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Sonntag

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33. Jahrgang. Nr. 353

Der Kreuzbaum.

Eine Weihnachtslegende.

Die Engel fegen am Mittag das himmlliche Haus, Itecken alle Winkel mit Wedeln und Zweigen aus, und am Abend stellen fie in den Wolkenraum einen riefenmächtigen, grünen Tannenbaum,

Bond der zur Feler des heiligen Chrift

ganz mit elfernen Kreuzen behangen lit...

Durch den weiten Saal geht von Raunen und Murren ein Ton und ein Mann tritt beherzt vor Herrn Jefus Chron...

,, Cleber Herr Chrift, wir haben dich bittend bedrängt, und nun haft du uns wieder den Baum

mit elfernen Kreuzen behängt.

Cleber Herr Chrift, wie wären wir froh entzückt, hättest du uns den Baum

mit Hepfeln und filbernen Tüffen gefchmückt. Giäferner Cand, ein Engel aus Goldpapier,

Beilage zum Vorwärts" Berliner Volksblatt

Berlin, 24. Dezember 1916

Aus hartem Eisen, härtestem Stahl wird es entbunden, Frieden erzwingt, den die Menschheit sehnt, wir sollen dem rauhe Hämmer schlagen es los Amboßschläge! Amboß-| Strieg aus den Krallen ihn reißen. schläge! In beklemmenden Nebeln fallen sie schwer.

Ein Stern ging auf den Hirten im Felde mnd führte

Die alten Glocken mit dem Dreitlang der Weihenacht sie. In Windeln lag die junge Kraft, aus der Erlösung kommen nicht auf gegen sie. Scheu ducken ihre Stimmen tommen sollte. Von ihrem Feld aus führte der Weg, aus unter. Wie Vergangenheit geistert hinter dem Hämmer- ihrem Hoffen brach der Schein, der die bedrängte Welt er­gedröhn ihr feierlicher Ruf von Ehre, Frieden, Freude. Hellte. Im niederen Stall, vor ihren Augen, lag die bessere Ehre den Gütern der Höhe! Friede auf Erden! Und den Zukunft verklärt. Sie sahen den Keim und glaubten. Menschen ein Wohlgefallen! Jahr um Jahr, Jahrhundert um Jahrhundert, durch Uralter Ruf der Sehnsucht, aus Widerstand entsproffen, zwei Jahrtausende hin haben die Menschen der alten Legende von unzähligen Geschlechtern umrungen, nie erfüllt bisher, nachgeträumt. Sie war eine Macht bis heute herauf. Was aber über alles Vergehen triumphierend, bitter empfunden uns an Daseinsglück gebrach, wir haben's am Abend der wie ein Hohn von der Massennot des Jahrhunderts unserer Weihnacht tiefer in Hoffen und Wollen gefühlt. Wir schloffen Väter und dennoch wach und laut und mit neuen Willens- uns in unsere Stuben, wir sehnten einen grünen Baum und gluten weitergetragen, uralter Ruf der kämpfenden Menschheit, bunten Schmuck und Lichterglanz. Die Enge sollte sich hellen nun auf die furchtbarste Probe gestellt! und weiten. Wie aber sant dies Feiern hinter uns!

Drei Jahre Krieg, der das Glück, das Hoffen, das Wollen von Millionen, aber Millionen aus fester Bahn warf! Drei Jahre Krieg, der altgewohnte Bande des Herzens

Drei Jahre Krieg! Drei Jahre Rrieg! Städte voll Qual und Fluren voll Gräber! Die Ruhe der Herzen erschüttert, daß kein Heim die Kraft hat, leuchtende lieber Herr, das wär' uns köftliche Weihnachtszler..." zerriß und Schmerz und Elend verschwenderisch säte! Drei Mitte des Daseins zu werden für einen Tag! Die Richter Jahre Krieg, der die Arbeit verwüstet und umwälzt und auf nahem Zweig wollen nicht flammen, der Stern auf dem schmählich darben läßt! Drei Jahre Krieg, der Millionen Baume schimmert nicht. Unsere Herzen machen sich auf: das Leben mäht und zu Krüppeln schlägt! Uralter Weltruf, Ziel ist draußen. Der Stern ist wieder im Wandern. Er Völkerruf, der das Heil verheißt, wie willst du im Glauben führt ins nächtige Feld. bestehen!

