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Nr. 6[ 7]
5. Juli 1931 mate
Blick in die Bücherwelt
Partei und Organisation.
Die Margistische Büchergemeinde" läßt soeben den zweiten Band ihrer ,, roten Bücher" erscheinen, welcher ,, Die Organisation im Klassentampf" zu untersuchen vorgibt. Bieligt, Eckstein, Jenssen, Laumann, Wagner sind die Verfasser der einzelnen Beiträge. Jenssens Auffaß nimmt unter den übrigen Beiträgen insofern eine besondere Stellung ein, als er lediglich eine historische Darstellung der Entwicklung der Arbeiterorganisationen gibt, die dort abbricht, wo die gegenwärtige Problematik der politischen Organisation der Arbeiterklasse angefeßt wird. Jenssens Beitrag ist kein Programm, sondern ein knapp gefaßter geschichtlicher Abriß.
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Die anderen Beiträge des Bandes find in der Kritik des ,, herrschenden Apparats" zwar alle von unmißverständlicher ab= lehnender Schärfe, aber sie sind doch nicht alle ja ungehemmt maßlos wie Wagners Beitrag über„ Organisation und Klasse". Für Wagner ist der Parlamentarismus schlechtweg kapitaliſtiſches Schiebertum; er übersieht, wie er mit solcher Charakteristik des demokratischen Systems die Tätigkeit jedes fozialdemokratischen Abgeordneten diffamiert. Es lassen sich aber in allen Auffäßen des Bandes wie gesagt Jenssens Aufsatz scheidet hier aus die gleichen Züge herausheben: Der organisatorische Apparat ist zu zentralisiert, die Befugnisse des Parteivorstandes zu unbeschränkt- Parteiausschuß, Kontrollkommission sind auch nur Organe des Apparats" gefordert wird Dezentralisation der Partei, denn: Der Kampf um die Erfezung der bürokratischen Apparat führung der Bewegung durch eine Führung von der Bafis und der Entscheidung der proletarischen Massen aus ist eine der wichtigsten Forderungen des proletarischen Organisationslebens." ( Seite 123.)
Ein verächtlicher Ton gegenüber der Parteiführung ist durchaus in dem Buch gang und gäbe. Jeder Genosse, der im Apparat" arbeitet, Reformift, er Sicherheit,
Position die Ziele der Bewegung aus den Augen. Es ist einfach unmöglich, mit den Verfassern dieses Buches zu diskutieren, nicht weil wir die geforderte Meinungsfreiheit unterdrücken wollen, sondern weil wir jedes begründete, sachgemäße Verständnis des heutigen Standes der Parteiorganisation und ihrer Probleme vermiffen. Man schmückt sich mit marristisch klingenden Phrasen, ohne auch nur den leisesten Versuch zu machen, die sachhaltigen Orga nisationsprobleme unserer Bewegung mit einer fruchtbar verstandenen Marrschen Methode zu durchdringen.
Warum ist die Organisation der Partei zentralisiert? Weil eine einheitliche Meinung vom Parteivorstand gemacht" werden foll? Stehen denn unsere Organisationsformen im luftleeren Raum, gibt es nicht wirtschaftliche und gesellschaftlich- geschichtliche Notwendigkeiten auch für unsere Bewegung? Sicherlich gibt es Mängel im Apparat. Aber kann man, darf man, fragen wir, thlechtweg jeden Genossen, der im Apparat arbeitet, von seiner Klasse trennen? Kämpft er nicht im" Apparat für seine Klasse? Der Parteiführung wird vorgeworfen, daß sie den einfachen" Funktionär entpolitifiere. Aber werden nicht alle Anstrengungen gemacht für eine echte Politisierung des Funktionärs? Es ist böser Wille, diese Anstrengungen zu verkennen.
