Auflösung der Firma Perkins und Brown" war John Brown   mit seiner Familie nach North- Elba im Staate New- York   über­gesiedelt- ,, seinem siebenten und letzten Wohnort als Familienvater". Der Landstrich, welchen er dort pachtete, ge­hörte dem edlen Gerrit Smith  , einem der begeistertsten Vor­fämpfer der Sklavenemanzipation, und war von ihm, theils sehr billig, theils unentgeltlich unter der Bedingung abgelassen worden, daselbst ein Asyl und eine Kolonie für entwichene Negersklaven zu gründen. John Brown   arbeitete mit Feuereifer an der Ver­wirklichung des Plans; entwichene Sklaven strömten massenhaft zu, alles versprach anfangs den besten Erfolg, aber mit der Zeit stellte sich heraus, daß es sehr schwierig war, die meist blos an die Plantagenarbeit gewöhnten Neger zum Ackerbau tüchtig zu machen, und man mußte das Experiment aufgeben. Ebenso unglücklich verlief ein anderer Versuch in der nämlichen Richtung. Ein virginischer Pflanzer, James Birney, schenkte seinen Sklaven die Freiheit und übertrug Brown, der unter den Abolitionisten als Autorität zu gelten begann, die Erziehung der jüngeren Frei­gelassenen.

Bei dieser Gelegenheit kam John Brown   nach Virginien  , in die Hauptveste der Sklaverei und auf den künftigen Schauplatz des großen Schlußakts seines Messias"-Lebens. Dort sah er in das scheußliche Pandämonium der Ausbeutung, der Mißhand­lung, der geistigen und körperlichen Schändung: alles Mensch liche mit Füßen getreten, die Familienbande aufgelöst, die Weiber und Mädchen den brutalen Lüsten der ritterlichen" Herren und ihrer Kreaturen überliefert und der Pfaffe, der gleißnerisch seinen Segen" dazu gibt. Hätte er der Anfeuerung noch bedurft, diese Reise nach Vir­

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ginien würde ihm das rächende, das befreiende Schwert in die Hand gedrückt haben. Er war aber schon lange mit sich im Reinen. Das Mißlingen des North Elba Experiments hatte Reinen. ihn belehrt, daß die Abschaffung der Sklaverei nicht durch List, nicht durch Versuche im Kleinen zu bewerkstelligen war daß nur zwei Wege zum Ziel führen fonnten: entweder eine groß­artige Volksbewegung, welche die, unter dem Einfluß der süd­staatlichen Sklavenhalter stehende Bundesregierung sammt dem Kongreß fortriß und zur Aktion drängte; oder die direkte Aktion des Volkes, eine Erhebung der Sklaven, organisirt und unterstützt durch Weiße.

Bei der erbärmlichen Haltung der Bundesregierung und des Kongresses, und bei der Gleichgiltigkeit der Voltsmassen in den freien" Nordstaaten, bot ersterer Weg keine Aussicht auf baldigen Erfolg. So blieb nur der zweite Weg. John Brown   zögerte nicht.

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Er hatte sich mehr und mehr daran gewöhnt, in der Neger­emanzipation seinen Lebensberuf zu erblicken, dem alles andere unterzuordnen war, und dem er auch Frau und Kinder widmete. Mann Einer Idee", ging er ganz auf in dieser Einen Idee, lebte er nur, um diese Eine Idee zu verwirklichen, war er freudig bereit, Gut und Leben, sich, seine Familie: das geliebte Weib, die blühenden Söhne und Töchter, alles dieser Einen Idee zu opfern. Die Frage war blos, wann sollte das große Opfer" gebracht, der große Wurf versucht werden?

Die Ereignisse gaben die Antwort und das Signal. ( Schluß folgt.)

Taubenposten.

,, Ihr Täubchen, die nach alten Sagen Gekost um Venus Wagenzug,

Ihr müßt nunmehr nach Brüssel   tragen Den Rentencours in raschem Flug.

Es haben aufgestutzte Wichte,

Die stets auf Wucher sich verstehn, Euch Liebesboten der Gedichte

Zu Börsenmäklern ausersehn.

So muß der Lieb' und Dichtung Zierde Bergeblich uns verliehen sein!

Es drückt die schnöde Geldbegierde Der Schönheit selbst ihr Brandmal ein. Daß solcher Frevel nicht gelinge, Flieht Vöglein unsern Geierchor; Zum Himmel tragt auf zarter Schwinge Die Poesie, die Lieb' empor!"

Von E. K.