Aber während die klagende Stimme noch spricht, lächelt Herr Iefus mit feinem milden Geficht, winkt hinüber nach einer Wolkentür, und da tritt ein kleines, feliges Kind herfür. Trägt ein winziges Bäumchen in feinen Händen klein. und einen Stern darauf voll wunderhellem Schein... Jahr um Tahr hab' ich dies Kind gefchickt, aber ihr Menschen habt es oft grämlich angeblickt. Tur die Kinder drunten im Erdenland faben den himmlischen Glanz in der kleinen Hand... Beut wollen alle den Stern des Friedens fehn. Komm, Kind, wir müffen hinunter zur Erde gehn..."

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Vom Himmel herab zur Welt, doch fern noch, wie fern!- wandert der Stern...

Karl Broget.

Der Stern wandert.

Von Franz Diederich.

Ein lautes Tönen fährt durch die Winternacht. Sie lagert schwer, und das Tönen drängt. Die alte Legende von den Hirten im Felde, die den Stern sahen, den führenden Stern, hängt wie in dicken Nebeln.

Das sind auch nicht die Weihnachtsglocken von einst, was da herübertönt aus den Fernen. Es, läutet nicht mit gläubigem Verkünden und Verheißen, es ist kein Tönen aus weichem Metall.

Das Märchen von der Tanne.

Von Ernst Preczang  .

Ehre den Gütern der Höhe! Friede auf Erden! Und den Menschen allen ein Wohlgefallen!

Die Welt hat der Ruf erobert. Was gab ihm die Macht? Sein Ziel umschwingt alle Länder und Völker. Ver­binden und einigen heißt seine Seele. Verbinden im Geist, der die Kräfte des Alls erkennt und bändigt, verbinden in der Arbeit, die den Grund der Erde ausschöpft und Land auf Land, Volk auf Volt anweist. Daseinsluft soll der Ertrag sein, der alle beglückt. Aber die Wege wurden zersprengt, der Krieg kam über die Menschen.

Weg, der die Zukunft fucht, wie bist du hart! Aus­einander irren im Suchen die Scharen, die Schulter an Schulter bleiben müßten. Aber der Weg, den der Stern weist, kann nur auf einer Linie der nächste sein. Der Kräfte find viele, aber der Weg will, daß sie schreiten als eine Straft.

Im Feld draußen wühlt der schreckliche Strieg. Millionen, die wir lieben, wachen und streiten da draußen. Der Weg, den der wandernde Stern nimmt, hat die blutigsten Leiden der Menschheit unter sich. Erst jenseit, hinter dem Kriege, liegt das Ziel, das alle Nebel von seinem Glanze löst, das Ziel, das erlöst.

Haben die Völker den Krieg gewollt? Jedes Volt ver- Unser Weg zieht durch den Krieg, wir müssen den Krieg wahrt sich dagegen. Aber alle müssen ihn tragen. Sie bestehn! Er soll uns nicht werfen, aufrecht soll er uns haben ihn geahnt, aber nicht gewollt. Sie hatten noch nicht sehn. Beute foll er uns lassen, Beute des Völferheils. Das die heilige Macht, dem Lauf der Geschicke zu gebieten. Der Leben der Millionen Väter, Söhne, Brüder, die im Felde Hebel war noch nicht in ihrer Hand, der das Räderwerk todumdroht der größten Stunde harren, soll ein Quell sein zwingt. Das blutige Schicksal sprang aus der Maschine. der Straft, die in erlösende Zukunft strömt. Stern, du führst Ihre Riemen, Kräfte, Zähne rasen. Furchtbare Hämmer uns zu ihnen ins Feld! Unjre Weihnacht sei abermals dort! schlagen den Ambos. Tosen erdrückt den läutenden Klang: Harter Weg, du klirrst und klaffst unter unfern Sohlen. Frieden, Frieden, Frieden auf Erden! Harter Weg, du bist ohne festliche Glocken. Wenn wir nahen, Die Völker haben den Krieg nicht gewollt, sie fannen werden Väter, Söhne, Brüder auf unsere Hände schauen und auf Frieden. Die aber geklärten Geiftes begriffen, wie der fragen: Bringt ihr den Frieden? Hat er nicht eben laute Friede sich gründen läßt, sie wußten, nur kämpfend war er Stimmen vorausgefandt? zu bannen. Wissen, bleib wach! Nun gilt's deine Kräfte! Väter, Söhne, Brüder, wir fragten nach Frieden! aber Die Zeit stieß uns die Blutprobe zu: den Hebel, der den als er zum Glockenseil griff, ward es ihm vor den Händen Die Tanne am Abhang sah es und träumte ihren alten

