Für unsere Kinder
dessen streichelte der kleine Fortunato seine Kaze und schien sich an der Verlegenheit der Landjäger und seines Vetters boshaft zu weiden.
Ein Soldat trat an den Heuhaufen heran. Er sah die Katze, stach mit dem Bajonett ins Heu, nachlässig und die Achseln zuckend, wie. wenn er selbst fühlte, wie lächerlich sein Versuch sei. Nichts rührte sich, und das Gesicht des Knaben verriet nicht die leiseste Erregung. Der Adjutant und seine Leute verzweifelten. Schon blickten sie ernstlich nach der Ebene, als wären sie bereit, den Rückweg anzutreten. Da entschloß sich ihr Führer, der einsah, daß er mit Drohungen auf den Sohn Falcones gar keinen Eindruck mache, einen letzten Versuch zu unternehmen, um zu sehen, ob er nicht mit Schmeicheleien und Versprechungen mehr ausrichten könne.
,, Kleiner Vetter," sagte er, du scheinst mir ein aufgeweckter Junge zu sein! Du wirst es noch weit bringen. Aber du spielst mit mir ein gefährliches Spiel; und wenn es mir nicht um meinen Vetter Mateo leid wäre, so würde ich dich, hol' mich der Teufel, einfach mitnehmen."
„ Bah!"
,, Aber wenn mein Vetter zurückkommt, werde ich ihm alles erzählen, und er wird dich für dein Lügen bis aufs Blut prügeln."
,, Wirklich?“
„ Nun, du wirst es schon sehen.... Doch paß auf.... Sei ein braver Junge, und ich gebe dir etwas."
" Ich aber, Vetter, gebe euch einen Rat: wenn ihr noch länger hier säumt, erreicht Gianetto den Maquis, und um ihn dort herauszuholen, braucht es dann schlauerer Leute, als ihr seid."
Der Adjutant zog aus der Tasche eine Uhr hervor. Sie war aus Silber und gut ihre zehn Taler wert. Als er merkte, wie die Augen des kleinen Fortunato bei ihrem Anblick aufleuchteten, ließ er sie an ihrer Stahlkette vor dem Gesicht des Knaben herabhängen und sagte zu diesem:
,, Gelt, du Strolch! Das würde dir gefallen, so eine Uhr um den Hals hängen zu haben. Da würdest du in den Straßen von Porto Vecchio herumstolzieren und dich wie ein Pfau spreizen. Und die Leute würden fragen:, wieviel Uhr ist's? Und du würdest ihnen antworten:, da, seht auf meiner Uhr nach!""
„ Wenn ich groß bin, wird mir mein Onkel, der Korporal, eine schenken."
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„ Ja, aber der Sohn deines Onkels hat jetzt schon eine. freilich keine so schöne, wie diese hier... und doch ist er jünger als du." Der Knabe seufzte.
,, Nun gut, willst du diese Uhr haben, kleiner Better?"
Fortunato schielte nach der Uhr und glich dabei einer Katze, der man ein Huhn vors Maul hält. Sie fühlt, daß man sie nur zum besten hält, und wagt nicht, die Krallen danach auszustrecken, und von Zeit zu Zeit wendet sie die Augen ab, um nicht der Versuchung zu erliegen; aber zugleich leckt sie sich immer wieder das Mäulchen, und es ist, als sagte sie zu ihrem Herrn:„ Ach, wie ihr nur so grausam scherzen mögt!"
Indes schien es der Adjutant Gamba mit seinem Anerbieten ernst zu meinen. Fortunato streckte seine Hand nicht aus, aber er sagte mit bitterem Lächeln:
„ Warum wollt Ihr mich zum besten haben?" ,, Bei Gott , ich will dich nicht zum besten haben. Sage mir nur, wo Gianetto ist, und diese Uhr ist dein."
Über Fortunatos Gesicht glitt ein ungläubiges Lächeln. Seine schwarzen Augen bohrten sich in die des Adjutanten und suchten darin zu lesen, ob dessen Worten zu trauen sei.
,, Meine Epauletten will ich verlieren, wenn ich dir die Uhr unter der Bedingung nicht gebe," rief der Adjutant.„ Die Kameraden hier sind Zeugen, ich kann mein Wort nicht mehr zurücknehmen."
Während er so sprach, näherte er die Uhr immer mehr Fortunatos Gesicht, so daß sie fast die blasse Wange des Knaben berührte. Auf dessen Gesicht spiegelte sich deutlich, wie in seiner Seele das Verlangen nach der Uhr mit der Achtung vor der heiligen Pflicht der Gastfreundschaft kämpfte. Seine nackte Brust hob sich heftig, und der Knabe schien fast zu ersticken. Unterdessen pendelte die Uhr an der Kette vor ihm, drehte sich und stieß einige Male an seine Nasenspitze. Endlich, ganz allmählich hob sich seine rechte Hand zu der Uhr, jetzt berührten die Fingerspitzen sie, und nun lag sie vollständig und schwer in seiner Hand, ohne daß jedoch der Adjutant das Ende der Kette losließ. Das Zifferblatt war himmelblau, das Gehäuse frisch poliert, die Uhr funtelte in der Sonne wie Feuer.... Die Versuchung war zu stark.
Fortunato hob auch die linke Hand und zeigte mit dem Daumen über seine Schulter auf den Heuhaufen, an dem er mit dem Rücken