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Für unsere Mütter und Hausfrauen

Beginnen wir mit dem proletarischen Hauptnahrungsmittel, der Kartoffel. Ihre Bereitung als Bellkartoffel ist rationeller als die der Salzkartoffel. Bei der Pellkartoffel beträgt der durch das Ab­ziehen der Haut entstehende Verlust nur etwa 1 Prozent des Ge­wichtes. Bei der roh geschälten Kartoffel muß man nach dem Schiffsverpflegungsreglement der deutschen Marine mit einem Verlust von etwa 22 Prozent rechnen. Es ist also ein sehr einfaches Rechenerempel, welche Zubereitungsform die sparsamere ist. Langes Wässern macht die Kartoffeln nährstoffärmer, weil im Wasser die wertvollen Nährsalze leicht auslaugen, die zugleich die Geschmacks­stoffe enthalten. Deshalb setzt man die Kartoffeln auch vorteilhaft mit heißem Wasser zum Feuer. Aus demselben Grunde kocht man geschälte Kartoffeln am besten im Dampfe gar. Man legt sie mit Salz bestreut in ein Drahtsieb, das in einen Topf mit kochendem Waffer gehängt wird. Sie brauchen dann etwas längere Zeit zum Garwerden. In der Gestalt von Kartoffelbrei berarbeitet und verdaut der Körper des Menschen die Kartoffeln am leichtesten und mit der geringsten Menge von Schlacken. Bei dieser Zuberei­tung wird das Stärkemehl der Knolle vollkommener aufgeschlossen als bei anderen Kartoffelgerichten; auch die Verdauungssäfte ver­mögen die aufs feinste zerkleinerte Nahrung weit besser zu durch­dringen als bei ganzen Kartoffeln, besonders wenn diese nicht sorg­fältig gekaut werden. Bei der gekochten Salzkartoffel wird das Ei­weiß nur zu 70 Prozent ausgenußt, die Kohlehydrate( Stärkemehl) mit 93 Prozent, in Breiform dagegen werden das Eiweiß zu 80 Prozent, die Kohlehydrate fast restlos verdaut. Wenn möglich, be= nuße man einen Kartoffelquetscher aus stark verzinntem Blech und schlage die durchgedrückten und mit heißer Milch verdünnten Kartoffeln vor dem Anrichten auf dem Feuer tüchtig mit einer Holzkelle bis kurz vor dem Kochen. Ganz rationell verfährt man, wenn man den Brei aus heiß abgezogenen Bellkartoffeln bereitet. Für Kranke, Genesende und Kleine Kinder kommt Kartoffelgenuß nur in der Form von Brei in Frage oder als Flodenkartoffeln. Hierzu rührt man die heißen Kartoffeln durch ein in heißem Waffer erwärmtes Sieb mit erwärmter Reibekeule oder man quetscht sie durch die gewärmte Püreepresse in eine sehr warme Schüssel und richtet sie flink an. Da das Kochwaffer von Salzkartoffeln Nähr­stoffe der Kartoffeln aufnimmt, schüttet man es nicht fort, sondern benußt es zu Suppen, Gemüsen und Saucen. Ebenso verwendet man das Wasser, in dem Klöße, Nudeln und Maccaroni gekocht wurden.

Kopffalat, Pilze und Gemüse verlieren durch gedankenloses Wässern erheblich an Nährwert, Gemüse auch dann, wenn das erste Kochwasser fortgegossen wird. Hülsenfrüchte werden in dem Ein­weichwasser gargekocht, um ihnen alle Nährstoffe zu erhalten. Sie sollten stets durch ein Sieb getrieben werden, so daß die schwerver­daulichen Hülsen zurückbleiben, um bekömmliche und gut verdau­liche Gerichte zu erzielen.

