Mend-VorwarisMr. 5Beilage zum Vorwärts30. Mai 1931.Lunge Generation und Partei.Zur Iugenddebaiie auf dem Leipziger parieiiag.Es ist ein« besondere Eigenheit unserer Zeit, daß der Ruf nachder Jugend allenthalben ertönt, daß wieder und wieder die Fragediskutiert wird, wo dt« Jugend stehe, was ihre Anschauungen seienUnd wohin sie sich schließlich zu wenden gedenke. Vielleicht nehmenan dieser Diskussion noch nicht einmal so sehr die politischen Par-teien Anteil, wenn man von den Wahlzeiten absieht und die ex»tremen Flügelparteien ausnimmt, die die Jugend besonders stark her»Ausstellen: die NSDAP, zum Beispiel behauptet ja geradezu, d i ePartei der Jugend zu sein. Aber in Vorträgen und Zeitungen, inBüchern und Broschüren wird dauernd die Jugendfrage bzw. dieFrage nach dem Standort der„jungen Generation" aufgerollt. Sokommt es, daß der Begriff der jungen Generation zu einem ziemlichabgenutzten Schlagwort geworden ist, zumal er fast so verschwommenist wie die Alters- und die soziologischen Grenzen dieser Generation.E» ist recht schwierig, etwas wirNtch Konkretes über sie auszusagen,vielleicht wird gerade deshalb so viel über sie geschrieben. Wasgesagt werden kann, wird immer nur annähernd richtig sein können:denn die in Betracht kommenden Altersschichten finden sich in allenKlaffen, Schichten, Partelen, Verbänden, und e» ist fast unmöglich,sie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.Kriegsteilnehmer und Lahrgang 1902.Die Hauptschwierigkeit besteht wohl darin, daß die junge Gene-ration nicht» Einheittiches und Geschlossenes ist. Tie zerfällt wiederin Generationen. Man wird zu ihr die K r i e g s g e n e r a t i o nrechnen, also jene, die mindestens die letzten Jahre de» Krieges mit-gemacht haben. Das ist eine Altersschicht, die bisher nicht rechtfruchtbar hat werden können. Für viele ihrer Angehörigen ist Re-Marques Wort richtig, daß vom Kriege zerbrochen wurde, auch werden Granaten entrann. Zehn Jahre hat es gedauert, bis ihr« lite-rarischen Vertreter sich zum Wort meldeten. Da ist weiter der„JahrganglSO 2", eigentlich die von 1S02 bis 1905 Geborenenumfassend. Sie haben den Krieg miterlebt, wenn auch nicht an derFront, und die Nachkriegszeit mit wachsendem Bewußtsein auf-genommen. So stehen diese beiden Generationengruppen der„alten"Generation noch in etwas nahe: sie haben die Wirkung der Kriegs-Und Nachkriegszeit am eigenen Leibe gespürt, haben die Schwierig-keiten, unter denen der neue Staat entstand, mit angesehen und sinddaher bei gutem Willen imstande, sie. zu würdigen. Aber beideGruppen sind in sich zerspalten, es besteht ein ausgesprochenerMangel an Homogenität und sie sind auch schon rein zahlenmäßigzu schwach, um als vermittelndes Bindeglied dienen zu könnenzwischen den alten und der eigentlichen jungen Generation, die vonJahr zu Jahr wächst: der Nachtriegsgeneration.Sie Unsicherheit der Nachtriegsgeneration.Dies« Nachtriegsgeneration hat den Krieg nicht mehr bewußterlebt. Sie ist hineingeboren in die demokratische Republik undvielfach schon in anderen, neuen Erziehungsformen aufgewachsen.Den alten Staat kennt sie nur vom Hörensagen. Sie hat keine Mög-ltchteit, auf Grund eigener Erfahrungen Vergleiche aufzustellen.Daher liegt es nahe, daß diese Generation das Erreichte nach dereigenen Situation bewertet, und die ist für nur zu viele trübe ge-nug. Schwer lastet auf ihr die Zerrüttung, vor allem die völligeUnsicherheit auf allen Lebensgebieten, im Wirtschaftlichen wie imSozialen und nicht zuletzt im Gelstigen. Wurde früher jemand ineinigermaßen geregelten Verhältnissen geboren und aufgezogen, sowar mit einiger Sicherheit anzunehmen, daß auch sein weiteresLeben in geordneten Bahnen verlaufen würde, eine Aussicht, dieheute nur noch für verhältnismäßig wenige besteht. Diese Unsicher-heit ist etwas Neues, natürlich nur für die M i t t e l st a n d s- undKleinbllrgerjugend, die