Nein. Ein Tier ist es nicht. Säge nennen die Menschen s

das Ding, wie ich von Holzschlägern gehört habe. Das seßen sie Traum. an unsern Fuß, die Zähne beißen zu, und wir stürzen um." Eines Tages blieben die jungen Schnitter aus. Meltere Welch' schrecklicher Tod!" jammerten die Tannen. Männer famen und führten bedächtig die Sense, Frauen Am Rande einer Schonung, auf dem großen, bewaldeten" Es dauert nur einen Augenblick. Und wir sind auch sogar, und die Mädchen banden eilig Garbe um Garbe. Abhange, der sich dicht an der Landesgrenze erhebt, stand sie nicht tot. Denn erst dann kommen wir wirklich zu Ehren bei Aber wenn sie am Abend Arm in Arm heimschritten, sangen und reckte ihre schlanke, jugendfrische Gestalt empor. den Menschen. Sie tragen uns in ihre warmen Stuben, sie nicht mehr. Im Frühling spürte sie ein geheimnisvolles Quellen und geben uns einen fünstlichen Fuß, so daß wir wieder gerade Als die Felder abgeerntet waren und hier und dort noch Werden in Stamm und Aesten, und als die Maisonne ihr und aufrecht stehen wie hier. Dann schmücken sie uns und die Garben in Hocken standen, traten an einem Morgen eine Goldlicht über die grüne Schonung breitete, schoß es in gelb- bekleiden uns mit strahlender Herrlichkeit. Silbernes Haar große Anzahl grauer Männer aus dem Walde und spähten grünen harzigen Trieben aus allen Zweigen, und die fecke wird über unsere Zweige rieſeln, goldene Nüsse, rotbädige vorsichtig in die Ebene hinaus. Sie trugen Tornister auf Spike reckte sich höher und leuchtete wie klarer Bernstein  . Aepfel und bunte Süßigkeiten werden sich daran schaufeln dem Rücken und Gewehre in den Händen. Sie zerstreuten Wenn am Abend die Sonne weit drüben in der und kleine, weiße Engel werden uns umschweben. Ja! Auf sich in langen Linien auf Aeckern und Wiesen und warfen schimmernden Ebene versant und ein lauer Lenzwind aus den der ganzen weiten Welt gibt es keinen Baum außer uns, der tiefe Gräben quer über die Ebene auf bis hinauf zum Fuße Aeckern und Wiesen im Tale heraufwehte, wenn die so wunderbare Früchte trägt, feinen einzigen, der so geliebt des Abhanges. Dämmerung sich über Hügel, Wald und Ebene breitete, dann und verehrt wird wie wir."