Fleischbrühe darf nicht, abgeschäumt werden, wenn man nicht in dem grauen Schaum den wertvollsten Bestandteil des Fleisches, das Eiweiß, in den Ausguß befördern will. Nach einigem Sieden pflegt der graue Schaum wieder zu verkochen. Will man beim Ausbraten von Fett die größte Menge Schmalz er= zielen, so schneide man die Würfel so klein wie möglich oder drehe das Fett durch die Fleischhackmaschine. Solange Palmin billiger ist als Schweinefett, empfiehlt es sich, das ausgelassene Schmalz noch heiß mit Palmin zu vermischen. Das Schmalz wird dadurch fester. Die billige Magermilch, von der das Liter nur 10 Pfennig fostet, läßt sich mit großen Vorteil zu Suppen und Breigerichten verwenden. Sie ist das billigste tierische Nahrungsmittel, das wir überhaupt haben. Der Eiweiß- und Milchzuckergehalt der Mager­milch sind genau die gleichen wie bei Vollmilch. Nur das Milchfett, der Rahm, ist ihr entzogen. Wenn nötig, läßt er sich leicht durch billigere Fettzugabe ersehen. Zur Säuglingsernährung ist Mager­milch wegen ihrer Fettarmut jedoch nicht geeignet. Beim Abkochen zusammengelaufene Milch gieße man nicht fort. Sie eignet sich noch zum Einlegen von Fleisch, das man einige Tage konservieren und mürber machen will. Auch läßt sie sich an Stelle von saurer Sahne zur Herstellung schmackhafter Saucen benutzen. Die Saucen wer­den vor dem Anrichten durch ein Haarfieb getrieben, wenn sie nicht glatt sein sollten. Schließlich kann man aus geronnener gekochter Milch auch weißen Käse bereiten. Man läßt die zusammengelaufene Milch noch 1 bis 2 Tage stehen und schüttet sie dann auf ein gut gespültes Seihtuch, das in einen Durchschlag gelegt wurde. Am besten ist ein irdenes oder porzellanenes Sieb hierzu geeignet. Die geronnene Milch sondert nun allmählich alle wässerige Flüssigkeit, die sogenannten Molken ab. Ebenso stellt man Quark aus unge­fochter Magermilch her, die 2 bis 3 Tage bei einer Durchschnitts­temperatur von 18 Grad, notfalls in einer lauen Ecke des Herdes

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gesäuert hat. Der Quark ist ein außerordentlich wertvolles, billiges und gesundes Nahrungsmittel. 100 Teile Quark enthalten 25 Gramm Eiweiß, 7 Gramm Fett, 3/2 Gramm Kohlehydrate in Ge­ftalt von Milchzucker und liefern 182 Wärmeeinheiten. Mit Leinöl und Kümmel oder Schnittlauch angerührt ist der frische Weißtäfe eine sehr zweckmäßige Beigabe zu Pellkartoffeln. Auch die Molken enthalten noch Nährstoffe, zwar wenig Eiweiß und Fett, aber nicht unerhebliche Mengen von Milchzucker, Milchsäure und Nährsalzen. Die Molten eignen sich sehr gut zum Ausquellen von Gries   und Semmel bei der Herstellung von Gries- und Semmelflößen sowie als Beigabe zu dem Wasser, in dem Nudeln und Klöße gargefocht werden.

Viel zu wenig geschätzt wird die billige und leicht berdauliche Buttermilch. Sie ist eiweißreicher als Vollmilch und nicht wesentlich ärmer an Milchzuder. Die fetten Bestandteile, durch welche Milch schwerer verdaulich wird, sind der Buttermilch fast ganz entzogen. Statt daß Magermilch, Molken und Buttermilch an Schweine verfüttert werden, sollten sie in der Zeit der Kriegs­teuerung lieber in möglichst ausgedehntem Maße direkt zur mensch­lichen Nahrung benutzt werden.

