Für unsere Kinder

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und Sächelchen feilzubieten die einen für Sie sitzen am Klöppelsack, das ist ein sack­den Bedarf des Haushalts, die anderen zur artiges Kissen, das auf einem Gestell ruht. Freude der Kinder-, die im Winter angefertigt Von diesem Kissen hängen die Klöppel herab, worden sind? Zumal im oberen Erzgebirge sind die Bewohner auf gewerblichen Verdienst angewiesen. Der unebene steinige Boden und die rauhe Witterung sind dem Ackerbau wenig günstig. Die Bestellung der Felder erfordert unsägliche Mühe und Ausdauer. Nicht selten beginnt es schon Ende September zu schneien, und hat erst der Winter seinen Einzug ge­halten, so schneit es oft wochenlang weiter. Mitunter häuft sich der Schnee dann zwei und drei Meter hoch auf, die Bewohner der Bergorte müssen sich aus ihren niedrigen Häu­fern herausschaufeln, und Wege und Stege liegen zwischen wahren Schneemauern. Es kann weit in den Mai hineingehen, bis der Schnee ganz verschwunden ist. Während in den geschützteren Gegenden des Erzgebirges Weizen, Roggen und Flachs gedeihen, kommen auf den Hochflächen nur Kartoffeln und Hafer fort. Und es fehlt nicht an Jahren, wo der dürftige Ertrag an Hafer nicht völlig reif ge­erntet werden muß, und die Kartoffeln halb erfroren vom Felde kommen. Da ist es die Not, die von alters her die Bewohner des oberen Erzgebirges zu gewerblicher Arbeit und zum Hausterhandel getrieben hat. So auch in Lauter. Neben der Heimarbeit hat sich dort die Fabrikarbeit eingebürgert, und Fabrik pfeifen ist es, das mich am anderen Morgen um 6 Uhr aus dem Schlafe weckte.

Bald war ich wanderbereit. Mein Weg führte mich zunächst durch Schwarzenberg   und Mittweida  - Markersbach   nach Pöhla  . Trotz der Morgenstunde gab es überall fleißige Leute. Hier flappert der Webstuhl, da hämmert der Blechschmied, Händler hasten an mir vorüber der Eisenbahnstation zu, von der aus der nächste Zug fie nach Chemnitz   tragen soll. Sein Pfeif­chen schmauchend mäht ein Bauer Gras und ruft mir freundlich Guten Morgen" zu. Die flare Luft läßt einen prachtvollen Tag er­warten. Rüftig schreite ich aus. Je mehr mein Weg emporführt, um so mehr verschwinden die Fabriken und überlassen der Heimarbeit allein das Feld. In den Orten, durch die meine Straße führt, sitzen die Leute vor den kleinen Häuschen und liegen eifrig ihrer Arbeit ob. Nur so haben sie etwas von dem schönen Tag. Ich trete an eine fleißige Gruppe heran; Groß­mutter, Tochter und Enkelkinder. Die beiden Frauen, das jüngste Kindchen faum vier Jahre kann es alt sein!- flöppeln Spitzen.

mit Zwirn bewickelte Spulen, über die zum Schuße gegen Unsauberkeit hölzerne Hülsen ge­zogen sind, die Klöppeltüten. Auf dem Klöppel­fat liegt der Brief", ein Blatt Papier  , auf dem das Spitzenmuster gezeichnet steht. Löcher bezeichnen die Knoten- und Kreuzungsstellen, wo sich die zu verflechtenden Fäden treffen. Dort werden Nadeln mit bunten Glasköpfen in das Rissen gesteckt, um die die Klöppel ge­worfen" und damit die Fäden gedreht werden.. Hei, wie hurtig fliegen die Klöppel hinüber und herüber, von den geschickten Händen der Frauen geworfen! Vor meinen Augen wächst eine schöne Spitze unter ihnen hervor. Flink arbeiten die winzigen Fingerchen des kleinen Kindes an einem schmalen Muster. Aber wie erbärmlich wird der Bienenfleiß gelohnt! Selbst wenn die Preise hoch sind, verdient eine Gruppe Klöppelnder, wie ich sie vor mir habe, höch­stens 50 bis 60 Pfennig im Tag. Dabei darf sie feinen Augenblick versäumen, unaufhörlich muß sie die Hände regen. Ob sich wohl die gute Barbara Uttmann   das träumen ließ, als sie gegen das Jahr 1560 das Spitzenklöppeln aus den Niederlanden   im Erzgebirge   einführte, um der Not, dem Hunger der armen Bevölke rung zu wehren? Freilich, auch andere feine Handarbeit bringt nur Pfennige ins Haus. Neben den Klöpplerinnen näht ein etwa acht­jähriges Mädchen geduldig Perle an Perle auf eine schmale Borte. Die Augen hängen wie gebannt an der Arbeit, sie suchen nicht den blauen Himmel und die lachende Sonne. Die Finger fennen feine Rast. Stich- Stich­Stich. Die Borte wird die Meßgewänder katholischer Priester zieren. Gewiß, sie muß gut bezahlt werden. Aber. o weh: für ein ganzes Meter der Stickerei gibt es 9 Pfennig. Hat denn die Arbeit ihren Segen verloren? Ach nein, aber der fließt in andere Taschen als die des Arbeitenden, in die Taschen der Fabrikanten, Verleger, Faktoren, Auffäufer und wie sie alle heißen mögen, die aus fremdem Mühen Gewinn ziehen. Hier im oberen Erz­ gebirge   wird man auf Schritt und Tritt daran erinnert.

Die weitere Wanderung bringt mich nach Oberrittersgrün. Lang zieht das Dorf sich hin, schon nahe am Kamm des Erzgebirges gelegen. Nun geht es dauernd bergauf; immer beschwer­licher wird der Weg. Auf den Ackern steht das Getreide dünn und kaum einen halben Meter