Für unsere KinderNr. 1 0000000 Beilage zur Gleichheit 0000000 1914Inhaltsverzeichnis: Die Drohnenschlacht. BonMaurice Maeterlinck.— Peter. Bon MariaKonopnicka.(Gedicht.)— Das Pensionat. BonWladimir Korolenko.— Die Prinzessin ans demBaum.— Bliinlein Naseweis. Bon G. P. S.CadaniS.(Gedicht,)Die Drohnenschlacht.Von Maurice Maeterlinck.Bleibt nach dem Hochzeitsansflug derKöniginder Himmel noch klar und die Luft warm, sinddie Blumen noch ergiebig an Nektar und Pollen,so dulden die Arbeitsbienen in einer Art vonNachsicht nnd Vergeßlichkeit, oder vieleichl ausübertriebener Vorsicht, noch eine Zeitlang dielästige nnd verderbliche Anwesenheit der Droh nen. Diese gebärden sich im Stocke wie dieFreier der Penelope im Palast des Odysseus.Sie tafeln und schmausen und führen dasmüßige Leben von verschwenderischen und rück sichtslosen Ehrenliebhabern. Selbstzufriedenund breitspurig, wie sie sind, versperren siedie Gänge, verstopfen die Tore, stören dieArbeit, rempeln und werden gerempelt undstehen blöde und wichtig da, von blinder, ge dankenloser Verachtung aufgeblasen, aber selbstmit Bewußtsein und Hintergedanken verachtet,und ohne eine Ahnung von der Erbitterung,die sich still häuft, und dem Schicksal, dasihrer harrt. Um nach Herzenslust zu schlafen,wählen sie sich die wärmste Ecke des Stockeszur Ruhestätte, erheben sich lässig, um aus denoffenen Honigzellen, die am schönsten duften,nach Belieben zu saugen, und beschmutzen dieWaben, auf denen sie sitzen, mit ihrem Unrat.Die langmütigen Arbeitsbienen gedenken derZukunft und machen den Schaden stillschwei gend wieder gut. Von Mittag bis um drei Uhr,wenn die Landschaft in bläulichem Sommer duft liegt und unter dem sieghaften Auge derJuli- oder Augustsonne in seliger Müdigkeitbebt, fliegen sie aus. Sie tragen einen Helmans riesigen schwarzen Perlen mit zwei hohenlebendigen Federn, ein Wams von falbemSamt mit lichten Perlen, ein zottiges Fell undeinen vierfachen, starren, durchsichtigen Mantel.Dabei machen sie einen furchtbaren Lärm,drängen die Schildwachen beiseite, stören dieLüslerinnen und rennen die Arbeitsbienen um,die mit ihrer Tracht beladen heimkehren. Siehaben das geschäftige, auffMge und rücksichts lose Austreten von unentbehrlichen Göttern,die geräuschvoll nach einem große», dem ge meinen Volke unbekannten Ziele aufbrechen.So vertrauen sie sich nacheinander stolz undunwiderstehlich dem weiten Luftraum an, umsich alsbald friedlich auf die nächsten Blumenniederzulassen und ihr Mittagsschläfchen zuhalten, bis die abendliche Kühle sie wiederaufweckt. Dann kehre» sie in demselben ge bieterischen Fluge in den Stock zurück, laufendort, stets von der gleichen, unentwegten Ab sicht erfüllt, wieder an die Honigbehälter,stecken den Kopf bis zum Halse hinein, saugensich wie Schlauche voll, um ihren erschöpf ten Kräften aufzuhelfen, und schreiten dannwieder schweren Schrittes zum Lager, wo dergute Schlaf ohne Sorgen und Träume sie biszum nächsten Mahle umfängt.Aber die Geduld der Bienen reicht nicht soweit wie die der Menschen. Eines Morgensläuft die längst erwartete Losung durch denStock, und die friedlichen Arbeitsbienen wer den zu Richtern und Henkern. Man weiß nicht,wer die Losung gibt, sie scheint aus der kalten,verstandesmäßigen Entrüstung der Arbeits bienen plötzlich hervorzubrechen und erfüllt,sobald sie ausgesprochen ist, wie es der Geistdes einmütigen Gemeinwesens will, alsbaldaller Herzen. Ein Teil des Volles steht vomBeutemachen ab, um sich ganz dem Werkeder Gerechtigkeit zu widmen. Die schamlosenMüßiggänger, die klumpenweise auf den honig spendenden Wänden sitzen, werden in ihrerSorglosigkeit überrascht und durch ein Heervon zornigen Jungfrauen plötzlich aus demSchlaf geriffen. Sie wachen glückselig auf, unddoch unsicher, sie trauen ihren Augen nichtrecht, und ihr Erstaunen dringt allmählichdurch ihre allgemeine Gleichgültigkeit hindurchwie ein Mondstrahl durch ein sumpfiges Waffer.Sie bilden sich ein, sie seien das Opfer einesIrrtums, blicken starr um sich, und da derleitende Gedanke ihres Lebens in ihren dickenHirnschädeln zuerst lebendig wird, so wendensie sich nach den Honigbchältern, um sich zustärken. Aber es ist jetzt nicht mehr die Zeitdes Maihonigs, des Blumenweins der Lindenund seines ambrosischen Seitcnstückes, derSalbei, der Esparsette und des Majoran. Statt