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Gesthlchte. Xadokf Xocken Johann Most . Da« Lebe« eine« Re» Sellen. Verlag:.Der Syndikalist ". Verlin 1924 In dem Buch« R. Rockers rollt sich dramatisch d« Leben eines Ziebellen, eines Gewaltrevolutionärs Vkmquischer Prägung ab. Mit Mösts Tod scheint auch jene Anschauung entwurzelt zu sein, die sast wundergläubig, von einer spontanen Volkserhebung die Befrewng der Gesellschaft und den Wohlstand flir olle erhofste. Es ist be- zeichnen� daß Rudolf Rocker die Vorrede zu seinein Buch von einem f.ähersn Terroristen. Alexander Verkmann, schreiben läßt, der das viel erörterte Altentat auf den Peiniger und V'utsauqer der eiomsteader Arbeiter, auf Frick. ausgeführt hat. Berkmann schreibt zvörtKch:»Es war die traditionelle Auffassung, die von den meisten Revolutionären jener Tag« geteilt wurde, von einer spontanen, un- vorbereiteten und planlosen Erhebung des Volkes gegen feine Herren — eine Erhebung, welche nach einem kurzen physischen Kampfe gegen die»Handvoll Unterdrücker der Menschheit" ganz automatisch, sozusagen au» sich selbst heraus, Freiheit und Gleichheit auf Erden r-nd W ohlstand Mr alle etablieren könne. Dies« durchaus falsch« und gefährliche Auffassung über den Charakter der sozialen Revolution fand ihren Ausdruck in Mösts wiederholter Behauptung, die ich Wiusig von ihm hörte:»Hätte ich hundert entschlossene Manner zur Bersügung, so würde ich schon morgen eine Revolution in New Park lervorrufen" Die Auffassung Mösts von der sozialen Revolution, hinter der ein heißes, elementar durchbrechende» Temperament stand, weitete nach den ersten großen sozialiftengesetzlichen Hetzjagden die schon destehend« Kluft zwischen Most und den in Deutschland wirkenden sozialdemokratischen Führern so klaffend au», daß sie nicht mehr überbrückt werden konnte. Persönliche Entgleisungen sind von der Mostschen wie von der Liebknecht-Bebelschen Parteigruppe in dem ersten Jahre der Herrschaft des Ausnahmegesetzes sicher festzustellen, e.bsr st« erklären nicht ben schließlich unvermeidlichen Bruch zwischen beiden Richtungen.»Mösts ganzes Temperament drängte ihn." so schreibt Rocker,»nach einer radikaleren Entwicklung seiner Ideen, «ogu ihm durch seinen Aufenthalt im Ausland die beste Gelegenheit boten wurde. Ein Bruch Zwischen ihm mid der alten Partei war daher, unserer Auffassung nach, auf die Dauer unvermeidlich." Anarchist war Most durch Dave geworden— und Terrorist hirrdj Reinsdorf; das Rebellenblut in ihm hatte seinen Schritt zum Ierrarismus sehr erleichtert. Mit den Augen des Gewaltrevolutio- närs betrachtete er die Haltung der deutschen Sozialdemokratie, die sich in der Oeffentlichkeit, tn den politischen Kämpfen der Lett als lebendige, umgestaltend« Kraft betätigen wollte. Mösts re» rolutlonäre Propaganda mußt« die Partei tätigkeit notwendig aus der Oeffentlichkeit in die Konventikel von Neinen Verschwörergruppen legen, Most wurde zum Carbonari, der sich in der allerschärfften und aller person'ichsten Verurteilung der noch gesetzliche Bahnen ein- schlagenden Bestrebungen der Sozialdemokratie nicht genug tun tonnte. Wer nun das harte Ringen zwischen der deutschen So- Aiaidemokrotie und der Mostschen Lerschwörergrilppe sachlich werten will, der muß sich die Ziele und die Kampfesmethoden beider Rich- timgen klar vor Augen stellen. Dann gewinnt er auch erst die richtig« Distanz zu dem persönlichen und«llerp-rsönlichsten Moment de« heftigen sozialistischen Parteistreii». Nach unserer Ansicht ist eine objektive Würdigung diese» Streits nur möglich, wenn man durch charakteristisch« Auszüge aus der Mostschen»Freiheit" zeigt, was und wie Most gegen die Sozialdemokratie schrieb. Und in diesem Punk: weist die Rockcrsche Arbeit über Most wesentliche Lücken auf. Was aus der Sozialdemokratie geworden wäre, wenn sie in die Fußtapsen Johann Most « getreten hätte, das