26 Für unsere Kinder waren. Sie mußten stehen, nnv die Aller- kleinsten steckten die Köpfe durch das Holz gitter. Die Knaben auf den Bänken hatten Matrosenhüte und steifgestärkte Halskragen. Die Mädchen trugen kurze Spitzenkleider, die jedesmal, wenn die Kleinen sich setzten, wie ein Luftballon in die Höhe flogen. Dann lach ten die Kinder draußen, weil man dabei die Höschen der Mädchen von hinten sehen konnte. Die Zuschauer außerhalb des Gitters gingen meist barfuß, sie hatten keine Hüte oder trugen sie am Arm gehängt, damit ihnen nichts von dem Spiel entgehen könne. Die Kinder innen und außen harrten froh, in Erwartung flüsterten sie und schwiegen wieder. Da ertönte die Theaterglocke. Alle Kinderaugen richteten sich auf den Purpur vorhang, der langsam auseinanderglitt. Es war ein Marktplatz zu sehen mit alten Giebel häusern. In der Mitte stand ein Brunnen, darinnen ein sonderbares Tier aus seinem aufgesperrten Rachen Wasser spie. Und jetzt kam feierlich eine buntlappige Puppe an die Rampe, verbeugte sich und sprach:Verehrte Herrschaften! Erlaubt, daß ich euch ein Schau spiel gebe. Hoffentlich wird es euch allen ge fallen. Wem es nicht gefällt, der dichte selbst eines, das besser ist." Darauf ging der Mann wieder ab. Nun kam ein Schmiedemeister, der einen wirklichen Meisterkopf hatte. Der traf von ungefähr am Markt einen Gesellen, der Arbeit suchte. Sie betrachteten einander und redeten hin und her. Es gelang ihnen nicht, sich zu einigen, obwohl sie sich fast taub schrien. Denn jeder wollte der Klügere sein und den größten Vorteil aus dem anderen ziehen. Am Ende schlugen die beiden auseinander los, daß man es nur so klatschen hörte. Sie gerieten in solchen Zorn, daß sie handgemein wurden, und daß dabei der Ge selle den Meister erschlug. Der Meister war tot, und sein Kopf baumelte über die Rampe hinaus. Als der Geselle seine Tat sah, über legte er sich, wie er sich herauslügen könnte, denn die Leute durften nicht wissen, daß er den Meister erschlagen hatte. Während seines Selbstgesprächs brachen ein paar zuschauende kleine Mädchen in Tränen aus. Sie hatten Mitleid mit dem Meister und Mitleid mit dem Gesellen. Draußen vor dem Gitter stand ein Mann und sagte zu seiner Frau, die gleichfalls das Spiel betrachtete:Nein, welch ein rohes Spiel ist das. Wie kann man Kindern das Menschen leben so abscheulich vorführen und so verlogen." Dies hörten Knaben, die vor dem Gitter standen. Als jetzt auf der Bühne der Schutzmann an geritten kam, riefen sie laut:Schluß! Schluß! Wir wollen etwas Schöneres sehen und hören, als solche Prügeleien." Da kam der Buntlappige wieder an die Rampe und schrie:Ihr Zaungäste da draußen seid ganz still. Ihr bezahlt ja doch nichts und müßt nehmen, was man euch gibt. Unsere vornehmen Zuschauer sind zufrieden damit." Das Spiel sollte weitergehen, aber alle Kinder waren nun unruhig geworden. Die Knaben draußen riefen den Kindern auf den Bänken zu:Laßt euch's nickt gefallen, wir wollen etwas Besseres sehen." Der Schutzmann auf der Bühne begann trotzdem sein Spiel. Er fluchte und schlug mit seinem Säbel ins Blinde. Da erhoben die Kinder vor dem Gitter ihre Stimmen, um ihn zum Schweigen zu bringen. Einige Knaben aus den Bänken aber sagten:Laßt ihn doch, das Spiel ist ganz nett." Nun stellte sich ein Mädchen auf die Bank und rief:Wenn ihr Buben solchen Unsinn redet, gehen wir Mäd chen alle fort." Da schämten sich die Jungen, sie kletterten auf die Bänke und trampelten, daß nicht mehr gespielt werden konnte. Als der Theaterbesitzer sah, daß auch diese Zu schauer keine Ruhe gaben, steckte er das Spiel auf. Während dieses Gelärms ging der Mann vor dem Zaune mit seiner Frau zu dem Be sitzer und sagte:Ich will selbst den Kindern ein Spiel geben, daß sie auf ihre Kosten kom men." Dem Besitzer war das recht, und er ließ beide hinter die Rampe treten. Bald ertönte die Glocke zum zweiten Male. Nun ging ein Mädchen im weißen Gewand, mit Blumen im losen Haar über den Markt. Da wurde es von einer Wache angehalten. Wer bist du?" fragte der Soldat. Das Mäd chen wandte sich um und sagte lächelnd:Ich bin die Freiheit." Keine Scherze!" rief der Soldat. Wir, ich und Tausende, halten Wache, damit die Frei heit nicht in unser Land eindringt. Ich muß dich ausweisen, denn du hast dich gewiß des Nachts zu uns geschlichen." Er betrachtete das Mädchen und schüttelte den Kopf:Ich habe hierzulande noch nie ein solches Geschöpf ge sehen, das aussieht wie du." Ich habe mich nicht eingeschlichen," er widerte die Freiheit,ich bin mit dem Morgen, dem Tag gekommen. Du und Tausende können mich nicht verjagen, denn ich wachse mit dem Schatten der Nacht und ich erstehe am Sonnen-