JOURNAL ANTIHITLERIEN

Journal social-democrate destin� aux refugies de langue allemande

NOUVEL"EN AVANT!" Hebdomadaire en langue allemande Redaktion und Verlag: 30, Rue des Ecoles, Paris -5. Tel6phone: Odeon 42-58

Nr. 349. SONNTAG, 25. Februar 1940

Aus dem Inhalt: Berlin im Kriege Rassenlehre über Bord Thyssens Geld in Nazitaschen

Görings Angstschrei

Die Furcht vor der Blockalle

Am 15. Februar hat der Feldmarschall Göring in seiner Eigenschaft als Dikta­tor der deutschen Wirtschaft eine Rede an die Landwirte gehalten, die in man­cher Beziehung recht aufschlussreich ist. Die deutsche Agrarproduktion war bei Kriegsausbruch nach sechs Jahren Dar­re-Wirtschaft in eine ausgesprochene Krise geraten. Die Nachfrage der Rü­stungsindustrie nach Arbeitskräften hat­te zu einer nicht einzudämmenden Land­flucht geführt. Nach den Angaben des Reichsnährstandes selbst fehlten minde­stens dreiviertel Millioneen Landarbei­ter. Dies war um so bedenklicher, als es gerade an qualifizierten Arbeitern man­gelte. So fehlten die Melker und die er­fahrenen Wärter, was zu einem Rück­gang der Viehzucht führte. Am schlimm­sten war der Mangel fühlbar bei den arbeitsintensivierten Kulturen, den Rü­ben-, Hanf-, Flachs- und Oelsaatenbau. Die Tendenz zum Uebergang zu einer mehr extensiven, arbeitsparenden Wirt­schaft war deutlich sichtbar, wie wir das imNeuen Vorwärts" vom 30. Juli 1939 an Hand amtlichen Materials aus­führlich geschildert hatten. Görings Rede hatte keinen anderen Zweck, als dieser Tendenz entgegenzu­treten. Diesmal schimpfte er nicht, er drohte kaum, er versprach und be­schwor: Alles, was überhaupt menschenmög­lich ist, wird geschehen. Kapitulieren werden wir keinesfalls. Auch das Land­volk darf nicht kapitulieren. Wenn ein­zelne Schwächlinge Euch sagen, Ihr wer­det ja gar nicht den Dünger bekommen, den man Euch verspricht, so sage ich Euch, Ihr werdet den erforderlichen Kunstdünger doch bekommen." Diese Bemerkungen sind recht inter­essant. Denn bisher war von einem Man­gel in der Düngerversorgung nie die Rede gewesen. Die jetzt zugestandenen Schwierigkeiten sind zunächst wohl auf die Störungen im Transport zurückzu­führen, bedingt durch die Herunterwirt­schaftung des Eisenbahnsystems und ausserordentlich gesteigert durch die Kriegsansprüche und die Kälte. Aber noch wichtiger ist etwas anderes. Die deutsche Produktion sichert den Bedarf an Kali und Stickstoff in reichlichem Masse; aber der für die V irkung des Kunstdüngers unentbehrliche Bedarf an Phosphaten kann in Deutschland nicht erzeugt, er musste immer eingeführt werden. Diese Zufuhr ist durch die Blockade zum grössten Teil unterbun­den. Der Phosphatmangel war schon im letzten Krieg eine der Ursachen, wes­halb der Ernteertrag in den beiden letz­ten Kriegsjahren um 40 Prozent her­untersank. Lassen sich also die Trans­portschwierigkeiten vielleicht mildern, mögen auch die Phosphatvorräte, die be­stimmt keinen grossen Umfang haben können, für das kommende Landwirt­schaftsjahr halbwegs reichen, so wird der Phosphatmangel auf die Dauer nur immer stärker fühlbar werden eine wichtige Wirkung der Blockade.

