dern Gelegenheit zu anderer Versorgung zu lassen, wurde eine Frist gesetzt, die am 2. März abgelaufen ist. Dadurch wird vor allem die Kohleversorgung Ita­ liens betroffen. Italiens Kohlenproduk­tion beträgt ungefähr 1 2 Millionen Tonnen, sein Verbrauch 12 13 Millio­nen Tonnen. Italien importiert etwa 4 Millionen Tonnen aus England, 8 Mil­lionen Tonnen aus Deutschland , davon etwa die eine Hälfte zu Lande, die an­dere über Rotterdam auf dem Meeres­wege. Deutschland kann die Zufuhr zu Lande wegen der Beanspruchung der Eisenbahn nicht wesentlich steigern, die Meereszufuhr wird von England jetzt verhindert. Eine Anzahl Kohlenschiffe, die aus Rotterdam ausgefahren waren, sind auf italienische Weisung wieder in den Hafen zurückgekehrt, um der Be­schlagnahme zu entgehen. England ist bereit, die fehlende Kohlenmenge Ita­ lien zu liefern. In Devisen kann Italien nicht zahlen, jedenfalls nicht die ganze Summe. England hat sich einverstan­den erklärt, Erzeugnisse der italieni­schen Schwerindustrie in Zahlung zu nehmen, Italien wollte aber nur Agrar- produkte liefern, die England, soweit es deren überhaupt bedarf, aus dem eige­nen Empire beziehen kann. An dieser Differenz ist eine Vereinbarung bisher gescheitert, die Verhandlungen sollen aber fortgesetzt werden. Für Deutschland wäre die Unterbin­dung der Kohlenlieferungen ein schwe­rer Schlag. Italien ist ein wichtiger Lie­ferant. Am 26. Februar wurde nach langen Verhandlungen ein neuer deutsch - italienischer Handelsvertrag abgeschlossen, demzufolge Deutschland für 3 Milliarden Lire Waren an Italien liefern und für 2 1/2 Milliarden Lire von Italien beziehen sollte. Die Unterbin­dung der Kohlentransporte würde Deutschland nicht nur ein wesentliches Zahlungsmittel nehmen, sondern auch für Italien den Vertrag viel wertloser raachen. Die Blockade Deutschlands würde wesentlich enger. Man darf auch vermuten, dass Deutschland aus Italien hicht nur Produkte der italienischen Schwerindustrie erhalten hat, sondern auch manche ausländische Waren, die es auf andere Weise kaum beziehen kann. Es ist also eine wichtige Phase in der erweiterten Durchführung des Wirtschaftskrieges, die sich jetzt ankün­digt. Wie bei allen Problemen der so­genannten Neutralität handelt es sich nicht allein um eine Rechtsfrage, son­dern um eine Machtfrage. Auch hier verknüpfen sich zugleich die wirtschaft­lichen unauflöslich mit den militäri­schen Interessen zu einem Ganzen. Und die Entscheidung wird diesmal um so schwerwiegender, da es eine Entschei­dung zwischen Grossmächten ist. Dr. Richard Kern Chronik der Woche EeMe Krie�«(a�unsr der Infernafionale Propaganda anw Antraf Das Bekanntwerden der deutschen Schandtaten in Polen hat die Herren des Dritten Reiches nervös gemacht. Mächtige Männer des Auslandes fordern Wiedergut­machung, die Weltpresse berichtet in einer Form, die unangenehm an die Vor­bereitung einer Rechnung gemahnt, die Deutschland demnächst präsentiert wer­den soll. Das deutsche Volk horcht auf. Es hat vor fünfundzwanzig Jahren er­fahren, dass eine solche Rechnung am Ende des Krieges vorgelegt wurde und von ihm selbst bezahlt werden musste. Es beginnt misstrauisch auf die Taten jener zu blicken, die sich heute noch seine Führer nennen. Misstrauen des Volkes, das ist eine Schwierigkeit, für deren Beseitigung im Dritten Reich das Propagandaministerium zuständig ist. Es hat sein Werk bereits begonnen. Zunächst wurde ein Beruhi­gungsversuch durch Aufstellung einer Ge­genrechnung unternommen. Die gesamte Goebbelspresse hallt wider von dem Ge­schrei über die zahllosen Greuel, die in Polen angeblich an Deutschen be­gangen wurden. Wer ausführliche Greuelgeschichten als zu aufregend, oder wer Zahlenangaben als zu nüchtern ablehnt, der kann imVöl­kischen Beobachter" eine kosmetisch­historische Version auf sich wirken las­sen.Alles was hier(in Polen ) geschieht und geplant wird, ist nichts weiter als die zielbewusste und