Es gibt keine Massenbewegung ohne Organisation. Je größer die Bewegung, desto schwieriger und komplizierter die Probleme dieser Organisation. Eine Bewegung, die sich programmatisch zur Demokratie bekennt, muß in ihrer Organisation die demokratischen Prinzipien verwirklichen. Demokratie ist kein Schema, sondern eine Aufgabe. Und weil Demokratie eine Aufgabe ist, stellt sie an Geführte und Führer größte menschliche Anforderungen. Der Führer, welcher die Dynamit der Massen nicht spürt, verliert unweigerlich das Vertrauen der Massen. Das Vertrauen aber ist in der Demotratie ein gegenseitiges Band, es ist das Blut, das Herz der Demokratie. Gleichwohl ist Vertrauen zur Führung nicht allein eine Angelegenheit des Gefühls, es fordert Verstand, Einsicht in fachhaltige Zusammenhänge. Vertrauen wird damit eine Angelegenheit der Erziehung, der Erziehung zur Demokratie. Wir sind der Auffassung, daß die Verfasser dieses Bandes zum Mißtrauen er ziehen, wie es gelegentlich auch einmal ausdrücklich ausgesprochen wird. Nichts ist gefährlicher. Die deutsche Sozialdemokratie, in einem weltgeschichtlichen Abwehrkampf, in dem es um Existenz oder Nichtegistenz des demokratischen Sozialismus überhaupt geht, braucht nichts dringender als Geschlossenheit ihrer politischen und gewerkschaftlichen Organisationen. Vertrauen zwischen Führung und Massen ist die unumstößliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Bestehen dieses Kampfes.
Montesquieu , gewiß ein klassischer Theoretiker der Demokratie, hat schon im 18. Jahrhundert die Gefahr umschrieben, für die das ,, Rote Buch" leider ein Beispiel gibt: Das Prinzip der Demofratie wird entstellt, nicht nur, wenn der Sinn für Gleichheit verloren, sondern auch wenn der Sinn für Gleichheit überspannt wird, indem jeder demjenigen gleich sein will, den er gemählt hat, damit er ihn führe."
I. P. Mayer.
Die beiden vorliegenden Biographien des Reichspräsidenten von Hindenburg haben sehr verschiedenartige Verfasser. Aber sie treffen sich in dem aufrichtigen Bekenntnis zur deutschen Republik. Schulze- Pfälzer , der frühere Hugenberg- Redakteur, hat sich zu einer objektiven Auffassung der deutschen Gegenwart durch gerungen. Er veröffentlichte jüngst ein achtbares Buch über die Anfänge des republikanischen Deutschland , und er läßt jetzt die umfangreiche Hindenburg - Biographie folgen. Der Verfasser bemüht fich, das Leben Hindenburgs in den Gesamtrahmen der deutschen Geschichte einzufügen. Bei aller Sympathie für den Reichspräsidenten übt er doch eine flare, fachliche Kritik an der Politit der Obersten Heeresleitung im Weltkrieg. Der sozialistische Leser wird nicht jedes Urteil des Verfassers über die Zeit nach 1918 unterschreiben. Aber er wird überall feststellen können, daß Schulze- Pfälzer der deutschen Gegenwart gerecht zu werden sucht. Interessant ist sein Urteil über die Reichstagswahlen vom legten September( S. 348): Die hundert fieben Hafenkreuzler im neuen Reichstag mögen auf ihr Drittes Reich" warten, sie werden es nicht erleben. Die demokratische Reichstrise von 1930 ist Geſundungstrise, nicht Agonie. Das wilhel minische Reich hate sich zum Tode verurteilt, aber der deutsche Bolts staat will und muß leben." F. A. Voigt ist der langjährige ausgezeichnete Korrespondent Manchester Guardian" in Berlin . Seine Mitarbeiterin ist die *) Gerhard Schulze Pfälzer : Hindenburg , drei Zeit alter deutscher Nation. Grethlein u. Co., Leipzig - Zürich 1930. F. A. Voigt, M. Goldsmith : Hindenburg , sein Leben, fein Wirken. Kindt u. Bucher Verlag, 1930. Uebersetzung aus dem Englischen vom G. Fischer.