kann man ungefähr ahnen, wenn man die von den Bluttoten der Kammerer und Stell- rnacher befleckt« Geschichte der radikalen österreichischen Bewegung studiert. Und beide Blutmenschen sind van Most verherrlicht worden! Welche» Unheil hoben schon 1880 die machiavellischen Grundsätze des von Nctschaftw verfaßten»Revolutionären Katechismus" angerichtet. Rocker schildert selbst die völlig« Entartung der österreichischen radi- kalen Bewegung, die schließlich da und dort zu Taten führt«,»die man mit einer gesunden Auffaffunq der Dinge überhaupt nicht mehr vereinbaren konnte". Es ist verdienstlich von Rocker, daß er«in klares wenn auch etwas rrtouchiertes Bild des österreichischen sozialistischen Radikalismus gibt, dem nicht zuletzt Johann Most le- Hendiqen Odem eingehaucht halle. Der»Johann Most' Rockers ist mehr als eine wann empfunden« •Biographie dieses temperamentvollen Gewaltrevolutionärs, sie ist fast zu einer Geschichte der modernen anarchistischen Bewegung qe- worden, und als so'che bereichert sie uns durch manche charakteristische Einzelheit über Persönlichkeilen wie John Neue, Reinsdorf, Peukert nfw Es ist«In« vom anorchistisch-syndikalistischen Standpunkt aus gesehen« Beschichte dieser Bewegung, und der Sozialdemokrat wird über st« vielsoch ander« Werturteile prägen als Rocker. Paul Kampffmeyer .
Georg Förster. Das Abenteuer seines Levens. Unter Medergabe oieler Tagebuchetntragungen erzählt von Wilhelm Lang«. wiesche. Verlag W, La ngewiesche. Brand, Evenhausen und Leipzig , 1928. Das Leben eines deutschen Intellektuellen, eines Meltenfahrers und Revolutionärs zwischen 1750 und 1793. In früher Jugend schon kann Georg Forster , der fast vergessene und verschollene gläck- zende deutsche Schriftsteller, den Erdumsegler James Cook aus seinen Reisen begleiten. Seine Schilderungen der Südsee, die Bilder pa» radiesisch.glücklichen Lebens in Tahiti begeistern ganz Deutschland . Kaum semals wurde ein Jüngling mit größeren Hoffnungen, mit größerem Ueberschwanq an deutschen Höfen und Universitäten«mp. fangen wie der junge Forster, als er, aus England kommend, mit dem Ruhm des Weltmnfahrcrs, des genialen Wegweisers für neue For- fchungsgebiete im Deutschland der Fürstenhöf« der Vorrevolutions- zeit Unterkunst und Arbeitsmöglichkeit sucht. Der Mann, von dem Goethe mit Achtung sprach, der allen deutschen Geistigen des aus- gehenden achtzehnten Jahrhundert als ein« Hoffnung galt, endet, kaum vierzigjährig, einsam und verlassen, vergessen und verschmäht. als„Vaterlandsverräter" verleumdet, im revolutionären Paris , wo er für die Revolution kämpft und stirbt, ohne doch in ihren Wirren und In ihrer Entwicklung festen Fuß zu fassen. Forsters Schicksal, sein Aufstieg und Niedergang, gewiß ver- bunden mit vielen personlichen Zügen, verquickt mit Menschlich-All- zumensch'ichem. enthüllt doch den ganzen dcrnschen Jammer. Di« Heimatlosigkeit, das rastlos« Hin- und Herwandern von Ort zu Ort. die Unmöglichkeit, zu festen Leistungen und festen Bindungen zu kommen, entspringen nicht nur der bei Forster gewiß nicht megzu- leugnenden Undisziplinierthett, sie spiegeln auch das Schicksal eines weit über den Durchschnitt hinaus begabten Intellektuellen wider. Di« Abhängigkeit von Fllrstengunst, das Elend deutscher Kleinstaaterei, proletarisiert und revolutioniert den von Haus aus schon von unruhigem Wondertrieb Erfüllten. In seinen Briefen und Tage- büchern, die liebevoll und geschickt in der Langewieschen Sammlung zusammengestellt sind, spürt man den Geist der Zeit, fühlt man deu:- lich den Untergrund heraus, den Schüler in feiner„Kabal« und Liebs" so lebendig gezeichnet. Wer am Schicksal eines einzelnen sich in deutsche Vergangenheit oertiefen, die Hemmnisse unserer Auf- wärtsenttvicklung in ihren Quellen aufspüren will, wird in diesen Zeugnissen eines Opfers deutschen Elends viel Anregung finden. E. Reuter.