sorgfältige Säube­rung des deutschen Antlitzes, das diesem alten ostgermanischen Siedlungsraum seil seinem Eintritt in die Geschichte für alle Zeiten aufgeprägt ist, von der grellen und Sonntag, 15. Februar 1940 Die Exekutive der Sozialistischen Arbei­ter-Internationale hielt in Brüssel eine Ta­gung ab, an der die Vertreter der sozia­ listischen Parteien der demokratischen Länder Europas teilnahmen. Die Ge­sichtspunkte der Sozialisten in den neu­tralen und in den kriegführenden Län­dern wurden in eingehender Diskussion dargestellt. Zum neuen Präsidenten der Internationale wurde Camille Huysmans gewählt. Zwischen Deutschland und Italien wurde ein Handelsvertrag für das kommende Jahr abgeschlossen. Er sieht die Lieferung von sieben Millionen Tonnen Kohlen vor, von denen vier bis fünf Millionen auf dem Seeweg nach Italien geschickt werden müs­sen. Die Schwierigkeiten des Transportes sollen auf Italien abgewälzt werden. Der Wert des von den Südtirolern zurückgelas­senen Besitzes wurde nach langwierigen Verhandlungen mit etwas mehr als sieben Millionen Lire angesetzt. Die jugoslawische Polizei hob in der slo­wenischen Stadt Celje eine deutsche Ge­ stapo -Zentrale aus. Zehn Deutsche wurden verhaftet. Alle hatten falsche Dollarnoten in ihrem Besitz. Sie gaben bei ihrer Ver­nehmung an, dass sie die Tätigkeit der Deutschen in Jugoslawien zu überwachen hatten. Auf den Protest der schwedischen Regie­rung wegen der Bombardierung des schwe­dischen Dorfes Pajala liess die Sowjet­regierung erklären, dass kein russisches Flugzeug Pajala überflogen habe, und dass es sich offenbar um eineböswilige Erfin­dung" einer englischen Nachrichtenagen­tur handle. Die schwedischen Zeitungen bringen Bilder des bombardierten Dorfes. Das erste Kontingent kanadischer Flieger ist in England angekommen. Montag, 26. Februar 1940 Vom schwedischen Reichstag wurde die Devisenbewirtschaftung zum Schutze der Gold- und Devisenreserve des Landes be­schlossen. Mit der Aussiedlung von 600 000 Weiss­russen und Ruthenen, die nach dem Stalin- Hitler-Abkommen aus dem von Deutschland okkupierten Polen in die Sowjetunion aus­zuwandern haben, ist begonnen worden. Der ganze Transport soll in wenigen Tagen beendet sein. Für die noch in Lodz lebenden Juden ha­ben die deutschen Besatzungsbehörden ein Ghetto eingerichtet. Dienstag, 27. Februar 1940 Die Schiffsverluste der Handelsflotte der Alliierten und Neutralen wurden in einem offiziellen deutschen Communique für die Zeit von Kriegsbeginn bis zum 20. Februar 1940 mit 469 Schiffen und einer Gesamt­tonnage von 1,81 Millionen Tonnen angege­ben. Die französische Admiralität bezeich­net diese Zahlen als falsch und gibt fol­gende Verluste an: Frankreich 14 Schiffe (66 120 t), England 157 Schiffe(590 419 t), Neutrale 141 Schiffe(408 590 t), also insge­samt 312 Schiffe(1 065 129 t). Rumänien hat weitere Reservistengruppen einberufen. Das Land wird im März zwei Millionen Mann unter den Fahnen haben. Mittwoch, 28. Februar 1940 Die amerikanische Luftpost nach Europa wurde auf den Bermuda -Inseln wiederholt von den Engländern zensuriert. Es sollen sich in der Post hohe, für Deutschland be­stimmte Werte befunden haben, die von den Engländern beschlagnahmt wurden. Es wird zwischen Amerika und England über diese Angelegenheit verhandelt, doch wer­den die amerikanischen Flugzeuge auf ih­ren Flügen nach Europa vorläufig keine Zwischenlandung auf den Bermuda -Inseln mehr vornehmen. Eine Blockade von Murmansk wird von einem ganzen Geschwader englischer Kriegsschiffe durchgeführt, um den Ver­kehr deutscher Schiffe durch die norwegi­schen Küstengewässer von und nach Mur­ mansk zu unterbinden. Der Verkauf des Memoirenbuches des früheren preussischen Ministerpräsidenten Otto Braun ist durch eine im Reichsanzei­ger publizierte Verordnung im Dritten Reich verboten worden. Donnerstag, 29. Februar 1940 Der französische Ministerrat beschloss die allgemeine