Nr. 6

Für unsere Mütter und Hausfrauen

hinten ganz wenig, wie die punktierte Linie andeutet, vorn etwas tiefer ausgeschnitten. Man schneide zunächst möglichst wenig her. aus, besonders in der Breite, da das Kleid leicht von der Schulter etwas abfällt und infolgedessen der Ausschnitt dann zu breit wird. Um das Kleid überziehen zu können, muß auf der Rückseite ein Schnitt bis etwas unter die Taille gemacht werden. Die bis zu den Hüften reichende Futtertaille wird nach demselben Schnitt wie der Futterstoff geschnitten, nur daß man sie am Schlusse hinten nach unten zu etwas abschrägt, so daß sie in der Taille ziem lich anliegt.

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Unser Modellkleid aus lila Tuch hatte vorn einen zirka zwölf Zentimeter tiefen Ausschnitt, der mit einem Einsatz aus Goldspitze auf dunkellila Sammet ausge­füllt war. Derselbe Sammet umgab als Passepoil den ganzen Ausschnitt und bil­dete die aus den weiten Oberärmeln herausfallen­den Unterärmel, die an die Futtertaille angesetzt waren. Auf dem Rücken reiht man den Oberstoff in kurzer Tail­lenhöhe nach der Mitte zu etwas ein. Futter und Ober­stoff werden sowohlamHals­ausschnitt wie am Schlusse hinten zusammengenäht.

Das Kleid schließt mit eini­gen Knipsern und Haken. Eine Altgoldschnur, die mit Quasten endigt, wird von vorn nach hinten umgelegt und, damit sie sich nicht ver­schiebe, mit einigen Stichen befestigt. Nachdem sie hinten sich gekreuzt hat, wird sie wieder nach vorn genommen. und etwas seitlich zu einer Schleife mit langen Enden geschlungen.

Selbstverständlich läßt dieser Schnitt eine Menge Abänderungen zu. Statt der Schnur können zum Bei­spiel schlanke Figuren einen Gürtel umlegen. Ist der Stoff genügend breit, so kann man die Ärmel so lang schneiden, daß man keine Unterärmel braucht, sondern die Armel unten nur mit einer Stulpe zusammenfaßt. Auch die Gar­nierung des Ausschnittes läßt sich sehr verschiedenartig behandeln. Will man sich ein einfaches Sommerkleid herstellen, so kann man den Ausschnitt viereckig und so groß machen, daß man mit dem Kopfe hindurchschlüpfen kann. Man umgibt ihn dann mit einer Stickerei oder Spitze. In diesem Falle darf das Kleid aller­dings nicht hinten eingereiht werden, da man sonst nicht mit dem Oberkörper beim Anziehen hindurchkommt. Man schlingt dann eine Schärpe oder ein Band um die Taille und ordnet die Falten beim jedesmaligen Anziehen. Auch kann man das Kleid zum Vorn schließen einrichten. Man macht dann vorn einen zirka fünfzehn Bentimeter tiefen Einschnitt und setzt diesem entlang eine schöne Borte, mit der man auch den Halsausschnitt umgibt.

Feuilleton

,, nur leider."

Don lord Bijron.

,, Gott   schützt den Thron und alle Throne!" Wenn er's nicht tut, die Menschen tun's nicht länger. Ein kleiner Vogel singt mit hellem Tone: Das Volk bezwingt allmählich seine Dränger."

gd.

Der trägste Gaul wird wild in steter Frone, Wenn allzu tief ins munde Fleisch die Sträng' er Einschneiden fühlt, und selbst der pöbel hat Das Beispiel Hiobs nachgerade satt.

Erst knurrt er bloß, dann flucht er auch, und dann Wie David wirft er Kiesel nach dem Riesen; Zuletzt greift er zu Waffen, welche man Nur aufrafft in verzweiflungsvollen Krisen. Und dann gibt's Krieg. Noch einmal fängt er an. Es tut mir leid, ich hab' ihn nie gepriesen, Nur leider, Revolution allein

Kann von der Höllenfäulnis uns befrein.

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Weihnachten unter dem Zepter des Zaren.

Von Jan Kurländer.

Weitab von der großen Landstraße und von der Eisenbahn, an einem Flusse in Kurland   steht ein lettischer Bauernhof. Er liegt einsam inmitten seiner Wiesen und Acker. So weit das Auge reicht, wird der Horizont nach allen Seiten von Wäldern begrenzt.