Politik. Hans yerzfeld: Die deutsche Rüstnngspolltik vor dem Kriege. Kurt Schroder-Verlag, Bonn und Leipzig , 1923. Lurt Hesse: Der Triumph des Militarismus. Um Rüstung uud Abrüstung. Verlag E. E. Mittler und Sohn, Berlin 1923. Diese zwei fast gleichzeitig in die deutsche Bücherwelt getretenen Schriften stehen in eigentümlichstem Gegensatz. Di« erste wendet sich ausschließlich zur Vergangenheit, ohne daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen: die zweite behandelt das Geschehene nur soweit, wie es zum Verständnis des Geschehenden notwendig ist. Die Dar- stellung des Hallenser Prioatdozenten über das rüstungspolitisch« Problem der gestürzten Monarchie steht Menschheitsftagen fremd gegenüber: dem Verfasser scheint nicht einmal der Weltkrieg um- stürzendes Erlebnis geworden zu sein. Die Darlegungen des Ober- leutnanis der republikanischen Reichswehr atmen die menschliche Tragik des Berufssoldaten, der das tödliche Waffenhandwerk ausübt. Beide Studien beruhen auf gründlicher Kenntnis und Auswertung eines umfangreichen und schwer zu beschaffenden Stoffes, und beide gliedern ihn anschaulich vor dem Leser: in dem scharf pointierenden Stil des einen drückt sich die unprablematisthe Sicherheit des bewußen Nationalisten aus; aus der warmherzigen Ausdrucksweis« des anderen erkennt man das tastend« Suchen eines Militär», der nach einem klaren Standpunkt in den internationalen Problemen ringt. Herzfeld kritisiert die deutsche Rüstungspolitik nicht an sich, sondern weil er sie von seinem Standpunkt eines Nationalisten und Militaristen als ungenügend betrachtet. Er kommt hierbei zu einer scharfen Verurteilung der»Halbheiten" und„Unzulänglich- kellen" der Politik Dethmann Hollwegs, während er auf der anderen Seite Ludendorss lobt, der tn nicht eigentlich leitender Stellung als einzig Energischer sich der Forderung annahm,»alle vorhandenen Kräfte militärisch auszunutzen". Bethmanns„Willkür aus Schwäche" und des Kaisers„unheimliche Plötzlichkeit" hätten den Ausschlag in dem Krieg des Generalstabes gegen das Kriegsministerium gegeben. Jnreressant ist folgende Mitteilung des Verfassers: Ludendorff wurde vom General v. Wandel einmal ins Gessch' gesagt, wenn er es mit feinen Forderungen fo weiter treib«, werde er es in wenigen Jahren
zur Revolution bringen. Nicht minder interessant sst da» Urteil Herzfelds: kein materieller Wohlstand hätte— auch ohne Krieg— noch sehr lange dies kaiserliche Deutschland über die Schäden Hinweg- täuschen können, die es moralisch durch seine.schlaff« Zügelfuhrung" erlitt. In den Ländern der Emente ist e» kein« Frag« gewesen, daß die deutschen Rüstungen sofort durch neue umfassend« Maß- nahmen überboten wurden. Frankreich rafst« all« ZI rüste zusammen, um trotz seiner sinkenden Menschenzahl seine Großmachtstcllung bis aufs äußerste zu bewahren. Ueber die Grundgesinnung der fran- zösischen Regierung unter dem maßgebenden Einfluß Poincares beftelst historisch nicht der Schatten eines Zweifels. Ihr gegenüber hat der französische Sozialismus der Bewegung gegen die Heeresvermchrung«ineb einheitlich: n Schwung zu geben ver- macht. Freilich unterlag sie der chauvinistischen Hcchflut, die in ge- schickter Ausnutzung der Blöße der deutschen Press« mtt einer An- erkennung erzwingenden Geschicklichkeit.erzeugt wurde. Am schlimmsten für die Rettung des Wettfriedens in letzter Stunde ist wie in Deutschland so auch in Frankreich gervesen, daß der an Zahl größere Teil des. Volkes sich immer wieder mit Illusionen über den unerbittlichen Ernst der Stund « hinwegtäuscht« Au» dieser Elim- mung heraus wurde dem Nationalismus das