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Beilage des Vorwärts
Christentum und soziale Frage.
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** Stimmen aus dem evangelischen Lager.
Nach der amtlichen Statistik gehören in Deutschland 64,1 Proz. glieder der katholischen Kirche und nur 2,5 Broz. rechnen zu keiner der Bevölkerung der evangelischen Kirche an, 32,4 Proz. find MitKonfession. Diese Zahlen erwecken den Anschein, als ob der Kirche im öffentlichen und privaten Leben der Menschen eine große Bedeutung zukomme aber der Schein trügt, und niemand sollte eigentlich über das Mißverhältnis zwischen Zahl der Mitglieder und wirklicher Bedeutung besser unterrichtet sein als die Kirche mehr, wie im Mittelalter, im Mittelpunkt des Lebens; fie hat den selbst. Die Kirche ist den Massen entfremdet, sie steht längst nicht selbst. Die Kirche ist den Massen entfremdet, sie steht längst nicht entscheidenden Problemen unserer Zeit gegenüber versagt, ihre Eristenz beruht zu einem großen Teil darauf, daß es viele Menschen heute noch für opportun halten, der Kirche anzugehören. Das gilt vor allem und ganz besonders von der evangelischen Kirche.
Indessen bemüht sich die Kirche, aus ihrer isolierten Lage her auszukommen. Gewichtige Stimmen in ihr haben sich gegen den Krieg erhoben( s. auch die Besprechung: Krieg und Christentum in der Bücherbeilage Nr. 2), man beginnt jetzt, wie die Enzyklika Pius XI. ,, Rerum novarum" für die katholische Kirche zeigt, sich zur sozialen Frage", dem Kernproblem unserer Tage, zu äußern. Die evangelische Kirche war hier bisher in derselben Lage wie in ihrer Stellung zum Krieg:„ Die Kirche war innerlich nicht frei, sie war gehalten durch ihre Verbindung mit dem Staat" stellt Dr. Schöffel, Hauptpastor und Synodalpräsident, fest.( SchöffelKoeberle: Luthertum und soziale Frage, Berlag Dörffling u. Franke, Leipzig .) Vor allem aber hat sie sich nicht um die praktischen Dinge nämlich or affem aber
Weg zur reinen Innerlichkeit" hin begeben. Pflege der Seele, Erhaltung der Lehre schien alles zu sein" ,, Längst also, be
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vor Feinde der Kirche das Wort aussprachen, daß Religion Privatsache sei und nichts mit dem öffentlichen Leben zu tun habe, hat die Kirche selbst schon nach diesem Motto gehandelt und daher eben ihr Versagen auf dem Gebiete der sozialen Frage."
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Die Kirche hat im neuen Staat die Entscheidungsfreiheit, und Schöffel stellt fest, daß von den Systemen, die heute um die Gestaltung des sozialen Lebens sich bemühen, nur zwei in Frage kommen: das kapitalistische und das sozialistische. In dreifacher Gestalt sieht Schöffel den Sozialismus: als Weltanschauung, als Bewegung und als Wirtschaftsauffassung auf beträchtliche Schiefheiten in der Darstellung wollen wir hier nicht eingehen). Dabei ist es äußerst bezeichnend, daß der Verfasser den Marrschen Sozialismus, der dem Kampfe des Proletariats erst seinen tiefen Sinn gibt und aus der Sphäre kleinlichen Interessentampjes her aushebt, energisch als„ Todfeind der Kirche" ablehnt. Und zwar, meil er die Schöpfungsordnung Gottes zertritt", während der Sozialismus als„ Lebenswille der in die Lebensnot gestoßenen Millionen" bis zu einem gewissen Grade sogar der Klassenkampf, soweit er fich auf die gleichberechtigte Eingliederung des Proletariats in den Leib des Lebens" erstreckt und solange er die Schöpfungsordnung" nicht verletzt, anerkannt wird.
