C

t

Für unsere Mütter und Hausfrauen

Nr. 5

0 1910

。。。。。。。。 Beilage zur Gleichheit Beilage zur Gleichheit oooooooo

-

Aus der Inhaltsverzeichnis: An den Tod. Von Nikolaus Lenau  . Geschichte unseres Hausrats: I. Der Herd und die Herdgeräte. Von Von guten und schlechten Büchern für unsere Hannah Lewin- Dorsch. Kinder. II. Von Roland. Die Mutter als Erzieherin. Der Apachenüberfall. Von Owen Wister.  ( Schluß.)

-

An den Tod.

Don Nikolaus lenau  .

Wenn's mir einst im Herzen modert, Wenn der Dichtkunst kühne Flammen Und der Liebe Brand   verlodert, Tod, dann brich den Leib zusammen! Brich ihn schnell, nicht langsam wühle; Deinen Sänger laß entschweben, Düngen nicht das feld dem Leben Mit der Asche der Gefühle.

Feuilleton:

Aus der Geschichte unseres Hausrats.

Von Hannah Lewin- Dorsch.

I. Der Herd und die Herdgeräte. Wir sind im täglichen Leben von einer Menge von Dingen um­geben, die weit interessanter sind, als wir gemeinhin denken. Ich rede jetzt nicht von den wunderbaren Vorgängen beim Werden, Wachsen und Vergehen der Pflanzenwelt nicht von den merk würdigen Geschichten, welche Berg und Tal, Wasser und Gestein uns erzählen, wenn wir sie aufmerksam betrachten und nach ihrer Vergangenheit fragen. Ich denke jetzt an Gegenstände, die wir alle Tage unter den Händen haben, und die uns so einfach und gewöhnlich erscheinen, daß wir vielleicht nie darüber nachdenten, welche Bedeutung sie nicht nur für den täglichen Gebrauch besitzen, sondern auch in der Geschichte unserer Kultur. Ich meine unseren Hausrat in seinen wesentlichsten und wichtigsten Stücken. Wir Frauen haben alle Tage mit Herd und Ofen, mit Kessel und Pfanne, mit Tisch und Stuhl und Kasten zu tun. Oft scheinen uns viel­leicht diese Dinge niedrig und gemein, und die Beschäftigung mit ihnen ist lästig. Aber wir können auch diese Sachen ganz anders ansehen lernen, indem wir ihrer Geschichte nachforschen. Wenn wir wissen, daß wir da lauter altes Kulturgerät unter den Händen haben, so wird freilich unsere Arbeit an sich nicht leichter, aber wir werden doch veranlaßt, auch bei diesen täglichen und einfach scheinenden Hantierungen in der Hauswirtschaft den Blick über die Aufgabe des Augenblicks hinaus zu erheben. Unser Gesichtskreis wird weiter, und wir Frauen mögen sogar stolz sein, indem wir am Herde das Feuer schüren und die schwarze, rußige Bratpfanne an die Glut schieben. Denn wir werden jetzt sehen, daß da ältestes Kulturgerät vor uns liegt- Dinge, die in hervorragendem Maße Träger der menschlichen Kulturentwicklung gewesen sind, und zwar zum Teil schon seit Urzeiten. Wir fühlen uns dann nicht nur als die sorgenbeladenen und vielgeplagten Hausfrauen, sondern wir empfinden uns als die Glieder einer lebenbigen Kette, die aus der Urväterzeit zu uns herüberreicht, und die wir selbst weitergeben an unsere Kinder und Kindestinder.

Eines der ehrwürdigsten Stücke unseres Hausrats ist der Herd. Er hat eine Entwicklung von vielen Jahrtausenden hinter sich. Seine ältesten Vorläufer, die wir bis jetzt fennen, sind die einfachen Feuer­stellen der Jäger der älteren Steinzeit. Der Herd ist es gewesen, um den sich zuerst menschliche Gemeinschaft sammelte; um ihn scharten sich Familien- und Sippengenossen; um ihn her zog man den ersten Zaun, die geflochtene Wand aus Reisig; der Herd ist der uralte Mittelpunkt der Hütte, des Hauses. Seine Bedeutung für das Kulturleben der Menschheit verpflichtet zu einer Betrachtung seiner Geschichte.

Fast bei allen Völkern der Erde ist die Feuerstätte seit alters ein geheiligter Ort gewesen. Nicht nur war sie ein Wärmespender, ja, im Hüttenraum nicht selten die einzige Lichtquelle; nicht nur war das häusliche Leben in hohem Maße auf den Feuerplay an­gewiesen nein, die Feuerstelle, der Herd wird auch gerade in folge seiner bedeutsamen Rolle für das wirtschaftliche und soziale Leben ein Mittelpunkt rechtlicher und religiöser Vorstellungen und Gebräuche. Dadurch festigte sich aber wieder die Bedeutung des Herdes für die Kultur nur noch mehr. So genoß das Feuer schon

