10 Für unsere Mütter und Äausfrauen Nr. 3 Stück von solchen Armreifen in Schiefer  ; einige waren rok> zuge schnitten. andere schon feiner bearbeitet, und daneben lagen Schleif instrumente, die der Vollendung der begonnenen Stücke dienen sollten. Am feinsten gearbeitet sind die steinernen Armringe in den neolithischen Grabstätten von Ägypten  . Hier ist überhaupt das Land, wo die Steinbearbeitung ihre kunstreichsten Blüten ge trieben hat, Ägypten   hat Armreiten aus Feuerstein   geliefert, tue nicht dicker als S Millimeter sind, und zu deren Herstellung ein ganz erstaunliches Maß von Kunstfertigkeit nötig gewesen ist. o O o Die Masken Erwin Neiners". Roman von Jakob Wassermann  .» Jakob Wassermanns RomanDie Masken Erwin Reiners" kann unbedenklich als ein bedeutungsvolles Werk bezeichnet werden. Gestaltungskraft und Formgefühl sind Voraussetzungen beim Zu standekommen eines Kunstwerkes. Aber der bleibende Wert eines solchen wurzelt, wie die Erfahrung lehrt, in dem Ideengehalt, in dem Erfassen des Lebens einer Epoche. Und wir glauben, daß Wassermann in seinem neuesten Werke die künstlerische Durch dringung der Lebensmomenle einer Klasse unserer Zeit gelungen ist. Jakob Wassermann   ist kein Anfänger mehr in der modernen deutschen Literatur. Sein Name hat eine» bekannten Klang für die jenigen, die mit ihr etwas vertraut sind. Er verdient als eines der stärksten Talente der heutigen Romanliteralur gewürdigt zu werden. Zuerst lenkte er die Aufmerksamkeit auf sich durch seine RomaneDie Juden von Zirndorf  " undDie Geschichte der jungen Renate Fuchs". Das erstgenannte Werk ist hauptsächlich interessant durch die wahre Schilderung des Lebens, durch die Realistik, die hier hervortritt, und den tlaren, die Dinge durchdringenden Blick des Autors. Ein phantastisch-mystisches Vorspiel zu diesem Roman enthüllt die andere Seite der Kunst Wassermanns, nämlich die Neigung zum Romantischen   und Mystischen  . Diese beide» Ten denzen des modernen deutschen   Romans, die Realistik und Romantik, kommen noch stärker zum Ausdruck in derGeschichte der jungen Renate Fuchs". Auch hier ist der Stoff realistisch und romantisch zugleich bearbeitet, freilich romantisch im modernen Sinne, der das Unbewußte im Menschen als geheimnisvolle», das Schicksal des Individuums bestimmenden Faktor zu erfassen sucht. Das Buch handelt eigentlich von der Erlösung der Frauen, allein diese Er lösung bekommt bei Wassermann   einen besonderen, in den Geheim nissen der sinnlichen Liebe wurzelnden Charakter. Noch breiter macht sich das Romantische in den NovellenDie Schwestern". Die Heldinnen dieser Novelle» sind Geschöpfe, die ein Traum, eine Sehnsucht, ein Wahn, sogar ein Averglaube den Dingen der realen Welt entfremden. Hier ist der Unterschied zwischen Wirklichkeit und Traum aufgehoben, die Romantik ist zum Höhe punkt ihres Widersinnes gelangt. Allein die Psychologie der kranken Seele ist an manchen Stellen bewundernswert und die Erzählungs kunst, wie stets bei Wassermann, vortrefflich. Auch auf dem histo rischen Gebiet hat sich dieser Dichter mit Erfolg versucht. SeinAle xander i» Babylon" zeugt von einem Vermögen, sich in die Dinge und Verhältnisse vergangener Zeiten hineinzuleben. Wassermann be sitzt eine reiche Phantasie» vor allem aber einen klaren, prüfenden, kritischen Geist. Er ist ein Grübler, und er war auch damals in großem Maß« Rationalist, als er noch der Romantik und Mystik huldigle. Alle seine Werke enthalten geistreiche Bemerkungen, Einfälle und tiefe Ideen. Ein Werk, dem Gehalt wie dem psychologischen Problem nach von großem Interesse, stellt derMoloch" dar. Allein das Beste hat Wassermann in seinem letzten Roman in Erwin Reiners Masken" geleistet. Hier ist der Romantizismus des Dichters in den Hintergrund getreten. Wie im achtzehnten Jahrhundert die Mängel der gesellschaftlichen Einrichtungen in der Gewissenlosigkeit Franz Moors ihren Ausdruck fanden, so sind die negativen Seiten der modernen gesellschaftlichen Entwicklung in Erwin Reiner verkörpert. Als Sohn eines Millionärs ist er von Kindheit an keinen Sorgen unterworfen gewesen, war er nie Lebensgefahren und Lebeusnöten ausgesetzt. Vom Kampf ums Dasein befreit, sucht er seinen Tätigkeitsdrang durch Sinnengenuß zu befriedigen. Es ist der Fluch der Neichen, die auf Kosten der Mühe und des Schweißes der Mehrheit leben, der auf Reiner lastet. Der Fluch der modernen Gesellschaft, die groß« Schätze der Kultur angesammelt und zur Verfügung einzelner gestellt hat. Mit folgen den Worten charakterisiert der Verfasser seinen Helden: Erwin Reiner führte das Leben eines jener drei- oder vier tausend Bevorzugten, die es in jeder großen Stadt gibt, ein Leben, " Verlag S. Fischer, Berlin  . das, auf dem Fundament eines unerschütterlichen Reichtums ruhend, nur mit Rechten ausgerüstet und keinen Pflichten unterworfen scheint. In einem solchen Dasein spielt der Luxus dieselbe Rolle wie die Repräsentation im Dasein