Nr. 23

Frauenkrankheiten.

Für unsere Mütter und Benefon

Von Frau Dr. med. Stoboy- Ostersetzer.

Unter Frauenkrankheiten" versteht man gemeiniglich die Krank­heiten der weiblichen Geschlechtsorgane. Der menschliche Körper be= steht jedoch nicht aus einzelnen Abteilungen, die untereinander keine Verbindung haben, unabhängig voneinander sind und auch einzeln erkranken. Vielmehr sind die einzelnen Körperteile durch Blut- und Lymphgefäße und durch Nervenbahnen innig mitein­ander verbunden, und es werden sowohl schlechte Stoffe und Gifte durch die Blut- und Lymphbahnen von einem Körperteil zum andern geleitet wie auch nervöse Erregungen von einem Organ zum andern. Der Ursprung eines Frauenleidens ist also nicht immer in den weiblichen Geschlechtsorganen selbst zu suchen, son­dern kann anderswo liegen. Ein Beispiel: Blutarme Mädchen lei= den oft an Periodenstörungen, entweder bleibt die Regel bei ihnen ganz aus oder es erfolgen übermäßige Blutungen. In beiden Fällen liegt die Ursache der Störung nicht in den Geschlechts­organen selbst, sondern in der fehlerhaften Blutbeschaffenheit. Alle Eingriffe, die sich nur auf die Geschlechtsorgane erstrecken, werden keinen Erfolg haben, solange nicht dafür gesorgt wird, daß das Blut verbessert wird. Ein anderes Beispiel: Nervöse Frauen er­franken nicht selten an heftigen Schmerzen in den Eierstöcken, ohne

daß an diesem Organ irgendeine Verände rung festzustellen wäre. Eine lediglich ört­liche Behandlung des Leidens vermag da­her auch hier feinen Nußen zu bringen. In den Zeiten, wo man glaubte die meisten Leiden durch chirurgische Eingriffe heilen zu können, sind auch unzählige gesunde Eier­stöcke dem Mejjer operierwütiger Chirurgen zum Opfer gefallen, ohne daß die operierten Frauen irgendwie erleichtert worden wären. Erst eine sachgemäße Behandlung, die dem allgemeinen Nervenzustand der Leidenden Rechnung trug, war imstande, sie von ihrer Krankheit zu befreien. Das Bewußtsein, von einem Frauenleiden" befallen zu sein, wirft a. Gefüllte Blase. b. Gebär- niederdrückend auf jede Frau; die örtliche mutter. c. Scheide. d. Ge- Behandlung regt ihre Nerven oft auf, so füllter Mastoarm. daß in der Folge neben das Frauenleiden manchmal auch noch ein Nervenleiden tritt, das häufig schwerer zu bekämpfen ist als das erstere. Es ist deshalb sehr wichtig, die Frauen über den Ursprung der Frauenkrankheiten und der sich daran anschließenden nervösen Zustände aufzuklären. Sie müssen lernen, deren Ursachen auszuweichen, soweit es in ihrem persön= lichen Vermögen liegt.

Durchschnitt durch das weib­liche Becken.

Die weiblichen Geschlechtsorgane bestehen aus den äußeren sicht­baren und den im Körperinnern verborgenen Teilen. Die Gebär­mutter ragt mit ihrem untersten Abschnitt in die Scheide hinein,

Weibliche Geschlechtsorgane.

der obere liegt in der Bauchhöhle. Die Eilei­ter besorgen die Ver­bindung der Gebärmut ter mit den Eierstöcken und befinden sich wie diese ebenfalls in der Bauchhöhle. Die Gebär­mutter ist ein mustu­löses Organ von der Ge­stalt und Größe einer mittleren Birne. Sie besitzt eine Höhle, die mit Schleimhaut ausgekleidet ist und mit ihrer äußeren Öffnung, dem Muttermund, nach der Scheide sieht. Die Eierstöcke sind drüsige Organe von der Größe und Gestalt großer Mandeln, die Eileiter schmale Röhren, die von der Gebär­mutter abgehen und zu den Eierstöcken führen. Sowohl die Gebär­mutter als auch die Eileiter und Eierstöcke sind vom Bauchfell überzogen.

a. Gebärmuttermund. b. Eileiter  . c. Gierstock. d. Bauchfellüberzug.

In den Eierstöden reifen die weiblichen Geschlechtszellen, die Eichen. Jeden Monat löst sich ein Ei ab und gelangt durch die Ei­leiter in die Gebärmutterhöhle. Erfolgt Befruchtung, so seht sich das Eichen an der Gebärmutterschleimhaut fest und wächst sich all­mählich aus zu einem jungen Organismus. Jm anderen Falle er­folgt der allmonatlich wiederkehrende Blutabgang aus der Gebär­mutter, den wir Periode, Monatsregel usw. nennen.

Da es sich hier nicht darum handelt, ein Lehrbuch der Frauen­heilkunde zu schreiben, so wollen wir die Beschreibung der an­geborenen abnormen Zustände des weiblichen Geschlechtsapparates

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beiseite lassen. Wir wollen nur andeuten, daß es verschiedene Miß­bildungen gibt, und zwar Fehler oder mangelhafte Ausbildung einzelner Teile. Nicht selten ist eine angeborene Knickung der Gebärmutter nach vorne, die sich durch starke Schmerzen bei der Periode äußert. Sie wird oft durch die Geburt des ersten Kindes ausgeglichen.