So flagt Beranger zu einer Zeit, als pariser und brüsseler Banquiers sich durch Brieftauben die Kurse viel schneller mit­theilten, als sie dies durch Benutzung der Posten vermochten.

Der Telegraph indessen verdrängte bald nach Beranger's Klagen die Tauben aus dem Dienste der Börse, und es schien, als sollten sie hinfort nur als Liebesboten zur Verwendung kommen, als sie plötzlich der deutsch  - französische Krieg zu ernsten, traurigen Zwecken sich dienstbar machte. Jedenfalls dürfte ein fleiner geschichtlicher Rückblick auf diese poetischste aller Beförde­rungsanstalten, auf die Taubenpost und die Brieftauben, diese , Postillons d'amour"," fliegenden Merkurs und geflügelten Boten Ses Kriegsgottes", nicht ohne Interesse sein.

Die Brieftaube, welche die Entfernung von Konstantinopel  bis Alexandrien   in einem Tage zurücklegte, war ohne Zweifel die rascheste Vermittlerin von Korrespondenzen in einer Zeit, wo die schnellste Kommunikation zu Lande auf das Pferd, jene zur See auf das Segelschiff beschränkt blieb; aber selbst in der Türkei  hat die Lokomotive den reitenden und der elektrische Draht Biesen fliegenden Postboten verdrängt, so daß sein Andenken selbst dort nur noch als holdes Echo in manchen anspielenden Redens­arten und Gedichten fortlebt. Als Beleg dafür zitirt Münif Effendi die Verse:

,, Zweifelnd, wo der Brief erscheine, Irrt mein Auge in die Weite, An der Thüre hängt das eine,

Nach dem Fenster späht das zweite,"

und die in der höheren osmanischen   Stilistit noch heute gebräuch lichen Ausdrücke: Ein Schreiben fliegend machen"( itare etmek)

und auf den Flügeln der Eile" statt schleunigst 2c. Wohl nicht mit Unrecht vindizirt Münif Effendi die Erfindung der Tauben­post seiner Heimath, dem Morgenlande.

Die erste Brieftaube war nach der Bibel die Taube Noah's, welche angeblich mit dem Delblatt im Schnabel   als Glücks- und Friedensbote heimkehrte und den wenigen von der Sintfluth verschont gebliebenen Menschen und Thieren die Beendigung des Kampfes der Elemente und die Versöhnung der Gottheit ver­kündete und die Nähe des Ararat   anzeigte.

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Nach Plinius   reicht die Benutzung der Tauben zu Boten­diensten bis in's hohe Alterthum hinauf. Schon Marius forderte in einer belagerten Festung durch Brieftauben seine Anhänger zum Beistand auf, und von Taurosthenes wissen wir, daß er nach seinem Siege zu Olympia eine Taube aufsteigen ließ, welche durch ein angehängtes Purpurläppchen dem Vater der Aegier die Freudenbotschaft verkünden sollte; ebenso sandte Decimus Brutus  , als er im Jahre 44 v. Chr. in Mutina von Antonius belagert wurde, an seine Freunde Tauben, an deren Beine Briefe befestigt

waren.

Die Aegypter wußten durch Tauben, welche sie beim Antritt der Schiffsexpeditionen auf ihren Schiffen mitnahmen und beim Nahen der heimischen Gestade wieder fliegen ließen, den Ihren Nachricht von der Rückkehr zu geben ein Botschaftsmittel, dessen sich die Schifffahrt und Handel treibenden Völker des griechischen Archipels ebenfalls bedienten.

Während die Aegypter und Griechen den Instinkt und das nach Befriedigung sich sehnende Heimatsgefühl der Taube" sich nur zu Friedenszwecken nugbar zu machen verstanden, strebten die Römer, wie wir bereits angedeutet, darnach, sich der Tauben zu Kriegszwecken zu bedienen. Unter Kaiser Justinian   soll ein Centurio, Namens Phasus, die Tauben zur Aufklärung seines Marsches benutzt und aus der Ruhe und Regelmäßigkeit des Fluges dieser Luftsegler Schlüsse über die Nähe des Feindes ge­zogen haben. Unter der Regierung des Kaisers Diocletian   ver­suchte man die Tauben außer zum Aufklärungs- und Beobach­tungsdienste auch noch zu Botensendungen zu verwenden- ein Versuch, der indessen nicht mit der nöthigen Energie und Methode betrieben wurde, um der Frage näher zu treten, ob sich durch eine aufmerksame und zweckentsprechende Dressur der Taube eine