Weihnachtsabend! Der Fluß ist zugefroren, nur an wenigen offenen Stellen hört man sein Wasser murmeln und rauschen. Die Hofgebäude, die alten Obstbäume im Garten, die Zäune, die Erlen und Weiden   und das alte Badehäuschen am Flusse: alles ist mit weißem Schnee bedeckt. So weit man sieht weißer Schnee. Die Sonne ist untergegangen, im Westen verglüht langsam die rosige Abenddämmerung.

Tiefes Schweigen liegt über dem Hofe, das nur unterbrochen wird, wenn die Türen zum Wohnhause und zu den Ställen ge­öffnet und zugeschlagen werden. Man richtet die Schlitten im Wagenschuppen, denn morgen, am ersten Weihnachtsfeiertag, wird man in aller Frühe zur Kirche nach dem nächsten Städtchen fahren. Ringsherum im Raume verloren liegen vereinzelte Bauernhöfe. Der Rauch steigt aus den Schornsteinen, überall wird das Weih­nachtsmahl vorbereitet, Schweinefleisch gekocht und das Weißbrot aus dem Backofen gezogen und nach der Vorratskammer getragen. Die warmen, hellen Stuben sind mit Tannenzweigen geschmückt, ein Duft von Frische und Behaglichkeit erfüllt sie.

Der Abend schreitet vor, draußen wird es dunkel. Am hohen, fernen Himmel funkeln die Sterne. Der weiße Schnee und die Sterne erhellen die Finsternis der hereinbrechenden Winternacht. Es ist sehr falt. Unter den Füßen knirscht der Schnee, und der Frost knackt in den hölzernen Wänden der Gebäude.

Die Tagesarbeit ist getan, die Männer haben bereits in der Badestube am Flusse   ein Bad genommen. Jetzt essen sie zu Abend, um bald darauf zur Ruhe zu gehen. Der Bauer und sein Sohn fizzen am Tische beim Weihnachtsmahl. Der alte Bauer von mitt­lerem Wuchse hält sich etwas gebückt. Er hat startes graues Haar und ein wetterhartes rundes Gesicht. Sein Sohn mit eckigen, ener­gischen Zügen ist eine hohe, breitschultrige Gestalt, die von der schweren Arbeit bereits auch etwas gebeugt ist. Auf dem Tische stehen Speisen, Gläser und ein Tonkrug mit selbstgebrautem Bier. Im anstoßenden Zimmer sitzen die Leute, essen ihr Weihnachtsmahl und trinken das Weihnachtsbier. Die Bäuerin, die Mägde und die Taglöhnerfrauen sind nach der Badestube gegangen.

Alles ist still. Der weiße Schnee draußen verstärkt das feierliche Gefühl des Abends. Der Himmel ist hoch und dunkel, die Sterne schimmern. Ruhe und Friede hat sich über die Gegend gesenkt.

Plötzlich schlagen die Hunde an, und durch das Gebell hindurch hört man Schellengeläute erklingen. Was soll das bedeuten? Der Bauer und sein Sohn sehen sich fragend an. Gäste sind hier so selten. Jetzt sieht man durch die Fenster einen großen Schlitten auf den Hof einbiegen. Ihm entsteigen drei Soldaten und ein Offizier, alle bis an die Zähne bewaffnet. Sie treten in das Haus. Der Bauer und sein Sohn sind vom Tische aufgesprungen. Die Knechte haben ic Weihnachtsmahl verlassen, drängen in die Stube und schauen er schrocken auf die Soldaten, die inzwischen eingetreten sind. Ihre Bewaffnung, ihre grauen Mäntel und barbarischen Mützen, ihre harten Gesichter, ihr entschlossenes und sicheres Auftreten erwecken Grauen,

In der Stube ist es ganz still geworden, nur draußen bellen die Hunde wie rasend. Die Soldaten ziehen ihre Säbel, der Offizier fordert den jungen Bauern auf, ihm zu folgen. Ohne ein Wort zu fagen, bleich vor Erregung zieht der junge Mann seinen Schafs pelz an und setzt die Pelzmütze auf. Dann drückt er dem Vater und den Knechten die Hände. Alles, was er zum Vater sagt, ist: Grüß die Mutter und meine Geliebte, sie sollen nicht weinen." Die anderen sprechen fein Wort, mit den Hemdärmeln wischen sie sich über die Augen. Die Soldaten führen den Bauernsohn hin