Arbeitsfeld überlassen. Das Buch Herzfelds endet mit folgendem charakteristischen Satz: „Nicht aus einem Uebennaß selbstvertrauender Kraft. sondern durch Schwäch« und Hilflosigkeit innenpolitisch eingestellter leitender Persönlichkeiten ist Deutschland ungenügend gerüstet in den Schick- iolskampf getreten, den dos gleich« System der Unzulöngllchked hat vertieren lassen. Das Volk aber hat es furch'bar gebüßt, daß es aus Gleichgültigkeit, Vertrauensseligkeit und polittscher Unfertigkeit nicht oerständen hat. seine Lag« rechtzeitig zu durchschauen." Hesse faßt das durch den„Triumph des Militarismus" ge- schaffen« Problem in der Einlei'ung über die Beziehungen Mischen Heer und Wtttschast wie folgt zusammen: Deutschland hat ab- gerüstet. Es ist an der Zett, daß die anderen Mächte folgen. Oder wir verlangen um unserer wirtschaftlichen Eristenz willen, daß man einsieht, daß auch bei uns der Machtfaktor für die Abrechnung im Hauptbuche nich' fehlen darf. Er zeichnet das militärische Bild Euro pas , stellt dann Dreibund und Dreiverband militärpolitisch neben- einander und ski.zziert schließlich Europa n a ch den Fnebensverttägen mit seiner militärischen Friedensgruppierung und seinen Militär- tcmventionen. Wie die Bölkerbundsabrüstungskommission. ans deren Veröffentlichungen die Schrift das meist« schöpft, legt er der»Orga- nisatton der Rüstungen" da» Jahr 1922 zugrunde. Der sich daran schließende Gesamtüberblick über die Rüstungen der«uropätscheu Staaten auf Grund de, Völkerbundmaterial» stimmt in großen Zügen mtt den kürz'Ich im englischen Oberhaus gemachten Angabe» überein. Da« vuch schließt mit folgenden leidenschaftliche» Worten: „Nach Sonn« sehnt sich ein« Menschheit.. noch nicht genug des einen Wettenbrandss. zieht schon das zweit« Wettengewitter auf.. den Unternang der Kultur zu hindern, ist jetzt unser einziger und letzter Gedanke. Es geht der Schrei in die Wett hinaus: seht die Gefahr, die von Frankreich droht! Werft Euch mtt letzter Kraft«ia«r wahnwitzigen Politik entgegen! Rettet Frankreich oar sich selber«nd rettet damit die Menschheit!" Während Herzfeld aus anderen Gesichtspunkten wie die Sozial- demokntti« zu einer Verurteilung des alten System» gelangt, lehrt uns Hess«, daß die deutsche militartsttsch« Strömuno der Jetztzeit nur durch internationalen Kampf für die Abrüstung zurückgeschlagen werden kann. Beide Bücher au» dem bürgerlichen Lager zeigen dem Pro'etariat die Wirklichkeit, in der e» lebt, und stärken den Willen, durch eine aktive international« voll- t i k im Geist« des Soziallsmus und de» Völkerbunde» Deutschland den Weg aus dem europäischen Gefängnis zu bahnen. Wolfgang Schwurt
Strafrecht. Joseph Popper-eyn?««»: Philosophi «»«, Strafrecht» R. Lowitz-Veriag, Wien u-nd Leipzig . 1924. Dem Sozial- und M alphilosophen Popper-Lynkeu» war m- fruchtbare Spekulation zuwider. Die Erkenntnis der gesellschaftlichen Zusammenhänge und der sozialen Nöt« unserer Zett ging bei ihm Hand in Hand mit der schöpferischen Gestaltunq neuer gesellschoft- l icher Formen. So unternahm er es, den wissenschosttich gut be- grün beten Nachweis zu führen, daß bereit, in einem gewissen Ueber. tzcmgsstadium zur sozialistischen Ge�ellschastsordnung ein« Dienst- Pflicht einiger Jahrgänge genügen wurde, allen Mensche» Nahrung, Wohnung, den nötigen Komfort, ärztliche Behandlung und die Be- fricdigung geistiger Bedürfnisse zu gewähren. Am verbrechen, als krassestem Ausdruck einer am sozialen Widersinn trankenden Zeit, konnte er natürlich nicht stillschweigend vorübergehen: die Straf«. die durch ihre Ausgestaltung und Auswirkung selbst zur nie oer»