Begeisterung für Frankfurt  .

Erlebnisse von früheren Jugendtagen.

Heinz, unser Gruppenführer und Werner, der Obmann für den| Frankfurter   Jugendtag, unterhielten sich: Weißt du", sagte Werner, Ich bin mit dem Ergebnis meiner Tätigkeit nicht recht zufrieden; es haben sich erst zehn Genossen für den Jugendtag angemeldet, das ist doch viel zu wenig!"

Ja, ja, erwiderte Heinz, die Wirtschaftskrise! Die Bäter un ferer jungen Genossen sind meist arbeitslos, da hapert es mit dem Geld zur Bestreitung der Kosten."

,, Das scheint mir nicht der Hauptgrund zu sein. Ich glaube, die Ursache für die zögernden Anmeldungen liegt darin, daß der größte Teil unserer jüngsten Genossen noch keinen Jungendtag mit gemacht hat, und darum das großartige Erlebnis eines solchen Treffens nicht fennt. Wir müssen mal einen Gruppenabend befon­derer Art veranstalten, um in unseren Jüngeren die Begeisterung für Frankfurt   zu wecken"

,, Du hast recht", sagte Heinz. Aber wie machen wir das? Ein Lichtbildervortrag über Frankfurt  ? Halt. Ich hab' ne Idee! Wir

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betiteln unsern nächsten Gruppenabend: Jugendtagserlebnisse" und lassen uns von den älteren Jahrgängen" ihre Eindrücke und persönlichen Erlebniffe auf früheren Jugendtagen schildern. Den Lichtbildervortrag machen wir dann später, vielleicht bietet sich noch Gelegenheit, den Film von der Frankfurter   Olympiade zu zeigen." Mensch großartig! Machen wir!" stimmte Werner zu. Mit einem ,, Freundschaft" trennten sie sich.

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Der nächste Gruppenabend war herangekommen. Der Vor­figende eröffnete. Nach einem Lied und ein paar einleitenden Worten über die Bedeutung unserer Jugendtreffen hatten die Be­richterstatter das Wort.

Harri berichtet vom Fünften Deutschen Arbeiterjugendtag 1928 in Dortmund  . Seine begeisternden Wort ließen uns alle dieses Maffentreffen der roten Jugend auf roter Erde im Geist miterleben. Wir spürten der eisernen Taft der Eisenhütten und Bergwerke des Ruhrgebiets, als er die Aufführung des Brögerschen Sprechchor­wertes Rote Erde" in der riefigen Westfalenhalle schilderte. Wir waren mit dabei, als er von der Kundgebung der 70 000 im Dort­ munder   Stadion erzählte.

Gerda sprach von der Herzlichkeit der Dortmunder   Arbeiter­fchaft als Quartiergeber. Wie diese so armen Bergleute ihre jungen Gäste aufnahmen, ihnen ihre besten Schlafgelegenheiten überließen, fie mit Braten, Kuchen, Stullen und anderen guten Dingen fütterten.

Mit leuchtenden Augen verkündete Ernst das überwältigende Er lebnis des internationalen Jugendtreffens 1929 im roten Wien  . Er schilderte die grandiose Eröffnungstundgebung auf dem Helden­play, die unbeschreibliche Begeisterung der Wiener  , das nicht enden­wollende Freundschaft" rufen beim Fadelzug am Donaufanal, das märchenhaft beleuchtete Rathaus, den stundenlangen Zug der Achterreihen über die Ringstraße am Sonntag...

Die Jugendinternationale in ihrer ganzen Mannigfaltigkeit und Buntheit wird wieder vor uns lebendig: die hellblauen Kittel der Polen  , die Nazdar"-Rufe der Tschechen, die roten Blusen der Teffiner, die Bulgaren  , Holländer, Skandinavier, Amerikaner! Wie wir mit ihnen persönlich in engste Berührung famen, uns ver­ständigten durch die stumme und doch so beredte Sprache der Augen, der Herzen und Hände.

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,, Wien  ", so endete Ernst ,,, das war mehr als ein bloßes Zu­famemntreffen junger Arbeiter, Wien   das war das Fanal einer werdenden neuen Welt Blut und Leben gewordene Inter­nationale."

Jetzt meldete sich Schorsch, der alte Jugendveteran" zum Wort: Auch ich will euch von einem Jugenderlebnis berichten. Es find teine großen Arbeitermassen, die darin eine Rolle spielen eigentlich war es nur ein ganz einfacher, schlichter Vorgang. Und doch werde ich ihn nie vergessen."

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,, Es war 1925 bc'm Hamburger Jugendtag. Der eigentliche Jugendtag mit feinen gewaltigen Rundgebungen und den besonderen Eindrücken, die eine See- und Hafenstadt bietet, lag hinter uns. Wir hatten eine Dampferfahrt nach Curhaven gemacht und befanden uns mit dem Dampfer ,, Delphin  " auf der Rückfahrt nach Hamburg  . Bon Often famen schwarze Gewitterwolfen herauf die untergehende Sonne stand, ein blutroter Ball, dicht über dem Wasser. Wir saßen am Hec des Schiffes und fangen Kampflieder; unsere roten Fahnen flatterten im Wind.