Billiges Suppengrün stellt man sich für die Winter­monate nach und nach aus allerlei Gemüseabgängen her, aus den Blättern, Blattstielen und Strünken von Blumenkohl, Kohlrabi, Weißkohl und Wirsingkohl, aus jungen Sellerieblättern, den Scho­ten der grünen Erbsen und anderem. Man säubert sie gut, schneidet fie in feine Streifen und trocknet sie an der Sonne oder in sehr ge­linder Ofenwärme. Kauft man Suppengrün, so schneidet man von den Petersilienwurzeln die Köpfe etwa 1 bis 2 Zentimeter lang ab und setzt sie in mit leichter Erde gefüllte Blumentöpfe. Sie liefern bis in das Frühjahr hinein grüne Petersilie, wenn man sie nach dem Abschneiden alles Grünen im Keller etwas ruhen läßt. Peter­silie- und Sellerieblätter werden wie Suppengrünes getrocknet, fein zerrieben und in Büchsen staubfrei aufbewahrt. Gehadte frische Beterfilie kann man auch mit Salz gemischt in Verschlußgläsern lange aufheben. Verwendet man sie, muß man mit dem Salzen der Speisen sehr vorsichtig sein. Suppengrün und getrocknete Kräuter haben freilich mehr Geschmackswert als Nähr­wert. Dadurch, daß sie den Appetit und die Verdauung anregen, bewirken sie wie jede Würze eine bessere Ausnüßung der dem Körper zugeführten Speisen und ermöglichen mehr Abwechslung in der Zubereitung.

Die äußeren Salatblätter werfe man nicht fort. Sie werden wie Spinat behandelt, das heißt: nach dem Säubern im eigenen Saft oder mit 1 bis 2 Löffeln Wasser weichgedämpft, feingehadt und mit Schnittlauch oder geriebener Zwiebel, Salz, wenig Muskatnuß, hellem Schwihmehl und nach Bedarf- etwas Milch zu Gemüse gekocht.

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Die Pilze sind ein stickstoffreiches und äußerst schmackhaftes Nahrungsmittel, das nur den Fehler der Schwerverdaulichkeit hat. Infolge ihres hohen Gehaltes an derben, schwer zu zerkleinernden Rohfasern werden sie gewöhnlich schlecht gekaut und dementspre= chend im Darme nur mangelhaft ausgenutzt. Diesem übelstand läßt sich abhelfen, indem man alle Pilzgerichte in fein zerhackter Form anrichtet. Aus Furcht vor Giftpilzen läßt das Volk leider úngeheure Mengen eßbarer Pilze in unseren Wäldern ungenutt berkommen. Wer keine genügende Kenntnis der verschiedenen Bilz­arten besißt, der kaufe sich in der nächsten Buchhandlung das für 15 Pfennig erhältliche, reich illustrierte Bilzmerkblatt des Kaiser­lichen Gesundheitsamtes. Wenn man die darin enthaltenen Wei­sungen befolgt, kann man sich bis tief in den Herbst hinein dann in Gestalt von Pilzen den Genuß eines mit verhältnismäßig ge= ringer Mühe kostenlos zu beschaffenden Nahrungsmittels gestatten. Sehr zu empfehlen ist das Trodnen von Pilzen für den Winterbedarf. Die Pilze dürfen vorher aber nicht gewaschen wer­den. In der Sonne dörren die Pilzschnißel an einem luftigen Orte auf Schnüre gereiht, im mäßig warmen Ofen auf Blechen oder Tellern. Vor dem Kochen werden sie sauber gewaschen, dann mehrere Stunden in kaltem Wasser eingeweicht und schließlich ge­hadt zu Suppen oder Saucen verwendet. Das Einweichwasser wird mitbenutzt. Vortrefflich ist auch ein Pilzegtraft aus Feld­champignons, Reiztern und anderen eßbaren Bilzen. Der Pilz­extraft ist jahrelang haltbar und eine feine, kräftige Würze für Suppen und Saucen. Ein Teelöffel voll Extrakt genügt für 4 bis 5 Personen. Die gereinigten und gehackten Pilze werden im eigenen Safte gekocht. Der Saft wird nach und nach abgefüllt. Die Bilz­rückstände kocht man mit wenig Wasser so lange aus, bis sie allen Geschmack abgegeben haben. Dann tocht man den erhaltenen Saft unter Beigabe von etwas Salz zu einem sirupdicken Extrakt ein, füllt ihn in kleine Flaschen und korkt sie zu.