Jugend- Borwärts

Nr. 9

Beilage zum Vorwärts

22. November 1925

Arbeiterjugend und Gewerkschaften.

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Die arbeitende Jugend hat den in den letzten Monaten be­sonders nachdrücklich erhobenen Ruf nach Jugendschuh und recht mit Begeisterung aufgenommen. Sie hat in den Rund gebungen protestiert gegen ihre harten Lebensbedingungen und an die Gesetzgebung Forderungen gestellt, deren Berwirtlichung eine wesentliche Erleichterung ihrer sozialen Lage bedeuten würde. Die Kundgebungen der Jugend find in den meisten Fällen in Gemein schaft mit den politischen und wirtschaftlichen Organisationen ber sozialistischen Arbeiterschaft, mit der Sozialdemokratischen Bartel und den Freien Gewerkschaften durchgeführt worden, in der Er fenntnis, daß der Kampf für die aufgestellten Biele nur durchge führt werden kann, wenn sich zu der Begeisterung der Jugend die entschlossene und zähe Mit arbeit der organisierten Ar­beiterschaft gefellt.

Die Jugend darf es aber nicht dabei bewenden laffen, die Unterstützung der erwachsenen Arbeiterschaft zu gewinnen, in ihr das Verständnis für die be sondere Notlage der Jugend zu wecken und ste zu überzeugten Mitstreitern für den Ausbau des Jugendschutzes zu machen, fie muß vor allem auch mithelfen, die Macht der Gemert. Ichaften zu stärken durch die eigene Mitgliedschaft in den freien Gewerkschaften, durch die Gewinnung aller jungen Brole tarier für die freigewerkschaftliche Jdee. Gerade in diesen Tagen veranstaltet ble freigewerkschaft. liche Jugend Groß- Berlins eine großzügig angelegte Werbe. woche, und es muß die selbst­verständliche Pflicht jedes über­zeugten sozialistisch denkenden Jugendlichen felt, diese Aktion

mal die Unterstüßung des Betriebsrates oder seiner Gewerkschaft in Anspruch nehmen mußte, um seine persönlichen Arbeitsbedingungen in Einklang zu bringen mit den geltenden Tarifverträgen oder mit betrieblichen Abmachungen. Und selbst wenn der Jugendschutz in genügendem Umfang gefeßlich geregelt ist, bleiben die Gewerba schaften für jeden Arbeiterjungen eine dringende Notwendigkeit, denn was nügen die schönsten Gefeße, wenn die Gewerkschaften nich in ununterbrochener Kleinarbelt dafür sorgen, daß die gesetzlichen Bestimmungen auch burchge 00000 führt werden?

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Die Jugend

Angelchmledet im Werk, aber im Herzen die Freiheitsitürme Stehen wir kühn In der Schlangengrube der Zeit, Ueber der Knechtung und Armut Hungergewürme Wolbt fich der Morgenbimmel der kommenden Seligkeit. Während dle Hände die vielen Räder und Bebel bedlenen, Und die Arbelt In taniend Gestalten aus unfrer Schöpfung entspringt Sind unferm Werk die neuen Führer erichlenen, Aus deren Herz die Glocke der Freiheit Ichwingt.

Was haben wir alles erduldet und Ichwelgend erlitten, Gepreẞt In der Ausbeutung ellerne Schmach! Uns haben die freffenden leffer zerfchnitten, Bis klirrend der Spiegel der Seele zerbrach.

Aber wir melitern, die uns gefchmäht und gelältert, Wir beleelen das. Werk und blafen Ihm adem ein, Wir find mit allen Dingen verbrüdert, verfchweitert, Wir brauchen auf diefer Welt nicht mehr einfam fein! Spiel wird die Arbelt. Der Räder blitzendes Rafen, Der Gang zur Fabrik wird Andacht und Canz. Wenn die Sirenen wie goldne Pofaunen blafen, Krönt unire Stirn der Ueberwindung leuchtender Kranz...

O ewiges Lied, der Menschenfreibelt gefungen, Das wie ein Biltz leuchtet und feurig fauft. Wir haben das Werk von unirer Seele bezwungen: Es gibt kelne Trennung von Hirn und Fauit!

