Für unsere Mütter und Hausfrauen

Nr. 4 。。。。。。。。 Beilage zur Gleichheit

Inhaltsverzeichnis: Künftiger Friede. Von Sully- Prudhomme  . Frauenkrankheiten. Von Frau Dr. med. Stoboy- Østersezer.( Forts.) Als Nationalökonom um die Welt. II. Von Klara Zetkin  . Feuilleton: Das rote Lachen. Von Leonid Andrejew  .

Künftiger Friede.

Es glüht das Blut, das freudig ward vergossen Für die ersehnte Weltverbrüderung;

Sein roter Schein, der durch die Nacht geflossen, Erhellt der Zeiten tiefste Niederung.

Jm Glorienstrahle spricht's von heißem Lieben Und rötet mählich selbst den kalten Stein, Auf den Tyrannenfaust in Lettern eingeschrieben Die Rechte", die dem Mächtigen Recht verleihn. Ein Tag bricht an, wo sich die Menschheit fragen, Sich selbst bestürmen wird in tiefer Scham: Was sie des Hasses Pflug so lang getragen, Bis endlich, endlich die Erkenntnis kam! Vergebens waren nicht der Ketzer Träume, Jn denen edle Tatkraft sich verjüngt, Und üppiger grünen die Olivenbäume, Wo rotes Herzblut ihre Wurzel düngt.

Frauenkrankheiten.

Bon Frau Dr. med. Stoboy- Osterfeber.

Sully Prudhomme  .

( Fortsetzung.)

2. Die Krankheiten des gebärfähigen Alters. Wenn ein frankes Mädchen heiratet, so wird es eine kranke Frau. Die Ehe an sich ist kein Heilmittel für Frauenleiden. Wird jedoch die materielle Stellung des Mädchens durch die Heirat ver= beffert, muß die junge Frau weniger arbeiten, kann mehr essen, bessere Luft atmen, so wird sie von manchen Beschwerden befreit. Es bessert sich namentlich die Blutarmut, und damit hören oft der weiße Fluß wie die starken Blutungen und Schmerzen bei der Periode auf. Ein Leiden, das für junge Mädchen sehr quälend sein tann, ist die Gebärmutterknickung nach vorne. Durch diese Lage= veränderung wird der Gebärmutterkanal abgeknickt, das Men­strualblut kann nicht gut abfließen, und es kommt oft zu unerträg­lichen Schmerzen und Krämpfen, die sogar zu Ohnmachtsanfällen führen können. Dieses Leiden wird nun zwar nicht durch die Ehe allein, den Geschlechtsverkehr an sich, wohl aber durch die Geburt eines Kindes geheilt. Die Veränderung, die die Gebärmutter durch die Schwangerschaft erleidet, ihr Wachstum in die Höhe und in die Breite bewirken, daß sich der Knickungswinkel ausgleicht. Das Blut kann nun ungehindert abfließen, wie durch einen Zauber­schlag verschwinden alle Beschwerden. Es ist das aber ziemlich der einzige Fall, wo man mit Mephistopheles   sagen kann: Es ist all ihr Weh und Ach aus einem Punkte zu furieren!" Im allgemeinen sind die Geburten und Fehlgeburten eine Quelle sehr vieler Frauen­leiden bei den Proletarierfrauen.

Die Geburten pflegen aus verschiedenen Gründen oft schwer zu verlaufen. Erstens leiden die Proletarierkinder, die als Säuglinge mit der Flasche aufgezogen, unzulänglich und falsch ernährt wer­den und in luft- und lichtlosen Wohnungen aufwachsen, fast alle an der sogenannten englischen Krankheit. Es ist offensichtlich, wie durch dieses Leiden die Knochen der Beine und des Brustkorbes verbogen und mißgestaltet werden. Die X- und O- Beine, die Hühnerbrust sind jedermann bekannt. Schwerwiegender ist es, wenn durch die englische Krankheit die weiblichen Beckenknochen verbogen und verkrümmt werden. Die richtig geformten Beckenknochen bilden einen ovalen Ring, der der Form des kindlichen Kopfes angepaẞt ist und dessen Durchtritt bei der Geburt leicht gestattet. Anders der abgeplattete, verbogene und verkrümmte rhachitische Beckenring. Der findliche Kopf muß sich nun diesem falsch gestalteten Durch­gang anpassen, und die Entbindung zieht sich dadurch sehr in die Länge. Oft wird ärztliche Hilfe nötig, müssen operative Eingriffe vorgenommen werden, Zerreißungen der Scheide und des Dammes, Kindbettfieber und andere Fährnisse verbinden sich mit der Geburt. Nicht nur die englische Krankheit, sondern auch unnatürliche Stel­lung und zu starke Belastung des Beckens in den Entwicklungs­

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jahren führen zu dessen Mißstaltung. Aus diesen Tatsachen heraus ergibt sich die Forderung wirksamer Einrichtungen zur Säuglings­pflege und schärferen und weitgreifenderen Schutzes der Kinder und Jugendlichen wider Arbeitsausbeutung.

