Für unsere Kinder

morgen." Der Soldat lachte auf: ,, Du redest irr. Sieh mich an, meine Rüstung, meine Waffen. In unseren Zeughäusern stehen Gewehre, Ka­nonen, in unseren Seehäfen liegen Kriegs­schiffe."

Die Freiheit hob das Haupt und sprach: Bruder, die Freiheit könnt ihr nicht tot­schießen. Wenn sie mit dem Morgen da ist, so könnt ihr sie nicht mit euren plumpen Waffen morden." Als die Freiheit ausge­sprochen hatte, ging es von ihr wie ein Leuch­ten aus. Der Soldat wandte das Gesicht zur Erde und schwieg. Als er wieder aufblicken fonnte, sagte er: Freiheit, du bist schöner und gewaltiger als wir mit unseren Mord­werkzeugen. Ich verstehe dich, es ist, als wolle man die Sonne mit Kanonen vom Himmel schießen. Das wäre ein törichtes Spiel."

" Ja," entgegnete die Freiheit, auch darum töricht, weil ihr die Erde um die Sonne bringen würdet. Aber es ist beides so unmöglich wie verwegen." Der Soldat blickte wieder zur Erde, denn die Freiheit blendete ihn. Da sah er, wie seine Knöpfe glänzten. Und er lachte: Ich habe mich selbst in diesen Gefangenentittel ein­geknöpft. Jch will mich daraus befreien." Und er riß die Kleider von sich.

Da jubelten die Kinder in und außer dem Gitter. Er wirft den dummen Säbel weg! Und der Rock mitsamt den schönen Knöpfen ertrinkt im Brunnen." Ein Knabe machte: ,, St! St!" Als die Augen der Kinder auf der Bühne den Soldaten suchten, da war ein anderer Mensch aus ihm geworden. Er trug ein helles Gewand und stand zur Seite der Freiheit.

In diesem Augenblick stürzte ein Haufen Soldaten herbei und auf einem Pferde voran der Hauptmann. Das ist Fahnenflucht!" schrie er." Soldaten, gebt Feuer!" Die Soldaten legten die Gewehre an, aber sie frachten nicht los. Denn das junge lichte Weib stand da und rief: Brüder, ich bin die Freiheit." Es ging ein Leuchten von der Gestalt aus, daß alle geblendet standen. Die Soldaten erkannten den Mann neben der Freiheit und jubelten: So könnten wir alle aussehen, so frei und glücklich wie er. Wir sollen unsere Hoffnung töten? Unsere eigene Zukunft?" Sie reichten sich die Hände und umstellten schüßend die Freiheit. Da sah der Hauptmann, daß er allein war. Er konnte nicht befehlen, weil niemand bei ihm geblieben war. Er stieg vom Pferde und führte es am Zügel davon. Seine Worte wurden von Jubelrufen erstickt.

27

Die Kinder fanden das Spiel spaßhaft und brachen in schallendes Gelächter aus. Da geht er nun mit seinem Säbel und mit seinem Ge­wehr! Seht, seht!" Die Bühne füllte sich mit Soldaten, bis dicht an die Häuser heran standen sie auf dem Marktplatz. Es öffneten sich die Fenster, und Leute schauten heraus. Die Frei­heit nahm ihre Blumen aus dem Haar und warf sie unter die herbeiströmenden Männer, die voll Begeisterung sangen, ihr zur Ehre. Und es war das Befreiungslied der großen französischen   Revolution, ein Lied, in dem Fesseln sprengen: die Marseillaise  . Aus den engen Gassen kamen die Frauen herbei und fangen freudig mit, die Kinder folgten in eigener Weise.

Da konnten auch die Kinder hinter dem Zaune nicht mehr an sich halten. Die Knaben nahmen die Mädchen an den Händen, und der große Jubel riß auch die Kinder auf den Bänken mit fort. Es erhoben sich alle und wiederholten den Kinderchor:

,, Wir rücken nach in eure Bahnen, Wenn ihr, o Väter, nicht mehr seid. Euer Staub dort wird uns mahnen Und die Spur eurer Tapferkeit! Was liegt am Leben! Mag's verhallen! Mehr doch gilt euer Todeslos. Ein stolzes Ziel erschimmert groß: Euch rächen oder auch zu fallen!" Da fielen die Erwachsenen wieder in das Lied ein:

,, Nehmt Waffen! Bürger all! Schließt dicht die Reihn! Es gilt! Marsch, marsch! Drauf los! Verruchtes Blut

Durchtränke das Gefilde!"

Der Purpurvorhang schloß sich und verbarg den Kindern das Freiheitsspiel. Aber in ihre kleinen Herzen war eine frohe Botschaft ge= kommen: das Lied der Freiheit.

Die Seelchen harren still wie eine Harfe, ob nicht das Leben in ihre Saiten greift. E. B.

"

000

Der Knabe von Budapest  .

Von Klara Müller- Jahnke.

Arbeit gebt uns und gebt uns Brot! Wir leiden Kälte, wir leiden Not: Wir haben ein Recht auf Leben- Das Recht nur sollt ihr uns geben!" Ein Heer von aber tausend Mann, Mit dröhnenden Schritten rückt es an,