6 Für unsere Mütter und Äausfrauen Nr. 2 besonders Magerkäse, enthalten ebenfalls Eiweiß in leicht verdau licher Form. Dagegen sind Kohlehydrats in großen Mengen in gewissen Vegetabilien, wie Bohnen, Erbsen, Linse» und Getreidekörnern ent Hallen. Sie können aber in vielen Fällen nicht ausgenutzt werden, weil die Zellulosehülle» der Pflanzenzellen von den Verdauungs- säflen nicht gelöst werden. Die Zubereitung muß also darauf hin zielen, die Hüllen der verschiedenen Kerne möglichst aufzuschließen und den Inhalt von den Schalen zu trennen. Es ergibt sich dar aus, daß gut gekochte und durchgetriebene Hafergrütze ein sehr nahrhaftes Gericht ist, und daß man all die guten Sachen, wie Linsen, Bohnen, Erbsen usw. nicht lange genug lochen lassen kann.* Tie vielgerühmten kräftigen Bauernbrote werden bei der Verdauung sehr schlecht ausgenutzt. Sie sind meist aus sehr grob gemahlenen, Noggenmehl bereitet, das noch die innere Schale der Kerne enthält. Infolgedessen wird oft der dritte Teil der festen Bestandteile des Brotes durch den Kot wieder ausgeschieden. Der Verdauung gegenüber weitaus günstiger verhält sich feines Weizenmehl, einerlei, ob es in Form von gutem Weißbrot oder als Mehlspeise aufgenommen wird. Auch die Zellulosehüllen des Reises bieten den VerdauungS- säften nur geringen Widerstand. Kartoffelbrei wird in nicht zu großen Mengen genossen gut ausgenutzt, schlechter die Kartoffeln in der Schale und am schlechtesten die gerösteten Kartoffeln. Die Kartoffelnahrung hat jedoch den großen Nachteil, daß ihre Aus nutzbarkeit nachläßt, wenn sie in größeren Mengen genossen wird. Das ist aber immer gerade da der Fall, wo Armut zum reichlichen Kartoffelgenuß drängt. Der Wert der übrigen vegetabilischen Hauptnahrungsmittel be steht wohl in ihrer anregenden Wirkung auf dein Stoffwechsel. Die Zellulosehüllen aller jungen Blattgemüse sind leicht verdaulich. Zum großen Teil unausgenutzt dagegen bleiben von den Vegeta bilien die gelben Rüben und grüne» Bohnen. Besonders günstig stellen sich nach jeder Richtung die Verhält nisse bei den Fetten dar. Sie werden besonders in Verbindung mit Kohlehydraten also in der Hauptsache Zucker, Mehlspeisen, Kar toffeln und Brot vorzüglich ausgenutzt und bilden für den frugalen Tisch der Arbeiter ein wichtiges Nähr- und Genußmittel. Sie sind mit ihrem hohen Nährwert(doppelt so hoch als bei Kohlehydraten) von größter Bedeutung für Erhaltung der Körperwärme und die Arbeitsleistung. Fettreiche Nahrung hat auch die Eigenschaft, den Eiweißverbrauch des Körpers herabzusetzen. Es gibt Holzknechte im Bayerischen Wald  , die fast ihren ganzen Kraftbedarf mit Fett decken. Ein Holzknecht pflegt in seinem Speck an die 3<X) Gramm Fett im Tage zu sich zu nehme». Die billigen Pflanzenfette und reines Rindssett zeigen in ihrer Zusammensetzung ebenso günstige Verhältnisse wie die teure Butter. Es gibt Pflanzenfette, zum Beispiel Palmin und wie sie alle heißen, die bis zu 36 Prozent Fett enthalten. Es erübrigt sich noch die Besprechung der meist unverhältnis mäßig teuren Genußmittel, von denen nur Zucker, Kakao und Schokolade sehr hohen Nährwert besitzen. Allerdings sind die sogenannten reinen Genußmittel nicht so ganz ohne Bedeutung für den menschlichen Organismus, wie man früher geglaubt hat. Die neueren Forschungen beweisen uns immer mehr, daß die Reizmittel bestimmte, wichtige Zwecke für Körper und Geist zu erfüllen haben. Es ist kindlich einfach, wie gewisse Theoretiker am grünen Tisch schon die komplizierte und heikle Frage der ausreichenden Volksernährung gelöst haben. Sie haben frisch und fromm heraus gerechnet, daß das Volk seinen Bedarf an Nährstoffen auf die billigste und rationellste Weise mit Kartoffeln und Heringen decken könne. Was sollen da noch die Klagen über Nahrungsmittelwucher, der Notschrei über Teuerung? Kartoffeln und Hering sind billig, in großen Massen leicht zu beschaffen und enthalten zusammen alle nötigen Nährstoffe. Die Herren sollen aber die Probe auf ihr Rechenexcmpel nicht selbst gemacht haben. Die Sache ist nicht so einfach, wie sie vonVolksbeglückern" dargestellt wird. Das Be dürfnis nach Abwechslung in der Nahrung entspricht durchaus nicht einer Sucht nach Luxus und Schlemmerei. Es ist durch viele Erfahrungen in Gefängnissen zum Beispiel bewiesen, daß der Reiz, den eine abwechslungsreiche und gut zubereitete Kost aus Körper und Geist ausübt, für die Gesundheit von größter Wichtigkeit ist. Auch der Versuch an Tieren zeigt, wie wichtig die Erregung des Appetits für die Verdauung und damit die Er nährung ist. Man hat zum Beispiel einem Hund den Magen mittels einer Fistel nach außen geöffnet, um die Verdauungsvorgänge zu beobachten. Wenn das Tier ein verlockendes Fleischslück nur von weitem sah, lief ihm buchstäblich das Wasser nicht nur im Mund, * Weiche! Wasser ist hierzu