Immer noch Judenverfolgungen

Berlin  , 10 Januar.

Das Allgäuer Tageblatt", Kempten  , meldet aus Mem­ mingen  

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Der Bevölkerung Memmingens hatte sich eine große Er­regung bemächtigt, als das noch nach der Machtübernahme gegen die Bewegung gerichtete unglaubliche Verhalten des jüdischen Geschäftsführers bei Wohlwert, Johann Georg Meyer, befannt wurde. Abends sammelte sich eine Menge von etwa 300 Personen vor dem jüdischen Warenhaus an. Die Menge gab ihrer Entrüstung über die Anwesenheit dieses Juden in einer Stadt, die als Hochburg der Bewegung befannt ist, stürmischen Ausdruck. Der Jude Meyer mußte schließlich zu seinem persönlichen Schuhe in Polizeige wahrsam gebracht werden."

Hitlerdeutsche Greuel

Die Broschüre Eine Antwort auf die Greuel: und Boykotts hezze der Juden im Ausland" vor Gericht

In Frankfurt   a. M. wurde, wie früher ausführlich be­richtet, in den letzten Wochen eine Broschüre mit dem Titel verbreitet:" Eine Antwort auf die Greuel- und Boy­kottheze der Juden im Ausland". In ihr ist auch eine An­zahl Namen von Personen enthalten, die irrtümlich als Juden bezeichnet wurden. Zum Teil wurden diese Namen schon im Frankfurter   Volksblatt" öffentlich berichtigt. Es wurden aber auch einstweilige Verfügungen er­lassen, die den Herausgebern die Weiterverbreitung der Bro schüre untersagen, bis eine Richtigstellung erfolgt jei. So hatte sich dieser Tage das Frankfurter   Landgericht mit einem Antrag des Professors St. zu beschäftigen, der, o b= mohl Arier, ebenfalls in die Broschüre auf genommen worden war. Es fam ein Vergleich zustande, in dem sich der Herausgeber der Broschüre und der Drucker verpflichten, die Verbreitung der Broschüre solange zu unterlassen, bis der Name des Antragstellers entfernt ist. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde eine Buße von RM. 100, die an das Winterhilfswerk gezahlt werden soll, festgesetzt. Die Kosten des Verfahrens haben die Herausgeber der Broschüre übernommen. Außerdem soll eine Berichtigung bis zum 20. Januar im Frankfurter   Volksblatt" erscheinen.

,, Segen der Kleintierzucht"

Harte Zuchthausstrafen für illegale Kommunisten. Das Hanseatische Sondergericht verurteilte eine Gruppe von 11 Kommunisten wegen Vorbereituna zum Hochverrat zu Zuchthausstrafen bis zu 6 Jahren. Der Hauptangeklagte war ein schwedischer Kommunist, der auf schwedischen Schiffen kommunistisches Propagandamaterial zusammen mit einem gleichfalls verurteilten finnischen   Kommunisten einzuschmuggeln versucht hatte. Die kommunistischen  Schriften waren mit den harmlosen Aufschriften Des Knaben Wunderhorn  " und Der Segen der Kleintierzucht" getarnt. Ein ebenfalls verurteilter Kommunist hatte ver­sucht, in einem ostpreußischen Arbeitslager eine KPD.  ­Zelle zu bilden.

Reichswehr  - Diktator- Katholische Kirchenfürsten

Wie verschieden sie im dritten Reich" behandelt werden

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Am 30. Juni find Reichswehrgenerale und Ratholitenführer ermordet worden. Beide vollkom men unschuldig. Ihre Mörder vollzogen die Schandtat unter dem Rufe Heil Hitler!"

Es steht fest, daß nicht nur die Familie Schleicher und die nächsten Freunde der ermordeten Generale von Schlei= cher und von Bredow sich immer wieder für die Ehre ihrer gemeuchelten Kameraden eingesetzt haben, sondern daß auch zahlreiche andere Reichswehroffiziere den Reichskanzler immer wieder drängten, die ermordeten Generale zu rehabi­litieren. Es ist sicher, daß der Reichskanzler, allerdings unter Ausschluß der Deffentlichkeit, diesen Reichswehroffizieren die Erklärung abgegeben hat: Jawohl, sie waren unschuldig, sie waren weder Hoch- noch Landesverräter, hente bin ich davon überzeugt."

Die Reichswehr   wagt solche Vorstöße, so schwach sie sein mögen, gegen den Diktator, der alles andere als allmächtig ist. Man muß sich nun fragen: Und was wagen die katholi­ schen   Bischöfe?

Sie sind so eingeschüchtert, daß noch nicht ein einziger Protest von ihnen gegen die Ermordung der Katholiken­führer in die Oeffentlichkeit gedrungen ist. Im Gegenteil, sie begeben sich mehr und mehr in die unwürdige Rolle von Propagandisten des dritten Reiches", und diese Rolle ist für den Katholizismus umso bedenklicher, als mehr und mehr deutlich wird, daß die hochwürdigsten Bischöfe sich fast willenlos em Druck der Propagandamaschine des dritten Reiches" fügen.

