Jugend- Borwärts

Nr. 4

Beilage zum Vorwärts

17. Juni 1925

Rote Fahnen an roten Feuern.

Das Sonnenwendgedicht, das wir an anderer Stelle dieser Nummer abdrucken, hat ein junger Arbeiter geschrieben, den es drängte, das Erlebnis einer Sonnenwendfeier im Kreise der Ge­finnungsgenossen dichterisch zu gestalten. Es ist nicht das einzige Sonnenwendgebicht, das die Arbeiterjugend besitzt. Alte und junge Freunde der Dichtkunst haben die Sonnenwendfeiern der Arbeiter­jugend in Versen verherrlicht. In jedem Jahr tommen noch neue hinzu. Einige findet man später ge­bruckt, viele andere ruhen unbekannt in der Schublade ihres Schöpfers und noch mehr bleiben ungeschrieben, weil nicht alle jungen Menschen das in Worte fassen tönnen, was in ihrem Innern fingt und flingt. Denn eine rechte Sonnenwendfeier lebt in der Erinnerung eines jeden Jugendlichen fort, ist der Höhepuntt im Gleichlauf der Arbeit eines Jahres.

Es gibt wohl niemand, der mit ganzem Herzen der Arbeiterjugend­bewegung zugehört hat, und der nicht einmal in hellen Juninächten und lodernden Feuer in der Runde der Gesinnungskameraden gestanden und sich mit ihnen aufs neue vereinigt hat in dem Gelöbnis, von Stund an mit neuer Kraft der großen Idee zu dienen, die Sonne, Licht und Wärme in jede Hütte, in jedes Menschenherz tragen will.

Gibt es auch schönere Stunden im Jahr, um dieses Gelöbnis, für Freiheit und Menschheit zu streiten, abzulegen, als diese, da zwischen Gehen und Kommen der Tage nur eine tnappe Spanne dämmerigen Dahinträumens bleibt, da im Osten der erste Frühschein des jungen Tages den Horizont erhellt, ehe noch im Westen der letzte Widerschein des scheidenden erloschen ist? Und ist es nicht ein herrliches Symbol des Glaubens und des Kraftgefühls der Jugend, daß Jugend und Feuer sich in dieser Stunde vermählen, um selbst die large Frist der Dämmerung zu bannen, um mit heißem Herzen und frischem Sinn den jungen Tag zu grüßen.

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Barthel aufgeführt werden, in dem nacheinander Arbeiter der fünf verschiedenen Erdteile ihren Freiheitstampf schildern und ihren Willen zur internationalen Berständigung und Solidarität bekunden. Bum Schluß einigen sich alle in dem Gelöbnis, fortan dem einen gemeinsamen Ideal zu dienen: Nun ist die Erde unser grenzenloses Vaterland Dann tommt ein Jüngling und entzündet den Heusto.

Sonnenwende.

Wieder springen rote Flammen fühn empor zum Firmament. Brüder, Schwestern sind beijammen, wo bas Sonnwendfeuer brennt. Weihevoll find alle Herzen und von Zauber sanft umwebt. Still entweichen Haß und Schmerzen, wo das Sonnwendfeuer lebt. Feuer, wecke in den Seelen frohen Sinn und frischen Mut. Laff' bie Jugendkraft erstarken bei der Sonnwendfeuerglut.

Sei Symbol in unserm Kampfe, der von Liebe set gelenkt, daß der Liebe goldner Gegen täglich uns aufs neu beschenkt.

Fühlt ihr nicht ein heilig Ahnen? Brüder, nehmet wahr den Geist, der durch Trug und falschen Glauben uns den Weg zum Ziele weift. Brüder, zeigt auf unsrer Erde  Menschtum in dem schönsten Licht, bas dereinst ein neues Werde" aus der alten Menschheit bricht! Einigkeit im Geist des Guten schwören wir beim Feuerschein. Sonnwendfeuer Menschenliebe soll bein tieffter Sinn uns sein!

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Karl Riebel- Frankenthal( Pfalz  )')

*) Wir entnehmen blefes Gedicht ber im Arbeiter. ingend- Verlag erschienenen Sammlung Jüngste Arbeiter- Dichtung".