geeigneter als hartes. sondern auch im Magen zusammen. Dies Wasser ist beim Tier wie beim Menschen nichts anderes, als der durch die Reizvorstellung der Nahrung zu Abscheidung gebrachte Verdauungssaft. Andere Beispiele, mit welcher Sicherheit der Körper die ihm notwendigen Stoffe.zu bestimmen weiß, sind folgende: Die vegetarisch lebenden Völker haben den Drang, ihren Speisen als Genußmittel Salz zuzufügen. Die Beduinenstämme führen sogar ihre Pferde zu den Salzlagern, um sie das Salz lecken zu lassen. Auch die Landbevölkerung braucht entsprechend der starken Verwertung vegetabilischer Kost mehr Koch salz als die städtische Bevölkerung. Griechen und Römer brachten den Göttern die Opfertiere ohne Salz, die Feldfrüchte dagegen mit einem Zusatz von Salz dar. Dieser merkwürdige Gegensatz erklärt sich dadurch, daß die Pflanzenkost den Körper an Kochsalz verarmen läßt, eine Wirkung, die dieser durch reichliche Salzzufuhr wieder aus zugleichen sucht. Auch die Aufnahme von äußerst fettreichen Speisen bei allen nordischen Völkern erweist sich als sehr zweckmäßig für die besonderen Bedürfnisse des Körpers. Durch reichliche Aufnahme von Fetten wird der große Verlust an Körperwärme am besten wett gemacht, dem der Organismus in den kalten Ländern ausgesetzt ist. Selbst die nicht so harmlosen Genußmittel, wie Tee, Kaffee und sogar der Alkohol scheinen gewissen Bedürfnissen des Körpers zu dienen. Denn alle primitiven Völker auf der ganzen Erde haben jedes von sich aus derartige Reizmittel in der Natur entdeckt und oft mit großer Mühe zum Genuß zubereitet. Es sind noch viele, viele unbekannte Stoffwechselvorgängs zu entdecken, denen wir heute mit unseren noch immer zu groben Untcr- suchungsmitteln nicht beikommen können. Schon jetzt werden die Bedeutung des ruhigen Essens, der vollen Ruhe besonders vor und nach den Hauptmahlzeiten mehr als früher gewertet, weil sie an sich als wichtige Arbeitsleistungen des Organismus erkannt worden sind. Die Arbeiterfrau, die in voller Hast von der Arbeitsstätte nach Hause stürzt, womöglich das Essen für die Familie erst zubereitet und wieder an ihre Arbeit eilt, der Arbeiter, der schlecht ernährt die mangelnde Spannkrast durch das gefährliche Reizmittel des Alkohols für kurze Zeit anzupeitschen sucht: sie leben auf Kosten ihrer Nerven, der Leistungsfähigkeit und Ausdauer ihrer Or gane, und auch auf Kosten der Lebenstüchtigkeit der kommenden Generationen. Es muß immer wieder gesagt werden, daß die Ernährung des großen Durchschnitts unseres Volkes weit hinter dem zurückbleibt, was für die Erhaltung des Körpers und seiner Arbeitskraft gefordert werden muß. Besonders auf die Er nährung der Kinder des Volkes werfen die Zahlen und Statistiken über Säuglings- und Kindersterblichkeit ein erschreckendes Licht. Vor allem anderen muß der Mensch, der körperlich hart arbeitet, reichlich und kräftig ernährt werden. Ein erhöhter Kraftwechsel und ein starkes Bedürfnis des Körpers nach reichlicher Nahrung gehen Hand in Hand. Dauernde Unterernährung erzeugt starkes Unlustgefühl, Mattigkeit, Mangel an Willenskrast und verringert die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegen Krankheiten aller Art. Zugleich entsteht der Drang, den matten Organismus durch Reiz mittel wenigstens zeilweise zu beleben. Höhere Arbeitslöhne und kürzere Arbeitszeit können darum den Arbeiter widerstandsfähig gegen die Versuchung des Alkohols und empfänglich für Genüsse höherer Art machen. c. b. ovo Die Mutter als Erzieherin. Quäle dein Kind nicht? Du meinst, das tust du nicht? Du fragst mich entrüstet, wie wohl«ine Mutter ihr Kind quälen kann? Freilich, mit Bewußtsein und Absicht wird eZ nicht oft geschehen, und mit rohen äußeren Mitteln und Marterwerkzeugen wird es noch weniger geschehen. Und doch kommt es viel häusiger vor, als du denkst, daß eine Mutter ihr Kind quält. Dein Kind hat einen Fehler, eine Ungezogenheit, eine Schwäche, die du ihm nicht ab gewöhnen kannst. Immer schiltst du mit dem Kinde deswegen, so oft es wieder den Fehler begeht, zeigst du nachdrücklich mit dem Finger darauf. Auch wenn der Fehler gar nicht so stark zutage trat, wenn vielleicht nur zufällig einmal das Gespräch darauf führt, fährst Du das ganze grobe Geschütz deiner Entrüstung und Er mahnung auf. Dein Kind kennt seinen Fehler, es schämt sich dessen, es nimmt sich auch oft vor, sich zu bessern. Aber du spürst diese zarten Ansänge nicht, beim nächsten Male donnerst du laut und' entrüstet wieder gegen dein Kind; oder du jammerst wehleidig, daß aus deinem Kinde, das so mißraten ist, das sich auch gar nichts zu Herzen nimmt, niemals etwas Rechtes werden kann. Wenn du so handelst, dann quälst du dein Kind, dann verhinderst du, daß sich dein Kind selbst von seinem Fehler befreit. Nicht immer mußt du den Fehler sehen, du mußt auch einmal verstehend darüber