Einführung von Lebensmittel­karten, sowie die Durchführung einiger Einschränkungen in der Ernährung, im Al­koholkonsum und in der Benzinzuteilung. Ein gewerkschaftliches Hilfskomitee für Finnland wurde in Frankreich gebildet. Es will dem flnnländischen Volk materielle Hilfe bringen und ausserdem die französi­ schen Arbeiter über denbolschewistischen aufdringlichen, entstellenden polnischen Schminke." Noch grösser als im Reich selbst ist die Angst unter den Deutschen , die von Hitler nach Polen geholt worden sind, wenn sie plötzlich an das Ende des Krie­ges denken und an die Stunde der Abrechnung, die für sie die Stunde der Vertreibung und der Heimatlosigkeit sein wird. Selbstverständlich prasselt über diese Gruppe derVolksdeutschen", die Hitler bereitwillige Helfer waren und die als die ersten Opfer mit ihm fallen werden, ein doppelter und dreifacher Segen aus den Händen von Joseph Goebbels . Hier wer­den die Mittel angewendet, die in der deutschen Arbeitsfront gegen die Arbeiter praktiziert wurden. Man lässt die Leute möglichst nicht zu Atem und zur Selbst­besinnung kommen. Ihre Arbeit wird ge­nau geregelt und ihre Freizeit ebenfalls. Sie werden in einem Dickicht von Order und Gegenorder eingefaneen, sodass sie ständig in Spannung gehalten werden. Sie müssen die deutschen Gesetze kennen ler­nen und die polnischen Anbau- oder Marktverhältnisse, die östlichen Handels­sitten und die nationalsozialistischen Ge­dankengänge. Wenn sie von einem Kursus zum andern eilen, so werden ihre Blick auf den Strassen eingefangen von grossen Plaka­ten, die Goebbels speziell für Polen her­stellen liess. Auf den Plakaten wird die ganze Schuld, die diese Deutschen bereits auf sich lasten fühlen, den Engländern zugeschoben. Vor einem rauchenden Trümmerhaufen Warschaus steht Cham - berlain und es wird ihm auseinanderge­setzt:Das ist Ihr Werk, Mr. Chamber- lain." Oder die Deutschen rufen ange­sichts des zerstörten Landes:Wir haben gewarnt!", oder andere Plakate versuchen die Angst zu beschwichtigen:Niemals wird die Sikorski-Gruppe nach Polen zu­rückkehren." In den beiden in Polen er­scheinenden Goebbelsblättern, in der Warschauer Zeitung" und imNowy Kurjer Warszawski" ist der immer wie­derkehrende Refrain:Polen kann nie- mals Hilfe von England oder Frankreich erwarten." Mit dieser Propaganda wird versucht, den Baltendeulschen, den Bauern aus Wolhynien und den beutegierigen Zuzüg­lern aus dem Reich Mut zuzusprechen, dass sie sich nicht durch Gewissensbisse oder durch Angst vor dem Kriegsende im Genuss der gestohlenen polnischen Habe beeinträchtigen lassen. Befreiungskampf" Stalins in Finnland durch Filmvortrüge aufklären. Die Hinrichtungen und Ausweisungen von Polen werden von den Deutschen in be­schleunigtem Tempo fortgesetzt. Zwei be­kannte polnische Industrielle wurden er­schossen, weil sie es ablehnten, an Stelle ihrer polnischen Nationalität die deutsche anzunehmen. Aus Lodz sind in den letz­ten Tagen sechstausend angesehene Fami­lien verjagt worden. Freitag, 1. März 1940 Die finnländische Regierung liess dem Sekretariat des Völkerbundes eine Note überreichen, in der auf die Kriegsmetho­den Russlands , auf das Bombardement offener Städte und Dörfer, Schulen und Krankenhäuser imd unbewaffneter Zivil­personen hingewiesen wurde. In einer zweiten Note wurde von der Verletzung der Neutralität der Aalands-Inseln, die durch die Genfer Konvention von 1921 garantiert war, Kenntnis gegeben. Die deutschen Eisenbahnen haben die Uebernahme rumänischer Waggons abge­lehnt, in denen Lebensmittel nach Nor­ wegen und Schweden über Stettin gesandt werden sollten. Offenbar wurde in Ber­ lin oder Moskau angenommen, dass es sich um Sendungen für Finnland handelte. Die englischen Gewerkschaften haben eine Geldsammlung für das finnische Volk eingeleitet. Die Sendung vonLiebesgaben-Paketen" von Holland nach Deutschland hat in den letzten Wochen einen solchen Umfang