Da begegnete uns ein fleiner holländischer Frachtdampfer. Auf dem Verdeck war niemand zu sehen. Blöglich tauchte aus einer Lute das Gesicht eines jungen Schiffers auf, starrte uns einen Mo­

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ment an und verschwand dann wieder. Gleich darauf erschien der junge Seemann   wieder, stieg freudig erregt aufs Deck und schwenkte mit beiden Händen ein rotes Tuch. Wie elettrifiert sprangen jetzt auch wir auf, riefen, schrien durcheinander und schwenkten unsere roten Fahnen. Wir hatten den Gruß unseres holländischen Kameraden verstanden.

Es war nur ein Stück roten Tuches, ein Lappen, fast nur ein Feyzen, das er in den Händen hielt. Und doch schien uns in diesem Moment dieser Fezen prächtiger als die prunkvollste Fahne. Er war uns das Symbol unserer internationalen Berbundenheit...

Solange ich lebe und atme wird mir dieses Bild unvergeßlich sein: der einsame Fahrensmann auf dem holländischen Frachter, wie er mit dem roten Tuch grüßend und winkend in die Sonne fährt..."

Zum Schluß richtete der Vorsitzende noch einen packenden Appell an alle Genossen: mitzukommen nach Frankfurt  .

Auch dort werden wir in Berührung kommen mit unseren

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Brüdern, die jenseits der Grenzen" für den Sozialismus kämpfen. Auch dort werden unsere Herzen höher schlagen im Taft der sozialisti­fchen Internationale. Auf nach Frankfurt  . Spart und rüstet für den 6. Deutschen   Arbeiterjugendtag!" Georg Eitelsberg.

Sonnenwende.

Aus dem grauen Häusermeer Berlins   famen Arbeiterjungen und Arbeitermädel nach Brieselang  , um inmitten von Wald und Wiese eine Sonnenwendfeier zu veranstalten.

Sonnenwende? Warum wollen wir Arbeiterjugend sie festlich begehen? Als Naturerscheinung war für die Menschheit schon vor tausenden von Jahren der Sonnentag ein Festtag. Das haben wir schon in der Schule gehört, aber was geht uns das an? Wir leben in dem Steinmeer der Großstadt, stehen tags über in den Fabriken oder Kontoren im tosenden Lärm der Arbeit, ob Winter oder Sommer, ob lange Tage oder kurze Tage. Was verbindet uns also noch mit der Naturerscheinung der Sonnenwende?

Wer die Feier der arbeitenden Jugend in Brieselang   miterlebt hat, wird es wissen.

Schon am Sonnabend nachmittag bevölkerte die Jugend im blauen Kittel das Gelände. Rote Fahnen leuchten aus dem grünen Laub der Bäume hervor. Am Rande der Wiese werden eifrig Zelte gebaut, überall herrscht munteres Leben. In der Mitte des Plates ist ein Holzstoß aufgeschichtet, ein ganz gewöhnlicher Holzstoß und doch wird er von allen angeschaut als hätte er eine ganz besondere Bedeutung. Das Treiben auf dem weiten Blaze wird immer leben­diger, denn jeder Zug aus Berlin   bringt neue Scharen Jungen und Mädel, die mit Gesang und Musik anmarschieren. Die Sonne ver­fintt endgültig, Sterne und die verschwommene Mondfichel taucher am Himmel auf, weithin leuchtet der Schein der brennenden Fackeln.

Um 22½ Uhr verkünden Fanfarenrufe und Trommelwirbel den Beginn der Sonnenwendfeier. Tausende junge Menschen sammeln sich im Kreis um den Holzitoß. Erst jezt kann man überblicken, wie viele Jugendliche auf dem weiten Gelände verstreut waren. Ringsum liegt über allem das undurchdringliche Dunkel der Nacht. Nur den Festplatz erhellt ein Kreis brennender Fackeln. Laut und fräftig schallt unser Arbeiterjugendlied" Dem Morgenrot entgegen" in die Finsternis.

Trommelwirbel zerreißen die furze feierliche Stille, das Fest spiel Grenzenlose Erde" beginnt. Bertreter der unterdrückten Klasse aus allen Erdteilen sprechen zu uns. Ob in Europa  , Afrika  , Asien  , Amerika   oder Australien  , überall leben unterdrückte Menschen, über­all herrscht eine Klaffe, die auf Kosten der Arbeiter ein genußreiches Leben führt. Doch die Flamme der Empörung, der Erkenntnis ist in alle Länder der Erde gedrungen. Der Arbeiter besinnt sich auf feine Menschenrechte, erkennt, daß er ein menschenwürdiges Dasein führen fann, wenn er es sich im Kampf der herrschenden Klasse er­ringt. Einigkeit, Berbundenheit muß der Grundfaß aller Unter­drückten sein, kein Krieg gegen die arbeitenden Brüder des anderen Landes kann uns ein menschenwürdiges Dasein bringen, sondern der Rampf der Unterdrückten gegen die Herrscher. Dieser Kampf ist ein gemeinsamer Kampf, geloben wir die Einigkeit und sind bereit für die große Wandlung.

Der Holzstoß wird entzündet, hoch lodern die Flammen, sprühen die Funken. Der Sprechchor verkündet das Gelöbnis der Jugend, wir werden den Kampf führen für die Menschenrechte des Brole, tariats, wir bringen das Licht des Sozialismus, die neue Zeit. Brüder zur Sonne zur Freiheit" erschallt es aus allen Kehlen, voller