Zweitens ist die allzu lange und schwere Arbeit der Schwangeren verhängnisvoll für den Geburtsverlauf. Es ist statistisch nach­gewiesen, daß je ausgiebiger sich eine Frau vor der Entbindung schonen kann, desto besser und leichter verläuft diese. Wir müssen aus dieser Erkenntnis heraus einen wirksamen Schwangerenschuß verlangen.

Die schwere Geburt ist an sich qualvoll und kann dem Leben und der Gesundheit von Mutter und Kind gefährlich werden, kann zu Verletzungen und Entzündungen der Gebärmutter, zu Dehnungen der Mutterbänder und damit zu Senkungen und Knickungen führen. Außerdem ist die mangelhafte Wochenbettpflege eine Quelle vieler Frauenleiden. Auf welche Weise schädigt diese die Frau? Die normale Gebärmutter ist ein kleines Organ, dessen Gewicht etwa 100 bis 150 Gramm beträgt. In dem Maße, wie sich die Frucht entwickelt, nimmt auch die Gebärmutter zu an Größe und Gewicht, so daß sie unmittelbar nach der Geburt etwa 1000 Gramm wiegt. Dieses große, massige Organ muß sich nun zurückbilden und zu seiner ursprünglichen Größe und Gestalt zurückkehren. Der Rüd­bildungsprozeß dauert etwa 6 Wochen. Nun bedenke man, daß unsere Proletarierfrauen, ebenso die Bäuerinnen, die Dienstboten usw. oft schon wenige Tage nach der Entbindung aufstehen, um ihre Arbeit zu verrichten. Man wird dann ohne weiteres begreifen, daß dadurch die normale Rückbildung der Gebärmutter gestört wird. Das Organ bleibt größer als normal, die Mutterbänder werden durch die schwere Last ausgedehnt, die sie nun zu tragen haben, sie vermögen die Gebärmutter nicht mehr zu halten, es tommt zu Senkungen und Knickungen.

Nach der Ablösung der Nachgeburt bleibt eine Wunde an der Ge­bärmutterwand, und der Gebärmutterkanal ist einige Zeit lang offen. Durch diese Eingangspforte treten Batterien ein, siedeln sich in der Wunde an und rufen Entzündung hervor. Die weitere Folge sind verstärkte Blutungen bei der Periode und der weiße Fluß. Wir sehen also, daß ein großes Heer der Frauenleiden: Knidung, Senfung, starke Periodenblutungen, Weißfluß in einem zu früh abgebrochenen Wochenbett ihren Ursprung haben können, und wenn nicht die erste Geburt die Schädigung brachte, so tun es die folgenden. Alle diese Frauenleiden find chronisch, das heißt langandauernd, und zu ihrer Heilung bedarf es mehr Zeit und Mittel, als sie der Proletarierfrau zur Verfügung stehen. Darum heißt es auch hier: Vorbeugen ist leichter als heilen. Die Forderung einer ausreichen­den Wochenbettpflege ist mit allem Nachdruck zu verfechten. Es ge­hört dazu nicht nur die Lohnentschädigung, sondern auch die Stel­lung einer Aushilfe, die die Pflichten der Hausfrau und Mutter versieht, oder auch der Aufenthalt in einem Wöchnerinnenheim.

Manchmal sind es die Frauen selbst, die mangels der nötigen Aufklärung, ohne zwingende Notwendigkeit das Wochenbett zu früh verlassen und sich an die gewohnte Arbeit begeben. Wir warnen davor. Je länger und ausgiebiger sich eine Frau vor und nach der Geburt schonen kann, desto größer ist ja für sie die Wahrscheinlich­keit, von Frauenleiden verschont zu bleiben.

Der Abort.

Nicht nur die normale Geburt, sondern auch der Abort, die Fehl­und Frühgeburt können nachteilige Folgen nach sich ziehen. Ja es liegt auf der Hand, daß beim Abort die Gefahren noch größer sind als bei der normalen Geburt. Denn die Frau nimmt sich nach einem Abort noch viel weniger in acht als nach einer Geburt, und es treten die schlimmen Folgen der Vernachlässigung ein. Wichtiger ist ein zweiter Umstand. Unter dem Drucke der wirtschaftlichen Not macht sich in breiten Frauenkreisen das Bestreben geltend, den Kindersegen" zu beschränken, der in Proletarierfamilien so oft zum Unsegen wird für Mutter und Kind. Die Vernichtung kei­menden Lebens wird durch das Strafgesetz schwer bestraft, und dennoch sehen wir in allen Kulturländern einen steigenden Ge= burtenrückgang, der zum Teil auch die Folge einer Zunahme der Abtreibung ist. Da nicht nur Laien, einschließlich der Kindsmutter, sondern auch Ärzte für die Vernichtung des keimenden Lebens be­straft werden, so wenden sich die betreffenden Frauen an Kur­pfuscher oder versuchen auch selbst verschiedene Manipulationen, um das keimende Leben in ihrem Schoße abzutöten. Da weder die