Jugend- Vorwärts

Nr. 8

Beilage zum Vorwärts

8. Oktober 1925

An euch, ihr Zukunftskämpfer!

Ihr Jungen, die ihr noch bis gestern Kinder waret, sollt heute eingereiht werden in das große Arbeiterheer. Mit euren reinen Seelen und euren offenen Augen blickt ihr hinaus auf die weiten Felder des Lebens, die im ungewissen Grau vor euren Blicken liegen. Auf unruhigen Vogelschwingen aber wird eure Sehnsucht vorauseilen und euch leuchtende Wege malen, die zu Feldern führen, wo nur Sonne, Blumen und Freude herrschen. Boll Erwartung werdet ihr die ersten Schritte ins Erwerbsleben

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tun doch von allen Seiten werden sich Stimmen er. heben, die euch zuraunen, daß euer Sehnen hoff nungslos ist, daß ihr bald zerschellt im Dunkeln liegen, Lohnsklaven bleiben werdet euer Leben lang.

Wir aber, die wir vor ein paar Lenzen an derfel ben Stelle standen, wo ihr jetzt steht, wir rufen euch zu: Haltet fest an eurer Sehnsucht! Laßt sie euch nicht rauben und verdrän gen aus euren jungen Her­zen, sondern werdet start und gläubig in ihr! Bon dieser Sehnsucht getragen, werdet ihr dann nicht allein ins ungewisse Leben treten. Lichtgekleidete Bur­schen und Mädchen werden eurer warten, und gemein­schaftlich werden wir unseren Weg fchreiten.

Arbeiterjugend ist es, die euch erwarten wird. Menschenkinder, die am Tage in der Fron quälender Arbeit stehen. Abends aber, wenn die Sirenen den Feierabend ver­tünden, tommen sie zusam men in den schönen Räumen ihrer Jugendheime. Und an dem Abend, an dem ihr Schufentlaffene zum ersten Male zu ihnen fommt, wer

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genossen, darum warben wir unter unseren jungen Brüdern und Schwestern, und die Idee, die uns trug, war feurig und lebendig, war dringendes Gebot der Stunde. Wie ein wilder Strom jagten wir vorwärts, immer braufender, immer stärker werdend, und so sind wir heute eine schlagfräftige, internatio­nale Massenbewegung geworden. Eine Massenbewegung der arbeitenden Jugend. Unsere Forderungen aber sind die­felben geblieben wie damals. Wenn wir uns einen Teil von

An die neue Jugend

Thr geht ins Leben hinein,

Geleit

Zweige der grünen Welt in der erhobenen hand, Um eure jungen Stirnen spielt der aufgehende Schein Einer Sonne, die euch führt in das kommende Cand.

Was eure Väter voll ah,

Was eure Mütter voll Web ringend und darbend gebaut, Gab euch den heiligen Grund, drauf Ihr in legnender Früh Aufsteigt zum fruchtbaren Tag. Scht, wie das Cidt euch vertraut! Seht, wie das Licht euch begrüßt,

Kinder der wandelnden Zeit, Jünger des neuen Geschlechts! Vieles war mächtig bis heut, vieles war traurig und wült, Aber es wächft in der Welt Ordnung des reineren Rechts.

Seht, wie der Kampf eurer harrt!

Schlebies noch schreckt euren Schritt, Schatten der Dämmerung linkt, Zwietracht und niedriger Wahn grauer Vergangenheit Itarrt. Aber ihr fürchtet euch nicht. Seht, wie die Zukunft euch winkt!

Kommende Männer und Fraun!

Bildet in Glück euch und Leid, formt euch in Cuft und in Peln! Wandert zu höhen, weithin Ströme des Lebens zu fchaun! Schaut und schreitet und wirkt, kühn eine Welt zu befrein!

Gradaus den Blick,

ihnen schon erfämpft haben, so find an ihre Stelle nur noch größere und weiter. gehende getreten, und die Sehnsucht, die wir im Herzen tragen ist immer gebietender und gewaltiger geworden.

In unserer Jugendbewe gung erleben wir ein Stück Sozialismus, ein Stüd der Ordnung, die wir für die ganze Menschheit erstreben: wir sind eine Menschenge­meinschaft, in der niemand untergehen fann. Gegen seitig stüzen und helfen wir uns, damit niemand durch materielle Not ins Elend zurüdfinken soll. Gemein­fam eignen wir uns Wissen an, schmieden uns geistige Waffen, üben strenge Selbst­erziehung und Selbstzucht, um reif zu werden, mitbauen zu können an der Vollen­dung des Sozialismus. Im Geiste unseres heiligen Kampfes aber gestalten wir auch unsere unsere Feierstunden aus. Ja, sie sind ein Teil unferes Rampfes. Eigen Ge­staltetes bringen wir in diesen Stunden zum Aus­druck, eigene, felbstgeschöpfte Kunst. Und diese eigenen Feiern, die eine tiefe Kluft von den bürgerlichen Festen trennt, geben uns so viel Ge halt, schmieden uns so eng zusammen, daß wir doppelt schwer empfinden den Druck und die Freudlosigkeit der Werk­tagsfron. Doch wir stehen bewußt in unserer Arbeit; denn unsere Idee wird siegen, und dann wird alle Arbeit wieder Freude sein. Jubelhymnen werden emporsteigen aus schwarzen Fabriken und dumpfen Kontoren und werden das Hohe Lied der befreiten Arbeit zum blauen Firmament rufen.

Parole

Kühneren Schrittes ins weltoffene Ceben hinein: Dich grüß ich, Junges deuliches Geschlecht,

Garde der Zukunft, fchimmernd im goldroten Frühlichtichein. Du bist dle kämpfende Truppe des neuen Volkes im Land, Mutige Liebe zur Wahrheit das Schwert in deiner hand, Treue zum eigenen Weien die Fahne, die du führit,

Wille zur edlen Freiheit die Trommel, die du rührit. Karl Henkell.

den sie sich festlich fleiden, werden ihre Heime den Schmuck roter Fahnen und farbenfroher Blumen zeigen. Helles Licht wird ihre jungen, trastvollen Gestalten überfluten, die sich freudig im Kreis zusammenfeßen werden. Die Geigen werden spielen, sehnsuchtsvoll und schwer, werden höher flingen und jubelnde Flammen des Mutes und der Begeiste rung in uns erwecken. Und leuchtenden Auges werden fie euch erzählen von der Sonne des Sozialismus, die uns allen diesen Stolz und diese Kraft gibt. Werden euch erzählen von den Zeiten, wo wir eine kleine Schar von arbei­tenden Burschen und Mädels waren.

Wir hatten uns zusammengefunden aus der Rot und Bein heraus, die eine fleine Kapitaliftentlasse dem Jungvolt bes Proletariats bereitet. Wollten uns wehren gegen jede wirtschaftliche Unterdrückung und Ausbeutung, und darum stellten wir uns Seite an Seite mit den erwachsenen Arbeits­

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O

Ihr aber, ihr jungen Scharen, die ihr jetzt ins Leben hin ausgeht: Werdet wadere Streiter für dieses stolze Ziel! Gliedert euch ein in die Reihen unserer sozialistischen Arbeiter jugend! Wir, eure Brüder und Schwestern, warten auf euch, wollen euch empfangen mit offenen Armen. Wir wollen uns die Hände reichen, wollen gemeinsam unseren Kampf führen: Wir, die Zukunftskämpfer!

Artur Reichardt( Berlin- Weißensee).