eines regierenden Herrn. Die Söhne reichgcwordener Bürger genießen nach jeder Richtung hin eine schrankenlosere Freiheit als etwa die Sprößlinge adeliger Familie», die sich durch Erziehung, Vorurteile, persönliche und Standesrück sichten eingeschränkt und befehligt finden. Dies ist bezeichnend für die vorherrschende und stetig anwachsende Macht des Bürgertums, und ob die jungen Leute, die seinem Schoß entwachsen, als Gelehrte und Künstler figurieren, oder ob sie als Müßiggänger, Dandies   und Genüßlinge einer frech erklärten Ungebundenheit huldigen, so sind sie doch eines der wesentlichen Hindernisse für die Bildung eines blutvollen und harmonischen �Gesellschastskörpers, ja eines Staates in humanem Sinne, und der Sozialsorscher des einundzwanzigsten Jahrhunderts wird vielleicht nachweisen können, in welchem Maße sie zur Zersplitterung und Verstümmelung der Völker, der Ideen und der Ideale beigetragen haben. Jede große Stadt zählt unter ihren Bewohnern drei- bis viertausend Menschen von einer absoluten Einsamkeit, von einer unheimlichen Versührungskraft zur Einsamkeit und geistigen Anarchie." So sieht ein Dichter die gegenwärtige Gesellschaft, ohne auf dem Standpunkt des Sozialismus zu stehen. Die kapitalistische Gesellschaft, die in Klassen geteilt ist und in der materiellen und geistigen Herrschaft der oberen Klassen gipfelt. Die unbeschränkte materielle Freiheit, in der die Angehörigen der privilegierten Klassen leben, führt diese zu einem Anarchismus in den Beziehungen zu ihren Mitmenschen so gut wie in der Kunst und der Philosophie. So erklärt uns mit Recht Wassermann die individualistische Tendenz der gegenwärtig vorherr schenden Geistesrichtungen. Die, welche materiell absolut frei sind, predigen ihre eigene, absolute Freiheit. Das Problem, das Wasser mann behandelt, ist nicht die soziale Frage als solche. Nicht die soziale Lage der Unterdrückten ist das Thema des Werkes, sonder» die Frage, ob unter der gegenwärtigen Güterverteilung und Klassen herrschaft die Menschheit große geistige Fortschritte machen kann. Die Sprößlinge der heutigen Bourgeoisie sind ein wesentliches Hindernis für die Bildung einesblulvollen und harmonischen Gesellschasts- körpers, ja eines Staates im humanen Sinne" usw. Dies ist ein Urteil über das junge Geschlecht der bürgerlichen Klasse, zu dein der Verfasser kommt, indem er den gesellschaftlichen Fortschritt als Maßstab der Wertung nimmt. Gleichzeitig aber legt Wassermann dar, daß vom individualistischen Standpunkt aus durch die gegen wärtige Güterverteilung ebenfalls nichts gewonnen wird. Diese jungen Leute, zu deren Verfügung die größten materiellen und geistigen Güter stehen, sind nichts weniger als glücklich. Es existiert nichts unter der Sonne, das Reiner sich nicht zu eigen machen konnte. Die größten Schätze der Kunst aller Zeilen und aller Art standen ihm zu Gebot. Seine Begabung erwarb ihm die Bewunderung, Achtung und Liebe der Menschen aller Kreise. Die kaum entstandenen Wünsche konnte er mit Leichtigkeit befriedigen. Er besaß alles, was ein Sterblicher zu besitzen vermag, es fehlte ihm nur eine Kleinigkeit die Seele. Er fühlte eine Leere, die er durch Genuß zu beseitigen suchte, die zu überwinden ihm indes nicht gelang, weil die Leere eine innere, seelische war. Reiner richtete viele Menschenleben zugrunde, ohne den Heißhunger, der ihn ver zehrte, zu stillen. Auch in seinem Verhältnis zu Virginia ist dieser Heißhunger das treibende Moment, und je mehr Wwerstand Vir ginia ihm leistet, desto größer und sehnsüchtiger wird sein Verlangen, auch dieses Mädchens Herr zu werden. Reiner scheut keine Mittel, um sein Ziel zu erreichen, allein das junge Mädchen besiegt ihn zuletzt durch etwas anderes als durch hartnäckigen Widerstand. Vir ginia zeigt sich zum Schlüsse bereit, ihm ein Opfer ohne Leidenschast und sinnliche Liebe zu bringen, und weckt dadurch das Menschliche in Reiners Brust, das durch ein ausschweifendes Leben tief zum Tierischen herabgesunken war. Virginia siegt über ihn, und Erwin ist gezwungen anzuerkennen, daß es etwas Höheres unter den Menschen gibt, etwas, das der Macht des Begehrens und der sinnlichen Triebe nicht unterworfen ist. Und da beginnt das Gewissen seine Arbeit. Es ist wohl begreiflich, daß Wassermann seinen Helden, nachdem dieser zum Bewußtsein seines Irrens gelangt ist, nicht am Leben läßt. Die seelische Umwandlung war Reiner schwer, denn seine Ver- irrungen steckten ihm schon tief im Blute; jedoch die alte Lebensweise fortzusetzen, war für ihn jetzt unmöglich. Nachdem er die Leere und Nichligkeit seiner Vergangenheit klar und deutlich geschaut hatte, fühlte er sich vollständig enttäuscht und kraftlos. Die Tragik in Reiners Figur macht am Schlüsse des Romans einen tiefen Eiw druck. Reiner ist«in Irrender, der die Anlage zum Großen in sich hatte. Er ist das Opfer der gegenwärtigen gesellschaftlichen Ein richtungen geworden, die ihm ein müßiges Leben ermöglichen, ohne