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..Ich bringe Licht, die Flamme saust, Feuer fällt aus meiner Faust. Flamme, falle in die morsche Zeit, Flamme, mach uns're Herzen bereit, Flamme!"

Diese Idee, die Sonnenwende zu einer Feier der internationalen Ber­bundenheit der Arbeiterschaft auszu­gestalten, ist nicht rein zufällig. Sie liegt im Wesen dieser Feier, die eine Huldigung des Lichts und der Mensch­lichkeit ist, begründet. Schon einmal wurden nach dem Krieg die Sonnen­wendfeiern unserer sozialistischen Ju gend durchgeführt als Bekenntnisse zur Völkerverständigung und zur internationalen Solidarität der Ar­beiterschaft. Das war im Jahr 1922 und als am Abend des 24. Juni die deutsche Arbeiterjugend fich zu ihren Sonnenwendfeiern versammelte, da standen alle Teilnehmer unter den Bann der Schreckensnachricht von der Ermordung Walter Rathenaus, und die Veranstaltungen wurden zu machtvollen Rundgebungen gegen den Mordgeist der deutschen   Reaktion, gegen die Vergiftung der Jugend im Lager der Rechten, der nun nach Garreis und Erzberger auch Walter Rathenau   als Führer des jungen demokratischen Deutschlands   zum Opfer gefallen, war.

Kürzlich hat nun der Reichsaus­schuß des Verbandes der Sozialistischen Arbeiterjugend Deutschlands diese Idee von neuem aufgegriffen und die Internationale ersucht, den Sonnen wendtag als internationalen Jugendtag zu erklären, damit au diesem Tag sich die Jugend aller Län­der zusammenfindet zur internatio­

Sonnenwendfeiern der Sozialistischen Arbeiterjugend sind darum| nalen Kundgebung, sei es zu Demonstrationen, Bersammlungen auch eine Selbstverständlichkeit geworden. In jedem Jahr flammen die Feuer rings im Lande auf, in jedem Jahr sammeln sich Hundert tausende junger Proletarier am Feuer zum Treuegelöbnis für den Sozialismus. Auch in diesem Jahr wird es so sein. Auch diesmal wird die Arbeiterjugend in hellem Feuerschein die Freiheit grüßen. In diesen Feiern lebt aber nicht allein eine starte Symbolit, tie feste Wurzeln geschlagen hat in der ganzen Bewegung, in ihnen febt auch ein starker Wille zur Tat, ein Bekenntnis zum Kampf in der Arena des Alltags. So hat die Berliner   Arbeiterjugend die Sonenwendfeier, die wie alljährlich in den Gosener Bergen ab­gehalten wird in diesem Jahr als eine Sonnenwendfeier des Ber liner Kulturkartells die Idee der internationalen Goli­darität der Arbeiter in den Mittelpunkt der Feier gestellt. Vor dem Abbrennen des Feuers wird ein symbolisches Spiel von

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oder zu Sonnenwendfeiern in der Art der deutschen  . An diesem einen Tag soll sich die sozialistische Jugend vereinigen, um ihrer inter­nationalen Gesinnung willen. Zur gleichen Stunde in jedem Jahr fellen die Sonnenwendfeuer nicht nur der deutschen   Arbeiterjungend, sondern auch der Jugend jenseits der schwarzrotgoldnenen Grenzpfähle Beugnis ablegen von dem aufstrebenden jungen Geschlecht der Arbeiter= klasse. Die Sonnenwendfeier der Berliner   Arbeiterjugend ist ein guter Anfang auf diesem Weg. Wenn ihre Idee Widerhall findet in ailen Gruppen der Sozialistischen Jugend- Internationale, dann wird das lebendige Wirklichkeit werden, was der junge Arbeiter, dessen Sonnenwendgedicht wir oben schon zitierten, zum Schluß schlicht und einfach als Inhalt einer jeden echten Sonnenwendfeier hinstellt Sonnenwendfeuer,

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Menschenliebe soll dein tiefster Sinn uns sein!"