an­genommen, dass sich die holländische Re­gierung entschlossen hat, nur noch Päck­chen bis zum Höchstgewicht von drei Ki­logramm und nur von Privatpersonen an private Empfänger in Deutschland zuzu­lassen. Das Wrack des deutschen KreuzersAd- mirat Graf Spee" wurde von Deutschland an argentinische Metallwerke verkauft. Sonnabend, 2. März 1940 Ein belgisches Flugzeug ist über belgi­schem Territorium von einem deutschen Flugzeug abgeschossen worden. Der bel­gische Flugzeugführer wurde getötet. Zwei weitere belgische Flugzeuge wurden beschädigt. Der belgische Aussenminister hat gegen diesen Neutralitätsbruch pro­testiert. unbescholtenen Mädchen, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, gegenüberstand. Urteil; ein Jahr drei Monate Gefängnis. (Hessische Landeszeitung" 13. Jan. 1940.) «plol im Vrrpnhaii!« AmTag der deutschen Polizei" 17. und 18. Februar sind in Deutschland wie alljährlichfreiwillige Spenden" er- presst worden. Diesmal hat man als Ab­zeichen viele Millionen Miniaturpolizisten aus Kunstharz verkauft, und zwaralle Ein­zelformationen der Polizei". Die bunten Figuren, so pries derVölkische Beobach­ter" am 17. Februar die Ware, ,.s>nd wie Zinnsoldaten aufstellbar. Je­der kann also einmal, wenn er Lust dazu hat,Polizei spielen", und nach eigenem Wunsch und Belieben ganze Polizeiabtei­lungen aufmarschieren lassen." Und die SS -Hilfspolizei dazu. Wer eini­gen Hausfleiss auf das sinnige Spiel ver­wenden will, baut sich ein komplettes Kon­zentrationslager dazu mit elektrisch gela­denem Stacheldraht, Maschinengewehrtür- men, Bunker und Galgen. Nur Vorsicht, dass nichts passiert! Kunstharz entzündet sich manchmal. Gefülilvolle Einkaufen scheint heute in Deutschland nicht mehr einfach ein Handel zu sein Ware gegen Geld sondern eine Sache, die tiefere Gefühlsregionen aufwühlt als Einkaufslasche und Portemonnaie. Die Reichsfrauenführerin" hat zehn Ein­kaufsgebote erlassen und davon beschäf­tigen sich allein drei mit den Gefühlen, die zwischen Hausfrau und Kaufmann sein oder nicht sein dürfen. Es heisst im Gebot Nummer drei kurz und derb:Die einkaufende Hausfrau soll keine Anbie­derungsversuche gegenüber dem Kauf­mann machen." Umgekehrt wird im ach­ten Gebot dem Kaufmann zur Pflicht ge­macht,dass er bis zur letzten Minute lie­benswürdig bleibt" und das neunte Ge­bot fordert ihn aufseine persönlichen Sympathien und Antipathien nicht zu deutlich zum Ausdruck zu bringen." Pnichljalirmädrhen Frau Klara Rosenau aus der Hampel- bergstrasse in Sprottau , Gattin eines Stu­dienrates, war wegen fortgesetzter kör­perlicher Verletzung, begangen an ihrem Pflichtjahrmädel, angeklagt. Sie hatte das erst 14 Jahre alte Kind Tag für Tag ge­schlagen, ihm die Ohren blutig gerissen, ihm Verletzungen mit einem Teppich­klopfer und mit einer Kohlenschaufel bei­gebracht und ein Auge blau und blutig geprügelt. Urteil: ein Monat Gefängnis. (Schwarzes Korps" 8. Febr. 1940.) Der verheiratete unvorbestrafte E. B. aus Froschhausen hat sich mehrere Male an einem in seiner Familie aufgenomme­nen Pflichljahrmädchen vergangen. Es muss gesagt werden, dass er hier als Er­zieher einer abhängigen Person, einem Werfskala ImVölkischen Beobachter" vom 20. Fe­bruar liest man: Es werden immer die besten Jungen und Mädel sein, die sich zum Landdienst der HJ melden, die als Führer und Füh­rerinnen einer Landdienstschar auf deutschen Bauernhöfen arbeiten, um spä­ter dann vielleicht Wchrbauern und Bäue­rinnen zu sein und damit ewig neues Bauerntum zu begründen."« Andere Jungen und Mädchen mögen ma­chen, was sie wollen, sie mögen sich zu Gelehrten oder Künstlern, Erfindern oder Forschern entwickeln dieBesten" sind sie bestimmt nicht. Eine Dienststraf Ordnung für die weibli­chen Angehörigen des Reichsarbeitsdien­stes ist erlassen worden. Sie wird in den Schulungslagern der Lagerführerinnen eifrig einstndiert, auf dass die zukünftige Lagerführerin keine Strafmöglichkeit aus- lässt.