Für unsere Mütter und Hausfrauen

Nr. 7

。。。。。。。。 Beilage zur Gleichheit

Inhaltsverzeichnis: Krieg und Christentum. Von Friedrich Boden­ stedt  

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Julius Robert Maher. Von Felix Linke.( Schluß.) DerHospitalismus der Säuglingsheime. Von Edmund Fischer  . Feuilleton: Seine Söhne. Von Maxim Gorki  .

Krieg und Christentum.

Don friedrich Bodenstedt.

Jhr mögt von Kriegs- und Heldenruhm So viel und wie ihr wollt verkünden, Nur schweigt von eurem Christentum, Gepredigt aus Kanonenschlünden! Bedürft ihr Proben eures Muts,

So schlagt euch wie die Heiden weiland, Vergießt so viel ihr müßt des Bluts, Nur redet nicht dabei vom Heiland. Noch gläubig schlägt das Türkenheer Die Schlacht zum Ruhme feines Allah, Wir haben keinen Odin mehr, Tot sind die Götter der Walhalla  . Seid was ihr wollt, doch ganz und frei Auf dieser Seite wie auf jener, Verhaßt ist mir die Heuchelei Der kriegerischen Nazarener.

O O O

Julius Robert Mayer  .

Von Felir Linke.

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( Schluß.)

Für Mayer war das Gesetz von der Erhaltung der Energie, das er entdeckt hatte, nicht eine abstrakte physikalische Formel, es war ihm lebendige Anschauung. Nachdem er seine Erkenntnis in wissen­schaftliche Form gefaßt hatte, suchte sein weitspannender Geist mittels ihrer die Fülle der Erscheinungen der Natur einheitlich zu meistern. Während man bis dahin den Kreislauf der Natur höch= stens von seiner stofflichen Seite erfaßte, sonst aber in den Erschei­nungen der Natur unzusammenhängende Vorgänge sah, schmiedete die Kraft seines Denkens sie in eine unzerreißbare Kette gesetz­mäßiger Energieumwandlungen um, eine Kette, die Bewegtes mit Unbewegtem, Belebtes mit Unbelebtem, Pflanze mit Tier, die Erde mit der Sonne, dem Weltall   lebendig verknüpfte. So legte Mayer in seiner zweiten Schrift dar, wie alle von Tieren und Pflanzen auf der Erde umgesetzte Energie von der Sonne stammt, die sie uns durch ihre Strahlung zusendet. Dieser Gedanke ist uns heute durch die Fortschritte der Naturwissenschaften ganz geläufig geworden, da­mals fand er so wenig Beachtung wie Mayers Entdeckungen über­haupt.

Die Sonnenwärme lockt die Keime der Pflanzen aus dem Bo­den. Nur im Sonnenlichte bilden die Pflanzen das Blattgrün, und nur mit Hilfe der Energie des Sonnenlichtes vermag dieses Blatt­grün aus der der Luft entnommenen Kohlensäure den Kohlenstoff abzuspalten und aus ihm und dem Wasser und den Nährsalzen des Bodens die Stoffe zusammenzusetzen, die die Pflanze zu Aufbau und Leben benötigt. In den Stoffen der Pflanzen steckt mithin Energie der Sonnenwärme und des Sonnenlichtes, aber nicht frei, sondern gebunden, umgewandelt in die chemische Kraft, die die stofflichen Verbindungen zusammenhält. Diese Energie wird zum Teil in der Pflanze selbst umgesetzt, wenn im Stoffwechsel die zu­sammengesezten Verbindungen abgebaut, verbrannt werden und die in ihnen enthaltene Kraft in den Lebensäußerungen der Pflanze wirft. Gin anderer Teil der von der Sonne stammenden und durch die Pflanzen gebundenen Energie wird in den Tieren frei. Die Tiere leben von den Pflanzen, unmittelbar oder mittelbar, und zwar entnehmen sie den Pflanzen nicht nur die Stoffe, deren sie zum Aufbau ihres Körpers bedürfen, sondern mit diesen Stoffen zugleich die Kräfte, die in ihren Lebenserscheinungen sich äußern. Sie verzehren diese Stoffe, wandeln sie bei der Verdauung in art­eigene um und unterhalten durch sie den Stoffwechsel. Durch den Stoffwechsel, der letzten Endes eine Verbrennung ist, werden jene zusammengesetzten Verbindungen in einfachere zerlegt, die Energie, die sie zusammenhielt und die die Pflanze dem Sonnenlicht ent­nahm, wird frei und in tierische Wärme, Bewegung der Muskeln, Arbeit der Nerven, kurz in Leben umgewandelt.

O O O O O O O O 1914

Wenn wir heute eine Lehre von der Ernährung besitzen, die die jeweiligen Anforderungen an die Nahrung wissenschaftlich be= gründet, die den Wert der verschiedenen Nahrungsmittel bestimmt, ihn in Wärmeeinheiten mißt und das Gleichgewicht zwischen Ar­beitsleistung und Ernährung planmäßig herzustellen strebt, so verdanken wir das dem Siege der Maherschen Anschauungen. Über­haupt haben diese für die Lehre von den Lebenserscheinungen ins­gesamt mit den wissenschaftlichen Boden gelegt.

