Erziehung zum Frieden

Die Erinnerung an die Schrecken des Weltkrieges scheint in unferem Bolt nur noch sehr schwach zu sein. Die Opfer an Gut und Blut, die das vierjährige Völkermorden gefordert hat, geraten immer mehr in Vergessenheit. Für die Jugend ist der Weltkrieg, den sie nicht einmal in der Hungerfront der Heimat miterlebte, nicht mehr. als ein historisch- heroisches Ereignis, wie es früher für die Jugend beispielsweise der 30jährige Krieg gewesen ist Durch die nationa­fiftische Propaganda wird neue Kriegsstimmung gerade unter den Jugendlichen eifrig geschürt. Für alle Friedensfreunde ist es höchste Zeit, fich stärker um die Erziehung der Jugend zum Friedens gedanken, zur Abscheu vor dem Völkermorden, zu bemühen.

bolfchemistischen Regimes. Es gibt nur eine Jugendorganisation in Er zählt an die Rußland  , den Kommunistischen Jugendverband  . 3 Millionen Mitglieder. Auf seinem Verbandstag, der am 18. Ja­nuar in Moskau   eröffnet wurde, kam der hochgezüchtete friegerische Geist in der russischen   Jugend immer wieder zum Vorschein. Ein Beispiel dafür. In der Roten Fahne" vom 20. Januar wird über die Eröffnungstagung u. a. das Folgende berichtet: Der Berband nahm den Bericht des Genossen Muklewitsch, des Kommandierenden den Roten Flotte der USSR. entgegen. Hinter ihm standen be­waffnete rote Matrosen. Der Kommunistische Jugendverband hat feit langem die Chefschaft über die Rote Flotte. Die Rote Flotte erstattet Bericht über ihre Siege. Am 1. Mai 1931 wird ein von den Mitteln des KIB. gebautes Unterseeboot vom Stapel laufen. Die jungen Matrosen der Roten Flotte haben sich bei ihrer Aus­landsfahrt mustergültig gehalten. Die Amurflotte hat durch zwei furze Borstöße der chinesischen Flotte auf diesem Fluß ein Ende gemacht."

Um einen Begriff davon zu geben, welch furchtbare Beute an Menschenleben der Krieg forderte, sei hier eine Susammenstellung der Gefanitziffer gegeben, soweit die Zahlen bis heute feststehen. Das deutsche Heer verlor während des Krieges Insgesamt 1 822 555 Tote. Zu diesen kommen noch rund 4 278 000 Berwundete, so daß die blutigen Berluste zusammen 6 Millionen übersteigen. Frankreich   verlor rund 1,25 Millionen Tote, ohne Die fommunistische Breffe bringt immer wieder ausführliche und Kolonien, England einschließlich seiner Dominions 1,6 Millionen, begeisterte Berichte über militärische llebungen der russischen Jugend, Die Zahl der gefallenen Ruffen wird niemals auch nur annähernd und Bilder über ihre Ausrüstung mit dem modernsten Kriegsgerät. ermittelt werden. Man greift nicht zu hoch, wenn man sie mit 3 Millionen einsetzt.

Hüben und drüben, auf allen Kriegsfchauplätzen, zu Lande und zu Wasser, find schätzungsweise 11 Millionen Menschen den Soldaten tod gestorben, während 69 Millionen unter den Waffen standen. Mit anderen Worten ist rund jeder sechste Soldat draußen geblieben Nimmt man aber nur die Zahl der in der Front gewesenen Soldaten als Grundlage, so ist schäßungsweise jeder dritte Mann der feind­lichen Einwirkung erlegen. Mit zwei Millionen Soldaten zog Deutschland   1914 ins Feld. Fast ebenso viele tehrten nicht wieder heim. Die Gesamtzahl der blutigen Verluste übersteigt die Gesamt­zahl der bei Kriegsbeginn vorhandenen Soldaten um das Dreifache. Man mag schätzen, daß am Ende des Krieges vielleicht noch ein Zehntel Jener Soldaten unverwundet febte oder fämpfte, die im August 1914 hinauszogen.

Die Not fördert den Wölferbaß.

Die soziale Lage weitester Jugendschichten ist der beste Nährboden für die von den Nationalsozialisten, den Deutsch nationalen und den nationalistischen Wehrverbänden eifrig geftreute Saat neuen Bölferhaffes. Die langwierige und tiefgreifende Wirt schaftskrise erscheint der Jugend als ein schier unüberwindlicher Felsblock, der ihren Lebensweg verbaut. Am Anfang ihres be­wußten Daseins fühlt sich die Jugend unter der Last der Erwerbs lofigkeit betrogen um Lebensfreude, um Glück und Aufstieg. Es ist begreiflich, daß sie nichts sehnlicher wünscht, als eine möglichst schnelle und möglichst radikale Aenderung des heutigen nieder­drückenden Zustandes. Die Jugend hofft, daß irgend etwas geschehen möge. Durch die faschistische und nationalistische Heizpropaganda wird dieses irgend etwas" in konkreter Borstellung ein Revanche­feldzug gegen die Sieger im Weltkrieg.

Die außenpolitische Lage erleichtert die Kriegsverheizung der Jugend ebenfalls außerordentlich. Die Baltanisierung im Osten und Südosten Europas  , dle aus wirtschaftlichen Gründen unhaltbare Grenzziehung zwischen Deutschland   und Polen  , das gespannte Ber­hältnis zwischen diesen beiden Nachbarstaaten, die geringen Fort­schritte der Abrüftungsbestrebungen, die Last der Reparationen, be reiten der Kriegsheye willfährig den Weg. Das faschistische Italien  und das bolschewiftische Rußland leisten dazu erschreckend viel auf dem Gebiet der organisierten friegerischen Verseuchung der Jugend. Faschistische und bolfchewiffifche Kriegserziehung.