Schon aus diesem Grunde ist es nicht wahr, wenn Göring verkündet: Der Weg zur intensiven Wirtschaft ist frei und wird freigemacht werden. Je­der Hektar deutschen Bodens muss aus­genutzt werden. Wer extensive Wirt­schaft betreibt, versündigt sich am deut­ schen Volk. Deutsche Bauern: Werdet mir nicht zaghaft. Da sagt vielleicht die­ser oder jener: ,Wir haben Rüben ange­baut, und ein Teil dieser Rüben steckt heute noch im Boden.' Ich weiss das. Aber das ist ja nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz(?) Was bedeutet dieser kleine Prozentsatz zu dem, was geborgen worden ist. Ihr könnt und müsst Euch aber darauf verlassen, dass im kommenden Jahre keine Rübe mehr im Boden stecken bleiben wird,(?) Wer aber dadurch finanziellen Schaden ge­habt hat, der wird, dafür werde ich sor­gen, einen gerechten finanziellen Aus­gleich erhalten." Göring verlangt eine Ausweitung des Oelfruchtbaus um nicht weniger als min­destens 200 000 Hektar, Verstärkung des Hackfruchtbaues um 10 15 Prozent und Verwandlung von Grünland in Acker­fläche. Für die Umwandlung eines Hek­tars Grünland in Ackerland wird eine Prämie von 240 RM gezahlt. Das ist aber nicht alles. Als wichtig­ste Frage sieht Göring die Steigerung der Milch- und Butterproduktion an. Des­halb wird der Preis für die Vollmilch um 2 Pfennige pro Liter und der But­terpreis um 20 Pfennige pro Pfund er­höht. Dieser Beschluss entgegen allen feierlichen Versprechungen, den Preis dieser unentbehrlichen Lebensmittel nicht zu erhöhen, zeigt, wie drohend ge­rade der Rückgang auf diesem Gebiet geworden ist. Göring gesteht es selbst. Ich hatte es mir vorgenommen, unter keinen Umständen Preiserhöhungen zu­zulassen. Nach langem Hin und Her und nach vielen Beratungen mit Eurem Reichsbauernführcr(Darre) habe ich mich dazu entschlossen. Ich war mir klar, dass es eine Milchpreiserhöhung nur dann geben darf, wenn es unbedingt nö­tig ist. Diese Notwendigkeit besteht." Aber den Bauern, die durch die Preis­erhöhung zu vermehrter Rindviehhaltung bewogen werden sollen, werden gleich­zeitig neue Entbehrungen an ihrer eige­nen Ernährung auferlegt. Und nicht

zu knapp.Es sind bis jetzt drei Mil­liarden Liter Milch im Jahr in Eigen­betrieben verbraucht worden. Von jetzt an müsst ihr an zwei Milliarden Liter im Eigenverbrauch ersparen." Die Bau­ern bekommen also jetzt mehr Geld für ihre Milch, aber sie sollen selbst zwei Drittel weniger Milch als bisher trinken. Ob sie sich hei dem rasch zunehmenden Warenmangel für das Geld etwas Nütz­liches werden kaufen können, steht da­hin: aber sicher ist, dass sie mehr hun­gern müssen. Göring hat also ganz recht, wenn er den Bauern sagt:Die Preiser­höhung ist kein Geschenk für Euch. Sie soll Euch lediglich die sichere Platt­form für die verstärkte Milchwirtschaft geben." Der Konsument wird nicht hesser be­handelt. Für ihn und zugleich für das Wesen der berühmtenVolksgemein­schaft" hat Göring folgende wirklich offenherzige Formulierung; Wer begütert ist, soll Butler kaufen; wer aber weniger begütert ist, soll für seine Butterkarten Margarine nehmen. Die technischen Einzelheiten dafür wer­den noch bekanntgegeben werden... In­dem der Begüterte den erhöhten Butter­preis bezahlt, hilft er uns, die deutsche Fetfwirtschaft verstärken....Ist das etwa unsozial? Das deutsche Volk weiss es ja nun schon: Nicht das ist sozial, was gerade bequem ist. Sozial ist, dass man für die Zukunft schafft." Görings Rede, die Goebbels nur mit vielen Weglassungen, z.B. auch der oben angeführten Wendungen zu veröffentli­chen gestattete, ist ein einziger Angst­schrei. Es ist die Furcht vorEnglands Fettblockade", die aus ihm spricht. Und in der Tat, neben dem Mangel an Petro­leum, Eisenerz und Phosphaten ist die Fettlücke mit der schwächste Punkt in der deutschen Kriegswirtschaft. Wird der Appell Görings, werden die ausgesetzen Prämien und die Preiserhö­hungen im Kriege das Wunder bewir­ken, das alle Massnahmen Darres wäh­rend der sechs Friedensjahre nicht her­beiführen konnten? Wir haben gesehen, dass der Rück­gang der intensiven Wirtschaft erzwun­gen war durch den Arbeitermangel. Wenn Göring den Bauern sagt, sie müss- ten jetzt doppelt so viel arbeiten wie im Frieden, auch die Frauen dürften