Der besseren übersicht halber teilen wir die Frauenkrankheiten ein, und zwar in 1. Krankheiten des Entwicklungsalters, 2. Krank­heiten der gebärfähigen Frauen und 3. Krankheiten der Wechseljahre.

1. Krankheiten des Entwicklungsalters.

Es kommt vor, daß schon fleine Mädchen an einem Scheiden­katarrh leiden, der sich durch grünlichgelblichen Ausfluß und Jucken und Brennen an den äußeren Geschlechtsteilen äußert. Dieser Katarrh kann harmloser Natur sein, er kann aber auch durch An­steckung mit dem Erreger des Trippers verursacht sein. Nur der Arzt vermag zu entscheiden, welche Form des Scheidenkatarrhs vorliegt, es ist daher in solchen Fällen ratsam, sofort ärztliche Hilfe zu suchen.

Die Leiden der jungen Mädchen beginnen gewöhnlich mit dem Eintritt der Monatsregel. Immer mehr häufen sich die Fälle, wo der Ursprung von Frauenleiden schon in der Jugend liegt. Die Ursachen dafür müssen wir meist in den sozialen Verhältnissen suchen. Schon frühzeitig wird das Kind gezwungen, neben der Schularbeit Hausarbeit zu verrichten, und erst recht lastet diese auf dem Mädchen, wenn es, der Schule entwachsen, ins Erwerbs­leben tritt. Die doppelte Arbeitsbürde wirkt in doppelter, ja in drei­facher Weise schädlich auf das junge Mädchen ein. Erstens ist das Arbeitsmaß an sich zu groß für den unausgewachsenen Organis­mus. Zweitens muß dieser bei der Arbeit übermäßig lange in ge= wissen Stellungen verharren; die Arbeit bringt es mit sich, ent­weder zu fizen, zu stehen usw. Fast gänzlich fehlt die Möglichkeit zu lebhaften ausgiebigen Bewegungen, die alle Muskeln und Ge­Tenke in Mitleidenschaft ziehen, das Blut in kräftige, alle Körper­teile gleichmäßig durchdringende Bewegung versehen und die gerade für den sich noch entwickelnden Organismus so notwendig sind. Drittens wird das junge Mädchen gezwungen, die dumpfe, verun­reinigte Luft der Wohnungen und Arbeitsräume zu atmen, und sein Blut verarmt immer mehr an Eisen, einem Bestandteil, der zu einem normalen Stoffwechsel unbedingt erforderlich ist. Das Mäd­chen wird blutarm", eine Krankheit, die unter den jugendlichen Proletarierinnen fast allgemein ist. Diese Blutarmut ist der Boden, auf dem alle möglichen Krankheiten gedeihen, von denen hier nur die Lungentuberkulose genannt sei. Für uns ist an dieser Stelle der Einfluß der Blutarmut auf die Geschlechtsorgane wichtig. ( Fortsetzung folgt.)

Feuilleton

Die ersten Flugversuche des Schneiders von Ulm.

Bon Mar Eyth.

( Fortsetzung.)

Während dieser Worte war die Tür halb aufgegangen und ein weiterer Besucher lautlos hereingeschlüpft, der jetzt aus dem Dunkel hervortrat. Es war der Magister Krummacher. Er machte eine höf­liche Verbeugung gegen den Herrn Rat, wandte sich dann aber ohne weiteres an Berblinger  .

Ich hoffe zu Gott, Brechtle," sagte er hastig, wie jemand, der eine unangenehme Botschaft los werden möchte, daß du als War­nung ansiehst, was dir heute begegnet ist."

Schwarzmann sah den Pestilenziarius mit großen Augen an; ein toller Verdacht war in ihm aufgestiegen. Der Magister schien den Blick zu verstehen.

Nein!" sagte er, entrüstet auf die Flügel weisend, ich habe das nicht getan. Ein größerer als wir alle, den König nicht ausgenommen, hat dich warnen wollen, Brechtle. Das treibt mich auch jetzt hier­her. Du wirst nicht so vermessen sein, ihn noch einmal zu versuchen." Was wollen Sie eigentlich, Herr Magister  ," fiel Schwarzmann ärgerlich ein. Sie sißen zwar seit Jahrzehnten an meinem Tisch, deshalb brauchen Sie sich doch nicht in unsere Familienangelegen­heiten zu mischen, und die Sache hier und der Albrecht das ist meine Familiensache. Verstanden!"

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Zum erstenmal seit einem halben Jahrhundert vergaß Krummacher seinen Respekt vor dem Herrn Rat und fuhr fort, zu Berblinger   zu sprechen: Die ganze Welt steht dir offen, in ehrsamer Weise deinen Weg zu finden, Brechtle! Warum fannst du, wie alle anderen Leute, dich damit nicht zufrieden geben? Glaubst du, sie werden dir's danken, wenn du ihnen über den Kopf wegfliegst? Sie verhöhnen