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hob ein eifriges Wispern und Flüstern in der Schonung an. Staunend hörten es die andern und bebten vor Ehrfurcht Die Bäumchen neigten sich zu einander und raunten sich und Glücksgefühl. Und das ist wirklich wahr?" wunderbare Geschichten zu von dem Leben, das sie erwartete, ,, Es ist wahr. Aber das Schönste, das Allerschönste wißt von der strahlenden Kraft der Sommersonne und der ihr noch nicht. Wie wir jetzt unsere Maiferzen tragen, so weißen Märchenpracht des Winters. werden uns dann blütenweiße und rosenbunte Lichter Wie schön hat uns Mutter Natur gekleidet!" sagte der schmücken: Kerzen, die wirklich brennen und leuchten. Und schlanke Tannenbaum am Rande der Schonung. Leuchten lachende Kinder werden um uns sein und uns anstaunen mit unsere Triebe nicht wie Sterzen?" glänzenden Augen, werden singen und jauchzen, und ihre Und alle die kleinen Tannen nickten eifrig und wiegten fleinen Seelchen werden hüpfen vor Lust und Freude!" sich froh und stolz in dem sanften Winde des Frühlings. ,, Wie schön!" flüsterten begeistert die Bäumchen. Wie Die Tanne am Rande des Abhangs aber war die herrlich!" schönste und größte von allen. Wenn sie sprach, hörten die Ja, ihr Schwestern und Brüder! Alles, was lebt und andern andächtig zu, denn sie hatte über alles ihre eigene webt auf dieser Erde, hat seinen eigenen Zwed, seine be­Meinung und genoß den Ruf, ein Philosoph zu sein. sondere Aufgabe. Aber unser ist das herrliche Los geworden: Schön sind unsere Maiferzen, das ist wahr," fagte fie. den Kindern Freude zu bereiten!" " Ich möchte sie nicht missen; denn sie setzen helle Lichter auf Da ging ein dankbares, andächtiges Rauschen durch das unser dunkles Kleid. Aber es warten unser noch viel, viel Heer der kleinen Bäume. Die Frühlingsnacht mit ihren schönere. Wenn der unfreundliche, düstere Herbst vorüber ist Sternen umspannte den Wald, und der laue Wind wiegte die und der Winter unsere Zweige mit seinen weichen, weißen Bäumchen in seligen Schlaf. Flocken bedeckt- dann erst fommt das große Wunder in unser Leben. Und dann erst fühlen wir ganz, wozu wir be­rufen find: in Schönheit zu sterben für eine herrliche Auf­gabe

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Da neigten die Bäumchen sich neugierig vor und wisperten: Sprich, was ist es?"

Die große Tanne träumte eine Weile vor sich hin. Dann sagte fie: Habt ihr zuweilen das schrille Kreischen hinter uns im Walde gehört?"

Da schauerten die kleinen Bäume furchtsam zusammen und raunten eifrig: Ja. Es soll ein schreckliches Tier mit blanken, spigen Zähnen sein, das die Bäume friẞt."

Die große Tanne aber stand schweigend am Abhang und träumte noch lange, lange in ferne Zukunft hinaus.... Tag und Nachte träumte sie und blickte glückselig in die weite Ebene hinunter.

Es kam der Sommer und auf den Aeckern flutete das Meer der goldenen Halme im Sonnenbrande. Der Duft reifenden Brotes wallte auf und mischte sich mit dem Harzgeruch des Waldes und dem Ddem der zahllosen Blüten, die in buntem Reichtum überall hervorsproßten.

Die Schnitter rückten heran; ihre blanken Sensen blitzten in der Glut des Himmelfeuers, und das Goldmeer der Halme berebbte unter dem Schwirren der funkelnden Eisen.

Die Tanne sah es verwundert und träumte weiter wie vorher.

Doch bald kam die Stunde, da sie jäh emporschreckte aus ihrem Traum. Vor ihr am jenseitigen Rande der Ebene sprühte ein Feuerblik auf; hinter ihr im Walde gab es einen harten Schlag, so daß ihre Wurzeln erbebten, und dann blikte, fauchte und donnerte es von allen Seiten.

Unten in den Gräben begannen die Flinten zu knattern, und hoch oben in der Luft zog ratternd ein großer, mert­würdiger Vogel seine Streise. Weiße Wölkchen umflatterten und begleiteten ihn.

Hinter den Gräben schlugen dunkle Stücke ein und warfen eine feurige Wolfe von Dualm und Erde sprizend empor. Das ging so Tag und Nacht. Wochen... Monate..

Nun war der Herbst da und schüttete seine Wolken über die grauen Männer in den Gräben aus. Der Himmel ber­finsterte sich, und wütende Stürme jagten über die Ebene und brausten durch den Wald.

An einem solchen Tage ging wieder das graufige Loben und Brüllen an. Die Luft war erfüllt von sprühendem Feuer und fliegendem Eisen. In der Ebene, im Walde und hoch oben in den Wolken zischte und pfiff, knallte, wimmerte und heulte es.

An diesem Tage geschah es, daß zum ersten Male ein gewaltiges Stück Eisen in die Schonung schlug, viele kleine Tannen zerschmetterte und die Stücke hoch in die Luft schleuderte.

Da fuhren die anderen in tödlichem Entsehen zusammen und bogen sich verzweifelt nach allen Seiten, als ob sie fliehen wollten.