Nr. 5
�ur unsere Mütter und Äausfrauen
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Feuilleton
Der Apachenüberfall. Von Owen Wtsier.(Echlub) Der Morgen rückte weiter und weiter vor; die Gäste sottelten, nachdem sie eine Weile geraucht und die Wände angeschwiegen hatten, ihre Pferde. Einer nach dem anderen verlor sich in den weiten dornigen Hügeln. In Twenty Mite wurde es lähmend heiß. Jones lag auf drei Stühlen und sang vor sich hin; der alte Adams saß da und beobachtete Jones, während der Tabak in seinen Bart niederrieselte. „Ich will mich jetzt auch aufmachen," sagte Cumnor. „Niemand hält Sie," bemerkte Jones. „Sie gehen also nach Tucson ?" fragte der junge Mann, der immer noch mit dem Kettenproblem beschäftigt war.„Leben Sie wohl. Mister Jones. Ich hoffe, ich werde— wir werden—" „Das genügt." sagte Jones, und der so barsch Zurückgewiesene ging, um sein Pferd und seinen Esel zu holen. Jones bemerkte zu Mister Adams, daß er sehen wollte, was Ephraim machte, und verließ ebenfalls die Hütte. Der Alte blieb allein iin Zimmer. Mit raschem Blick sah er, daß Proben-Jones feinen Gurt und seine Pistolen dagelassen hatte. Die Sachen lagen neben dem Stuhl, auf dem er gesessen Halle. Es ist nicht schwer, rasch die Kugeln aus einem Revolver zu entfernen und die Waffe so in den Halfter zurückzustecken, daß es aussieht, als ob nichts mit ihr geschehen wäre. Der Alte freute sich bei dem Gedanken, daß Proben-Jones in Tucson eine unliebsame Überraschung haben würde. In einer Sekunde war die Sache gemacht; der Gurt und die Pistole lagen wieder so da wie vorher, und der Alte verließ mit unschuldiger Miene das Zimmer. Ephraim und Jones be- gutachteten Cumnors Habe, während er seinen Esel bepackte. .Wollen Sie immer mit Eisbüchsen herumreisen?" fragte Jones. '.Die Kannen sind für Wasser." sagte Cumnor.„Man hat mir in Tucson gesagt, daß ich auf einigen Strecken für drei Tage Wasser mitführen müßte." Die beiden großen Milchkannen schlugen fortwährend an den Packen, mit dem der Esel beladen war, und erschreckten das Tier — soweit das bei dessen Gemütsart möglich war. JoneS und Ephraim waren höchlichst ergötzt. „Vergessen Sie Ihre Sporen nicht, Mister Cumnor," sagte Mister Adams in besonders höflichem Tone, als er zu der Gruppe trat.. � Ter junge Mann hatte gar nicht wieder an die Sporen ge dacht und lief schnell in die Hütte zurück, um sie zu holen. Die milchfarbene Dame trug noch immer die stelle, und Cumnors Problem kam rasch zur Lösung. Er steckte die Kette in die Tasche und legte den Betrag der Zeche auf das Sims unter die Uhr, Dann ging er, um seinen Sattel, der neben dem Sattel von Proben- Jones im Schuppen lag, zu holen. Nach einem Augenblick kehrte er mit dem Sattel zu den Männern, die noch bei seinem Pony standen, zurück. Er sattelte sein Pferd und schnallte den Gurt fest. — Die Kette befand sich jetzt in der Satteltasche von Proben-Jones — neben Tabak, Streichhölzern, altem Brot und einem großen Stück Speck . Die Männer sagten dem Jüngling einsilbig und gleichgültig Lebewohl und verfolgten ihn mit den Augen, als er in die glühende Wüste hineinritt. Cumnor blickte sich noch einmal nach Jones um. Er sah die drei Männer noch auf demselben Platz stehen, sah die braune Hütte und den weißen Windmotor träge in der Sonnenglut daliege». „Na, heute abend wird der wohl schon ausgeweidet sein," be merkte Mister Adams. „Ich werde ihn dann nicht begraben." sagte Ephraim. „Ich auch nicht," sagte Jones.„Aber es ist Zeit, nach Tucson aufzubrechen." Er ging in das Schenkzimmer, schnallte seipen Gurt um, sattelte sein Pferd und ritt davon. Ephraim und Miller Adams kehrten in die Hütte zurück. Nachdem sie zwei Stunden darüber gestritten hatten, wer die Kette genommen hätte und wer sie jetzt besäße, sagte Ephraim:„Jones hatte kein Geld." Adams antwortete:„Und der Junge hatte keinen Verstand." „Ja, und der Junge hat Jones Geld geborgt," sagte Ephraim. „Und Jones ist mit seiner Kette abgezogen," fuhr Adams fort, und dann tamen beide zu dem Schlüsse, daß alle Menschen Narren wären, und setzten sich zum Mittagessen nieder. Aber Mister Adams erzählte nichts von seinen Beziehungen zu Jones' Pistole. Mister Adams glaubte, daß Jones sich nach Tucson gewandt hätte, da Jones selbst gesagt halte, daß er dort Geschäfte