Bum Sozialismus als Wirtschaftsordnung jedoch findet Schöffel keine eindeutige Stellung. Obwohl er vorher rückblickend sagt, es ist erschütternd, zu sehen, wie bald gerade die evangelische Kirche durch die Staatsobrigkeit vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden sollte" und in dieser Entwicklung eine der Ur
amerikanische Schriftstellerin M amerikanische Schriftstellerin Margaret Goldsmith . Die Hindenburg - Biographie der beiden hatte in England und Amerika erheblichen Erfolg. Jetzt liegt die deutsche Uebersetzung vor. Hier ist der kritische Ton etwas stärker als bei Schulze- Pfälzer, aber in den Grundzügen ist die Auffassung doch die gleiche. So schreiben die beiden angelsächsischen Autoren( S. 274): Aber, wo immer Hindenburgs persönliche Sympathien gelegen haben mögen und es tann kein Zweifel bestehen, daß sie stark von der deutschen kaiserlichen Vergangenheit gefärbt waren und von der Ergebenheit für das Haus Hohenzollern , sein ganzes Dasein war, seit er den Treueeid der Republik geleistet hatte, von dem Entschluß beherrscht, diesen Eid unter völligem Ausschluß aller anderen Interessen, Vorurteile oder Gefühle zu erfüllen."
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Die Ostdeutsche Wirtschaft.
Die Ostdeutsche Wirtschaft" ist das Buch von dem bekannten Wirtschaftsgeographen Prof. Dr. Wilhelm Bolz be= titelt, das im Verlag von Julius Belz- Langensalza , Berlin - Leipzig , erschienen ist. Die ostdeutsche Wirtschaft stellt ein vorzugsweise landwirtschaftliches Thema dar. Als solches faßt es auch der Verfasser auf. Da aber unser Agrarproblem nicht örtlich gelöst werden kann, untersucht Wilhelm Volz es im Zusammenhang mit der gesamtdeutschen Wirtschaft. Seine Untersuchungen basieren auf den natürlichen Grundlagen. Im ersten Abschnitt vermittelt er dem Leser die Elementarkenntnisse von Raum, Mensch und Berkehrslage. Im zweiten Abschnitt zieht er die wirtschaftlichen Folgerungen. Er fommt zu dem bedeutsamen Ergebnis, daß einerseits eine Aenderung im Anbau stattfinden müßte, andererseits eine lukrativere Bermertung bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse plazzugreifen habe. So wie bis jetzt der Anbau erfolge, könne das größere Deutschland von Ostelbien nur wenig Gebrauch machen und handele auch tatsächlich dementsprechend.
Im Südwesten sind rund 875 000 Heftar mit Roggen bestanden. Die Roggenernte des Ostens macht deshalb nur 7,6 Proz. der Ernte des übrigen Reiches aus und spielt infolgedessen eine unbe= deutende Rolle, wird auch nicht einmal voll in Anspruch genommen, Mit der Kartoffel steht es womöglich noch schlimmer. Das Reich versorgt sich auch hierin fast selbst. Nur 4,5 Broz. der Ernte aus dem Often fönne nach auswärts abgefekt werden und 13 Proz. bleiben überhaupt unverwertbar. Auf der anderen Seite steht ein Betrag von 2 Milliarden Marf, die für Erzeugnisse jährlich ins Ausland gehen, weil sie unsere Landwirtschaft nicht hervorbringt, ob gleich sie dazu in der Lage wäre. Es fönnte eine Aenderung ein treten, wenn der deutsche Landwirt den Anbau nicht mehr so betriebe, mie ihn sein Vater und Großvater auffaßten, als die deutschen Einzelländer politisch noch untereinander Ausland waren. Der Boden im Westen ist für Weizen zu schade. Hier könnte durch einen Wechsel 1½ Millionen Tonnen Weizen mehr als bisher erzeugt werden, wobei das Geld für die entsprechende Weizeneinfuhr, wie sie jetzt