Die Energie, die uns die Sonne durch ihre Strahlen zusendet, wirft nicht nur im Körper des Menschen, wir stoßen auf sie auch überall, wo dieser die Naturkräfte in seinen Dienst stellt, sei es nun die Kraft des Feuers, des Wassers, des Dampfes, des Win­des, der Elektrizität. Unsere Brenn- und Heizstoffe entstammen zum größten Teil dem Pflanzenreich, so Holz, Torf, Braunkohle und Steinkohle. Die Wärme, die wir aus ihnen gewinnen, ist die umgewandelte Energie des Sonnenlichts, die die Pflanzen beim Aufbau ihrer Stoffe in sich aufnahmen. Vor Jahrmillionen grünten die Steinkohlenwälder", tranken die Lichtfülle eines tropischen Himmels, sanken ins Grab der Erde und verkohlten. Wir heben die Kohle und machen die in ihr aufgespeicherte Energie als Wärme in unseren Herden, Öfen, den Kesselfeuerungen der Dampfmaschinen frei. In der Dampfmaschine wird diese Energie in die Spannkraft des Dampfes und damit in mechanische Arbeit umgewandelt. Mit der Dampfmaschine treiben wir Arbeits­maschinen, Dynamomaschinen, die uns Elektrizität liefern, und diese Elektrizität können wir wieder in jede andere Form der Energie, in mechanische Arbeit, Wärme, Licht verwandeln. Aus dem Glühfaden der elektrischen Lampe so gut wie aus dem Glüh­strumpf des Gasbrenners strahlt uns so das Licht der Sonne ent­gegen, das vor Millionen von Jahren auf Wälder herniederflutete. Doch auch wenn unsere elektrische Lampe mit Elektrizität ge­speist wird, die wir vermittelst Turbinen aus der Kraft eines Wasserfalls gewonnen haben, leuchtet uns aus ihrem Lichte um= gewandelte Sonnenenergie entgegen. Denn die Sonnenwärme ist ja der Motor, der den Kreislauf des Wassers auf der Erde treibt. Die Sonnenwärme läßt das Wasser an der Oberfläche der Ge­wässer verdampfen und hebt es in die Höhe, von wo es als Regen und Schnee wieder niederstürzt, Quellen speisend, Bäche und Flüsse bildend und mit seiner Fallkraft Mühlen, Fabriken, Tur­binen treibend. Die Sonne ist es auch, die durch ungleiche Er­wärmung der Luft an der Erdoberfläche die Winde entstehen läßt, deren Kraft wir in den Segelschiffen und in der Windmühle ausnutzen. Eine der Voraussetzungen dafür, daß es uns heute möglich ist, diese Naturkräfte planvoll auszubeuten, war das Durchdringen der Mayerschen   Erkenntnis und Feststellung, daß bei der Um­wandlung der verschiedenen Energieformen ineinander feste Um­jehungsverhältnisse bestehen. Wie es eine feste Umseßungszahl zwischen mechanischer Arbeit und Wärme gibt, das mechanische Wärmeäquivalent, so besteht eine solche auch zwischen Elektrizität und Wärme und zwischen Elektrizität und mechanischer Arbeit. Erst als man diese Umsetzungsverhältnisse ermittelt hatte, wurde cs der Technik möglich, die Naturkräfte planmäßig anzuwenden, die Leistung einer Kraftquelle wie die Bedürfnisse der Industrie rechnerisch festzulegen und einander anzupassen.

Vor der Sonne, deren Allmacht auf Erden Mayer dargelegt hatte, machte aber sein Forschungstrieb nicht Halt. Was ist die Quelle der Sonnenwärme, frug er sich, und er ist einer der crsten, der wissenschaftliche Ansichten über dieses Problem ge= äußert hat, das bis heute keine allgemein befriedigende Lösung gefunden hat. Mayer suchte die Entstehung der Sonnenwärme aus mechanischen Vorgängen zu erklären. Wärme kann aus der mechanischen Arbeit entstehen, die ein fallender Körper leistet. Prallt dieser auf einen anderen Körper, so setzt sich seine Be­wegungsenergie zum Teil in Wärme um. Das auf den Panzer schlagende Geschoß kann sich so erhißen, daß es mit diesem manch­mal verschweißt. Fallen mun aus dem Weltenraum Meteore auf die Sonne, so verwandelt sich ihre mechanische Energie beim Auf­prall in Wärme um, die die Sonne gewinnt. Fallen genügend Meteore auf die Sonne, so kann diese aus ihrer Energie die ge­samte ausgestrahlte Wärme decken. So dachte sich Maher den Er­satz des scheinbar unerschöpflichen Wärmevorrats der Sonne.

Wir nehmen zwar an, daß die Sonne nicht ewig gleich heiß bleibt, daß sie allmählich erkalten wird. Nun aber muß die Strah­