proletarische Jugend wurde jaimmer davon betroffen.Aber auch beim Proletariat ist in den letzten Jahren einsVeränderung eingetreten. Seine traditionelle, sozusagen zum Be-griff des Proletariers gehörige Existenzunsicherheit hat sich unerhörtverschärft durch die langfristige Arbeitslosigkeit, die bei vielen dt«Befürchtung entstehen läßt, für immer aus dem Produktionsprozeßausgeschlossen zu werden. Die Unsicherheit im Geistigen, da,Wankenfühlen von Werten und Maßstäben trifft auch einen gute»Teil der proletarischen Jugend. Daher erscheint die Behauptungnicht übertrieben, daß sich entwurzelte bürgerlich» und arbeitsloseproletarische Jugend in ihrer wirtschaftlichen Lage wie In ihrer see-lischen Haltung weitgehend treffen. Von der proletarischen Jugendhat die Partei heute schon einen Teil erfaßt. Ob es gelingt, weiterin die junge Generation vorzustoßen, wird wesentlich davon ab-hängen, welch« Rolle sie innerhalb der Partei spielt.Der Radikalismus der Lugend.Die junge Generation I« der Partei: dazu rechnen wir die SAJ.und die jungen Parteigenossen bis zu etwa 30 Jahren. Sie ringtum den nötigen Spielraum, sie will ihre Unverbrauchtheit, ihrenElan, ihren Drang nach Betätigung für die Bewegung fruchtbarmachen. Voraussetzung dafür ist, daß nicht etwa eine Ungleichungin der Haltung der Jungen an das erfahrene Alter erfolgt, sondern,daß der Radikalismus, den man der Jugend nachsagt, in wirklich«Leistung umgesetzt wird. Dieser Radikalismus hat neben einernegativen auch eine durchaus positive Seite. Es ist begreiflich, daßdie Jugend zu klaren Entscheidungen neigt, wenn sie es sich auchleider oft zu leicht macht, sie zu fällen. Sie gebraucht oft Phrasen,von deren Inhalt sie sich keinerlei greifbare Vorstellung macht. I«ihren Urteilen bevorzugt sie eine Schwarzweißmalerei, sie sieht nurdas Entweder-Oder, und es ist ihr unlieb, mit Möglichkeiten rechnenzu sollen. Hier liegt wohl der eigentliche Grund gewisser G« g e n s ä tz»lichkeiten zwischen den Jungen und den Alten.Die Jugend hält sich für revolutionärer als die Alten, die leicht inBausch und Bogen als„Reformisten" und besonder» als„Kompro-mißler" angesehen werden. Eine solche Einstellung ist nur zu er-klärlich, wenn man bedenkt, daß über die Vergangenheit(Vorkriegs-zeit, Krieg, Revolution, aber auch die zehn Jahr« nach dem Krieg«)nur sehr, sehr wenig bei der Jugend bekannt ist. Man kommt dahersehr leicht zu einer Kritik an den Alten, die eben„nicht entschiede»genug" oder unter„Verletzung der sozialistischen Grundsätze" ihrenWeg gegangen wären. Die erfreuliche Seite des Radikalismus wirdwohl nicht nur zufällig zu einem guten Teil durch die Ideal« d«rJugendbewegung bestimmt. Der Wunsch nach Gemeinschaft, derDrang sich«inzuordnen, auch sich unterzuordnen und sich aufzuopfernfür die Gemeinschaft ist da und kann für die Partei und ihre Ziel«ausgenutzt werden.Mitarbeit in der Partei.Jeder, der die Jugend unter sich und im Kreise alter Partei-genossen beobachten tonnte, kann leicht feststellen, wieviel aufgeschlos-sener und zugänglicher sie im ersteren Falle ist. Es wird auch nichtimmer der Jugend gegenüber der richtige Ton getroffen, ihre Met-nungsäußerungen, wenn sie überhaupt erfolgen, werden oft belächeltoder gar zurückgewiesen. Di« Möglichkeiten der Betätigung sindverhältnismäßig begrenzt, wobei nicht verkannt werden soll, daß aufdiesem Gebiet vieles besser geworden ist, und daß zunehmend jungeParteigenossen Funktionärposten ausfüllen. Andererseits erscheintdie Parteiarbeit oft trocken und besonders für junge Menschen, dienicht in der Tradition der Arbeiterbewegung aufgewachsen sind, istsie nicht sehr anziehend. Aus diesen Gründen, die beliebig vermehrtwerden können, sollte der Jugend die Möglichkeit zur Arbeit imeigenen Kreise, wenn auch im Rahmen der Partei, gegeben werden.Einen Ansatz dazu könnten die bereits vielfach bestehenden„Ar-