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nicht nur zu unterstüßen durch eine eifrige Erledigung der eigenen gewertschaftlichen Berpflichtungen, sondern auch burch die Werbung von Mund zu Mund in den Betrieben, in den Zusammenfünften der Gruppen, überall da, wo wir mit Alters- und Klaffengenoffen zusammentreffen.

Es gibt Jugendliche, die der Meinung sind, eine Werbung für die gewerkschaftliche Organisation unter der Jugend fel sehr schwierig und unfruchtbar, da man es bei der gewerkschaftlichen Arbeit mit einer so nüchternen und alltäglichen Sache zu tun habe, daß für fle die Jugend mit ihrer Begeisterung für letzte und hohe Biele nicht leicht zu gewinnen ist.

Aber auch wenn wir von diesen mehr oder weniger mna tertellen Dingen absehen, so bart gerade die Jugend nicht ver gessen, welche große Bedeutung den Gewerkschaften hinsichtlic der Erreichung der tultu rellen Biele des Sozia lismus zukommt. In bew Kreisen der Jugendbewegung

wird mit Recht darauf hinge wiesen, daß die sozialistische Ar beiterbewegung neue Formen des Zusammenlebens der Men schen finden muß, daß wir zu einem sozialistischen   Gemein­chaftsleben fommen müffen Eine der wesentlichsten Boraus segungen für ein derartiges Ge @meinschaftsleben inden wir aber

im gewerkschaftlichen Zusammen schluß, in der gewerkschaftlichen Solidarität aller arbeitenden Menschen, denn sie schützt ble Masse des arbeitenden Volkes vor dem wirtschaftlichen Unter gang, vor einer Ausbeutung, die die edelsten und stärksten tulturellen Régungen im Men schen erstiden muß. Die ge werkschaftliche Solidarität bildet eine der stärksten Grundlagen für den Aus- und Aufbau eines eigenen fulturellen Lebens der sozialistischen   Arbeiterschaft. G Es wäre durchaus unsozialistisch gehandelt, wollte die Jugend blese Hilfe der Gewerkschaften in Anspruch nehmen, ohne ihrerseits die Berpflichtung au ertennen, die gewerkschaftliche Organisation au stärken und auszubauen.

mag Barthel 6000000000000

Und weiter: Die sozialistische Bewegung erstrebt feineswegs nur eine höhere Rultur der Freiheit der Arbeiterschaft. Sie will den arbeitenden Menschen auch in ein neues Verhältnis zu seiner Arbelt bringen. Sicher ist dieses Ziel erst völlig zu erreichen in einer sozialistischen   Wirtschaftsordnung, die die Klaffenscheidung und bie Ausbeutung ber menschlichen Arbeitskraft aufhebt. Manches tann aber schon erreicht werden, wenn die arbeitende Jugend ba retts jept in ben Genuß einer umfassenden und durchgreifenden Be reichung dieses Zustandes in erster Linie zum Ziel gesetzt. Sie er streben, eine Berufsausbildung für alle Jugendlichen, die nur begrenzt sein soll durch die Fähigkeiten des einzelnen Jugendlichen selbst.

Diese Auffassung ist zum mindesten sehr oberflächlich. Bir haben oben schon gefagt, daß die Unterstügung ber Gewerkschaften eine der wesentlichsten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Ausrufsausbildung tommt. Die Gewerkschaften haben sich die Er gang unseres Kampfes um den Jugendschutz ist. Die Gewertschaften können durch ihre wirtschaftliche Macht die gesetzliche Regelung in starkem Maß beeinflussen, fie fönnen aber auch bis zur gesehlichen Regelung durch Tarifvereinbarungen und durch den Ausbau der Tätigkeit der Betriebsräte Tellerfolge erzielen, die ble foziale Lage der arbeitenden Jugend erleichtern. Was das im einzelnen bedeutet, weiß jeder Jugendliche, der im Erwerbsleben steht und schon ein

Es würde über den Rahmen dieses Artikels hinausgehen, Einzelheiten des gewerkschaftlichen Jugendprogramms hier zu be handeln. Aber auf eines fet noch hingewiesen. In dem besten Teil der arbeltenden Jugend lebt heute das stolze Gefühl, daß fie