Jugend- Vorwärts
Nr. 1
Beilage zum Vorwärts
29. Januar 1931
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Die Agitation unter den jugendlichen Arbei-| wie vor mit gleicher Leidenschaft an ihnen, muß sich aber in der tern war seit jeher von größter Bedeutung für den Befreiungs- Praxis mit sehr fleinen Schritten und oft mit bloßer Abwehr getampf des Proletariats. Doch ist sie niemals so wichtig, aber auch planter Verschlechterungen begnügen, was ihr manche Ver so schwierig geworden wie in der letzten Zeit. antwortung für die bestehende Staatsordnung auflastet.
Seitdem die Bourgeoisie aufgehört hat, revolutionär zu sein, gab es bis zum Weltkrieg und den ihm folgenden Revolutionen nur noch eine einzige Partei in der kapitalistischen Gesellschaft, die sich hohe Ziele sette, wie sie die Jugend begeistern und zu Taten drängen, das war die Sozialdemokratie. Ein Arbeiter, der zu politischem Interesse erwacht war, fonnte damals gar nicht anders, als Sozialdemokrat werden.
Der Agitation unter den Jugendlichen fiel da vor allem die Aufgabe zu, ihr Interesse für politische Fragen zu erwecken. War das gelungen, dann stellten sich von selbst Feuereifer und Wissensdrang ein, die unter der Anleitung erfahrener Genossen leicht zu Klarheit und voller fozialistischer Erkenntnis führten.
Seit dem Weltkrieg liegen die Dinge nicht mehr so einfach. Auf der einen Seite brachte er in vielen Ländern eine Spaltung der Sozialdemokratie. Die dem Krieg folgenden Revolutionen vertieften oft die Spaltungen und ver= änderten andererseits in hohem Maße die Stellung der Sozialiſten im Staat.
Ehedem waren die Sozial demokraten in den Militär.
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Das ist ein Zustand, der sehr wenig befriedigt. Er wird noch fühlbar verschlimmert durch die Wirtschaftskrise, ble grenzenloses Elend mit sich bringt.
Das reizt alle zu wilder Empörung gegen den bestehenden Zustand, am meisten natürlich jene, die der Notstand zu wahnsinniger
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Wie sich die Nazis die Arbeitsdienstpflicht denken
Verzweiflung treibt, vornehmlich aber auch die proletarische Jugend, die leidenschaftlich vor. wärtsstürmen will.
nun
Ihre Opposition gegen die bestehende Gesell. schaftsordnung wird leicht zu einer Opposition gegen die Sozialdemokratie, wenn man die Bedingungen nicht erkennt, die sie zeitweise in die Defensive drängen, sie mit mancher Verantwortung belasten und ihren Vormarsch hemmen. Diese Situation bereitet in der Jugend den Boden für eine hemmungslose Demagogie nationaler oder sozialer Art, die nicht zur Besonnenheit mahnt, sondern die Phantasie entfesselt und ver. spricht, dem enthusiastischen Ta tendrang vollste Befriedigung zur schaffen, der die Jugend stets beseelt und den die Revolution von 1917 und 1918 mächtig angeftachelt haben. Unter diesen
monarchien die Umstürzler gewesen. Nur durch den| Umständen genügt es nicht mehr wie vor dem Weltkrieg, die Umsturz dieser Monarchien war die Demokratie erreichbar, die die Boraussetzung der vollen Befreiung der Arbeiterklasse ist.
Nach dem Kriege wurde die demokratische Republik erreicht, aber auch von ihrem Beginn an bedroht. Obwohl die neuen Republiken noch nirgends Formen angenommen haben, die uns befrie digen, so ist es doch zu einer der wichtigsten Aufgaben der Sozialdemokratie geworden, die neue Staatsform vor den Monarchisten und Faschisten zu schützen, die danach trachten, sie umzustürzen. Insofern fallen den Sozialdemokraten die Funktionen einer fonservativen Partei gegenüber manchen Umstürzlern zu.
Aber auch ökonomisch hat die Revolution der Arbeiterschaft Aber auch ökonomisch hat die Revolution der Arbeiterschaft wichtige Errungenschaften gebracht: Urlaub, Achtstundentag, Betriebsräte, Arbeitslosenversicherung, die es gilt festzuhalten.
Gleichzeitig ist durch die Revolution die Macht des Proletariats in Staat und Gesellschaft gewaltig gestiegen. 3war noch nicht so weit, daß es allein die politische Macht im Staate ausüben könnte, aber doch so weit, daß es, wo die Verhältnisse ihm günstig sind, die Uebermacht der Gegner verhindern oder sie so spalten kann, daß es imstande ist, zusammen mit einer bürgerlichen Fraktion oder unter ihrer Duldung zu regieren.
Doch auch in diesem günstigsten Fall gelangt die Sozialdemo tratie nirgends dahin, an eine entschiedene Durchsehung ihres Pro gramms zu gehen. Sie bleibt Ihren großen 3ielen treu, hängt nach
jugendlichen Arbeiter dem politischen Leben zuzuführen, um sie zu Sozialdemokraten zu machen. Heute heißt es, um die Seelen derjenigen Jugendlichen zu ringen, die bereits politisch interessiert sind. Heute muß man ihnen nicht bloß die Fluchwürdigkeit des Kapitalismus und Militarismus darlegen, sondern auch die Verkehrtheit der Diktatur, die unter dem Vorgeben, den Weg zur vollen Befreiung ungeheuer abzukürzen, ihn tatsächlich völlig verschüttet.
Man muß ihr zeigen, daß feine Diftatur helfen tann, die bloß eine Wiederbelebung des uralten Messiasglaubens, des blinden Vertrauens zu einem Erlöfer darstellt. Man muß zeigen, daß die Befreiung der Arbeiterklasse nur das Wert der Arbeiter selbst sein kann, die allein in der demokratischen Republik und nie schen Selbständigkeit gelangen können, ohne die jeder Sozialismus in einer Diftatur zu jener vollständigen geistigen und organisatori unmöglich ist.
Heute sozialdemokratische Agitation unter den Jugendlichen zu treiben, ist weit schwieriger, als es vor dem Weltkrieg war. Aber je größer die Schwierigkeit, um so größer der Gewinn, wenn es gelingt. Darauf muß unsere beste Kraft fonzentriert werden, denn die Sozialdemokratie, die Partel des 3utunftsstaates", tann nur fiegen durch bie Jugend, durch die Generation, die unsere 3utunft bildet.