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sachen für das Versagen der Kirche" begründet sieht, scheut er jetzt scheiden, deshalb mird und muß die Kirche schweigen, wenn es doch die klare Entscheidung. Der Glaube kann darüber nicht entgilt, die beste Form der Wirtschaftsordnung zu suchen. Das ist Sache der weltlichen Gewalt." Immerhin stellt er jedoch fest, daß die Kirche keinen Anlaß hat, sich gegen den Sozialismus als eine mögliche Wirtschaftsform auszusprechen, ebenso, wie ihr ein absolutes Nein dem Kapitalismus gegenüber unmöglich sei. den, mit dem der Sozialismus auftrete, und Schöffel findet ſehr Aber die Kirche müsse sich gegen gen Absolutheitsanspruch" wenenergische Worte gegen die Auffassung( die aber wohl auch vor feinem Sozialisten vertreten wird), daß die restlose Durchführung des Sozialismus das völlige Glück der Welt bedeute" oder etwa gar„ den Himmel auf Erden bringe". Für Schöffel ist auch die soziale Frage schlechthin unlösbar soziale Frage schlechthin unlösbar auch durch den Sozialismus nicht, denn die Sündhaftigkeit des Menschen ist die tiefste Ursache der sozialen Not" und„ der Mensch muß als das erscheinen, was er ist, und er ist Sünder". Wenn jedoch unter dieser Sündhaftigkeit des Menschen eigentlich nur das Proletariat leidet, vermag der Verfasser allerding auch nicht zu sagen. Es gibt eben feine Lösung" der sozialen Frage, denn diese Spannungen gehören zum Leben, so wie es ist". Die Erlösung durch Christus" nicht die falte Lösung" der Lebensprobleme durch die Vernunft ist das Heil des Lebens, nach dem zu verlangen auch die soziale Not uns zutiefst veranlaßt".
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Diese soziale Verständnislosigkeit ungeheuerster Not möchte man fast als typisch für die heutige Kirche bezeichnen. Im Mittelpunkt steht das Wort Gottes, die Offenbarung, der Glaube.„ Daß die Religion nach der Lehre Jesu vor allen Dingen eine neue Lebensgestaltung auf Erden, eine Erlösung aus viel Leid durch Gerechtigkeit, Brüderlichkeit und Friedfertigkeit sein sollte," wird von der Kirche nicht beachtet. Pfarrer Dr. Schenkel, der der Kirche diesen Vorwurf macht, findet die Erklärung dafür in dem„ Doppelges sicht des Christentums"( gleichnamiges Buch bei Strecker u. Schröder, Stuttgart ): einmal entfalte das Christentum in der Persönlichkeit und Lehre Jesu eine geistige Religion, die die Quellen der sittlichen Erneuerung in voller Freiheit darbiete und unbegrenzte Möglichkeiten der Weiterbildung und des Fortschritts in sich schließe, andererseits enthalte es ein mythologisches Weltbild des primitiven Denkens, das feinen Fortschritt zuläßt und das sich mit den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen in feiner Weise vereinigen läßt. In der lleberwindung dieses primitiv- mythologischen Weltbildes, durch ein praktisches Christentum im Sinne der Botschaft Jesu erblickt Schenkel die notwendige Boraussetzung, wenn das Christentum aus einem Hemmschuh der menschlichen Entwicklung zu einer Quelle der Gesundung und richtunggebenden Kraft werden soll. Der Verfasser behandelt besonders innerkirchliche, theologische Fragen, aber in interessanter und dem Laien verständlicher Form, und seine Schrift ist ebenso wie die Kommende Gemeinde", eine unabhängige religiöse Zeitschrift( Verlag C. L. Hirschfeld, Leip zig ) ein Zeichen für die Revisionsbestrebungen innerhalb der Kirche selbst. Das neue Heft behandelt die religiöse Wende im Proletariat", Emil Fuchs , einer der Führer der religiösen Sozialisten, veröffentlicht darin einen beachtenswerten Aufsatz über Kirche und Proletariat. Richard Junge.