7

in uralten Zeiten besondere Verehrung; es wurde als ein außer­gewöhnliches Wesen empfunden, es ward zum Gott. Dem Herde, als dem Size göttlichen Feuerwesens, zollte man die gleiche Ehr­furcht wie der Flamme selbst. Am heiligen" Herdfeuer wohnten die Schuhgeister des Hauses. Unter der Asche der Herdstatt wurden die Toten bestattet, damit sie im Schutze der guten Haus­geister ruhen und deren Zahl vermehren möchten. Schon bei alt= steinzeitlichen Funden glaubt man in der engen Beziehung zwischen Herdstätte und Grab Spuren eines Geisterkultes zu erkennen, der von der Sippe getragen später vielfach selber wieder ein Träger gesellschaftlicher Einrichtungen wurde. Herdstatt und Familie sind untrennbar miteinander verbunden. Noch heute ist für uns der eigene Herd" der Inbegriff geschlossener Häuslichkeit; und in früheren Zeiten besagte das Wort noch unendlich viel mehr. Die Entzündung des Herdfeuers bedeutete die Besizergreifung einer Hütte, einer Ansiedlung; und wenn die Tochter des Hauses die Stätte ihrer Kindheit verließ, um dem Manne in die Ehe zu folgen, so nahm sie wohl einen Brand vom Herde des Vaterhauses mit sich, um auch in ihre neue Heimat die Geister der alten zu verpflanzen. Im alten Lande der Niedersachsen   wird noch jetzt in dem Augenblick, da eine Braut das Elternhaus verläßt, über dem Herdfeuer ein Stab zerbrochen: es wird die Tochter damit aus dem Verbande ihrer Familie gelöst. Der Herd diente früher wie uns die alten Weistümer ( Rechtsordnungen) berichten in manchen Gegenden zur Grenz bestimmung. Denn sein Standort war unverrückbar fest und wurde auch nicht um Haaresbreite verlegt. Freilich, damals hätte eine Verlegung des Herdes eine gänzliche Veränderung der Wohnung und ihrer festgefügten Anlage mit sich gebracht; der Hausrat war zu jenen Zeiten dauerhafter und stabiler als in unseren Tagen, wo man Öfen beliebig versetzen kann und an Stelle des verbrauchten Kochherdes, der nicht mehr recht ziehen" will, ohne große Üm stände einen neuen aufstellt wenn's gerade passend erscheint, an ganz anderer Stelle der Wohnung.

-

-

-

Die älteste bis jetzt nachgewiesene Form des eigentlichen Herdes war die mit großen Feldsteinen ausgelegte Erdgrube, in der die Paläolithiker ihr Feuer entzündeten und ihre Mahlzeit zubereiteten. Wir haben in früheren Aufsätzen gelegentlich davon erzählt. Hat man in noch älteren Zeiten in der nackten Grube oder auf dem flachen Erdboden, ohne Steinunterlage, Feuer entzündet, so wollen wir da nur von einer Feuerstelle schlechthin reden. Der Herd beginnt für uns erst dort, wo man mit einer gewissen Planmäßig­feit die Stelle, auf der die Flamme entzündet werden soll, mit Steinen auslegt oder einfaßt. Es entsteht dadurch ein völlig ab­gegrenzter Raum für den Feuerbrand, der von der umgebenden Fläche glatt unterschieden werden kann. Es ist der älteste, einfachste steinerne Herd. Als man darauf gekommen war, die Speisen zu kochen, wurde die Steinsehung etwas mehr erhöht, um die Arbeit des Kochens ein wenig zu erleichtern, die auf der flachen Erde doch gar zu unbequem sein mußte. Wir haben dann einen mehr oder weniger viereckigen Herd aus zwei oder drei Lagen großer Feld­steine vor uns. Diese Art des Herdes hat sich in gewissen Gebieten Europas  , wo eine primitive Kultur herrscht, bis heute erhalten. Verbreiteter in Europa   ist heutzutage noch die nächste Entwick­lungsform des Herdes, bei der die ziemlich niedrige Steinfegung von einem Rahmen aus Holzbalken umgeben ist. Auf andere Weise wird die gleiche Form erreicht, wenn man aus Stämmen, deren Enden durch Blockverband aneinander gefügt werden, zuerst den viereckigen Rahmen errichtetes kommen dabei zwei, höchstens drei Lagen von Stämmen in Betracht- und denselben dann mit Steinen ausfüllt. In Gebirgs- und Waldhütten sind solche Herde gar nicht so selten. Interessant ist übrigens, daß auf europäischem Boden auch eine Herdform vorkommt, die sich sehr der Urform des Herdes nähert: in Osteuropa   legt man in manchen Gegenden ein­fach auf den Lehmboden der Küche ein paar Feldsteine, zwischen denen man die Flamme entzündet; das Feuer selbst brennt also sozusagen auf dem flachen Boden, nur die Pfannen und Kessel stehen auf oder über den Steinen. Es gibt auch heute viele Herde, natürlich nur in Bauernhäusern, Gebirgshütten und dergleichen, deren Höhe nicht mehr als 20 Zentimeter beträgt. Am niedrigsten sind die Herde in den bosnischen Häusern, wo überhaupt ganz einfache Formen der Hausgeräte herrschen. Der Herd, hier nur 10 Zentimeter hoch, besteht aus einem Ziegelaufbau oder aber aus einer viereckigen Lehm­anhäufung, die mit hölzernen Brettern eingefaßt wird.

-