten sie besser Ge- rühmter Straßburger Prediger, der im Jahre legenheit als wir. Es gab damals noch keine 1510 starb, erzählt:„ Da machen sie Safran, Riesenstädte mit Hunderttausenden und Mil- und das ist gefärbte Wurz, das ist Süßwurz, lionen von Einwohnern, wo man erst stunden- das ist Ingwer, und ist alles aus einem Ziegel lang gehen oder fahren muß, um in die freie gerieben, und ist Ziegelmehl, und machen Natur hinauszukommen. Die Kinder von Berlin , Häslin und kochen, und wenn es Nacht wird, Leipzig oder Köln waren damals mit ein paar so ist es alles nit und stoßen es um." HochSprüngen im Feld und wurden beim Klettern zeiten und Taufen, die damals mit viel größeund Baden, Beerensammeln oder Pfeifen- rem Aufwand als heute und oft mehrere Tage schneiden von keinem grüngekleideten Gen- lang gefeiert wurden, die kirchlichen Prozesdarmen oder Flurschützen gestört. Höchstens sionen mit ihren Fahnen, Kerzen, Meßgewänwenn sie„ Mäßlein" aus Fichtenrinde machten dern und Gesängen, die feierlichen Umzüge oder den alten Frauen halfen Reisig und Wald- der Kaufmannsgilden und die lustigen der gras zu sammeln, konnte es ihnen schlecht ergehen, denn die Herren Junker, die die Wälder meist an sich gerafft hatten, hielten strenge Aufsicht und bestraften solchen Waldfrevel erbarmungslos.
Auch in den Straßen der Stadt war es nicht so langweilig sauber und herrschte keine so strenge Ordnung wie heutzutage, wo selbst das fröhliche Rollschuhlaufen von einer hohen Polizei teilweise verboten ist. Rollschuhe gab es nun freilich in der guten alten Zeit" noch nicht. Dafür aber floß der offene Stadtbach durch die Straße, dessen Schmutz und Schlamm die Jugend keineswegs davon abhielt, mitten drin herumzupatschen, Dämme aus Sand zu bauen, Schiffchen aus Rinde oder Holz darauf schwimmen zu lassen. Dazu belebte auch allerlei Getier die Straße; selbst in einer so reichen und großen Stadt wie Nürnberg trieben sich Enten und Gänse, Tauben, Hunde, Katzen und Schweine, alles im schönsten Durcheinander behaglich mit den Kindern auf den Gassen herum. Die Straßen aber waren nicht so schön gepflastert wie heute, und mit dem Verkehr fann es nicht weit her gewesen sein, denn niemand hinderte die Kinder, Löcher zu graben, aus Steinen, Sand und Lehm hohe Türme, Häuser und Mauern zu bauen.
Natürlich wurde auch alles, was die Alten trieben, wie heute noch, von der Jugend bei ihren Spielen nachgeahmt. Wie die Berliner Kinder Schuhmann und Arbeiter spielen, so spielten ihre Urureltern einstens Ritter und Kaufmann, wobei der Kaufmann vom Ritter und seinen Knechten überfallen und ausgeraubt
Handwerksgesellen, alles gab den Kindern Stoff zu Spiel und Nachahmung.
Jede Jahreszeit brachte ihre eigenen Spiele und Unterhaltungen. Wenn der Schnee die Erde bedeckte und Seen und Flüsse gefroren waren, da gab es zu tun mit Schneeballwerfen, Schleifen, Schlitteln und Schlittschuhlaufen. Gar manchmal mußten die Scharwächter, die damalige Polizei, mit ihren langen Hellebarden und Spießen eingreifen und die bösen Buben verjagen, die keinen Erwachsenen und kein Fuhrwerk unbeworfen und ungeneckt vorüberziehen ließen. Kaum war der Schnee geschmolzen und der Boden begann zu trocknen, so wurden die„ Märwel" hervorgeholt. Auf den freien Plätzen sangen die Kleinen RingelRingel- Rosenkranz, andere trieben ihre Reifen, liefen auf Stelzen, spielten Blinde Kuh", Schneider, leih' mir deine Scher""," Herr König, ich diente gern" und viele andere heute noch beliebte Spiele. Von den knospenden Weiden schnitten sich die Jungens Flöten und Huppen. Sobald die Birken und Buchen grün wurden, riß man Blätter ab und übte sich im Musizieren, dem sogenannten„ Blätteln". Die bunten Ostereier wurden auf der Wiese gefugelt, im Mai half man den Maibaum bekränzen und aufrichten, und am Tage vor Johanni"( 24. Juni) sammelten die Buben in jedem Haus Holz, wie ein alter Chronist erzählt ,,, mit Singen und Stehlen". Mit diesem Holz wurden dann am Johannistag selbst, dem alten Sommersonnenwendfest ,,, in allen Gassen Freudenfeuer" angemacht und um sie her getanzt und gesungen. Die Recksten sprangen
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