hätte. In Tucson konnte die ungeladene Pistole im Halfter eines so starken Mannes, wie Jones, die Leute schon im Schach hallen; sie kosinten ja ebensowenig wie der Eigentümer selbst wissen, daß sie ungeladen war! In neun von zehn Fällen pflegte der bloße Besitz einer Pistole zu genügen.— Mister Adams hoffte indessen heiinlich auf den zehnten Fall.... Aber Proben-Jones ging nicht nach Tucson . Er war den ganzen Morgen über verdrießlich gewesen, weil er nicht gewußt hatte, ob er das tun sollte, was gut für ihn, oder das, was gut für einen anderen war. Jetzt hatte er seinen Entschluß gefaßt und war wieder in bester Laune. Zunächst schlug er nalürlich in Rücksicht auf Ephraim und Mister Adams den Weg nach Tucson ein. Cumnor hatte unterdessen seine Reise fortgesetzt. Die Arizona sonne brannte vom wolkenlosen Himmel herab, Todesschweigen herrschte ringsum, und die Welt war nicht länger strahlend hell, sondern dunstig, grau und heiß. Der Kies knirschte unter den Hufen des Pferdes, der Weg führte bald aufwärts, bald abwärts zwischen steinigen, mit Kakteen bewachsenen Hügeln entlang— immer näher an die stolze, blendende Sierra Santa Catalina heran. Die Schluchten verdeckten den Blick in die Weite. Plötzlich, als der Weg wieder aufwärts führte, sah Cumnor einen Reiter austauchen. Sei» Herz begann wild zu klopfen.... Aber es war nur Proben-Jones. „Hallo," sagte Jones, als er Cumnor eingeholt hatte.„Ver dammt heiß, was?"—„Wohin retten Sie denn?" fragte Cumnor. —„Na, hier diesen Weg weiter," sagte Jones, mit der Hand ans die Sierra deutend. „Ich dachte, Sie hätten Geschäfte in Tucson ?" „Ja, die Hab' ich auch." Sonst hatte Jones nichts zu sagen, und so ritten sie eine Weile schweigend nebeneinander her. Die Hufe der Pferde knirschten im Kies, und die Milchkannen rasselten. Die Blätter der Auccas strebten starr und steif empor; so weit das Auge reichte, sah man graue Wüste, spitze und stumpfe Hügel, die sich an der einen Seile bis zu den schroffen, unwirtlichen Grenzwällen der Tortilita, an der andere» Seite bis zu der Santa Catalina ausdehnten. Cumnor dachte darüber nach, ob Jones die Kette wohl gesunden hätte. Bei Jones war es gut möglich, daß er sie wochenlang mit sich trug, ohne sie zu entdecken, aber es war ebensowohl möglich, daß er sie bereits erspäht halte und kein Wort darüber äußerte. „Verzeihen Sie, daß ich mich in Ihre Angelegenheilen»tische," sagte Cumnor endlich zögernd. Jones sah ihn fragend an. „An Ihrer Satteltasche ist nicht alles in Ordnung." Proben-Jones konnte leinen Schaden an ihr entdecken, aber da er bemerkte, daß Cumnor lachte, löste er die Schnalle. Er warf einen raschen Blick auf den jungen Mann, sah dann wieder fort und legte, indem er schweigend weiter ritt, die Kette um den Hals — an ihren allen Platz unter dem Flanellhemd. „Sagen Sie, Böckchcn," bemerkte er nach einer Weile:„WaS" heißt eigentlich I?" „I? Mein Nanie, Jock!" „Nun, Jock, wollen Sie einem Freunde nicht erklären, warum in aller Welt Sie solch ein Narr waren, Ihre Heimat— wie sie auch sein mag— mit diesem gottverlassenen Sünderloch zu ver tat» che»?" „Ja, wenn Sie mir zuerst erklären wollen, warum Sie in der Gesellschaft eines Narren reisen, anstatt Ihren Geschäfte» in Tucson nachzugehen!" sagte Cumnor frohgelaunt. Cumnor erhielt die Erklärung, ohne daß Jones ihm antwortete. Ein brennender Frachtwagen und fünf gliederlose menschliche Stümpfe lagen im Wege. Das war den Serapios, den Miguels und der Konzertina widerfahren! über ihre Bemühungen, sich ihre gegenseitige wachsende Achtung nicht mit Worten zu verraten, hatten Jones und Cumnor gar nicht mehr an die Gefahren der Reise ge dacht. Jetzt starrte Ihnen bei einer plötzlichen Wegbiegung Blut und Feuer entgegen. Der beraubte Wagen war halb leer, die zer splitterten weißen Wände sielen brennend auf den am Boden glühenden Haufe». Pakete mit Soda, Drogen und Medikamenten glitten mit ihnen herab und zischten in grünen und roten Flammen auf, ein Rad brach prasselnd zusammen, und neue Pakete brannten zischend auf! überall machten sich Spuren von Mord und Kampf bemerklich— ein seltsamer Geruch er,üllte die Lust—, Cumnor wußte sofort, was der Geruch zu bedeuten hatte, obgleich er i n nie vorher gerochen hatte. Einzelne verlorene Beutestücke bezetch neten den Weg, den die Indianer eingeschlagen hatten; ein Pferd. das einen Pfeil in den Leib bekommen hatte, lag stöhnend da. „Wir wollen es töten," sagte Jones und zog seine Pistole. S r schnappte kraftlos und schnappte noch einmal. Da bemerkte je. �