In Italien   ist die gesamte Jugenderziehung ausschließlich Sache des faschistischen Regimes. Ende Oktober 1930 zählte das faschistische Jugendwerk in den Altersklassen von 8 bis 18 Jahren 2072 000 eingeschriebene Mitglieder, darunter 700 000 Mädchen. Die Knaben von 8 bis 14 Jahren sind in 497 Legionen, der so genannten Balila, die Jungmannen von 14 bis 18 Jahren in 239 Legionen, der Avanduardia, zusammengefaßt. Diesen Legionen find über 35 000 Milizoffiziere, Instrukteure und Gruppenführer zu| geteilt. Im Jahre 1928 wurden in den militärischen Vorbereitungs­Pursen über 220 000 Jugendliche unter 18 Jahren militärisch aus­gebildet. 10 500 Jungmannen gehören dem Luftschutz an. Uniformen, Auszeichnungen und Beförderungen, Schießen und Fechten, Mufit und Baraden, Manöver- und Fahrtenabenteuer ziehen die Jugend­fichen ganz in den Bann dieser großangelegten Erziehung zu Kriegs­begeisterung und Waffenhandwer?.

Die Kriegserziehung der Jugend in der Sowjet union   ist womöglich noch umfassender als in Italien  . Auch in Rußland   gibt es nur eine staatliche Erziehung, nämlich die des

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Die Belt flarrt in affi

In anderen europäischen   Ländern wird durch die bestehenden Heere die Kriegserziehung nicht minder eifrig betrieben. Das Heer Frankreichs   hat eine Friedensstärke von 733 000 Mann, die mit 783 Batterien, 35 300 Maschinengewehren und 2500 Tanks aus­gerüftet sind. Die Kriegsstärke des französischen   Heeres beträgt 4500 000 Mann. In Polen   stehen im Frieden 260 831, im Krieg 2 Millionen Mann unter den Waffen, zu denen 459 Batterien, 9700 Maschinengewehre und 220 Tanks gehören. Italien   hat im Frieden 334 000 und im Kriegsfall 3500 000 Soldaten; zur Aus­rüstung gehören 523 Batterien, 4300 Maschinengewehre, 120 Tanks. Die größte Militärmacht ist Rußland  . Sein Heer zählt im Frieden 1 050 000 und im Krieg 6 Millionen Mann; die Bewaffnung zählt 1306 Batterien, 28 300 Maschinengewehre, 220 Tanks. Eng­lands Söldnerheer zählt im Frieden 140 000 Mann mit 196 Bat­terien, 6400 Maschinengewehren, 330 Tanks; die Kriegsstärke des englischen Heeres wird mit 2 Millionen angegeben. Dazu kommer die Seestreitkräfte. Im Mai 1928 hatten England 20, die Vereinigten Staaten 18, Japan   10, Frankreich   9, Italien   5 Groß­lampfschiffe; Kreuzer hatten England 58, die Bereinigten Staaten 32, Japan   34, Frankreich   16, Italien   13; Torpedoboote   und Torpedo­bootsjäger hatten England 180, die Bereinigten Staaten 295, Japan   94, Frankreich   83, Italien   124; Unterseeboote hatten Eng­land 56, die Vereinigten Staaten 120, Japan   65, Frankreich   60. Italien   42. Im Kriegsfall stehen Frankreich   2200, Italien   1300, England 1291, Rußland 1200, Polen   1000 Flugzeuge zur Verfügung.

Geiftae Abrüftung ist not'

In Deutschland   haben wir durch die Terrorakte, die zum Berbot des Filmes Im Westen nichts Neues" beitrugen und die ausnahmslos von Jugendlichen verübt wurden, ein Warnungszeichen erhalten über die Stärke der friegerischen Berhehung der Jugend. In ähnlicher Richtung bewegt sich die elfrige Propaganda der National­sozialisten für die Arbeitsdienstpflicht. Sie halten die Zeit für ge­tommen, da Tausende von Jugendlichen zu militärischem Drill und frlegerischen Kommandos bereit sind. Denn auf nichts anderes würde die Arbeitsdienstpflicht hinauslaufen Deutschland   kann nicht technisch aufrüften. Aber die Nationalisten aller Schat­tierungen wollen die geistige Aufrüstung. Es ist eine Preisfrage, was für die Gefährdung des Weltfriedens gefähr­licher ist, die technische Aufrüstung oder die Aufrüftung der Geister.

Alle Sozialisten und Friedensfreunde müssen begreifen, daß erhöhte Aktivität in der Erziehung der Jugend zum Friedensgedanken ein dringendes Gebot der Stunde ist.

Die Sozialistische Arbeiterjugend sieht die Erziehung der Jugend Sie zur Völkerverständigung als eine ihrer Hauptaufgaben an. fämpft an gegen jede Kriegsgefahr und gegen den Faschismus, der neues Völkermorden bedeutet. Sie tämpft ebenso sehr gegen den Bolschewismus, weil er die Hoffnungen der Jugend auf einen neuen Weltkrieg setzt, aus dessen Blut und Asche der Sozialismus phönig­artig rein und schön erstehen soll. Die Sozialistische Arbeiterjugend hat den Monat März zu einem Werbemonat erklärt unter der Parole: Gegen Faschismus und Wirtschaftsnot", die die größten Hemmnisse für eine Ausweitung der Front der Friedensanhänger find. Die Sozialistische Arbeiterjugend will feinen Krieg, fie will Berständigung und Bersöhnung der Menschen über alle Grenzschranken. Hierin fieht sie die wichtigste Voraussetzung für die Er­reichung des Sozialismus.

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