davon keine Ausnahme machen, so muss das selbst von den treuesten und einfältigsten seiner Zuhörer nur als Hohn empfunden worden sein. Denn schon im Frieden war infolge der Land­flucht die Arbeitslast des Bauern und seiner Frau ins Unerträgliche gewach­sen und gerade diese Ueberlastung wur­de in der nationalsozialistischen Presse selbst als eine grosse Gefahr geschildert. Göring hat auf die Verwendung der pol­nischen Kriegsgefangenen und der nach Deutschland zwangsweise importierten tschechischen und polnischen landwirt­schaftlichen Arbeiter verwiesen. In der deutschen Presse ist von einer Million solcher Arbeiter die Rede gewesen. Stimmte das, so wäre das zahlenmässig der Ersatz für die im letzten Friedens­jahr mangelnden Arbeitskräfte, ohne Berücksichtigung der Qualität. Aber seitdem muss die Mobilisierung in den Bestand der Bauern und Landarbeiter grosse Lücken gerissen haben. Dazu kommt noch die Requisition der Pferde und Traktoren. Der Ersatz von Arbeits­kraft durch Maschinerie, der im Frieden propagiert wurde, machte schon damals nur ganz langsame Fortschritte, da die Maschinenindustrie Jahre zur Lieferung brauchte. Die Möglichkeit zur Intensivie­rung ist deshalb im Krieg nicht vorhan­den, der Preisanreiz wird vergeblich bleiben, die deutsche Landwirtschafts- erzougung wird nicht steigen, sondern sinken, die Einschränkungen nicht ge­ringer, sondern härter werden. Gewiss ist es nicht so, dass die deutsche Ernäh­rungslage schon in kurzer Zeit zur Ka­pitulation, vor der Göring immer wie­der warnte, führen müsste. Nach zwei sehr guten Erntejahren ist der deutsche Brotgetreidebedarf zunächst gesichert. Aber indem es Göring selbst als ent­scheidend bezeichnet, im Fett- und Fleischbedarf, wird die Lücke sich nicht schliessen, sondern sich erweitern, und man weiss aus den Erfahrungen von 1917 und 1918, was das bedeutet. Von einem hat Göring geschwiegen, von der Hilfe, die Russland bringen soll. Und in diesem Schweigen ist mehr Wahrheit als in all den Versicherungen und Versprechungen, die der Wirt­schaftsdiktator für eine Steigerung der landwnrtschaflichen Produktion gegeben hat. Dr. Richard Kern.

Ra�en lehre ein erleflisrtcp Traum Rie Trümmer lies hraunen Rassismus

...So haben wir also die romanti­schen Ideen, die sich um das Schein­gebilde der germanischen Vettern­schaft rankten, sang- und klanglos zu begraben. Das übervölkische Germa­nentum der Gegenwart hört auf, et­was anderes als eine Schulweisheit der vergleichenden Sprachforscher zu sein..." (Schwarzes Korps", 1. 2. 1940) Wirth, Leers, Günther fliegen in den Kar­zer, müssen nachsitzen, umlernen. Sie be­gegnen sich im Karzer mit Alfred Rosen­ berg . DasSchwarze Korps" greift an und

ein. Der Leitartikel ist betitelt:Aus der i Traum", nämlich der Traum vom germani­schen Vetter, vom rassenverwandfen, art­eignen England. Sein Germanentum ist jüdisch überlagert, nicht durch Vermi­schung ach, wenn es nur das wäre! Nein, dem Talmudismus seiner Religion, der Dogmatik der anglikanischen Hoch­kirche und der Wesensart des englischen Puritaners" ist das germanische Volk zum Opfer gefallen: Das Gebilde ihres Glaubens fusst un­mittelbar und fast ausschliesslich auf

dem alten Testament, aber nicht wie die christlichen Konfessionen es für sich aus­legen, sondern fast ausschliesslich auf seiner ursprünglichen Bestimmung als altjüdisches Gesetzbuch.... Man war der auch uns durchaus richtig dünkenden Meinung, dass auf weite Sicht allein die Rasse den Glauben prägen könnte, und man kam damit nicht zurechf, dass das germanische Angelsachsentum Träger ei­ner jüdischen Glaubensgenossenschaf l und Erbe der Auserwähltheit durch Jahve sein sollte. Also könnten, da an dem Glauben nicht zu rütteln war, die Eng­länder unmöglich Germanen sein!"