stattfindet, im Lande bliebe. Zugleich wäre der Osten entlastet und fönnte seinen Roggen verkaufen. An Stelle unproduktiver Anbauforten fönnten auch Futtermittel angebaut werden, für die gegenwärtig 291 Millionen Mark ins Ausland gehen. Während der Jahre 1926 bis 1929 wurden jährlich durchschnittlich für 47 Millionen Mart Schweine und Schweinefleisch und für fast 140 Millionen Mart Schweineschmalz aus dem Auslande bezogen. Wenn der Osten seinen überschüssigen, unverwertbaren Kartoffelertrag( zuzüglich anzubauender Futtermittel) für Schweinemast verwenden würde, würde die Schweinehaltung( wozu nur unser Osten in Betracht käme) verdoppelt werden können. Allerdings müßte die Qualität des Kartoffelschweins zur Schmalzerzeugung noch gesteigert werden. Es ergäbe eine Mehrerzeugung von zwei Millionen Fettschweinen, die unsere Handelsbilanz verbessern würde und Geld in den Osten brächte.
Bolz geht in seinem Buche noch auf die Rind- und Federniehhaltung, auf den Obst- und Gemüsebau, auf die Verwertung des ostelbischen Kiefernholzes u. a. m, ein. Ein reiches tartographisches Material erleichtert dem Leser die Einsicht in die gestellten Probleme.
Nur wenn die Landwirtschaft sachliche Arbeit leistet, kann sie sich für dauernde Zeit helfen. Dann ist sie auf die Unterstützung der anderen Steuerzahler nicht mehr angewiesen. Anders bliebe es das alte Lied, das Klagelied des Agrariers. Wieweit der deutsche Landwirt für eine solche Umstellung befähigt ist, inwieweit der Staat eingreifen kann, läßt Volz unerörtert.
Db in einer ungebundenen Privatwirtschaft der Gesichtspunkt,
mie ihn W. Bolz ausgearbeitet hat, sich mit Erfolg durchsehen kann, nahmen auf agrarpolitischem Gebiete Rechnung tragen dürfen, märe ist zum mindeſten fraglich. Man wird ihm aber bei allen Maßnahmen auf agrarpolitischem Gebiete Rechnung tragen dürfen, märe es auch nur unter Einschränkung der Privatinitiative des einzelnen Landwirts möglich. Dobecius- Dziobek.
Reiseführer.
Der Deutsche ist in der Welt als gründlicher Tourist bekannt. Wenn er auf Reisen geht, pflegt er sich sorgfältig vorzubereiten, um ja nur die ganze Fülle des Sehenswerten auszuschöpfen. Und so sind Reiseführer gerade in Deutschland em ständig nachgefragter Artikel. Der typische Bertreter dieser Literatur ist der Baedeker", der geradezu zu einem Begriff geworden ist. Mit seinen zahlreichen gewissenhaften Karten und mit den bis ins einzelne gehenden Angaben hat der„ Baedeker" den Strom der deutschen Touristen und Reisenden( und nicht nur der deutschen, gibt es doch vom„, Baedeker" zahlreiche Uebersetzungen) in alle besuchsfähigen Länder gelenkt. Durch diese vorbereitende und führende Arbeit hat sich Herr Baedeker, der Schöpfer der nach ihm benannten Reiseführer, um die Ausdehnung des Fremdenverkehrs und um die internationale Annäherung zweifelsohne verdient gemacht. Bei aller Anerkennung dieser Verdienste und der Güte der Reiseführer darf man und muß man aber auch auf die Grenzen hinweisen. Die Grenzen liegen vor allem darin, daß dem Reisenden kein Raum gegeben wird für eigenes