Für unsere KinderNr. 3 o O O o O o«z Beilage zur Gleichheit o o o o o o o 1914Inhaltsverzeichnis: Ferdinand Lassalle. VonMax Adler.(Schluß.)— Die Schlangenamme.Ballade von Ludwig Bechstein.— Das Schick sal. Von AwetiS Aharonean.— Die Prinzessin.aus dem Baum.(Schluß.)— Kinderlied von dengrlinen Svmmervögeln. Von Friedrich Rllckert.(Gedicht.)Ferdinand Lassalle.Von Mar Adler.(Schlud.)Heute sind diese Millionen von Arbeits menschen, die über die ganze Erde ausgebreitetsind, eine Einheit und fühlen sich als solche.Und wenn sie sich selbst als Proletariat be nennen. so geschieht es nur in der stolzen Zu versicht, den Zustand, den das Wort bezeichnet,durch eigene Kraft alsbald aus der Welt zuschaffen. Aber es war nicht immer so. VieleJahrhunderte sind vergangen, und die armenMenschen, die im Joche der Arbeit gebeugtwaren, dachten gar nicht über ihr Schicksalnach. Sie fanden es ganz selbstverständlich,daß die einen ihr Leben in fortwährender Notund Kümmernis hinbrachten, während dieanderen in ltberfluß und Luxus schwelgten;daß die einen geboren wären, zu herrschen,die anderen aber zu gehorchen. Und als zuBeginn des neunzehnten Jahrhunderts mitder Einführung der großen Arbeitsmafchinendie Not und die Ausbeutung der Arbeiterimmer größer wurde, da kamen sie zwar mehrund mehr auf Gedanken, welche die alteDumpfheit der Gemüter störten, da erkanntensie immer mehr, wie schrecklich und ungerechtes doch im Leben zugehe, wenn gerade dieMenschen, die alle Tage ihres Lebens mühe voll arbeiteten, mit Weib und Kind verkommenmüßten. Aber sie fanden keinen Weg aus diesemElend heraus. Höchstens daß sie, wenn dieNot sie bis zur Verzweiflung getrieben hatte,bald hier, bald dort einen Aufruhr anstifteten,die Fabriken ihrer Arbeilgeber und die Schlösserihrer Lohnherrcn anzündeten und dafür vonSoldaten zusammenaeschossen oder in-denKerker geworfen wurden. Es fehlte ihnen nochganz die Kenntnis ihrer Stellung und Bedeu tung im Staate und damit der Ursachen ihresElends, welches sie meistens der Grausamkeitund Härte ihrer Herren zuschrieben. Zwarwaren die Arbeiter schon aus ihrem langenSchlafe erwacht, aber noch waren sie ohneZusammenhalt, ja ohne Wissen voneinander,ohne deutliche Einsicht von dem, was zu tunist, ohne gemeinsame Richtung und Weg.Ihnen diese klare Erkenntnis verschafft zuhaben, das ist daS unvergängliche Werk Ferdi nand Lassalles(geboren am 11. April 182d inBreslau). Er war es, dessen mächtige Sprachezuerst die Massen der Arbeiter aufgerüttelt.sie über ihre eigene Lage aufgeklärt und ihrezahllosen, bis dahin zersplitterten WillenSbe-strebungen auf daS eine große Ziel ihrer Be freiung vereinigt hat. Lassalle war es, der dieArbeiter erkennen lehrte, daß sie nicht unter'der Bosheit oder Grausamkeit einzelner Herrenleiden, sondern daß, solange der Unterschiedvon Besitzern und Besitzlosen besteht, die Armenstets den Reichen sich verkaufen müssen unddie Reichen stets die Armen ausbeuten müssen,auch wen» sie selbst die besten Menschen wären.Und er zeigt ihnen weiter, wie dieser Unter schied von Besitzenden und Besitzlosen, so un vermeidlich er früher war, cheute nicht mehrnötig ist, weil die Menschen es bereits so weitgebracht haben, ein auskömmliches Leben füralle zu schaffen, so daß niemand mehr armzu sein braucht, wenn nur erst aller Besitzallen zusammen gehören und durch gemein same Arbeit aller verwertet werden wird; wiees daher nötig ist, daß diejenigen, welche einInteresse daran haben, daß die Dinge besserwerden— und wer hätte dies dringender alsdie Arbeiter?— sich vereinigen und zusammen halten müßten, um durch gemeinsamen Kampfmit eigener Kraft ihre Ziele zu erringen. DieArbeiter müßten sich als eine selbständige Klaffeverstehen lernen und als solche ihren Befrei ungskampf nicht mehr gegen einzelne Unter drücker führen, sondern lieber trachten, sovielMacht im Staate zu erlangen, daß sie alleUnterdrückung ein für allemal beseitigen könn ten. Zu diesem Zwecke sollten sich die Arbeiterin einem großen Verein sammeln und alleKraft daransetzen, dem bisherigen Zustand,wonach sie im Staate gar nichts mitzuredenhatten, ein Ende zu machen, indem sie sichdas Recht eroberten, durch von ihnen gewählteAbgeordnete die Gesetze des Staates mitzu-besttminen. Denn der Staat besteht doch nur