So brachte einen Tag vor der Saarabstimmung die aus dem Korruptionsfonds des dritten Reichs" gespeiste Saar­brücker Landeszeitung" folgenden Brief des Bischof von Trier  :

Der Sonderberichterstatter des Petit Journal" in Rom   meldet zur Unterredung Lavals mit dem Papst, die Kirche sei bekanntlich entschlossen, bei der Saarabstimmung sich streng neutral zu verhalten. Da die französische   Regie­

', Sozialismus der Tat"

Ein Sack Kartoffeln für Vierlinge

Mif jedem Tage nimmt der Sozialismus" im Reiche zu. So liest man jest in badischen Zeit ngen unter der Ueber­schriff Sozialismus der Tat":

Der Geist nationalsozialistischer Weltanschauung bestimmt in immer flarer und breiter werdenden Umrissen die Taten der deutschen   Volksgenossen. Jeder Tag bietet Gelegenheit, sich für die Volksgemeinschaft einzusehen. Es ist erhebend, zu wissen, daß sich die gewiß nicht mit irdischen Glücksgütern gesegneten Volfsgenossen in einem Maße an den Spenden beteiligen, daß hierin das wahre Opfer zu erblicken ist. Anlässe zu hilfsbereiter Tat gibt es wohl überall und immer. So hat die Geburt der Vierlinge in Konstanz   ein erfreuliches Echo der Volksverbundenheit ausgelöst. Wir

rung beabsichtige, nichts zu unternehmen, was irgendwie die Entschließung der Wähler beeinflussen fönne, habe La­val bei seiner Unterredung die Saarfrage nicht angeschnit­ten. Aber aus sicherer Quelle wisse man, daß der Papst von sich aus dem französischen   Außenminister erklärt habe, daß die Bischöfe von Trier   und Speyer   durch die Anord­nung, für das deutsche   Vaterland zu beten, das Ergebnis der Saarabstimmung präjudiziert hätten und einen Tadel erhalten würden. Es handelt sich also nicht um das Ergeb= nis einer Einmischung der französischen   Regierung beim Vatikan  , die deplaciert gewesen wäre, sondern um den spontanen Aft der päpstlichen Regierung, die entschlossen sei, die in Frage kommenden Bischöfe zur strengsten Neu­tralität anzuhalten.

Zu dieser Meldung des Petit Journal" gibt das Aus­märtige Amt Berlin unter dem 10. Januar 1935 folgende Drahtmeldung des Deutschen Botschafters beim Vatikan  , Herrn von Bergen, den Bischöfen von Trier  und Speyer   befannt: Die Meldung des Petit Journal" frei erfunden. Ich darf anregen, den Bischöfen von Trier   und Spener   nahezulegen, öffentlich zu erklären, daß alle Gerüchte über Mißbilligung ihres Ver­haltens in der Saarfrage durch den Hl. Stuhl den Tat­sachen nicht entsprechen."

Ich übergebe diese Mitteilung hiermit der Oeffentlich­feit. Es erübrigt sich, ein Wort hinzuzufügen. Trier  , den 11. Januar 1935.

gez. Franz Rudolf, Bischof von Trier  .

Man sieht: Nicht etwa der Papst läßt durch seine Presse dementieren, sondern der deutsche   Botschafter beim Vatikan  drahtet dem Auswärtigen Amt   und dieses legt dann nahe". Diesem Nahelegen" fann der Bischof von Trier   unmöglich widerstehen. Er schreibt einen Brief.

Was aber wirklich zwischen den deutschen   Bischöfen und dem Vatikan   in der Saarfrage vorgegangen ist, dazu schweigt der hochwürdigste Herr Bischof von Trier  . Darüber zu schrei­ben, ist ihm eben aus Berlin   nicht nahegelegt" worden.

haben bereits berichtet, daß Angebinde mancherlei Art zur Familie des Postschaffners Adolf Schwarz für Mutter und Kinder gelangt sind. Von der Patenschaft, die unser Oberbürgermeister für die Stadt über die vier Mädchen übernommen hat und den an diese Patenschaft geknüpften Spenden, berichteten wir gestern. Heute wird bekannt, daß sogar aus A a ch( Amt Engen  ) eine Spende bei der Familie Schwarz eingetroffen ist: Die Vertriebsstelle der Bodensee­Rundschau" in Aach   hat einen Sad Kartoffeln geschickt."

Wer wird nun noch an dem Gedeihen der Vierlinge und an dem sozialistischen   Glück der Mutter zweifeln?

Für den Gesamtinhalt verantwortlich: Johann is in Dude weiler; für Inferate: Ctto Rubn in Eaarbrüden. Rotationedrud und Verlag: Berlag der Volksstimme GmbH, Saarbrüden& Schüßenstraße 5. Echließfach 776 Caarbrüden.

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Gestern noch wurden die Siege der Arbeits­schlacht stolz verkündet, und heute wächst die Arbeitslosigkeit.

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Fragen über Fragen wirft die Wirtschafts­politik Adolf Hitlers   auf. Sie ist ein Kampf, dessen Erfolg die wenigsten klar sehen, ein Kampf, der über das tägliche Brot des deut­ schen   Volkes entscheidet. Und zugleich über die Dauer des Hitler- Regimes mitentscheidet.

Warum Arbeitsbeschaffung? Wem soll die Wirtschaft dienen? Ist Hitler   Freund der Bauern? Das Geheimnis der Arbeitsbeschaffungswechsel? Warum ist die Währung fest? Zwangswirtschaft oder Planwirtschaft? Was hat Schacht geleistet? Gibt es Auswege aus der heutigen Wirt­schaftslage? Rettet der Erfindergeist Hitler? Was sind Kompensationsgeschäfte Wohin muß der Weg Hitlers   führen?

Ueber all diese Fragen, die jeden angehen. gibt die Schrift, die jeden interessieren wird, eine Auskunft, die jeden überzeugen muß:

So ging die

ARBEITS­SCHLACHT

veclocen

Erhältlich in den

Preis 3,- Fr.

VON DR. NORBERT MÜHLEN

SAARBRÜCKEN NEUNKIRCHEN  SAARLOUIS  

Buchhandlungen der Volksstimme GmbH., HERCU

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